Frau Ministerin, Sie haben die Frage 2 nach meinem Dafürhalten nicht wirklich beantwortet. Hier ging es darum, wie Sie das eigentlich vernichtende Urteil des Landeselternbeirats, Desaster auf allen Ebenen, bewerten. Sie haben zwar gesagt, dass Sie Gespräche führen werden. Wunderbar!
Aber gibt es denn überhaupt keinen Punkt, zu dem Sie sagen: Ja, da ist irgendetwas schief gelaufen, da müssen wir reden? Sie haben doch jetzt die Gelegenheit hier vor dem Parlament der Öffentlichkeit zu sagen: Ja, es ist nicht alles gut. – Das kann man doch wohl erwarten. Dieses Urteil kommt ja nicht einfach aus der Luft heraus, sondern dafür gibt es Gründe. Gibt es denn irgendetwas, zu dem Sie auch aus Ihrer Sicht sagen, ja, da müssen wir etwas ändern?
Herr Abgeordneter Junge, ich habe gestern und heute gesagt, dass die Realschulen plus vor großen Herausforderungen stehen, mit Blick auf Heterogenität, mit Blick auf Inklusion und mit Blick auf das, was sie tagtäglich leisten müssen. Wir haben unterschiedliche Realschulen plus im ganzen Land mit unterschiedlichen Herausforderungen; die in den Städten haben andere Herausforderungen als die auf dem Land. Ich habe auch gesagt, dass wir ständig dabei sind nachzusteuern.
Wir haben die didaktischen Koordinatorinnen und Koordinatoren eingeführt. Wir haben bei der Wechselprüfung II, die immer ein großes Thema innerhalb der Kollegien war, schnell all diejenigen befördert, die erfolgreich die Wechselprüfung II abgelegt haben. Wir haben bei der Sprachförderung die 9.500 Poolstunden immer so gelassen, obwohl die Schülerzahlen wegen der demografischen Entwicklung
Natürlich ist nicht an allen Schulen dieses Landes eitel Sonnenschein. Es ist eine schwierige Situation, vor der Realschulen plus am Tag manchmal stehen. Das ist gar keine Frage. Das nehme ich auch ernst. Ich bin im Kontakt mit Schulleitungen. Ich habe mich im Januar mit allen Schulleitungen der Realschulen plus in Mainz getroffen. Mit denen bin ich im Austausch und spreche darüber, wo es brennt und wo es Probleme gibt. Mit ihnen überlegen wir gemeinsam, wie wir die Realschulen plus weiter unterstützen können.
Das tun wir mit den Maßnahmen, die ich genannt habe, und mit den Maßnahmen, an denen wir arbeiten. Wir haben zum Beispiel mit Blick auf herausfordernde Schülerinnen und Schüler schon geraume Zeit eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der aktiven Lehrerinnen und Lehrer, die eine Handreichung erarbeitet hat, die Lehrerinnen und Lehrern Hilfestellung gibt und sie dabei unterstützen soll, professionell mit diesen Situationen umzugehen. Wir haben die Stellen für Schulpsychologinnen und -psychologen ausgedehnt, damit die Realschulen plus, wie alle anderen Schulen auch, mehr Beratung bekommen.
All diese Maßnahmen haben wir ergriffen, und wir arbeiten weiter daran. Ich werde die Realschulen plus, die eine unglaublich wichtige Rolle in diesem Schulsystem haben, weiter unterstützen.
Frau Ministerin, ich habe gestern im Rahmen der Aktuellen Debatte die Kritik des stellvertretenden Landesvorsitzenden des VBE an der Informationspolitik des Landes aufgegriffen und seine Aussage zitiert, nach außen laufe alles bestens, innerhalb des Systems aber gar nichts zusammen. Sie haben dem entschieden widersprochen, auch jetzt noch einmal, und dabei auf Ihre zahlreichen Besuche an Schulen verwiesen. Frau Ministerin, glauben Sie nicht, dass ein Lehrerverband, dessen Mitglieder tagtäglich an der pädagogischen Front stehen, die Lage besser beurteilen kann als jemand, der vielleicht alle zehn Jahre einmal zu einem offiziellen Besuch an eine Schule kommt?
Herr Abgeordneter Frisch, es ist schön, dass Sie mir unterstellen, dass ich schon seit zehn Jahren Bildungsministerin bin. Das freut mich sehr. Ich bin es seit gut zweieinhalb Jahren. In diesen zweieinhalb Jahren habe ich über 30 Realschulen plus besucht. Ich habe Grundschulen besucht. Ich habe Gymnasien besucht.
Ich glaube, in der Anne-Frank-Realschule plus war ich schon dreimal. Ich gehe auch mehrfach in Realschulen plus.
Das ist eine Realschule plus, die, glaube ich, vor sehr, sehr großen Herausforderungen steht, die diese Herausforderungen hervorragend meistert und die wir gerne unterstützen, wie alle anderen Realschulen plus auch.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Der VBE hat, ich glaube, an 70 Grundschulen Stichproben gemacht. Die strukturelle Unterrichtsversorgung haben wir statistisch bei über 960 Grundschulen erhoben. Das sind Daten, die uns die Grundschulen gegeben haben. Die haben wir nicht erfunden, sondern die haben wir uns geben lassen. Das machen wir jedes Jahr. Wir haben es in diesem Jahr zu diesem Schuljahr das erste Mal geschafft – nicht das erste Mal, sondern das zweite Mal, aber in meiner Amtszeit das erste Mal –, dass wir bei den Grundschulen bei einer strukturellen Versorgung von über 100 % sind.
Der VBE stellt sich hin, betrachtet sich 70 Schulen und sagt: Ja, aber temporär fällt der Unterricht aus. – Ich kann Ihnen 70 andere Schulen nennen, an denen temporär keiner ausfällt. Ich will das aber überhaupt nicht kleinreden. Wir leben im Bildungsministerium nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern wir sind ganz eng mit allen zusammen und reden miteinander. Deshalb weiß ich das auch von den Grundschulen, die vor großen Herausforderungen stehen.
Deshalb haben wir im Doppelhaushalt 80 Feuerwehrlehrkräfte zusätzlich zu den 148 vorgesehen, die es heute gibt. Deshalb ist die Hälfte der Einstellungen, die wir zu diesem Schuljahr gemacht haben, an die Grundschule gegangen. Deshalb haben wir uns an einem runden Tisch zusammengesetzt und überlegt, mit welchen Maßnahmen wir die Arbeit der Grundschulen unterstützen können, damit mehr Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen können. All das machen wir. Da stehen wir in einem ständigen Austausch und reden miteinander. Wir reden mit der GEW, den Verbänden und dem Hauptpersonal darüber. Daraus ziehen wir unsere Schlüsse.
Wir haben es geschafft, alle Planstellen im Grundschullehramt mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen. Das haben andere Länder in der Bundesrepublik kaum geschafft. Ich finde, das muss man dabei vielleicht auch einmal erwähnen.
Wenn der VBE eine Pressekonferenz macht und sagt, das ist Schönfärberei, dann kann ich nur sagen: Die Zahlen, die wir erhoben haben, die 100,3 %, sind nicht erfunden und die haben wir auch nicht schöngefärbt, sondern das ist die strukturelle Unterrichtsversorgung in diesem Schuljahr.
Den temporären Unterrichtsausfall, den es natürlich gibt, weil Lehrkräfte krank werden oder auch einmal auf einer Fortbildung sind, versuchen wir, dadurch aufzufan
gen, dass wir die Feuerwehrlehrkräfte erhöhen, wir den Vertretungspool für die Grundschullehrkräfte noch einmal deutlich und die PES-Mittel an Schulen in Koblenz und Ludwigshafen erhöht haben. In Mainz haben wir schon einmal die Feuerwehrlehrkräfte erhöht. Genau mit diesen Maßnahmen versuchen wir, dem temporären Unterrichtsausfall entgegenzuwirken, weil es wichtig ist, dass die Kinder jeden Tag Unterricht bekommen, und zwar den ganzen Tag.
Eigentlich hatte ich vor, eine andere Frage zu stellen, aber das schließt sich jetzt wunderbar an. Frau Ministerin, wären Sie denn bereit, in Zukunft auch einmal vielleicht zu zwei Stichtagen den temporären Unterrichtsausfall abzufragen? Das würde möglicherweise mit Blick auf das, was der VBE stichpunktmäßig abgefragt hat, sehr erhellend sein.
Frau Abgeordnete Beilstein, im Vergleich zu anderen Ländern ist die Statistik über die Unterrichtsversorgung in Rheinland-Pfalz so transparent wie kaum irgendwo anders. Wir haben einen Statistikstichtag für die temporäre Unterrichtsversorgung. Darüber berichten wir dem Landtag jedes Jahr ausführlich. Jede einzelne Schule wird aufgeführt.
Ich glaube, das ist die Woche nach Ostern. Das ist eine ganze Woche. Diese Woche ist nicht willkürlich ausgesucht worden, sondern das ist eine Woche, die vernünftig ist oder die irgendwann einmal lange vor meiner Zeit festgelegt worden ist. Ich glaube, dass das ausreichend und richtig ist.
Sie haben eben darauf hingewiesen, dass doch eine größere Zahl an Schülern von der Realschule plus die Fachhochschulreife erworben hat. Das ist an sich begrüßenswert. Sehen Sie gleichwohl nicht einen Widerspruch darin, wenn ich im Grunde genommen – das sieht man an der Außendarstellung – sehr offensiv im Hinblick auf die Realschule plus damit werbe, dass man hier quasi den Abschluss für die Hochschule machen kann? Im Grunde genommen wird hier wieder der Realschulabschluss in den Schatten gestellt.
Im Grunde wird damit sozusagen die Akademisierung quasi so weitergetrieben, dass deswegen notwendigerweise die Realschule plus dazu beiträgt, dass das duale System hinten herunterfällt.
(Abg. Martin Haller, SPD: Sozusagen, quasi! Das scheint eine sehr prägnant gestellte Frage zu sein!)
Im Grunde genommen ist das ein Widerspruch. Wenn ich die Hochschulreife sozusagen bejuble und feiere, die dort produziert wird,
kann ich im Grunde genommen nichts gegen den Fachkräftemangel tun, weil die duale Ausbildung in der öffentlichen Wahrnehmung – auch bei den Schülern – hinten herunterfällt.
Wir sind bei der vierten Mündlichen Anfrage. Die Nachdebatten zur dritten Mündlichen Anfrage hören jetzt auf.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Roth und Monika Becker (FDP), „Schwarzfahren“ als Ordnungswidrigkeit – Nummer 4 der Drucksache 17/8218 – betreffend, auf.