Protokoll der Sitzung vom 24.09.2004

Der Innen- und Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gegen die Stimmen der CDU, die Nummern 2, 3 a) bb) und 3 b) in der in der Drucksache 15/3645 dargestellten Fassung anzunehmen.

Einstimmig empfiehlt er dem Landtag, die übrigen Nummern des Art. 1 sowie Art. 2 in der Fassung der Gegenüberstellung, Drucksache 15/3645, anzunehmen.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Oppositionsführer, Herr Abgeordneter Kayenburg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Neuerdings betreibt die Regierungskoalition offenbar Medienpolitik über Tischvorlagen in den Ausschüssen. Das ist eine, wie ich finde, Unart, die unsportlich ist, aber auch den medienpolitischen Belangen der Bürgerinnen und Bürger, der Medien und selbst der ULR nicht gerecht wird. So versuchen Sie - in letzter Zeit übrigens zunehmend -, schnell mal ein paar Dinge rot-grün zu stricken, wohl um mit Blick auf den 20. Februar 2005 Ihre Klientel, Herr Hentschel, schnell klammheimlich zu versorgen.

Dass Sie Ihre eigenen Leute im Rahmen der kulturellen Filmförderung jetzt noch jobtechnisch absichern wollen, unterstreicht nach meiner Meinung diesen Vorwurf. Wir wollen in diesem Land aber wieder etwas bewegen, nachdem Sie hier den Stillstand geschafft haben. Wir wollen eine moderne, zukunftssichere Medienpolitik, die europarechtlichen Grundsätzen standhält. Wir wollen Arbeitsplätze im Bereich der Medienwirtschaft in Schleswig-Holstein erhalten. Wir wollen, dass für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch im November, wenn das digital-terrestrische Fernsehen in Schleswig-Holstein als Insellösung in Kiel und Hamburg/Lübeck eingeführt wird, weiterhin eine Medienvielfalt in der regionalen Berichterstattung erhalten bleibt.

Deswegen streiten wir für eine feste Verankerung der Fensterprogramme in einem europarechtlich zuläs

(Martin Kayenburg)

sigen Rahmen, wie wir es in unserem Gesetzentwurf neu formuliert haben.

Ich denke, im Grundsatz dürften wir uns, Frau Böhrk, darüber sogar einig sein. Aber zur Diskussion stand und steht die Frage, ob Medienunternehmen zur Produktion ihrer Fensterprogramme im Lande verpflichtet werden können. In diesem Punkt gibt es, wie Sie wissen, europarechtliche Bedenken, denen wir jedenfalls nachgegangen sind, während Herr Hentschel Klientelpolitik betreibt.

Ich empfehle Ihnen, einmal das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zu lesen, das inzwischen als Umdruck vorliegt. Wir haben das Gutachten in Auftrag gegeben. Darin wird im Hinblick auf die anstehende Neuerung im Achten Rundfunkstaatsvertrag bezüglich der Fensterprogramme deutlich, dass eine europarechtliche Relevanz vorhanden ist. Im Achten Staatsvertrag soll nämlich verankert werden, Frau Böhrk, dass Fensterprogrammveranstalter und Hauptprogrammveranstalter keine verbundenen Unternehmen sein dürfen, ja, darüber hinaus sogar nicht einmal im Verhältnis verbundener Unternehmen zueinander stehen dürfen.

Nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes dürfte die von Ihnen übernommene Formulierung des ULR-Vorschlags europarechtlich gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Offenbar haben Sie da nicht hinreichend geprüft. Es waren nämlich zwei Aspekte zu prüfen. Auf der einen Seite ging es um die Niederlassungsfreiheit, gegen die nach unserer Auffassung nicht verstoßen wird; ich erinnere an Art. 43 ff. EU-Vertrag. Aber es liegt ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit vor. Nach summarischer Prüfung ist wohl davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf den europarechtlichen Grundsätzen nicht standhält. Denn der Europäische Gerichtshof hat gesagt, dass es sich beim Rundfunk um eine Dienstleistung im Sinne von Art. 49 ff. EU-Vertrag handelt.

Im Gutachten heißt es wörtlich - ich zitiere -:

„Wenn nach dem Vorschlag der ULR … die Gestaltung und Produktion von Sendebeiträgen mit Schleswig-Holstein-Bezug in Schleswig-Holstein erfolgen müssen und die technische Zusammenführung der Beiträge zu einer Sendung innerhalb des Gebietes erfolgen muss, für das das Fensterprogramm bestimmt ist, so schließt diese Regelung aus, dass Programmveranstalter diese Sendebeiträge in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gestalten und produzieren (lassen). Eine solche Vorschrift stellt eine

Beschränkung der grenzüberschreitenden Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV dar.“

Damit ist die Übernahme Ihres Entwurfs nach unserer Auffassung nicht europarechttauglich.

Ich denke, diese handwerklichen Fehler sollten Sie ausmerzen. Aber stattdessen haben Sie - das haben die Spatzen von den Dächern gepfiffen - den kleinen Grünen, die Ihnen unbequem wurden, zugestimmt, dass bei der Einführung eines Gütesiegels, die wir mittragen, gleich noch die kulturelle Filmförderung fest ins Rundfunkgesetz übernommen wird.

Ich verstehe das überhaupt nicht. Wie sonst ist zu erklären - -

(Zurufe der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Gisela Böhrk [SPD])

- Die kulturelle Filmförderung ist, Frau Fröhlich und Frau Böhrk, die ureigenste Sache des Bildungsministeriums. Nur aufgrund Ihrer Misswirtschaft hier im Lande ist die Filmförderung dort weggekommen. Wenn Sie jetzt die Filmförderung in den Bereich der Rundfunkgebühr bringen wollen, dann ist das eine Kürzung der Mittel für die ULR. Bisher ist die Filmförderung aus der Rundfunkabgabe gezahlt worden. Wer hier von nichts eine Ahnung hat, Frau Fröhlich, dürfte damit ja wohl klar geworden sein.

(Widerspruch der Abgeordneten Irene Fröh- lich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie sollten sich informieren!

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es stimmt überhaupt nicht, was Sie da erklären! - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht hier um Tatsachen! Das muss man festhalten!)

- Herr Hentschel, durch wiederholte Behauptungen wird das, was Sie sagen, nicht richtig. Es ist so, wie ich es gesagt habe.

Aus diesem Grunde denke ich, dass unser Antrag den Belangen der Bürgerinnen und Bürger eher gerecht wird als das, was Sie hier vorgelegt haben, um Ihre grüne Klientel bei der Filmförderung zu sichern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Böhrk das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Herr Oppositionsführer, ich glaube, es wäre der Sache angemessener gewesen, wenn Sie die Backen nicht so doll aufgeblasen hätten. Wenn Sie Ihren Änderungsantrag mit Datum vom 24. September 2004 vorlegen und uns vorwerfen, dass wir zu Ausschusssitzungen Tischvorlagen machen, dann sollten Sie bedenken, dass Sie im Glashaus sitzen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ich habe mich auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes berufen!)

- Herr Kayenburg, dass ist der Sache doch nicht angemessen. Hinsichtlich des Ziels, was die Fensterprogramme betrifft, sind wir uns doch einig. Mit Ihrer wilden Polemik sollten Sie die Gemeinsamkeit nicht infrage stellen. Im Übrigen sind Sie in der meisten Zeit im Ausschuss nicht dabei gewesen.

Es geht bei dem ersten Teil der Änderung des Landesrundfunkgesetzes darum, die Regionalfenster abzusichern. Wir sind uns alle einig, dass die Regionalfenster einen authentischen Schleswig-Holsteinischen-Bezug gewährleisten sollen. Der CDU-Entwurf lässt aber offen, wie die Forderung nach Authentizität konkret erfüllt werden soll. Wir wollen aber ausdrücklich festlegen, was seitens der Veranstalter getan werden muss, um aktuell, vielfältig und auch authentisch über und aus Schleswig-Holstein berichten zu können.

Die Sendebeiträge - das haben Sie gesagt - sollen nach unserer Auffassung in Schleswig-Holstein gestaltet und produziert und im Sendegebiet technisch zu einer Sendung zusammengefasst werden. Sie wissen, dass es unter technischen Gesichtspunkten kein Problem ist, in zentralen Redaktionen mit Studio etwa in Köln-Hürth, Berlin oder München eine halbstündige „Schleswig-Holstein-Magazin“-Sendung herzustellen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Auch in Däne- mark zum Beispiel!)

Sie wissen auch, dass seit geraumer Zeit zu beobachten ist, dass die Sender die finanziellen Lasten ihrer regionalen Pflicht durch Zentralisierung zu verringern suchen.

Herr Kollege Kayenburg, aus unserer Sicht ist der Vorschlag europarechtlich unbedenklich. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Niederlassungsfreiheit oder die Dienstleistungsfreiheit berührt werden, ist dies doch abzuwägen gegen die Prinzipien der Meinungsfreiheit, der Programmvielfalt und des Pluralismus, ebenfalls tragende Werte der Europäischen Union. Da in diesem Abwägungsprozess nur durch

bestimmte Vorschriften eine Authentizität sicherzustellen ist, ist geregelt, dass die Regionalprogramme tatsächlich ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können. Durch abstrakt generelle Vorschriften lassen sich die Inhalte nur schwer vorgeben. Deshalb sind unserer Auffassung nach gerade Vorschriften, die einen inhaltsbezogenen Ressourcenrahmen schaffen, als verhältnismäßig anzusehen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das heißt, dass bestimmt wird, wo die Ressourcen bereitgestellt werden sollen, damit der regionale Bezug gewährleistet ist.

Sie haben auf den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu den Regionalfenstern hingewiesen. Das so genannte Rheinland-Pfalz-Modell ist noch in der Debatte. Wir sehen noch nicht ganz genau, wohin es laufen wird. Die Zielrichtung ist dort jedenfalls die Gleiche, auch wenn ein anderer Weg gewählt werden wird. Der neue Landtag wird sich damit zu befassen haben.

Ich freue mich, dass wir uns einig sind, dass die ULR Gütesiegel für Set-Top-Boxen vergeben kann. Wir alle kennen das, dass wir mit solch kleinen Set-TopGeräten nicht zurechtkommen. Ein Institut, das firmenfern, unabhängig die Gebrauchstauglichkeit prüft, ist für die Verbraucher und Nutzer sicherlich eine gute Sache. Das haben sowohl die Gerätehersteller als auch die Verbraucherzentrale und die IHK hier gesagt. Darüber hinaus kann das Gütesiegel ein positiver Imagefaktor für unser Land sein, technologisch fortschrittlich und innovativ. Ich wünsche und hoffe, dass die ULR das Gütesiegel zu einer Veranstaltung für die ganze Republik machen kann. Das würde dem Land gut stehen und das wäre auch für die Verbraucher gut.

Nun zum letzten Punkt, nämlich dass klargestellt wird, dass die kulturelle Filmförderung ein Unterfall - wenn man so will -, ein Teil der Medienkompetenz ist. Herr Kollege, Sie sollten sich einmal genau anschauen, was die kulturelle Filmförderung, also auch der Verein, in diesem Lande für die Nachwuchsförderung und insoweit auch für die Medienkompetenz von jungen Menschen leistet,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch kein Grund, die Finanzierung zu ändern!)

die sich mit diesen Filmen und neuen Medien befassen. Sie wissen, dass alle Bundesländer auch Mittel

(Gisela Böhrk)

aus anderen Ressourcen, sowohl Rundfunkgebühren als auch Abgaben für Filmförderung, benutzen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Schleswig- Holstein doch auch!)

- Richtig, genau. - Warum bei der kulturellen Filmförderung eine Schranke gezogen werden soll, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil, wir sind mit den grünen Kollegen der Auffassung,

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

dass die eine herausragende Arbeit leisten. Sie stellt sich zum Beispiel auch darin dar, dass der jüngste schleswig-holsteinische Förderpreis für Kunst an eine Dokumentarfilmerin gegangen ist, die in Antwort auf die Laudatio ausdrücklich gesagt hat, dass sie diesen Preis ohne das Netzwerk, das zum Beispiel die kulturelle Filmförderung in diesem Lande macht, nicht bekommen hätte.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.