Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Auch hier hat die Wirklichkeit ehemalige Gegner einer Aktiengesellschaft längst eingeholt und sie wurden vernünftig und zu den größten Fürsprechern der Umwandlung. Es hat uns allerdings kostbare Zeit gekostet. Ich appelliere deswegen heute an Sie: Vermeiden Sie das übliche Theater, das Sie 2000 in dieser Angelegenheit veranstaltet haben! Vermeiden Sie diesmal solche Zeit- und Geldverluste, zum Wohle unserer Sparkassen, zum Wohle unseres Mittelstandes und damit zum Wohle der Menschen in SchleswigHolstein!

Ich bitte Sie um eine zügige, aufgeschlossene Beratung unseres Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Beran.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es soll Teesorten geben, die erst beim zweiten Aufguss besser schmecken. Hier, beim FDP-Gesetzesentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes, ist es Ihnen nicht gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Das sehen wir ganz anders!)

- Mag ja sein. - Es liegt uns erneut der bereits im Dezember 2000 eingebrachte Entwurf vor, der in seiner Schlussdebatte im Dezember 2002 nach eingehender Beratung im Wirtschafts-, Finanz- und Innen- und Rechtsausschuss von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt wurde.

Was, bitte schön, soll sich seitdem so verändert haben, dass uns die FDP nun erneut mit diesem Gesetzentwurf überrascht? Ist es die in Mecklenburg

Vorpommern geführte Diskussion um den Versuch, mithilfe des Verkaufs der Sparkasse in Stralsund den städtischen Haushalt zu sanieren? Ist es vielleicht der Umstand, dass Herr Koch-Weser, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, eine stärkere Beteiligung privaten Kapitals im gesamten Kreditgewerbe sowie alternative Rechtsformen der öffentlich-rechtlichen Banken gefordert hat?

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Allmählich kommen auch ein paar Sozialdemokraten auf die Idee!)

„Wollen wir doch mal schauen, ob ich damit nicht die SPD in Schleswig-Holstein ärgern kann“, könnte ein Herr Garg sich dabei gedacht haben. Oder ist es wirklich die Sorge der FDP um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unserer Sparkassen im Lande, wie es die Presseerklärung der FDP vom 15. Januar zum Ausdruck gebracht oder wie Herr Garg es heute ausgeführt hat?

Sehr geehrte Damen und Herren, alle hier vorgebrachten Gründe sind nicht wesentlich neu gegenüber dem Beratungsstand zwischen 2000 und 2002, sodass ich getrost auf die Wortbeiträge von Frau Kähler und Herrn Fuß hinweisen kann.

(Zurufe)

Nach wie vor gilt für uns Sozialdemokraten, dass wir Sparkassen wollen, die in der Fläche präsent sind. Das sind sie nach wie vor, auch wenn hier und da einmal eine Filiale schließt. Aber bitte schauen sie sich zum Vergleich doch einmal die Präsenz der so genannten Geschäftsbanken in der Fläche an!

(Zurufe)

Wir wollen ein Kreditinstitut, das ohne Ansehen des Vermögens für alle Bewohnerinnen und Bewohner in unserem Lande Konten bereithält und sich nicht die Rosinen aus der Kundschaft herauspickt und alle anderen Unternehmen und Privatleute im Regen stehen lässt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen weiterhin kompetente Ansprechpartner und Kreditgeber für unsere mittelständische Wirtschaft in der Fläche. Ich weiß, dass die Anekdote inzwischen fast jedem bekannt sein dürfte, aber hätten wir in diesem Land nur Geschäftsbanken gehabt, wäre eine Geschäftsidee nie realisiert worden - heute ist SAP eines der führenden weltweit agierenden Softwareunternehmen.

Meine Damen und Herren, die FDP nimmt für sich in Anspruch, etwas für die Sparkassen tun zu wollen.

(Andreas Beran)

Warum nur nimmt Politik oftmals für sich in Anspruch, es besser zu wissen als die von Ihnen bedachten Betroffenen?

(Vereinzelter Beifall von SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Vorbereitung auf dieses Thema habe ich zu Sparkassenvorständen Kontakt aufgenommen, aber auch in den Archiven der Zeitungen recherchiert. Nirgends - ich betone: nirgends - habe ich in den letzten Monaten aus den Reihen der Vertreter der Sparkassen Forderungen nach Privatisierungsmöglichkeiten gefunden. Mir fiel dabei ein Brief in die Hand, der vielleicht die Absicht der FDP deutlich macht. Frau Präsidentin, ich darf zitieren. Der Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes, Herr Dr. Karlheinz Bentele, schrieb dort im Dezember 2003 unter anderem:

„Unverzichtbar sind die Sparkassen nicht nur aufgrund ihres wichtigen regionalen Engagements, sondern auch aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und ihres geschäftlichen Erfolgs. Ohne die Sparkassen, die im Wettbewerb die Marktführerschaft in vielen Bereichen erlangt haben, wäre gerade in der jüngsten Zeit die Stabilität des deutschen Kreditgewerbes gefährdet gewesen. Es ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, wenn die privaten Geschäftsbanken, denen es im wirtschaftlichen Wettbewerb nicht gelingt, die Sparkassen aus ihrer starken Marktposition zu verdrängen, andere Hebel suchen, um ihre wirtschaftliche Position zu verbessern."

An anderer Stelle schreibt er weiter:

„Der ehemalige Vorstandschef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Dr. Rolf Breuer, hat vor nicht allzu langer Zeit in seltener Offenheit zugegeben, dass die privaten Banken ohne die Sparkassen höhere Preise durchsetzen und damit höhere Gewinne machen könnten."

Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Ich höre an dieser Stelle auf zu zitieren, obwohl noch so manches Interessantes zu diesem Thema dort angeführt wird.

Meine Damen und Herren, wir sind es, die die Sparkassen in diesem Lande erhalten wollen. Aus ihnen heute Aktiengesellschaften machen zu wollen, ist nicht der richtige Weg. Dies ist vielmehr ein durchsichtiges Manöver der FDP als Partei der Besserverdienenden, Protektionismus zugunsten der Groß

banken auf Kosten von Normalverdienern und Handwerksunternehmen zu betreiben.

(Widerspruch bei der FDP)

Wir fühlen uns bei unserer ablehnenden Haltung gegenüber dem Gesetzentwurf der FDP bestimmt nicht als „Totengräber der Sparkassen“, um mit einem Zitat des Kollegen Kubicki vom 12. Dezember 2002 zu enden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Kayenburg, das Wort.

(Zurufe von der SPD: Chefsache!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der FDP vom Dezember 2000 hat an Aktualität nichts verloren, im Gegenteil.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die öffentliche Diskussion um die zukünftige Gestaltung der Sparkassen, die zunehmenden Fusionen, die Anforderungen aus Basel II und zum Beispiel auch die aktuelle Situation der Sparkasse Stralsund geben Veranlassung, dass wir uns erneut mit dieser Problematik befassen. Ich meine, der Kollege Dr. Garg hat die Situation der Sparkassen im Lande hier zu Recht wieder angesprochen. Herr Beran, die SPD hat mal wieder die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sagen Sie mir doch einmal, wo sich die Sparkassen anders verhalten als die Geschäftsbanken? Ich kann Ihnen von einem kleinen Unternehmer erzählen, der einen Kredit von der KfW bekommen sollte, wo es die Sparkasse, seine Hausbank, abgelehnt hat, die erforderlichen Anträge zu stellen.

Das ist das Verhalten heute. Und, meine Damen und Herren, die Sparkassen geraten natürlich zunehmend in das schwieriger werdende Fahrwasser des freien Wettbewerbs. Der Effizienzgewinn bei den privaten Banken, bei den Genossenschaftsbanken, bei den Geschäftsbanken - diese haben nämlich ihre Restrukturierungsaufgaben längst gelöst - ist so erheblich, dass die Sparkassen unter Druck geraten werden. Die Zeiten, in denen sich Staat und Kommune schützend vor die Sparkassen stellten, sind doch längst vorbei. Die Zeiten, in denen sie in Ruhe ihren Geschäften nachgehen konnten und auch - das merken Sie sich

(Martin Kayenburg)

bitte, Herr Beran; das ist falsch - die Zeiten, in denen sie als Sponsoren auftreten konnten, sind nach Basel II erledigt.

(Beifall bei der FDP)

Ein neues wirtschaftliches Umfeld, eine veränderte Marktlage, verschärfte Anforderungen und eine zunehmende Globalisierung der Bankenwelt werden die Ertragslage der Sparkassen weiterhin verschlechtern. Erschwerend kommt hinzu, dass im Jahre 2005 Anstaltslast und Gewährträgerhaftung wegfallen und damit die Bonität der Sparkassen sinken wird. Das wird dazu führen, dass die Sparkassen ein ungünstigeres Rating bekommen. Die Folge wird eine Verteuerung der Refinanzierung sein. Dann werden sie wie die Geschäftsbanken Kredite teuer vergeben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Als Konsequenz wird sich die Ertragslage weiter verschlechtern. Deswegen zwingen die strukturellen Schwächen der Sparkassen zu Veränderungen.

Eine Analyse aus der jüngsten Zeit zeigt doch, dass die 25 größten Sparkassen im Lande im Jahre 2003 im Durchschnitt sehr viel besser waren als die kleinen und mittleren Sparkassen. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass wir in der Sparkassenlandschaft zu anderen Größenordnungen, zu anderen Strukturen kommen müssen. Wegen dieser Entwicklung wird die Konzentration auch weiter voranschreiten. Das haben wir vor ein bis zwei Jahren alle nicht so gesehen. Aber wir können doch vor dieser Entwicklung nicht die Augen verschließen. Ich glaube, es gibt kaum eine Sparkasse, die darüber nicht nachdenkt. Zwar nicht panikartig, aber gleichwohl hektisch wird überall versucht, neue Allianzen zu schmieden. Nur, meine Damen und Herren, Fusionen allein werden nicht reichen, die schlechte Eigenkapitalausstattung und die schwierige Ertragslage bei gleichzeitigem Wegfall der Gewährträgerhaftung zu kompensieren. Wenn wir an dem Dreisäulenmodell festhalten wollen, müssen wir uns mit dem Vorschlag der FDP auseinander setzen. Denn die Sparkassen sind ja vor allem nach Basel II und nach Wegfall der entsprechenden Haftungen und Anstaltslasten längst nicht mehr in der Lage, die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung sicherzustellen. Die Sparkassen werden vor allem im Handwerk und im Mittelstand nicht mehr als zuverlässiger Kreditgeber angesehen.

Weil sich die Geschäftsbanken ein Stück weit aus der Fläche zurückgezogen haben - das gebe ich gerne zu -, haben auch wir die Verantwortung dafür, dass sich die Sparkassen so aufstellen, dass sie der Funktion, Bank des Mittelstandes, Bank des Bürgers, Bank des Handwerkers zu sein, nachkommen können. Das

ist die Intention und deswegen müssen wir es anpacken.

(Beifall bei CDU und FDP)