Protokoll der Sitzung vom 24.08.2018

Meine Damen und Herren, nun werden Sie sich fragen, ob ich eine rosa Brille aufhabe und alles schönreden möchte. Nein, mitnichten. Natürlich gibt es noch ganz viele Baustellen im Land, auf unserem Weg, die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen, gerade im Verkehrsbereich, den ich erwähnt habe. Hierauf müssen wir verstärkt unser

Augenmerk legen und nach Lösungen suchen. Dieser Bereich ist im Gegensatz zu den anderen seit 1990 leider um 17 % angestiegen.

Das sage ich ganz deutlich, die Lösung für den Verkehrsbereich liegt auch, aber sicher nicht alleine in der Elektromobilität. Hier brauchen wir einen Technologiemix.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)

Danke für das „genau“.

Natürlich benötigen wir auch weitere Maßnahmen, zum Beispiel den Zubau von Photovoltaik, auch als PVFreiflächen – das betone ich – unter Nutzung von alternativen Antrieben im Verkehrsbereich.

Die Wärmewende ist ein zentraler Faktor für die Klimaschutzziele. Energetische Sanierungen und alternative Wärmequellen spielen in den Haushalten eine immer größere Rolle. Diese Entwicklung muss staatlich gefördert werden und, ganz wichtig für die SPD, darf umgekehrt nicht zum Nachteil von Mieterinnen und Mieter werden.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen auch hier mit einem guten Beispiel vorangehen. Das tun wir. Auch in dem Punkt hat sich die Landesregierung festgelegt. Bis 2030 soll die Landesverwaltung klimaneutral sein. Unter anderem müssen auch die Kommunen in die Lage versetzt werden – das sage ich als Kommunaler –, Vergaben primär unter Klimaschutzgesichtspunkten vornehmen zu können.

Ein weiterer wichtiger Punkt für das Erreichen unserer Ziele sind verlässliche Rahmenbedingungen. Diesbezüglich hat der Bund noch einige Hausaufgaben zu erledigen.

Ich glaube, da sind wir uns einig, Klimaschutz geht uns alle an. Die Starkregenereignisse, die Hitzewelle, die Dürre führen uns die Folgen des Klimawandels spürbar vor Augen. Da hilft es nicht, wenn man sagt, wir tun viel, die anderen sollen auch erst einmal etwas machen. Klimawandel ist nicht nur global oder national, er betrifft uns alle regional und persönlich. Das fängt bei einer Plastiktüte weniger an.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Liste der Baustellen ist lang. Aber das Erreichen der Klimaziele ist möglich – davon bin ich überzeugt –, und das sogar bis zum avisierten Jahr 2020. Lassen Sie uns bitte gemeinsam daran arbeiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Wäschenbach das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es geht heute nicht um eine Erfolgsbilanz der Landesregierung in dem 139-seitigen Bericht zum Klimaschutz. Es ist kein Erfolg, über den wir heute reden, es ist kein Tagesgeschäft, es ist ernste Realität und Überlebenskampf.

(Beifall bei der CDU)

Es geht um unser Klima, um unseren Planeten und die Zukunft unserer Kinder. Wenn wir ehrlich zueinander sind, müssen wir feststellen, dass wir alle versagt haben, als Verbraucher zu Hause, als Politiker in der Kommune, hier im Land, im Bund, in der EU und weltweit und auch in der Wirtschaft.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir tun alle zu wenig für den Klimaschutz. Es ist verrückt und verantwortungslos, wenn bestimmte Politiker die Abkehr von Gesetzen und Verordnungen in der Klimapolitik fordern und abstrus behaupten, CO2 sei das Gas des Lebens, es gäbe gar keinen Klimawandel.

Es ist auch völlig egal, ob der Klimawandel naturgegeben ist oder menschengemacht: Wir müssen in der Evolution erkennen, dass es den Klimawandel gibt und eine weitere ungebremste Erderwärmung katastrophale Folgen haben wird.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP)

Vor 20.000 Jahren hatten wir noch eine Eiszeit, es kam die Warmzeit – und nun die Heißzeit? Das fragen sich nicht wenige Menschen. Seit dieser letzten Eiszeit hat es eine Erderwärmung von 3,5 Grad im Durchschnitt gegeben. Seit 1900 kam aber in kürzester Zeit ein Grad obendrauf. Wenn wir so weitermachen, kommt ein weiterer Temperaturanstieg um bis zu fünf Grad bis zum Jahr 2100 noch hinzu – ein extrem veränderter Kurvenverlauf also in kurzer Zeit. Wir müssen den Anstieg dringend auf 1,5 Grad begrenzen.

Früher erwärmte sich das Klima in 1.000 Jahren um ein Grad, nun alle 100 Jahre. Die Erderwärmung findet also statt. Es ist die globale Erwärmung mit allen negativen Folgen, die drohen: Dürren und Trockenheit, Stürme und Unwetter mit gravierenden Ernteeinbußen, ganz zu schweigen von der Eisschmelze und dem Anstieg des Meeresspiegels mit bedrohten Inselstaaten und Küstenstädten bei einem Anstieg von 60 Metern, wenn wir so weitermachen. 100 Millionen Menschen leben nur einen Meter über dem Meeresspiegel, der größte Teil der Menschheit wohnt in Küstenstädten.

Meine Damen und Herren, wir müssen dem Klimawandel konsequenter entgegentreten, international, europäisch und national und im Land, auch wenn wir in Deutschland nur 2 % zu verantworten haben. Uns Christdemokraten geht es um die Bewahrung der Schöpfung. Dies ist eine Aufgabe für die Menschheit. Wir brauchen einen engagierteren Klimaschutz.

(Beifall der CDU)

Wir müssen nicht nur wegen des CO2 unsere endlichen Ressourcen schonen und aussteigen aus dem Kohleabbau. Wer weiß, wofür man diesen Bodenschatz in Zukunft noch einmal braucht.

Wir müssen beides schaffen: Energiewende und Wirtschaftswachstum. Für viele Menschen ist der Klimawandel schon eine Existenzfrage. Die Menschen, die ihre Lebensgrundlagen verlieren, sind die Klimaflüchtlinge von morgen, sie machen sich auf den Weg. Unsere Wirtschaft kann den Wandel, das hat sie bei der Industrialisierung und bei der Digitalisierung bewiesen. Nun haben wir die einzige Chance, mit riesigen Klimainnovationen, bei denen auch viele Arbeitsplätze entstehen, unseren Planeten zu retten. Andere Staaten werden es nicht tun, wenn wir sie nicht durch eigenes Tun ermuntern. Wir müssen zeigen, dass beides geht: in einem Industrieland engagierten Klimaschutz umsetzen und Wohlstand und Arbeitsplätze dabei erhalten.

Dazu tut Rheinland-Pfalz zu wenig. Ich nenne beispielhaft die Aussprache zur Regierungserklärung der Ministerpräsidentin am 2. Juni in diesem Hause zu den aktuellen Unwetterereignissen. Dort wurde von Ihnen, Frau Dreyer, der Hochwasserschutz als Kernaufgabe kommunaler Daseinsvorsorge genannt. Es wäre besser gewesen, den Klimaschutz insgesamt als Kernaufgabe kommunaler Daseinsvorsorge zu bezeichnen.

Christian Baldauf hat zu Recht in dieser Extremwetterdebatte auf die Risiken des Klimawandels hingewiesen und selbstkritisch eingeräumt, dass in Deutschland zu wenig getan wurde. Sie wissen, wer für die Energie in Berlin jahrelang verantwortlich war. Diesen selbstkritischen Blick wünsche ich mir auch bei Ihnen, der Landesregierung.

(Beifall der CDU)

Klimaschutz muss eine kommunale Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge werden. Es darf nicht sein, dass finanzschwache Kommunen sich keinen Klimaschutz leisten können. Kommunen wollen viel mehr tun, als nur an Modellprojekten teilnehmen oder eine Ladesäule anschaffen. Viele Kommunen wollen in die Photovoltaik- und Batteriespeichersysteme oder in einen Fuhrpark investieren, aber sie haben kein Geld dafür. Viel schlimmer noch, die Kommunalaufsicht beanstandet derartige Ausgaben als freiwillige Leistungen und betrachtet diese nicht als Pflichtaufgabe. Hier müssen Sie, liebe Landesregierung, einen wirksamen Hebel ansetzen und die Kommunen finanziell ordentlich ausstatten, sodass flächendeckend im Land effektiver Klimaschutz betrieben werden kann.

(Beifall der CDU)

Das hat die Landesregierung bisher versäumt. Ich bin einmal auf den neuen Haushaltsentwurf gespannt. Es ist zwar gut, viele kleine Dinge anzustoßen, wie gestern in den 78 Projekten bei der „Aktion Grün“ vorgestellt, und insgesamt im Land 60 Millionen Euro in vier Jahren zu investieren; es reicht aber nicht, vieles im Kleinen zu tun. Es bedarf viel größerer Anstrengungen.

Sie haben auch falsche Anreize gesetzt. Anstatt Werbung

zu machen und Geld auszugeben für ein 1.000 ÖfenProgramm, mit dem Sie Verbraucher beim Kauf moderner Öfen unterstützen, hätten Sie einen Energieträgerwechsel unterstützen sollen. Holzofen bleibt Holzofen und Gasofen bleibt Gasofen. Sinnvoller wäre die Ausstiegsförderung aus fossilen Brennstoffen gewesen, zum Beispiel in Wärmepumpen.

(Beifall der CDU)

Sorgen Sie für eine Pflicht zur Solarenergienutzung bei Neubauten, zum Beispiel in der Landesbauordnung.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Jawohl!)

Der Zubau muss um den Faktor zehn erfolgen. Sorgen Sie für eine Weiterentwicklung von Wärmepumpen, zum Beispiel auf solarangepasste Betriebsweise. Sorgen Sie bei Neubauten für getrennte Wassersysteme. Aufwendig aufbereitetes Trinkwasser in Toiletten oder Industrieprozessen zu verschwenden, ist unverantwortlich. Sorgen Sie für eine bessere Speicherentwicklung.

Zum Schluss noch eine rhetorische, aber ernst gemeinte Frage. Um unseren Klimaschutzverpflichtungen gerecht zu werden und die globale Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten wir unsere Kohlendioxidemissionen bis 2040 auf Null reduzieren. Werden wir es schaffen, bis 2040 eine Energieversorgung ganz ohne Erdöl, Erdgas und Kohle aufzubauen und so das Klima zu retten?

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Ihrer Unterstützung, Herr Wäschenbach!)

Mir liegen zwei Kurzinterventionen vor. Zunächst erteile ich Herrn Kollegen Frisch von der AfD-Fraktion das Wort.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, der auch noch!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Wäschenbach, ich bin ja nun kein Klimaexperte. Aber es hat mich jetzt doch gereizt, zu einem logischen Widerspruch in Ihrer Rede kurz Stellung zu nehmen.

Natürlich haben Sie recht: Es gibt den Klimawandel. Kein vernünftiger Mensch wird diese Tatsache bestreiten. Aber wenn Sie dann sagen, es ist letzten Endes egal, ob dieser Klimawandel menschengemacht ist oder nicht, dann muss ich Ihnen eindeutig widersprechen. Das ist deshalb nicht egal, weil damit natürlich die Frage zusammenhängt, inwieweit wir Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, diesen stattfindenden Klimawandel in einer relevanten Form zu beeinflussen.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Genau!)

Denn wenn das nicht der Fall sein sollte, dann müssen wir darüber nachdenken, ob es verantwortbar ist, Hunderte Milliarden Euro in ein Projekt zu investieren, das letzten Endes nicht zielführend sein kann. Wir stecken mittlerweile sehr viele Ressourcen in die Bekämpfung des Klimawandels, in die Rettung des Weltklimas, aber mit diesem Geld könnten wir natürlich eine ganze Menge anderer Dinge machen, etwa die wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern der Dritten und Vierten Welt vorantreiben.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: An die AfD spenden! Illegal! Wie wäre es denn damit? Damit Ihr wieder Plakate kleben könnt!)

Daher muss man schon kritisch hinterfragen, ob es tatsächlich sinnvoll ist, für den Klimawandel eine solche Summe auszugeben und damit natürlich dieses Geld an anderer Stelle nicht mehr einsetzen zu können.