Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Ich möchte auch noch auf das Messstellenmärchen zu sprechen kommen. Sie reden ständig von 35 Messstellen. Es sind 1.600 im Land, mit 255 Referenzmessstellen!

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie kommen denn die Bauern auf solche Zahlen? Wo haben sie die her? Was verbreiten Sie da in diesem Land?

(Starker Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe aus dem Hause)

Jetzt zur Sache: Sie müssen schon dazu stehen, dass die Politik, die Julia Klöckner in Berlin betreibt, die größten Steine sind, die man der Landwirtschaft in Deutschland in den letzten Jahrzehnten in den Weg gelegt hat.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Renate Künast war gar nichts dagegen!

Das alles geht gegen den einstimmigen Beschluss der Agrarministerkonferenzen. Ich habe die Gesichter von Frau Otte-Kinast, Niedersachsen, Herrn Hauk, BadenWürttemberg, und die Frustration über diese Agrarpolitik in Berlin genau vor mir.

Ich will Ihnen Folgendes sagen: Wenn wir das so umsetzen, wie der Bund sich das ausgedacht hat, bekommen wir erhebliche Probleme. Das passt nicht zur Klimaschutzpolitik.

Wenn wir in Rheinland-Pfalz nicht mehr in der Lage sind, Brotgetreide zu produzieren, müssen wir Brotgetreide importieren. Das macht für den Klimaschutz keinen Sinn. Das wollen die Menschen in diesem Land nicht.

Wenn wir sagen, wir wollen weniger Fleischkonsum haben, um etwas für den Klimaschutz zu tun, bekommen aber Düngevorschriften von Frau Klöckner, mit denen wir nur noch Futtergetreide produzieren können, dann frage ich mich, ob jemand in Berlin diese Politik zu Ende gedacht hat. Deswegen müssen wir jetzt miteinander reden und dürfen nicht die Landwirte nach dem Motto verschaukeln und wider besseren Wissens sagen: Die Länder waren es. – Wir müssen miteinander reden.

Ich habe der Agrarministerin auch gestern öffentlich gesagt, die Hand ist ausgestreckt. Wir wollen uns nicht im parteipolitischen Streit verlieren. Das ist in Berlin nicht gut gelaufen. Wir sind gerne bereit zu schauen, wie wir das so umsetzen können, dass die Landwirtinnen und Landwirte bei uns eine Perspektive haben.

Aber so etwas gegen allen Widerstand der Länder zu machen und sich dann hier hinzustellen und zu sagen, Herr Gies, die Länder waren es, ist nicht richtig. Wir haben niemals einer 20%igen Reduktion pro Schlag zugestimmt, in keiner Konferenz, egal was auch immer Frau Klöckner Ihnen aufgetischt hat oder was sie sich für Notizen gemacht hat, die ihr in den Kram passen. Es gibt klare Beschlüsse der Agrarministerkonferenz.

Lassen Sie uns mit den Menschen wertschätzend umgehen. Dazu gehört, dass man ihnen die Wahrheit sagt. Es ist nicht gut gelaufen. Aber wir können gemeinsam versuchen, es so zu steuern, dass die Landwirte eine Perspektive haben. Aber zu sagen, die anderen waren es, und sich vor der Verantwortung davonzustehlen, empfinde ich ehrlich gesagt als mangelnde Wertschätzung gegenüber dem ganzen Berufsstand. Deswegen bin ich hier so vehement aufgetreten, um das mit aller Schärfe zurückzuweisen. Die Menschen haben etwas anderes verdient.

Ich sage noch einmal, wir brauchen eine Agrarpolitik, die Umweltziele definiert und diese mit einem gemeinsamen, vernünftigen Konzept erreicht. Aber in Rheinland-Pfalz nur noch Futtergetreide zu produzieren und gleichzeitig zu sagen, wir wollen weniger Tierhaltung haben, dazu muss Frau Klöckner erklären, wie so etwas zusammenpassen soll.

Ich bin überzeugt, wenn man das der EU-Kommission sachlich vorgetragen hätte, dann hätte sie so etwas verstanden. Das ist schlicht und einfach widersprüchliche Agrarpolitik, und zwar auf dem Rücken von Menschen, die seit Generationen dieses Land bewirtschaften. Deswegen fordere ich alle auf, mit diesem Unfug aufzuhören und zur Sachlichkeit zurückzukehren.

Ich habe gesagt, ich berufe einen Agrargipfel ein. Wir wollen Transparenz haben. Jeder muss verstehen, warum eine Messstelle an der Stelle steht und nicht an einer anderen. Aber dieses Spiel, dass Messstellen angeblich daran schuld seien, haben wir schon einmal bei den Stickoxidmesswerten gehabt. Die Bundesregierung hat in Brüssel 40 µg vereinbart und gesagt, die Länder sollen die Messstellen verschieben, bis die Werte stimmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Nein, zu dem, was man in Brüssel vereinbart, muss man

stehen. Man muss sich in der Verantwortung sehen, die Länder dabei zu unterstützen, in eigener Verantwortung damit umzugehen. Man muss den Bauern die Frage beantworten, ob wir tatsächlich noch Futtergetreide produzieren wollen. Ich will das nicht. Ich will eine regionale und gesunde Landwirtschaft, und ich will, dass in Zukunft deutsches Brot mit deutschem Getreide gebacken werden kann. Dafür arbeitet die Landesregierung.

(Anhaltend Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Bravo!)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung haben die Fraktionen jeweils 1 Minute mehr Zeit, also 3 Minuten und 30 Sekunden.

Ich erteile dem Abgeordneten Weber das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz gesprochen und zu dem politischen Scharmützel eine bemerkenswerte Rede gehalten haben. Ich möchte den Schluss Ihrer Rede dazu nutzen, um sachlich ein paar Dinge anzusprechen.

Herr Gies hat mich mehrmals persönlich angesprochen. Man kann das so machen, aller Ehren wert.

(Zuruf des Abg. Horst Gies, CDU)

Ich versuche, im parlamentarischen Raum die Landwirtschaft darzustellen, indem ich zum Beispiel Fraktionen zu mir nach Hause zu Diskussionen mit dem Vorstand des Bauernverbandes und dem Maschinenring einlade.

(Beifall bei der SPD – Abg. Martin Haller, SPD: Das war gut!)

Ich habe bis jetzt fast alle Minister und Staatssekretäre, die die Landwirtschaft und Umwelt betreffen, vor Ort auf dem Betrieb gehabt und sie den landwirtschaftlichen Diskussionen mit den Berufskollegen zugeführt. Selbst die Ministerpräsidentin hat sich im September dem Thema der Landwirtschaft auf dem Betrieb in der Eifel angenommen. Ich bin sehr dankbar, dass sich alle Parlamentarier und Regierungsvertreter des Themas der Landwirtschaft annehmen, um zu diskutieren.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der Sinn bzw. die Verbindung, wenn man zu Tisch bittet. Das sollten wir ernst nehmen. Wir sollten das politische Scharmützel beiseitelassen und konstruktiv an Lösungsmöglichkeiten arbeiten, um der Landwirtschaft und den Winzern eine Zukunftsfähigkeit gerade für den jungen Landwirt, die jungen Landwirtinnen, Winzerinnen und Winzer zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung begleitet diese Maßnahmen, indem sie die Investitionsförderung von 20 auf 40 % erhöht hat. Das kann man nur weiter unterstützen. Ich fordere alle dazu auf, in die Diskussion mit den Landwirtinnen und Landwirten einzutreten, um auf Landesebene mitzuwirken und Veränderungen herbeizuführen.

Das Scharmützel haben wir jetzt gemacht. Lassen Sie uns in den Pragmatismus eintreten.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Steinbach.

Herr Präsident, bevor ich in meine zweite Rede einsteige, möchte ich etwas klarstellen. Herr Gies von der CDU hat in seiner Rede die Unwahrheit gesagt. Es ist unverfroren, hier zu behaupten, wir hätten uns erst gestern Morgen mit einem Antrag zur Binnendifferenzierung beschäftigt. Das stimmt so nicht.

(Abg. Horst Gies, CDU: Das habe ich so nicht gesagt!)

Ich habe gestern gesagt, wir haben uns heute Morgen wieder einmal, wiederum, zusätzlich, oder wie auch immer, in der Umweltkoalitionssitzung mit diesem Thema ausführlich beschäftigt. Das möchte ich bitte klarstellen, weil das so nicht stimmt.

(Abg. Horst Gies, CDU: Alternativantrag!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unverfroren, wie sich die CDU hier hinstellt. Sie ist der verlängerte Arm des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Wenn Sie sich von Whistleblowern mit Unwahrheiten bedienen lassen, dann würden Sie Ihre Energie besser dafür einzusetzen, sich für unsere heimische Landwirtschaft auch im umgekehrten Wege einzusetzen – denn in der Regel hat eine Leitung zweierlei Fließrichtungen – und nicht nur das, was die Bundeslandwirtschaftsministerin aus eigenem Saft nicht geregelt bekommt, politisch in den Bundesländern boykottieren und in die falsche Richtung diskutieren.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie vielleicht gar nicht genau wissen, worüber wir sprechen. Wenn es darum geht, Grundwasserschutz zu betreiben – ich habe es gerade schon gesagt –, dann gibt es keine Diskussion darüber, ob man etwas wegnimmt, ignoriert usw. Wir sollten uns da richtig verstehen. Produktion muss sachlich und fachlich gewährleistet sein, der Gewässerschutz auf der anderen Seite auch.

Wir haben in diesem Land 255 Messstellen, die nach der Wasserrahmenrichtlinie verifiziert sind. Es gibt insgesamt

bis zu 1.600 Messstellen, die von den Trinkwasserversorgern zuliefern. Das sind in der Regel kommunale. Wenn eine, zwei oder fünf Messstellen problematisch sind – auch das haben wir gestern öffentlich klargemacht –, dann wird das beim Agrargipfel im neuen Jahr debattiert. Der Minister hat das angekündigt. Klare Fakten werden auf den Tisch gelegt. Wenn etwas auftritt, was fachlich berechtigt wäre, dann wird etwas geändert.

Aber tun Sie bitte nicht so, als ob das Messstellennetz von 1.600 Messstellen erfunden worden ist, irgendwo vom Himmel gefallen wäre oder es sich ein Referent im Ministerium auf der Landkarte ausgedacht hätte. So ist es nicht.

(Zurufe der Abg. Johannes Zehfuß und Horst Gies, CDU)

Wir nehmen das Thema ernst und haben große Sorge bezüglich dieses Themas. Wir haben Sorge, dass in weiten Landstrichen in unserem Land ab dem nächsten Jahr nicht mehr in einer Güte produziert werden kann, wie es erforderlich ist. Das Stichwort „Brotweizen“ ist gefallen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen tun Sie nicht so mit dem Druck aus der Branche, der in den letzten Wochen und Monaten intern so stark bei Ihnen zugenommen hat, dass Sie jetzt vor dem Weihnachtsplenum einmal einen Antrag einreichen, der dann als Feigenblatt für die Landwirtschaftspolitik der CDU Rheinland-Pfalz dienen soll.

(Abg. Horst Gies, CDU: Lächerlich!)

In den letzten drei Jahren ist im Ausschuss für Landwirtschaft und Umwelt von den Koalitionsfraktionen dieses Thema nicht nur diskutiert, sondern auch mit Anregungen bearbeitet worden. Von ihnen war da null.