Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat jetzt Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen.
Der SSW begrüßt den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er bedeutet einen Schritt in die richtige Richtung und ich hoffe sehr, dass der Vorschlag die Zustimmung des Plenums erhält.
Denn es besteht eigentlich parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass die Praxis der so genannten Kettenduldungen - darüber reden wir jetzt nämlich - abgeschafft werden muss. Es darf zukünftig nicht mehr so sein, dass langjährig geduldete Menschen ausländischer Herkunft über Jahre in einem rechtlosen und perspektivlosen Zustand hier bei uns leben müssen. Nach Schätzungen von PRO ASYL leben von circa 230.000 Geduldeten in Deutschland circa 150.000 bereits länger als sechs Jahre in Deutschland. Eine Duldung ist in sofern auch problematisch für langjährig hier lebende Ausländer, da sie ihnen das Gefühl gibt, sie wären nicht wirklich angekommen in dem Land, in dem sie sich aufhalten. Und obwohl sie zum Teil schon viele Jahre hier im Lande leben, ist immer noch nicht geklärt, ob sie den notwendigen regelmäßigen Zugang zu den Integrationsangeboten erhalten werden.
Darüber hinaus führt die Kettenduldung auch dazu, dass sich die Behörden immer wieder mit den Menschen und ihrer Situation beschäftigen müssen und nach unserer Ansicht wird damit auch Verwaltungskraft unnötig gebunden. Aber auch das Problem für den Einzelnen, der seine Heimat schließlich hier gefunden hat und verwurzelt ist, führt dazu, dass nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch deren Freunde, Mitschüler und Nachbarn ein Bleiberecht für sich fordern. Hier muss nach unserer Ansicht beim Kompromiss zum Zuwanderungsgesetz oder auch - so wie es im Antrag lautet - bei dessen Folgeregelung eine Lösung gefunden werden, um dieser Qual der fortgesetzten Duldung ein Ende zu setzten.
In der letzten Landtagssitzung hatten wir uns ja bereits mit einem weiteren Aspekt beschäftigt, nämlich mit der Härtefallkommission, die nach unserer Ansicht auch ein Anlaufpunkt für verzweifelte Menschen ist, die einer Ausweisung entgegensehen. Wir halten auch den wahrscheinlich gefundenen Kompromiss, dass es nunmehr endlich eine Härtefallregelung in dem neuen Zuwanderungsgesetz gibt, für richtig und hoffen, dass diese dann direkt im Gesetz enthalten sein wird.
Wir hatten wir uns bereits mit der Arbeit der Härtefallkommission beschäftigt. Die dort im Bericht genannten Zahlen zeigen auf, dass eingeschränkt positive Empfehlungen gegeben wurden und einige mit einer Aufenthaltsgenehmigung geendet haben. Das waren sehr wenige, aber ich denke, es wurde auch anderen damit geholfen, sodass sie möglicherweise auch noch Duldung oder Ähnliches erhalten haben.
Zu guter Letzt möchte ich noch einmal deutlich sagen, dass in unseren Augen das Zuwanderungsgesetz immer mehr zu einem Zuwanderungsbegrenzungsgesetz mutiert. Der Kollege Lehnert hat das hier und heute auch eindeutig bestätigt. Es geht überhaupt nicht um eine Zuwanderung nach Deutschland, sondern eindeutig darum, alle Leute möglichst hier nicht reinzulassen.
Wir hoffen aber, dass wir trotz allem mit dem gefundenen Kompromiss, möglicherweise über die Härtefallregelung und andere Folgeregelungen, auch endlich für ein Bleiberecht für die Menschen, die bisher mit den so genannten Kettenduldungen leben mussten, eine Lösung finden. Daran liegt uns ganz viel. Wir hoffen, dass da noch etwas möglich ist. Ich habe den Kollegen Kubicki schon richtig verstanden, der sagt, das ist im Moment eigentlich abgeschlossen. Aber ich denke, bei den Folgeregelungen wäre es einfach notwendig, auch hier eine Klarheit für diejenigen zu schaffen, die 10 oder 15 Jahre in Deutschland leben und lediglich mit einer jeweils einjährigen Duldung leben mussten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder weiß ja, dass die FDP - auch in meiner Person - und die Grünen sich gelegentlich Scharmützel liefern, dass ich manchmal auch ein bisschen sehr
„unbotmäßig“ bin, was die Kollegin Fröhlich angeht, aber in einem Punkt hat sie meinen vollen Respekt, das ist ihr Einsatz für humanitäre Fragen. Das ist in den letzten Jahren unbestritten so gewesen. Deshalb nehme ich ihr ihren Redebeitrag auch ab, den sie hier geleistet hat.
Gleichwohl will ich sagen, dass auch die Jubelstimmen in meiner eigenen Partei zu den Eckpunkten der Vereinbarung mit dem Kanzler bei mir die Reaktion hervorgerufen haben, dass ich darauf hingewiesen habe, dass bestimmte Eckpunkte einer sehr massiven Präzisierung bedürfen. Ich habe dazu ein Schreiben formuliert und mich auch öffentlich geäußert und dafür das Attribut bekommen, ich sei ein Dauernörgler, was mir in humanitären Rechtsstaatsfragen überhaupt keine Sorge bereitet. In diesen Fragen nörgle ich dann zur Not auch bis zum „Erbrechen“.
Wir kennen den Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, nicht. Soweit ich die Geschäftslage kenne, ist das, was jetzt auf dem Papier steht, ausgehandelt. Das bedeutet, daran etwas zu bewegen, wird eine Herkulesaufgabe sein, selbst für den Innenminister unseres Landes, des bedeutenden Innenministers des bedeutenden Landes Schleswig-Holstein, sodass die Forderung an ihn, das jetzt aufzuschnüren, möglicherweise eine unvernünftige sein könnte.
Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass wir jetzt einen weiteren Satz hier aufnehmen, der darin besteht, dass wir den Innenminister verpflichten, uns in der September-Tagung zu erläutern, mit welchen Initiativen und mit welchem Erfolg der Initiativen er denn nun versucht hat, diesem Petitum Geltung zu verschaffen.
Ich wünsche Ihnen da viel Erfolg. Ich würde das, was hier vorgetragen worden ist, für viel glaubhafter halten, wenn jetzt Klaus-Peter Puls oder Irene Fröhlich zu mir kämen und sagten: Wenn wir diesen Antrag verabschieden und er lässt sich aufgrund welcher Maßnahmen auch immer nicht umsetzen, dann - das würde meine Stimme nicht nur hier im Parlament, sondern auch öffentlich erhalten - stimmen wir dem Kompromiss im Bundesrat nicht zu. Das wäre ehrlich. Das erwarte ich dann auch. Alles andere wäre papiertigerhaft.
Wenn wir es mit dem Problem, das wir beschrieben haben, ernst meinen, und zwar ohne dass wir gucken, was an wirklichem Gesetzeswortlaut vorhanden ist - den haben wir nicht - und wenn wir das verabschieden wollen, muss das Konsequenzen in der entspre
chenden Arbeit haben. Dann ist es in Ordnung. Ansonsten ist es nichts anderes als eine Placebogeschichte. Dafür ist mir das Thema zu wichtig, als dass wir hier Reden halten, Leuten möglicherweise Hoffnungen machen, während diejenigen, die im Deutschen Bundestag darüber zu entscheiden haben, möglicherweise bereits ganz anders entschieden haben.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Peter Lehnert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz drei Punkte erwähnen.
Erster Punkt: Die Zuordnung zur Union. Sie sagen, wir wollten ein Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Das stimmt nicht. Wir wollen ein Zuwanderungsbegrenzung- und -steuerungsgesetz.
Deshalb haben wir gerade im Bereich der Arbeitsmigration Vereinbarungen getroffen, die es hoch qualifizierten Selbstständigen und erfolgreichen Studienabsolventen erlaubt, hier tätig zu werden.
Das sind übrigens politische Zielsetzungen, die auch die Einwanderungsgesetzte von Kanada, den Vereinigen Staaten von Amerika oder Australien haben. Das ist keine besondere deutsche Lösung.
Zweiter Punkt: Frau Fröhlich, ich bin mir ziemlich sicher - ich glaube, dass kann ich hier heute Abend sagen -, dass die Unionsfraktionen und die unionsregierten Länder diesem gefundenen Kompromiss zustimmen werden. Es wird allerdings auch keine Aufweichung mehr in irgendeinem Punkt geben.
Dritter Punkt. Erlauben Sie mir, zum Schluss aus der dpa-Meldung, Uhrzeit 16:06 Uhr, heute, Berlin, zu zitieren:
„Bütikofer nannte die Vereinbarung zur Zuwanderung einen ‚im Ganzen tragfähigen Kompromiss’. Dass nun ein Durchbruch erzielt worden sei, ‚ist alles andere als ein Grund, Trauer zu tragen’,“
„fügte er hinzu. Die Neuregelung habe eine ‚historische Dimension’. Er sei ‚sehr zufrieden mit dem Ergebnis’.“
„Der Verhandlungsführer der Grünen bei den Verhandlungen um die Zuwanderung, Volker Beck, zeigte sich ebenfalls zufrieden …
Bütikofer und Beck räumten ein, im Schlusstext gebe es einige Abweichungen gegenüber dem Kompromiss, der in den Verhandlungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder … mit der Opposition formuliert worden war. Diese seien aber nicht ohne die Grünen vorgenommen worden.“
Ich kann Ihnen das nur mitteilen, wenn Ihnen das noch nicht vorliegt. Das ist derzeit die Position Ihres Bundesverbandes.
Zu allem anderen weise ich auf das hin, was Ihnen der Kollege Kubicki eben als Anregung gegeben hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte schon eingangs meines Wortbeitrages vorhin gesagt, wir seien mit Freude und Erleichterung erfüllt, seitdem die dpa-Pressemitteilung heute Morgen herausgekommen sei. Wir raten unseren Leuten in Berlin, dem Kompromiss die Zustimmung zu geben. Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Es ist immerhin auch etwas Positives, etwas Verbessertes in der neuen Zuwanderungsregelung drin, die kommen soll. Ich habe das vorhin im Einzelnen skizziert.