Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Staatsminister Roger Lewentz: Tolle Leistung! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So muss man über Innere Sicherheit reden!)

Für die AfD-Fraktion spricht deren Vorsitzender Herr Junge.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Lammert, herzlichen Dank dafür, dass Sie uns alle noch einmal an den Anschlag in Straßburg erinnert haben.

(Zuruf des Abg. Jens Guth, SPD)

Ich hoffe, dass die Zahl der Toten nicht noch weiter steigt.

Der Einzelplan 03 behandelt zentrale Themen im Bereich der Zukunftsfähigkeit und Inneren Sicherheit unseres Landes. Polizei, Feuerwehr, Personal- und Stellenplanung, Digitalisierung: allesamt Themen, die unmittelbaren Einfluss auf das Leben, auf die Daseinsvorsorge unserer Bürger haben.

Rheinland-Pfalz ist, anders als stets vollmundig von der Landesregierung behauptet, eben nicht spitze,

(Zuruf aus dem Hause: Doch!)

bestenfalls Mittelmaß und in manchen Bereichen sogar auf den hinteren Rängen zu finden.

Die schlechte Personalsituation bei der Polizei ist durch unsere Große Anfrage – die bitte ich doch, heranzuziehen, und nicht die BILD-Zeitung – mit dem Betrachtungshorizont der letzten acht Jahre deutlich sichtbar geworden. Innenminister Lewentz spricht gerne von den höchsten Einstellungszahlen aller Zeiten. Das werde ich einmal aufbrechen, meine Damen und Herren.

Fakt ist, dass das bisherige Personalniveau der letzten acht Jahre gerade einmal gehalten werden konnte. Die Bewerberzahlen sinken, und die Quote der Ausbildungsabbrecher steigt. Im Betrachtungszeitraum haben im Durchschnitt 16,2 % der Polizeianwärter die Ausbildung nicht beendet. 2.924 Polizeibeamte haben zwischen 2010 und 2017 ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Im gleichen Zeitraum sind 2.879 Polizeibeamte landesweit aus dem Dienst ausgeschieden. Die überwiegende Zahl ging in den Ruhestand, ein anderer Teil schied durch dauerhafte Dienstunfähigkeit aus. Das heißt, die Personalstärke ist von 2010 bis 2017 gerade einmal um netto 45 Polizeibeamte angewachsen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Hört, hört!)

Diese Zahl ist allerdings nur ein Zwischenstand, denn der 15. bis 16. Bachelorstudiengang läuft derzeit noch, und die Abbrecherquote ist noch lange nicht bekannt.

Zudem gehört Rheinland-Pfalz zu den Bundesländern, aus denen tatsächlich auch Polizeibeamte abwandern. 170 Abwanderungen – das sind die Zahlen des Innenministeriums – in andere Bundesländer stehen nur 160 Zugänge aus anderen Bundesländern gegenüber. Nochmals minus zehn Beamte. Das Gesamtsaldo beträgt dann nur 35 Beamte – wir reden von einem Betrachtungszeitraum von acht Jahren.

Meine Damen und Herren, in diese negative Bilanz sind entscheidende Lebens- und Dienstfaktoren noch nicht mit einbezogen, so etwa die individuelle Krankheitsquote von

durchschnittlich 7 %, was etwa 200.000 Fehltagen oder 600 dauerhaft fehlenden Beamten entspricht.

Diese Gesamtsituation steht zudem unter der Last einer nahezu unerträglichen Überstundenzahl, die seit Jahren relativ konstant bei über 1,6 Millionen Dienststunden im Jahr liegt. Das ist ein Skandal für sich und zeigt doch, dass die vorhandenen Kräfte selbst für die aktuelle Lage nicht ausreichen, geschweige denn für eine sich künftig ziemlich sicher noch verschärfende Sicherheitslage, insbesondere auch dann, wenn Sie sich von Frau Spiegel weiter in dieser Form die Sicherheit unseres Landes sabotieren lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Die Polizei befindet sich aktuell in derselben Lage wie im Jahr 2009. Fortschritt und Zukunftsfähigkeit sehen aber anders aus.

Nun gut, das sind zunächst nur Kopfzahlen, aber betrachtet man die Lage unserer Beamten und ihrer Familien, die Lebensqualität der Polizeibeamten, bezieht man auch die Krankheitsausfälle, Mutterschutz, Elternzeit und die permanente Dauerlast der Überstunden mit ein, wird erschreckend klar, dass unsere Polizei seit Jahren unterbesetzt ist und Sie, Herr Minister – seit über sieben Jahren im Amt –, hier die Fürsorgepflicht nachweisbar vernachlässigt haben. Sie regieren auf dem Rücken der Polizeibeamten.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Jens Guth, SPD)

Wir fordern ein echtes Aufbauprogramm für unsere Polizei in personeller und materieller Hinsicht. Die erste Zielmarke sind in der Tat die 10.000 Beamte, die auch die CDU fordert, aber nicht als tote Dienstpostenstruktur, sondern dienstfähig auf den Straßen in Rheinland-Pfalz. Die Ausrüstung der Polizei muss auf das bestmögliche Niveau gehoben werden. In der Frage der Bewaffnung, aber auch in der Frage der Einsatzfahrzeuge muss sich eine Neubeschaffung an den funktionalen Anforderungen und an einem vordefinierten Bedarf orientieren. Schauen Sie nach Frankreich, und erkennen Sie die Zukunft Deutschlands.

Die schnelle Verfügbarkeit von Sicherheitskräften im ländlichen Raum ist von besonderer Bedeutung für das Sicherheitsgefühl der Bürger. Wir brauchen mehr Polizeiwachen und nicht weniger, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

In der Besoldung, in der Besoldungsstufe A 9 auf A 10, muss der bestehende Beförderungsstau deutlich gemildert werden. Zur besseren medizinischen Versorgung – ich weiß, wovon ich spreche – sollte die freie Heilfürsorge für alle Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz eingeführt werden.

Bei den Freiwilligen Feuerwehren ist die Unterstützung des Landes in weiten Teilen noch unzureichend. Herr Lammert, nicht Sie haben es angestoßen, sondern wir mit unserer Großen Anfrage haben – – –

(Beifall der AfD – Zurufe aus dem Hause)

Ja, ja, das gehört auch zur Wahrheit, weil Sie das immer so betonen, aber sei’s drum. Es geht um die Feuerwehr, und das ist uns allen wichtig.

Die Bereitschaft der Bürger, sich freiwillig zu engagieren, sinkt aber stetig, obwohl wir alle von diesem wichtigen Dienst der ehrenamtlich diensttuenden Frauen und Männer abhängig sind. Gegen den Nachwuchsmangel werden landesseitig bisher keine effektiven Maßnahmen, zum Beispiel in Form von wirksamen Werbekampagnen, ergriffen.

(Zuruf der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Die Einsatzausrüstung und persönliche Schutzausrüstung entspricht nur zum Teil dem aktuellen Stand der Technik. Die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Koblenz wird im aktuellen Haushalt zwar mit den dringend erforderlichen Stellenanhebungen bedacht, weist jedoch weiterhin Investitionsbedarf auf und ist von einer professionellen Ausstattung noch weit entfernt.

Berufsfeuerwehren decken in Rheinland-Pfalz mit ihren gut ausgebildeten Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern ein weites Aufgabenspektrum ab, werden jedoch, trotz jahrelanger Fachausbildung, im Vergleich zu anderen Berufsgruppen weit unterdurchschnittlich besoldet. Hier besteht Handlungsbedarf.

Wir fordern Sie auf, die Feuerwehren in Rheinland-Pfalz effektiv und mit ausreichenden finanziellen Mitteln zu unterstützen und für den freiwilligen wie auch hauptberuflichen Feuerwehrdienst zu werben.

Meine Damen und Herren, im völligen Tiefschlaf befindet sich unsere Landesregierung jedoch beim Thema „Breitbandausbau und Digitalisierung“. Ja, jetzt ist es ein großes Thema, aber die Landesregierung räumte jüngst in der Antwort auf unsere Große Anfrage ein, dass nur ca. 2,5 % der rheinland-pfälzischen Haushalte über einen Glasfaseranschluss verfügen. Das ist im Vergleich digitales Mittelalter, meine Damen und Herren. Der Versorgungsdurchschnitt aller OECD-Staaten liegt bei 23 %,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hört, hört!)

ist also fast zehnmal so hoch.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Unglaublich!)

Unser Land liegt damit weit hinter den Schwellenländern wie Mexiko mit 18,3 % oder Kolumbien mit 11,1 %.

Die Landesregierung hat die Digitalisierung und den Breitbandausbau regelrecht verschlafen. Es mangelt an klarer Prioritätensetzung und an einem strategischen Konzept.

(Zuruf aus dem Hause)

Wir wollen diese Zukunftsherausforderung anpacken. Wir fordern den Aufbau einer Digitalagentur, die im Haushaltseinzelplan des Wirtschaftsministeriums verankert ist.

Zum Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wird Dr. Bollinger im Anschluss sprechen.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Becker das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lammert, warum haben wir den Taser nicht sofort landesweit eingeführt? Weil wir gegen eine Hopplahopp-Innenpolitik sind. Deshalb haben wir das nicht gemacht.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Die Durchführung eines Pilotprojekts hat die Akzeptanz bei den Einsatzkräften geprüft. Die Evaluation hat gezeigt, es war richtig, es so zu machen, und jetzt führen wir ihn landesweit ein. Das ist genau der richtige Weg.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt stärkt die Handlungsfähigkeit unseres Rechtsstaats und ist auf die Bedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz zugeschnitten. Meine Damen und Herren, das ist auch richtig so, denn unsere Bürgerinnen und Bürger in RheinlandPfalz haben die Mittel für diesen Haushalt mit großem Fleiß und Engagement erwirtschaftet. Ich denke, ich kann ihnen im Namen des ganzen Hauses für diesen unermüdlichen Einsatz danken.