Zu dem ersten Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich denke, dass die AOK-Mitglieder sich sehr freuen werden, wie lustig Sie sich darüber machen, wie mit ihren Beitragsmitteln umgegangen worden ist.
- Nun halten Sie einmal den Mund, Herr Neugebauer! - Bei allem Verständnis dafür, dass Sie hier heute zwar keinen inhaltlichen Beitrag zur Sache geliefert haben, sondern sich schon einmal für Ihre Kandidatenrede im Kreis Pinneberg warmlaufen,
assistiert durch den Möchtegern-Politrambo, der inhaltlich auch nichts dazu geliefert hat, aber große Sprüche geklopft hat, will ich eines sagen: Ich möchte diese Seite erleben, wenn die FDP hier eine Lex specialis AOK vorgelegt hätte. Dann hätten Sie hier „buh!“ gerufen, dann hätten Sie sich aufgeblasen und geschrien: „Unmöglich in einem Einzelfall!“ Dieser „Einzelfall“ ist kein Einzelfall. Die AOK hat auf Bundesebene beispielsweise für über 50 Millionen € Beraterverträge ohne Ausschreibung vergeben. - Einzelfall? - Herzlichen Glückwunsch! Ich will hoffen, dass das nicht der Regelfall bei Selbstverwaltungen ist - davon gehe ich aus -, aber um dem - -
- Frau Gröpel, wissen Sie, was wir wollen? - Wir wollen in die bereits vorhandenen Gesetze, die es ja gibt - das SGB IV beispielsweise oder das Stiftungsgesetz -, lediglich eine Konkretisierung hineinschreiben lassen, wo die einzelnen Selbstverwaltungen an ihren Satzungen arbeiten müssen. Das ist ein Satz. Wenn Sie das hier als Verwaltungsaufblähung, als Bürokratieaufbau zum Popanz machen wollen, dann ist das schlichtweg peinlich, denn Sie ignorieren, dass Mitglieder ihr Vertrauen in die Selbstverwaltung verlieren, dass sie mitkriegen, wie Organmitglieder mit ihren Beiträgen umgehen. Insofern, Frau Kollegin Hinrichsen, hinkt auch Ihr Vergleich mit der freien Wirtschaft. Die freie Wirtschaft muss das Geld erst einmal verdienen. Von diesen Selbstverwaltungen, von denen wir hier reden, werden Zwangsbeiträge von den Mitgliedern erhoben.
Da muss derjenige, der sie zur Zwangsmitgliedschaft verpflichtet, auch darauf achten, dass diese Beitragsmittel ordentlich verwendet werden.
Was Sie hier - um einmal mit Ihren Worten zu sprechen, Herr Minister Stegner - intellektuell geboten haben, das ist mehr als peinlich. Aber Sie sehen sich ja immer gern als Politrambo. Da kann ich nur sagen: Wenn Sie Rambo sein wollen, dann bin ich der Terminator.
Ich bitte darum, dass wir wegen der fortgeschrittenen Zeit - ich weise bei der Gelegenheit auf einige Abendtermine hin - zur Sache zurückkommen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Garg, Sie haben geradezu eine Steilvorlage geliefert, wie liberales Denken in diesem Lande auszusehen hat. Ich will Ihnen das an einigen Beispielen klarmachen. Natürlich haben Sie eine Lex AOK auf den Weg bringen wollen. Nur, dann müssen Sie das auch zu Ende denken. Ich weiß nicht, ob man Gesetze einseitig auf irgendwelche Selbstverwaltungsorgane ausrichten kann. Wenn doch, dann sollten Sie - das ist mein Spezialgebiet - natürlich die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die Ärztekammer, die Rechtsanwaltskammer, alle Kammern dieser Republik mit einbeziehen!
Die würden sich herzlich bedanken für Ihre Gesetzesvorlage, denn diese Selbstverwaltungsorgane arbeiten ja in der Regel gut. Ich sage das, obwohl ich zu den Zwangsdotationen dieser Kammern natürlich ein gespaltenes Verhältnis habe. Aber ich habe Vertrauen darin, dass sie selber das leisten oder kontrollieren, was ihres Amtes ist.
Herr Dr. Garg, Sie haben hier auf einem ganz falschen Bein „Hurra“ geschrien. Ihre Lautstärke lenkt nicht von Ihren Logikverrenkungen ab, die Sie hier an den Tag legen. Deswegen sollten Sie sich ganz schnell etwas umdrehen, Ihre Liberalität wieder einmal anschauen. Dr. Klug hat ja neulich im Zusammenhang mit dem Vorschlag von Herrn Carstensen zu den Studiengebühren von einem „Bildungssowjet“ gesprochen.
Für mich ist das im Umkehrschluss genauso ein „Selbstverwaltungssowjet“, den Sie hier einführen wollen. Das von der FDP! Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, in welcher Partei Sie sind. Sie sind unglaubwürdig hoch drei.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich zu einem Kurzbeitrag Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen selbstverständlich von der Kollegin Birk und der Kollegin der Sozialdemokratie jede Anregung
entgegen, intensiver nachzudenken und tiefer zu schürfen. Wir nehmen auch jeden wirklich herausragenden Redebeitrag entgegen. Wir würden nur darum bitten, dass man Anträge, die wir schreiben, auch liest und sich zumindest bemüht, sie zu verstehen, bevor man an das Mikrofon geht. Dass das auf dieser Seite möglicherweise nicht ganz gelingt, sehe ich noch ein. Dem Finanzminister dieses Landes, der nun wirklich ein intelligentes Kerlchen ist, muss ich nun Böswilligkeit unterstellen, weil ich davon ausgehe, dass er verstanden hat, was wir wollten.
Herr Minister, zu sagen, wir wollten die Bürokratie verschärfen, ist aberwitzig. Der Kollege hat es gesagt, deswegen haben wir eine allgemeine Formulierung gewählt. Das muss man bei Gesetzen so machen. Wir wollten nichts anderes als festschreiben, dass es in Gremien, die durch Mittel gespeist werden, die zwangsweise erhoben werden, Darlehensvergaben nur noch in einer bestimmten Größenordnung geben darf. Diese Größenordnung muss man festschreiben. Ich bin gespannt, ob es auf dieser Seite auch der Fall ist. Man kann sagen 5.000 €, 10.000 € oder ein Jahresgehalt, jedoch nicht mehr oder weniger. Wir wollen es eben nicht jedem Einzelnen überlassen, der gerade dort sitzt und jemanden kennt, der mit diesen Zwangsmitteln Darlehensvergaben nach Gutdünken vergibt.
Wenn Sie sagen, Sie wollen das nicht gesetzlich festschreiben, dann sage ich, das ist ein einziger Satz in jeder dieser Regelungen, die die gesetzliche Grundlage für die Existenz dieser Einrichtungen sind. Dass man dort hineinschreibt: „Darlehensvergaben sind nur noch zulässig bis zu einer Höhe von“, ändert keine Satzung und muss auch keine Satzung ändern. Es ändert möglicherweise das Verhalten derjenigen, die vor Ort tätig sind. Sie müssen jetzt sagen, das wollen Sie gerade nicht. Sie wollen es jedem selbst überlassen, wer das im Zweifel macht, weil das Teil der Selbstverwaltung ist. Das ist mitnichten Teil der Selbstverwaltung. Herr Minister, das wissen Sie übrigens auch.
Auch im Bereich der deutschen Wirtschaft wird es nicht nur im Bereich Corporate Governance diskutiert, sondern wir haben im Aktienrecht eine Regelung, die da lautet, unangemessene Vergütungen und Abfindungen sind unzulässig. Darüber streitet man momentan gerade im Landgericht Düsseldorf, nämlich über die Frage, was angemessen oder unangemessen ist. Die spannende Frage ist die, die sich der Bundesgesetzgeber gerade stellt. Gerade aus Ihrer Partei ist - und wie ich meine zu Recht - die Frage gestellt, ob man den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit oder der Unangemessenheit nicht
Der Kollege Garg hat darauf hingewiesen: Bei privaten Unternehmen wird das über den Preis geregelt. Das heißt, die müssen Gewinne machen, um so etwas generieren zu können. Jedenfalls verschwinden sie immer vom Markt, wenn sie Verluste machen. Bei öffentlichen Körperschaften und gesetzlichen Krankenkassen, die von Zwangsbeiträgen leben, müssen wir es - genauso wie beim AStA - festschreiben, weil wir nicht am Markt operieren, weil der Gesetzgeber aufgerufen ist, diese Grenze genau zu bestimmen. Niemand käme auf die Idee zu sagen, wir überlassen das einmal dem Wohlbefinden der Landesregierung, in welcher Größenordnung Herr Stegner als Finanzminister ein Darlehen zulasten des Landes aufnehmen kann. Das ist faktisch nichts anderes, nur auf anderer Ebene. Das haben wir gesetzlich festgeschrieben. Wir wollen, dass wir künftig Debatten wie die, die wir bei der AOK Kiel führen mussten, deshalb nicht mehr führen müssen, weil jeder Beteiligte genau Bescheid weiß, bis zu welcher Größenordnung etwas erlaubt und ab welcher Größenordnung etwas verboten ist. Ich bitte darum, dass man das intensiver diskutiert, als das bisher in den Redebeiträgen geschehen ist.
Nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Kalinka zu einem Kurzbeitrag das Wort.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kalinka, noch sind wir be- reit, das an den Ausschuss zu überweisen!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man zum ernsthaften Teil der Debatte das Fazit zieht, dann wird nach dieser AOK-Geschichte aus Ihrer Sicht nichts geschehen. Ohne jede Konsequenz! Das ist die Bilanz der heutigen Debatte. Wenn das wirklich Ihre Absicht ist, dann ist das für mich außerordentlich enttäuschend.
Es sind drei Kernpunkte genannt worden: Erstens. Mit dem FDP-Antrag würde mehr Bürokratie kommen. Das ist schlichtweg falsch. Gerade wenn man eine starke und freie Selbstverwaltung will, muss eine vom Staat in den Kernbereichen überprüfbare Funktion dahinter stehen. Das hat mit Bürokratie nichts zu tun. Im Gegenteil! Das zweite Kernargument war, die Rechtsaufsicht würde schon genügen.
Wir haben es genau diskutiert. Wir sind der Auffassung, die Satzung der AOK gibt dieses Darlehen nicht her. Der Staatssekretär sagt, für ihn ist das nicht so. Er mag Recht haben oder wir mögen Recht haben.
- Egal, wer Recht hat! Nur zu sagen, ich bin nur die Rechtsaufsicht, also kann ich nicht zupacken, die AOK muss das selbst machen, das war es, kann doch nicht verantwortliche Politik sein!
Zum dritten Punkt: Herr Minister Dr. Stegner, Sie haben als intellektueller Oberhirte dieses Hauses Vertrauen und Selbstverwaltungsrechtsmöglichkeiten genannt. Wenn es ein Beispiel dafür gibt, wie das Vertrauen hier im Land im Gesundheitsbereich gelitten hat, dann ist es das AOK-Thema. Genau deshalb zieht Ihr Argument zur Rechtfertigung der Ablehnung des FDP-Antrags nicht.
Meine Damen und Herren von der SPD, ich möchte Ihnen vor allen Dingen eines sagen: Ich finde es betrüblich, wie auch in diesem Fall die Schwächeren unserer Gesellschaft, die häufiger bei der AOK versichert sind, bei Ihnen in den Händen sind. Wer kümmert sich eigentlich um diejenigen, die als Versicherte keinen Einfluss darauf haben, wie mit ihrem Geld umgegangen wird? Das frage ich Sie!
Nun kann man sagen, der FDP-Vorschlag ist nicht optimal. Das, was Sie machen, nämlich gar nichts vorzuschlagen, ist es noch viel weniger. Das zeigt Ihr intellektuelles Niveau. Es kommt nichts mehr, kein Vorschlag, nur abblocken, das ist der Kernpunkt!
- Herr Kollege Hay, wer Ihnen vorhin zugeschaut hat, der hat gemerkt, wie unangenehm es Ihnen war, was einige aus Ihren eigenen Reihen gesagt haben. Das ist doch jedem aufgefallen. Man muss nur die Augen für das aufhaben, was in Ihren Reihen los ist. Wenn Sie meinen, Sie können so mit FDP-Vorschlägen, die gut sind, umgehen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sagen Sie uns, was Sie sich besser vorstellen können. Von Ihnen kommt aber gar nichts!