Protokoll der Sitzung vom 23.10.2019

nämlich ein Zukunftsmodell zu entwickeln, wie wir diese Umweltschäden, die entstehen, fortlaufend ausgleichend honorieren. Ich denke, da werden wir nachher in der Aktuellen Debatte die Glanzleistungen Ihrer Landtagsfraktion, die Glanzleistung Ihres Fraktionsvorsitzenden auf Bundesebene und diejenige Ihrer Bundespartei hören.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Oh!)

Damit haben wir das erste Thema der Aktuellen Debatte beendet. Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

IQB-Bildungstrend: Rheinland-Pfalz in MINT-Fächern deutlich verschlechtert, Bildungswende dringend erforderlich auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/10333 –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Frisch für die AfD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Rund ein Viertel der Grundschüler in Rheinland-Pfalz erfüllt am Ende der vierten Klasse nicht einmal die Mindestanforderungen in der Rechtschreibung. Diese bittere Erkenntnis brachte uns die IQB-Studie 2016.

Seit Freitag liegt nun der IQB-Bildungstrend 2018 für die Neuntklässler vor, der für Rheinland-Pfalz nicht weniger niederschmetternd ist. 27,2 % verfehlten den Mindeststandard im Fach Mathematik. Hier gab es deutliche Verschlechterungen gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2012. Bei den Schülern, die den mittleren Schulabschluss anstreben, gilt dies auch für die Fächer Chemie, Physik und Biologie, bei denen teilweise massive Einbrüche zu verzeichnen sind.

Im Bereich Mathematik lässt sich die Entwicklung wie folgt zusammenfassen: Scheiterten 24,3 % im Jahr 2012 an

den Mindeststandards, waren es nun 27,2 %. Dem Regelstandard genügten 46,3 % im Jahr 2012 und jetzt nur noch 40,5 %. Sechs von zehn Schülern schafften ihn also nicht. An den Gymnasien wurde er im Jahr 2012 noch von 87,1 % erreicht; jetzt erfolgte ein Absturz auf 79,6 %.

Damit ist Rheinland-Pfalz durchgehend schlechter als der Bundesdurchschnitt. Dabei wurde nicht einmal tiefergehendes Fachwissen aus dem Lehrplan der Klasse 9 abgefragt. Kein Rechnen mit Wurzeln oder Potenzen, weder Strahlensätze noch Pythagoras, keine quadratischen Funktionen oder Gleichungssysteme: Nichts von alledem findet sich in den Beispielaufgaben, die veröffentlicht wurden. Stattdessen sind es simple Fragen, die zum größten Teil mit wenigen Grundrechenschritten, einfachen Skizzen oder dem Ablesen aus Tabellen lösbar waren.

Meine Damen und Herren, dieses Ergebnis ist auch deshalb eine Katastrophe, weil Deutschland selbst allenfalls noch Mittelmaß ist. TIMMS-Studie 2015 und IGLU 2016 sind dafür Belege. Selbst dort, wo die Landesregierung in der Vergangenheit immer eine Stärke des rheinlandpfälzischen Bildungssystems sah, ging es laut der IQBStudie 2018 bergab.

Entgegen dem Bundestrend hat sich die Kopplung zwischen den mathematischen Kompetenzen und dem sozioökonomischen Status der Familien verschlechtert. Die soziale Herkunft der Kinder wirkt sich in einem zentralen Bereich wieder mehr auf den Bildungserfolg aus, als dies noch im Jahr 2012 der Fall war. Auch hier gibt es also eine negative Entwicklung.

Nicht nur Bayern ist Rheinland-Pfalz enteilt, und das, obwohl seit dem Schuljahr 2008/2009 vier zusätzliche Wochenstunden vor allem die mathematischnaturwissenschaftliche Bildung stärken sollen. Das hat offenkundig nichts gebracht.

Zu Recht kommentiert Cornelia Schwartz, Vorsitzende des Philologenverbands, die Ergebnisse der IQB-Studie wie folgt: „Da nützt es auch nichts, wenn das Ministerium von Tag zu Tag neue MINT-Regionen und MINT-Wettbewerbe ausruft. Gelernt wird an den Schulen. Wenn dort die Lehrkräfte und die Stunden insbesondere für die MINT-Fächer fehlen, sind alle anderen Maßnahmen auf Sand gebaut.“

Unterrichtsausfall, fehlende oder fachfremde Lehrer in Mathematik und Naturwissenschaften sind das eine. Mangelnde Effizienz ist das andere. Um sie zu steigern, brauchen wir im System mehr Differenzierung. Damit erhöht sich der Lernerfolg. Auch das hat die IQB-Studie gezeigt.

Ich zitiere erneut die Vorsitzende des Philologenverbands: Zehn Jahre nach der Abschaffung der Hauptschule bekommen wir nun die Auswirkungen dieser Schulreform erst voll zu spüren. – Sie fährt fort: „Das gegliederte Schulsystem muss endlich wieder gestärkt werden, zum Beispiel durch Zugangsbeschränkungen zum Gymnasium, von denen auch die Realschule plus profitieren würde (...).“

(Beifall der AfD)

Das geht natürlich nur über eine verbindliche Grundschulempfehlung, wie wir das im vergangenen Plenum vorge

schlagen haben und wie es in Bayern praktiziert wird. Deshalb werden wir nicht lockerlassen. Wir werden die von uns geforderte Bildungswende 2021 beharrlich weiterverfolgen. Dazu werden wir schon bald einen neuen Antrag einbringen, mit dem wir eine Abschlussprüfung zum Erwerb des mittleren Schulabschlusses in der Realschule plus einführen wollen.

Meine Damen und Herren, die AfD steht als einzige Partei für eine grundlegende Reform des rheinland-pfälzischen Bildungssystems. Die Ampelkoalition ist für die Misere, die wir jetzt erleben, verantwortlich. Aber auch von der CDU ist keine nachhaltige Verbesserung zu erwarten. Sie beschränkt sich auf kosmetische Korrekturen und vor allem auf die Forderung nach mehr Geld. Sie ist auch bildungspolitisch flexibel, wie das Beispiel Hessen zeigt. SchwarzGrün hat hier im Koalitionsvertrag die Notenpflicht abgeschafft. Leistungsfeindliche Ideologie von links wurde so durch die CDU übernommen.

Gleiches droht nun den Sachsen.

Für uns als AfD ist dagegen das Motto klar: Gute Bildungspolitik setzt auf differenzierte Förderung und Leistung statt auf Gleichmacherei und Vielfaltsideologie.

(Glocke der Präsidentin)

Nur so können wir verhindern, dass es zuerst mit der Bildung und dann auch mit unserem Land weiter abwärtsgeht.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Schwach! 6! Setzen!)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Brück.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kultusministerkonferenz tituliert zum IQB-Bildungstrend: Stabile Leistungen in schulisch herausfordernden Zeiten.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Aber nicht für Rheinland-Pfalz!)

Herr Frisch, insofern sind wohl Ihre Ausführungen mit den Worten „niederschmetternd“ und „Katastrophe“ sehr weit vom Schlechtreden herbeigeholt.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Fakt ist, die Kultusministerkonferenz hat das IQB ins Leben gerufen, um die Erreichung der Bildungsstandards zu überprüfen und in den Ländern zu vergleichen, damit bildungspolitische Herausforderungen rechtzeitig erkannt und angegangen werden können. Insofern gibt uns die Studie wichtige Hinweise darauf, wo wir stehen und wo noch nachzuarbeiten ist. Das ist beileibe keine Katastrophe.

Die jetzt getesteten naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie, Physik und Mathematik spiegeln also die Kompetenzen wider, die in der 9. Klasse gekonnt werden, und nicht das, was am Ende der 10. Klasse gekonnt werden muss. Das wird also schon ein Jahr vorab abgeprüft. Damit gibt es einen Ansatzpunkt, wo in dem Jahr, das noch folgt, Vertiefungen im Lernstoff notwendig sind.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Insgesamt liegt Rheinland-Pfalz bei den Untersuchungen im guten Hauptfeld.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Im guten Hauptfeld!)

Signifikante Abweichungen gibt es in Mathematik, wobei aber auch hier nur ein vergleichsweise geringer Rückgang zu verzeichnen ist. Bei anderen Ländern sieht das viel dramatischer aus.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Damit gebt Ihr Euch zufrieden?)

Wir müssen uns hier nicht kleiner machen, als wir sind.

In den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Physik und Chemie liegt Rheinland-Pfalz im guten Hauptfeld. Bei den Bereichen Erkenntnisgewinn in Biologie liegt Rheinland-Pfalz auf dem dritten Platz und in Chemie auf dem vierten Platz.

Bei den Gymnasium zeigen sich im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Frisch, in Rheinland-Pfalz in fast allen Bereichen höhere Werte als im Bundesschnitt, der insgesamt für die Gymnasien eine ungünstige Entwicklung aufzeigt. Das gibt es bei uns so nicht.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Wir sind schlechter geworden!)

Es ist ganz klar, wir sind nicht mit den Ergebnissen in Mathematik zufrieden. Das müssen wir genau analysieren, und da müssen wir nachsteuern. Auch das ist aber kein allein rheinland-pfälzisches Problem, sondern das trifft fast alle Bundesländer.

Wenn sich Werte in Vergleichsstudien verschlechtern, dann ist das kein Grund zum Jubeln. Nein, es geht niemand einfach darüber hinweg. Sie tun so, als ob wir das machen. Das ist falsch. Es gibt einen Grund, genau hinzuschauen und zu analysieren, woran das liegt. Es gibt aber keinen Grund, die Katastrophe herbeizureden oder das zu skandalisieren. Das ist auch kein Grund für Schnellschüsse und vermeintlich einfache Lösungen. Das ist erst recht kein Grund für den Rückfall in die bildungspolitischen 50er-Jahre.

(Zurufe der Abg. Uwe Junge und Michael Frisch, AfD)

Wir begrüßen daher, dass Ministerin Hubig bereits angeboten hat, Frau Professor Stanat vom IQB in den Bildungsausschuss einzuladen, damit wir die Ergebnisse sachlich diskutieren und einordnen können. Das ist das eine.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Damit es wieder wegmoderiert wird!)

Zum anderen sind bereits etliche Maßnahmen angegangen worden, die nun vertieft werden und natürlich auch Wirkung entfalten müssen. Das sind zum Beispiel das Programm „Mathe macht stark“ an den Grundschulen oder die MINT-Strategie. Natürlich muss mit den Lehrkräften und dem Pädagogischen Landesinstitut im Dialog erörtert werden, wo die Ursachen für die jetzigen Ergebnisse liegen, und es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen in den letzten sechs Jahren, die der Bildungstrend begutachtet, und einer immer heterogener werdenden Schülerschaft haben aber unsere engagierten Lehrkräfte sehr gute Arbeit geleistet.