Protokoll der Sitzung vom 23.01.2004

ten Änderungswünsche nun doch mit in die Landesverfassung aufgenommen werden sollen.

Beim Nachlesen der damaligen Debatte über die Rechtschreibreform ist ein Konsens über die Notwendigkeit der Änderung dieses Gesetzes erkennbar und es war nach unserer Auffassung auch folgerichtig, da alle Parteien wegen der Nachbehandlung der Volksabstimmung erhebliche Probleme hatten. Die Schlussfolgerungen, die heute zum Teil erkennbar wurden, sind nicht nachvollziehbar. Wenn Bürgerinnen und Bürger dieses Landes bei einem bestimmten Thema direkt eine Entscheidung herbeiführen wollen, sich dafür engagieren und Erfolg haben, kann man sich nach unserer Ansicht nicht ohne gute Begründung und Konsens über diese Entscheidung hinwegsetzen. Dies wollen aber die CDU und die FDP - trotz der berechtigten Kritik am Landtag nach der Änderung der Rechtschreibreformentscheidung. Dieses Verhalten wird voraussichtlich nur zu einer Änderung des Volksabstimmungsgesetzes führen, die aber auch notwendige Verbesserungen enthält. Das ist aber erheblich weniger, als die Bürgerinnen und Bürger von uns verlangen.

Das wichtigste Vorhaben ist möglicherweise gescheitert. Wir werden aber dem Gesetzentwurf komplett zustimmen, da wir denken, dass die Verbesserungen, die sich insgesamt aus dem Gesetzentwurf ergeben, sehr gut sind. Eine Verbesserung im Volksabstimmungsgesetz selbst ist die erweiterte Möglichkeit der Unterschriftensammlung - sowohl außerhalb als auch innerhalb der eigenen Kommune. Die Möglichkeiten werden damit erheblich verbessert und das ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung für diejenigen, die sich für einen Bürgerentscheid einsetzen. Ihnen wird damit mehr Hilfestellung geleistet. Ein Problem ist jedoch, dass es kein Haltbarkeitsdatum gibt. Der Kollege Kubicki hat ausgeführt, wie es zur Haltung der FDP zu diesem Punkt kommt. Ich möchte trotzdem sagen: Wenn sich das Volk selber dafür entschieden hat, ein Gesetz zu schaffen - das ist ja in Ausnahmefällen in unserer repräsentativen Demokratie möglich -, dann halten wir es doch für sinnvoll, hier den Weg zu gehen, innerhalb von zwei Jahren nur in Ausnahmefällen dieses Gesetz auch ändern zu dürfen. Wir werden deshalb dem Gesetzentwurf in vollem Umfang zustimmen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Hinrichsen, es ist alles ein wenig theoretisch, was Sie formulieren. Das Problem ist, dass Sie mit einem Volksentscheid, bei dem möglicherweise 25 % der Bevölkerung abgestimmt haben, den Willen derjenige konterkarieren, die möglicherweise von 70 % der Bevölkerung gewählt worden sind. Ich versuche, das hier noch einmal zu erklären.

(Beifall bei FDP)

Ich habe noch eine Frage, deshalb habe ich mich hier auch gemeldet. Vielleicht kann diese Frage sofort der Innenminister beantworten, der nach mir dran ist, vielleicht kann der Kollege Puls das aber auch. Wenn ich eure Vorlage richtig lese, kann eine einfachgesetzliche Regelung durch Volksentscheid nur mit Zweidrittelmehrheit des Parlaments wieder beseitigt werden. Was machen wir denn bei einem verfassungsändernden Volksentscheid? Der ist ja auch möglich. Ich habe einfach das Problem: Kann man dann einen verfassungsändernden Volksentscheid auch mit einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments wieder beseitigen? Oder brauche ich dann dafür die Einstimmigkeit? Oder brauche ich für einen verfassungsändernden Volksentscheid dann einen neuen Volksentscheid? Das heißt, der von der Verfassung gewollte qualitative Unterschied in der Frage der Regelung der Materie wird bezüglich der Volksabstimmung bei euch ignoriert und ganz anders behandelt.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus-Peter Puls [SPD])

- Das macht ihr hier nicht? Ich sage, das ist eigentlich unlogisch. Eigentlich müsste es ausreichen, dass man einen Volksentscheid mit einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung des Landtages wieder aus der Welt räumen kann, wenn man in der Systematik der Verfassung bleiben will.

(Beifall bei FDP)

Vielleicht kann der Innenminister darauf kurz eine Antwort geben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile jetzt unserem Herrn Innenminister Klaus Buß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den vorliegen

den Gesetzentwurf ausdrücklich. Die vorgesehenen Änderungen in Artikel 41 und 42 der Landesverfassung können dazu beitragen, in der Vergangenheit aufgetretene Zweifel an der Interpretation bestimmter Normen zu vermeiden, und dienen somit aus unserer Sicht der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit.

Im Gegensatz zu den recht intensiven Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss über die Änderungen der Landesverfassung, worüber auch hier intensiv diskutiert worden ist, ist über die Änderungen des Volksabstimmungsgesetzes nur kurz diskutiert worden. Ich werde es mir versagen und Ihnen ersparen, dass ich noch etwas zur Verfassungsfrage sage.

Mir ist es wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass das Eintragungsverfahren beim Volksbegehren durch die Änderung der §§ 14 folgende des Gesetzentwurfs erheblich erleichtert wird. Damit haben wir in der Vergangenheit erhebliche Schwierigkeiten gehabt. Die Bürgerinnen und Bürger werden künftig die Möglichkeit haben, sich landesweit und wohnsitzunabhängig in die Listen einzutragen. Damit entfällt der für viele Volksinitiativen sowie Bürgerinnen und Bürger unbefriedigende Zustand, dass Eintragungen, die außerhalb der eigenen Wohnsitzgemeinde in einer anderer Gemeinde geleistet werden, unzulässig sind. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes werden von dieser Möglichkeit erstmals Gebrauch machen können, wenn aus der derzeit laufenden Volksinitiative für die Einführung einer verbindlichen Stundentafel ein Volksbegehren werden sollte.

(Unruhe)

Die weiteren Verfahrensregelungen in diesem Zusammenhang stellen sicher, dass die kommunalen Verwaltungen durch die Möglichkeit der landesweiten Eintragungen nicht über Gebühr belastet werden. Schließlich wird durch den Gesetzentwurf die Möglichkeit geschaffen, dass sich die Vertrauenspersonen einer Initiative vom Innenministerium beraten lassen können. Das Innenministerium hat zwar auch bisher den Initiativen auf deren Wunsch beratend zur Seite gestanden. Ich wiederhole deshalb mein Angebot an künftige Initiativen, von der Möglichkeit regen Gebrauch zu machen. Ziel der Regelung ist es nämlich, etwaige Fehler und Probleme so früh wie möglich zu erkennen und damit zu vermeiden. Das spart später erhebliche Arbeit.

Somit dienen insbesondere die von mir nur kurz gestreiften neuen Regelungen dazu, den Weg zu einem erfolgreichen Volksentscheid zu erleichtern. Die von uns gewollte direkte demokratische Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entschei

(Minister Klaus Buß)

dungsprozessen erfährt damit insgesamt eine Stärkung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, nicht die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses zur Grundlage des Abstimmungsverfahrens zu machen, sondern wie folgt abzustimmen: Zunächst stimmen wir über Artikel 1 Ziffern 1 und 2 ohne Absatz 5 ab. Ich weise darauf hin, dass auch bei Verfassungsänderungen in der Einzelabstimmung die einfache Mehrheit ausreicht, in der Schlussabstimmung hingegen eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist.

Ich lasse jetzt über Artikel 1 Ziffer 1 und Ziffer 2 ohne Absatz 5 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der Abgeordneten Dr. Garg und Behm ist dies so beschlossen.

Ich lasse jetzt über Artikel 1 Ziffer 2 Absatz 5 abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP beschlossen.

Jetzt kommen wir zur Schlussabstimmung.

(Unruhe)

- Zum Abstimmungsverfahren?

(Zurufe)

- Zum Abstimmungsverfahren, Herr Abgeordneter Puls!

Ich bitte, die Schlussabstimmung über die Verfassungsänderung so durchzuführen, dass berücksichtigt wird, dass die rot-grünen Antragsfraktionen ihren verfassungsändernden Antrag zu Absatz 5 des Artikels 42 zurücknehmen.

Absatz 6 des Artikels 42 würde aufrücken zu Absatz 5. Wir bitten um eine verfassungsändernde Schlussabstimmung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Artikel 42 Abs. 5 draußen ist.

Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Kubicki!

Frau Präsidentin! Ich mache schwerste Bedenken gegen diese Verfahrensweise geltend, und zwar deshalb, weil das Haus gerade beschlossen hat, wie die Vorlage aussehen soll. Wenn die Vorlage geändert werden soll, muss das Haus einen neuen Beschluss fassen.

Es geht nicht, dass die Antragsteller, deren Antrag ja bereits abgestimmt worden ist, einfach erklären, dass sie nun das, was bereits positiv abgestimmt worden ist, wieder zurückziehen wollen. Das Haus hat eine Vorlage beschlossen, über die insgesamt abgestimmt werden muss, oder die Vorlage muss geändert werden.

Es ist den Sozialdemokraten und Grünen unbenommen, in der nächsten Landtagstagung einen neuen Antrag einzubringen. Jetzt stimmen wir jedenfalls über die vorliegende beschlossene Fassung ab.

Da es sich um einen Änderungsantrag zu dem Vorliegenden handelt - -

(Widerspruch bei CDU und FDP)

- Einen Moment bitte. - Da es sich bei dem, was Herr Abgeordneter Puls vorgetragen hat, um eine Änderung zu dem handelt, was vorgetragen wurde, stimme ich mit Herrn Abgeordneten Kubicki überein. Wenn es angezweifelt wird, wird das noch einmal überprüft. - Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Astrup!

Frau Präsidentin! Ich denke, dass wir hier an einer Stelle sind, die wir sehr sorgfältig behandeln sollten. Insofern stimme ich dem Kollegen Kubicki zu und beantrage eine zehnminütige Unterbrechung für eine Sitzung des Ältestenrates.

Ich unterbreche die Sitzung. Wir treffen uns um 13:50 Uhr wieder.

(Unterbrechung: 13:36 bis 13:48 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir setzen die Beratung über Tagesordnungspunkt 2 fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kubicki.

Frau Präsidentin, die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und, wie ich annehme, auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - der SSW war an den Gesprächen wegen Abwesenheit bedauerlicherweise nicht beteiligt -

(Anke Spoorendonk [SSW]: Aus einem Missverständnis heraus!)

- es war keine Bösartigkeit; du warst einfach nicht im Saal, sodass wir mit dir nicht reden konnten - schlagen vor der Schlussabstimmung über die Verfassungsänderung vor, die bereits beschlossene Beschlussvorlage erneut zu ändern, und zwar dahin gehend, dass Artikel 42 Absatz 5 der Landesverfassung, der mit einfacher Mehrheit von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW beschlossen worden ist, in der Beschlussvorlage für die Endabstimmung wieder gestrichen wird. Darüber muss abgestimmt werden. Dann haben wir eine Beschlussvorlage, die einer Endabstimmung zugeführt werden kann.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir treten dann erneut in die Abstimmung ein. Ich lasse über die Herausnahme von Artikel 42 Absatz 5 der Landesverfassung aus Artikel 1 Nummer 2 abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.