Stichworte dafür sind Bildungsmisere, unterfinanzierte Krankenhäuser, mangelhafte Personalausstattung unserer Kitas, marode Straßen und Brücken, fehlende Polizisten und JVA-Beamte, unzählige Funklöcher und ganz allgemein die Vernachlässigung der ländlichen Räume.
Positiv sehen wir unter den geplanten Initiativen der Landesregierung die Einrichtung einer zentralen Meldestelle für antisemitische Vorfälle in Rheinland-Pfalz. Diese könnte sinnvollerweise bei einer von uns bereits geforderten Schwerpunktstaatsanwaltschaft angesiedelt sein.
Meine Damen und Herren, mit allen anderen demokratischen Fraktionen lehnen wir jede Form von Gewalt und Diskriminierung, sei sie physischer oder auch psychischer Natur, ganz klar ab.
Gewalt und Diskriminierung dürfen keine Mittel der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung sein. Sie sind auf das Schärfste zu verurteilen und mit den rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen, und selbstverständlich darf es dabei keine Rolle spielen, gegen wen sie sich richten und ob sie sich im analogen oder im digitalen Raum ereignen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Montag haben wir in einer sehr eindrücklichen, au
ßerordentlichen Plenarsitzung des 75. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedacht. Über 6 Millionen Juden wurden durch Deutsche grausam ermordet. Wir sind zwar nicht für die Verbrechen unserer Vorfahren verantwortlich, aber wir sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.
Meine Damen und Herren, wir können auch nicht ändern, was geschehen ist; aber es liegt an uns, immer und immer wieder an diese grausame Zeit zu erinnern, insbesondere weil unsere Kinder die letzte Generation sein werden, die mit Zeitzeugen sprechen kann. Auch deshalb stehen wir in besonderer Verantwortung, das Erbe des Gedenkens in die nächsten Generationen zu tragen und eine Kultur des Erinnerns zu pflegen.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus sind wir als Gesellschaft jeden Tag gefordert, das friedliche Zusammenleben in Freiheit und Würde in Rheinland-Pfalz zu schützen. Wir müssen dafür werben, dass Freiheit ein Raum der Selbstentfaltung in gesellschaftlicher Vielfalt und in Respekt vor dem anderen bleibt.
Und wir müssen der Gesellschaft immer wieder bewusst machen, dass die Würde des Menschen nicht von einer bestimmten Rasse, Religion, Herkunft oder sexuellen Orientierung abhängt, sondern vielmehr bedingungslos für jeden Menschen gilt.
Meine Damen und Herren, allerdings ist die Freiheit und Würde des Einzelnen in jüngerer Zeit immer stärker gefährdet. Hass und Hetze verbreiten sich in Rheinland-Pfalz auf den Straßen und vor allem in sozialen Netzwerken. Soziale Netzwerke machen es leicht. Sie bieten Distanz zwischen Tätern und Opfern. Es fehlt die Gegenüberstellung, die den Täter erkennbar macht.
Gerade Kommunalpolitiker oder Menschen anderer Herkunft trifft die Internethetze besonders stark. Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist einen Anstieg der erfassten Bedrohungsdelikte in den letzten 20 Jahren um mehr als 40 % aus.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund sind wir froh darüber, dass die Landesregierung bereits seit mehreren Jahren verschiedene Projekte im Kampf gegen Hass und Hetze auf den Weg gebracht hat. So hat beispielsweise auf Betreiben des Justizministeriums die Landesregierung eine Initiative zum Schutz von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern in den Bundesrat eingebracht, eine Initiative, die bundesweit große Beachtung findet und zum Ziel hat, den Schutzbereich des § 188 StGB auch auf Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker zu erstrecken.
Neben diesem Projekt hat die Landesregierung viele weitere Projekte auf den Weg gebracht. Ich möchte an dieser Stelle noch zwei weitere exemplarisch nennen. Das ist einmal die Taskforce „Gewaltaufrufe rechts“ und „Verfolgen und Löschen“.
ce „Gewaltaufrufe rechts“ liegt das Internet-Monitoring einschlägiger Websites, von sozialen Medien und Netzwerken oder Plattformen. So können rechtsextreme Einzeltäter und Einzeltäterinnen, aber auch agile Gruppierungen schneller erkannt werden.
Das Projekt „Verfolgen und Löschen“ verfolgt das Ziel, Betroffene von Hasskommentaren zu Anzeigen zu motivieren und somit den Verfolgungsdruck auf Täterinnen und Täter zu erhöhen.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat eine ganz klare Haltung im Kampf gegen alle Gewaltphänomene und macht deutlich, dass Gewalt, Hass und Hetze, egal ob on- oder offline, keinen Platz in unserem Land haben.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, sind wir der Landesregierung sehr dankbar, dass sie mit der heute vorgestellten Maßnahme die vielen Projekte bündelt und unter einer Dachmarke „Miteinander Gut Leben – Rheinland-Pfalz gegen Hass und Hetze“ zusammenfasst. Auf diese Weise erzielen wir sinnvolle und kluge Synergieeffekte, die durch gemeinsame Social-Media-Aktionen und einem einheitlichen Schlüsselmotiv wahrnehmbar werden.
Mit dem heute zu beschließenden und gleichnamigen Appell „Miteinander Gut Leben – Rheinland-Pfalz gegen Hass und Hetze“ verleihen wir dieser gesamtgesellschaftlich wichtigen Aufgabe einen ganz besonderen Ausdruck; denn eines ist uns Freunden der Freiheit und Demokratie klar: Wir möchten auch in Zukunft ein lebenswertes und weltoffenes Rheinland-Pfalz.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Niemals wieder! Niemals wieder dürfen Menschen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe ausgegrenzt werden. Unsere Geschichte mahnt uns, Muster der Ausgrenzung zu erkennen. Wenn Herkunft, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung, geschlechtliche oder sexuelle Identität zu verbaler oder körperlicher Gewalt führen, dann ist das ein Angriff auf unsere Demokratie. Diese Muster müssen wir aber nicht nur erkennen, wir müssen aktiv widersprechen und dagegen handeln, jeder und jede, wo er oder sie gerade ist, on- oder offline.
In den letzten Jahren ist es der Neuen Rechten gelungen, in Deutschland Fuß zu fassen. Systematisch und gezielt wurde „die Gunst der Stunde“ genutzt und der Zuzug von Geflüchteten zum Anlass genommen, um sich zu organisieren. Nun sitzen rechtsextreme Stichwortgeber in fast allen Parlamenten. – Es geht nicht mehr um „Wehret den
Aber nicht nur in diesem Parlament, sondern auch auf den Straßen und im Internet hat sich der Ton verändert. Und er ist nicht rauer geworden – das wäre fast verharmlosend –, er ist menschenfeindlich geworden. Das Unsagbare wurde sagbar, die Würde des Menschen wurde somit antastbar, und aus Worten wurden Taten. Der Rechtsterrorismus ist zu einem ernsthaften Sicherheitsproblem geworden.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns systematisch mit dieser besorgniserregenden Entwicklung auseinandersetzen. Die Landesregierung hat dies auch in dieser historischen Woche mit dem Appell „Miteinander Gut Leben – RheinlandPfalz gegen Hass und Hetze“ getan; aber es ist nicht nur ein Appell, sondern es werden zahlreiche Initiativen und Maßnahmen gebündelt, die ressortübergreifend in dieser Landesregierung umgesetzt werden. Es ist eine wichtige Positionierung, der sich meine Fraktion vollumfänglich anschließen kann.
Zentral möchte ich zwei Punkte hervorheben: Das ist zum einen die Prävention. Wir müssen dort ansetzen, damit sich rechte Ressentiments erst gar nicht breitmachen, und deswegen ist beispielsweise die politische Bildung in der Jugendarbeit sehr wichtig, damit demokratische Beteiligung als positiv erlebt wird, damit sich Zivilcourage auch schon bei jungen Menschen breitmacht.
Ein weiterer Punkt ist der Landesaktionsplan gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Dies sind wichtige Maßnahmen, damit wir sozusagen schon daran ansetzen, damit sich die demokratische Haltung auch wirklich verfestigt.
Ganz wichtig ist auch, wir dürfen Betroffene von rechter Gewalt nicht alleinlassen. Nicht nur unsere Solidarität soll ihnen gewiss sein, sondern sie müssen auch eine Anlaufstelle haben. Die erfolgreiche Arbeit der mobilen Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt „m*power“ wollen wir noch erweitern durch eine Meldestelle, damit auch diese Form der Gewalt sichtbarer wird. Das ist eine wichtige Maßnahme der Landesregierung.
Aber allein auf Landesebene können wir es nicht richten, wir brauchen auch Maßnahmen auf Bundesebene. Wir brauchen stärkere gesetzliche Grundlagen, damit Opfer von Hass und Hetze besser geschützt werden. Ich nenne beispielsweise eine echte Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, damit einfachere Meldewege möglich sind und es auch eine Clearingstelle für Betroffene gibt. Wir brauchen auch eine Reform des Melderechts, damit Betroffene besser geschützt werden können.
Darüber hinaus beobachten wir mit großer Sorge, dass wichtigen Organisationen, die sich gegen Hass und Hetze engagieren, die Gemeinnützigkeit entzogen wird. Initiativen, die sich gegen Nazi-Aufmärsche und für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit engagieren, müssen um ihre Gemeinnützigkeit fürchten.
Zu Recht hat die 95-jährige Holocaust-Überlebende Esther Bejerano dieses Vorgehen in einem Brief an Finanzminis
ter Olaf Scholz scharf kritisiert. Ich zitiere Bejerano: „Das Haus brennt, und Sie sperren die Feuerwehr aus.“ Klare Kante gegen Rechts müssen wir zeigen, klare Kante gegen Hass und Hetze.
Es ist leicht, auf Rechtsextreme zu zeigen; sie machen es uns auch mit ihrem unverblümten Hass einfach. Aber wir müssen auch selbst reflektieren, was deren Agitieren mit Parteien der Mitte gemacht hat. Wenn der Diskurs sich nach rechts verschiebt, dürfen demokratische Parteien nicht hinterherlaufen.
Es gilt, Kurs zu halten, auch wenn der Wind rauer weht, auch wenn die Zahlen von Geflüchteten wieder steigen. Es gilt, unmissverständlich Haltung und klare Kante gegen Hass und Hetze zu zeigen, für ein humanes Miteinander, für Mitgefühl, für Toleranz, wie es in diesem Appell heißt. Rheinland-Pfalz soll ein lebenswertes und weltoffenes Bundesland sein. Dieses Bundesland ist kein Ort für Hass und Hetze. Lassen Sie uns jeden Tag aufs Neue daran arbeiten.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Michael Frisch, AfD: Mit viel Hass gegen Hass und Hetze!)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Die SPD fordert einmal wieder, etwas gegen Hass und Hetze zu tun. Natürlich beschränkt Sie sich aus ideologischen und parteipolitischen Gründen gern auf den rechtsextremen Rand; denn was besonders die Kolleginnen und Kollegen der SPD und auch von den Grünen gern vergessen, ist die Tatsache, dass nicht jede Aussage von rechts automatisch auch Hetze ist, und nicht jede Hate Speech ist rechts.
Vielmehr erleben wir bei der von meinen Vorrednern beklagten Verrohung der Gesellschaft eine wachsende Radikalisierung im politisch linken Spektrum. Anschläge auf Abgeordnetenbüros, Morddrohungen gegen Politiker und andere Delikte gehen bundesweit überwiegend zulasten meiner Parteifreunde der AfD, wie aktuell in RheinlandPfalz auf die Büros von Herrn Dr. Bollinger sowie von Herrn Friedmann.
Hierzu aber schweigen die Genossen mehrheitlich, weil es angeblich die Richtigen trifft. Auch die ständigen Nazivergleiche sind nicht nur eine Verhöhnung der Opfer des Holocausts, welcher wir vor zwei Tagen gedacht haben, sondern vielmehr eine Aufstachelung Linksextremer, welche sich bereits als moralische Instanz verstehen und die Gewalt gegen vermeintlich böse Rechte als notwendige
Wenn Sie so gegen Hass und Hetze sowie gegen Antisemitismus sind, warum wird nicht endlich einmal ein deutliches Zeichen gesetzt? Warum wird sich geweigert, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen?