Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.] und Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Ich habe das ja schon gesagt.

Sollte dies allerdings so sein - so betone ich -, müssen wir die Situation sicherlich verändern. Aber das denke ich - muss geprüft werden, wobei diese Prüfung allerdings dem Verteidigungsausschuss des Bundestages unterliegt. Aber wir haben ja so viel Zeit, wir können uns gut damit beschäftigen!

Diese Menschen sind bereit, ein politisch durch die Entscheidungsträger des Parlamentes gewolltes Engagement mit dem Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens in die Tat umzusetzen. Darum gebührt ihnen unser Respekt - das ist hier auch schon gesagt worden - und sie haben Anspruch auf die Fürsorge des Staates, insbesondere dann, wenn es sich bei Auslandseinsätzen um Friedensdienste und humanitäre Hilfeleistungen handelt. Wird der Zweck der besonderen staatlichen Fürsorge -

(Unruhe)

Ich darf um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin bitten. - Danke!

Wird der Zweck der besonderen staatlichen Fürsorge, die Risikoabsicherung nicht erfüllt, so müssen wir die entsprechenden Regelungsdefizite finden, ihre Ursachen suchen und die gesetzlichen Regelungen entsprechend anpassen. Das ist gar keine Frage. Das müssen dann aber nicht wir als Landesparlament tun, sondern das muss der Bundesgesetzgeber tun.

Aber - wie schon erwähnt - gerade hiervon bin ich hier und heute nicht überzeugt. Allerdings scheint es hier klug zu sein, noch einmal auf den eingangs erwähnten

„Stern“-Artikel zurückkommen. Wenn ich ihn richtig gelesen habe, scheint mir das Problem - ich sagte es bereits - nicht so sehr in der gesetzlichen Grundlage zu liegen, sondern vielmehr in der praktischen Ausführung, das heißt, in der konkreten Bewilligungspraxis.

Herr Kollege Benker hat ja schon ausführlich das Merkblatt des Bundesverteidigungsministeriums zitiert. Ich will das dann auch noch einmal als Erkenntnisquelle benutzen und will Folgendes sagen. Es zählt eben eine Vielfalt an gesetzlich abgesicherten Versorgungsleistungen differenziert auf und weist auch auf die Überprüfung der persönlichen Absicherung gegebenenfalls auf deren Ergänzung durch den Abschluss einer privaten Unfallversicherung hin. Das Bundesverteidigungsministerium tut dies vor dem Hintergrund, dass zwischen den privaten Versicherungsunternehmen und dem Bundeswehr-Verband und den Tarifparteien eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen worden ist, die explizit einen Haftungsvorbehalt im Rahmen der so genannten Kriegsklausel zumindest für Lebensund Unfallversicherungen deutlich einschränkt. Dies ist meines Erachtens aber nicht damit gleichzusetzen, dass die gesetzlichen Ansprüche nicht ausreichen, sondern es soll vielmehr dem einzelnen Soldaten vor dem Hintergrund seiner persönlichen Lebenssituation eine zusätzliche Absicherung für sich und seine Familie ermöglichen - und dies in einem Rahmen, der vor dem Hintergrund der nicht unerheblichen Zulagen für Auslands- und Sondereinsätze jedenfalls mir zumutbar zu sein scheint.

Ohne die differenzierte Analyse vorwegnehmen zu wollen, bin ich heute eher der Ansicht, dass wir keinen Bedarf an Veränderung der gesetzlichen Ansprüche oder der damit verbundenen Leistungen im Bereich des Soldatenversorgungsgesetzes oder des Bundesversorgungsgesetzes haben, sondern dass sich der Bundesverteidigungsminister angesichts berechtigter Forderungen eher mit der restriktiven Handhabung auseinander setzen sollte. Auch bin ich nicht wie die F.D.P. der Auffassung, dass die Bundesregierung zu einem Zeitpunkt X die Kosten für eine private Unfallversicherung von Soldaten übernehmen sollte - in keinem Fall, bevor nicht konkret nachgewiesen und begründet worden ist, dass reale Versorgungsdefizite bestehen.

Was lehrt uns nun diese Debatte, meine lieben Kolleginnen und Kollegen? Erstens lehrt sie uns, dass große deutsche Zeitschriften nicht immer gute Ratgeber sind, zweitens, dass man sie sehr gründlich lesen muss, bevor man politische Entscheidungen daraus ableitet,

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

und drittens wissen wir alle, dass unsere Ausschüsse stets und ständig unser Wissen und unseren Erfah

(Irene Fröhlich)

rungsschatz verbreitern. Deswegen schließe ich mich einem Vorschlag, dies an den Ausschuss zu überweisen, gern an.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu allen anderen habe ich mich zunächst, als ich den Antrag auf den Tisch bekam, mit dem Antrag beschäftigt, nicht mit dem „Stern“-Artikel und sonstigen Sachen. Ich habe einfach einmal in den Antrag geguckt, was darin steht.

Dazu darf ich Folgendes sagen, und zwar zunächst hinsichtlich des ersten Absatzes: Es ist richtig - das wurde mir telefonisch von der Bundeswehr bestätigt -, dass es solch ein Merkblatt gibt, in dem diese Sachen stehen, die der Kollege Benker auch zitiert hat. Mir war es nicht möglich, an irgendwelche Unterlagen oder nähere Auskünfte heranzukommen. Da verschwand ich so ein bisschen im Bermuda-Dreieck, weil ich auch nicht militärisch so versiert bin und strategisch auch nicht so viele Leute kenne, um dazu nähere Informationen zu bekommen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Entschuldigung! - Ich darf einmal darum bitten, dass wir die Lautstärke der notwendigen Zwischengespräche deutlich reduzieren.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ein Anruf bei Herrn Maurus hätte ge- nügt!)

Aber trotzdem habe ich festgestellt, bei weiteren Recherchen - dafür bin ich auch ausgesprochen dankbar war der Bundeswehr-Verband sehr hilfreich, indem die gesagt haben, das Problem liege weniger darin - wie es jetzt im Antrag lautet -, dass die Soldaten bei Auslandseinsätzen medizinisch und sozial nur unzureichend abgesichert seien - Herr Dr. Klug hatte es ja schon gesagt -, sondern es handele sich hier insbesondere um die zeitlich befristet eingestellten Soldaten und nicht um alle. Die Berufssoldaten sind in jeglicher

Hinsicht entsprechend ihrer Anstellung versorgungsrechtlich abgesichert.

Ich habe deshalb aus dem gesamten Antrag nur den Aspekt aufgegriffen, dass die Grundwehrdienstleistenden, Soldaten auf Zeit und Reservisten bei Auslandseinsätzen sozial nicht so gut abgesichert sind. Das scheint - jedenfalls nach Auskunft des Bundeswehr-Verbandes - auch so zu sein. Denn die versorgungsrechtliche Absicherung bei diesen Einsätzen beziehungsweise bei den Zeitsoldaten steht tatsächlich hinter der Absicherung der Berufssoldaten zurück. Das liegt daran, dass die Einzahlungen, auch die Nachzahlungen in die Rentenversicherung geringer sind als dann, wenn sie sich verpflichtet hätten. Darüber hinaus wird dadurch auch die Versorgungslage der Hinterbliebenen dieser Zeitsoldaten entsprechend schlechter, weil sie nur einen Prozentanteil bekommen. Dies bedeutet, dass es für die Betroffenen zu ganz massiven Problemen bei der Erlangung der Rente beziehungsweise den Feststellungen über die Erkrankung und/oder die Situation kommt, aus der die Verletzung oder der Tod des Soldaten resultiert.

Ich denke, die Beschreibungen im „Stern“, die ich mir daraufhin noch einmal angeschaut habe, sind nicht unbedingt falsche Darstellungen dessen, wie man mit den Hinterbliebenen oder den Betroffenen umgeht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die in dem Artikel genannten Fälle Einzelfälle sind; ich habe auch persönlich gehört, dass es manchmal solche Schwierigkeiten gibt.

Diese Situation erscheint mir sowohl für die Hinterbliebenen als auch für die betroffenen Soldaten unerträglich. Es bedeutet, dass die, die durch die Situation schon sehr stark betroffen sind, über Jahre im wahrsten Sinne des Wortes mit dieser Situation konfrontiert werden. Sie müssen zum Beispiel jedes Mal zurückschreiben, wenn sie ein Schreiben erhalten, in dem alles infrage gestellt wird - angefangen damit, ob es sich überhaupt um einen Diensteinsatz gehandelt hat -, und sich damit immer wieder auseinander setzen. Das erscheint uns unerträglich.

Im Übrigen sind wir der Ansicht, dass es sich nicht um eine Änderung des Soldatengesetzes handeln sollte, sondern dass, wenn überhaupt, weiter über eine Änderung des Versorgungsgesetzes für Soldaten nachgedacht wird. Wenn ich den Bundeswehr-Verband insoweit richtig verstanden habe, geht es darum, zumindest bei Auslandseinsätzen eine Gleichstellung der Berufssoldaten mit den Zeitsoldaten bei der Versorgung zu erreichen.

(Beifall bei SSW und F.D.P.)

(Silke Hinrichsen)

Den Antrag habe ich deshalb mit Befremden zur Kenntnis genommen, weil er überhaupt nicht dazu passt. Aber ich schlage aus diesem Grunde vor, dass er auch an den Sozialausschuss überwiesen wird und dass wir vielleicht dort den richtigen Weg dazu finden.

(Beifall bei SSW, F.D.P. und vereinzelt bei der SPD)

Bevor wir darüber abstimmen, ob alle Hoffnung auf dem Sozialausschuss ruhen soll, haben wir noch zwei Wortmeldungen nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung. Ich erteile zunächst Herrn Dr. Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass die beiden Fraktionen, deren Parteien der amtierende und der frühere Verteidigungsminister angehören, meinen, dass derzeit alles zum Besten geregelt sei. Wir werden diese Ausführungen der Redner der Union und der SPD selbstverständlich auch den Betroffenen zukommen lassen und sie darüber informieren, was hier im Landtag zu diesem Thema debattiert worden ist.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Auch wir haben natürlich mit dem BundeswehrVerband in dieser Frage Verbindung aufgenommen. Ich möchte gern zu dem, was vorhin gesagt wurde, einige kurze Punkte anmerken.

Erstens stehen die Erklärungen, die der Kollege Maurus und der Kollege Benker abgegeben haben, doch in einem eigenartigen Widerspruch zu der Tatsache, dass der amtierende Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping selbst davon spricht, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen eigentlich nicht adäquat den Anforderungen und den Problemen von Soldaten im Auslandseinsatz und vor allem bei Kriegseinsätzen wie im Kosovo entsprechen.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

Das ist schon einmal ein interessantes Faktum, das eigentlich dem widerspricht, was hier von den Rednern der Union und der SPD vorgetragen worden ist.

Zweitens. Ich weise noch einmal darauf hin, dass es Äußerungen der Verteidigungsexperten der Union und der SPD im Deutschen Bundestag gibt, die übereinstimmend sagen, man müsse sich dringend noch einmal mit der Versorgungsfrage in den genannten Fällen befassen. Von den Grünen habe ich dazu nichts gehört und nichts gelesen, aber immerhin.

Letzte Anmerkung, Kollege Maurus, Kollege Benker, meine Damen und Herren! Wir haben ja dieses schöne ParlaNet. Vielleicht nutzen Sie es einmal. Versuchen Sie einmal, sich auf der Website des Deutschen Bundeswehr-Verbandes zu informieren. Ich empfehle Ihnen, dort einmal etwa die Mitteilung des Vorsitzenden des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, Herrn Gertz, vom 6. Juni 1999 zum Thema „Dienstrecht und dessen Anpassung an die erhöhten Anforderungen des Soldatenberufes“ nachzulesen. Ich zitiere nur eine kurze Passage; leider habe ich nicht mehr so viel Zeit.

Die Gesellschaft erwarte, dass sich der Soldat zur Friedenssicherung in Todesgefahr begebe. Sie stelle heute vor dem Hintergrund der Auslandseinsätze ganz selbstverständlich wesentlich erhöhte Ansprüche an Einsatzbereitschaft, Dienstzeitbelastung und Ausbildung. Im Gegenzug erwarte der Bundeswehr-Verband „ein maßgeschneidertes Dienstrecht, das der grundlegenden Veränderung des Auftrages in allen Belangen Rechnung trägt“. Hierzu gehört eben auch eine neue Regelung, die die erhöhten Risiken abdeckt, die bei Auslandseinsätzen eintreten.

(Beifall bei der F.D.P.)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich lernt nicht nur der Kollege Klug, sondern die gesamte F.D.P.-Fraktion immer wieder gern dazu, vor allen Dingen von so ausgesuchten Experten wie dem Kollegen Benker, dem Kollegen Maurus und der Kollegin Fröhlich.

(Claus Ehlers [CDU]: Sie haben gedient! - Heiterkeit)

- Herr Kollege Ehlers, ich diene noch heute,

(Heiterkeit und Beifall bei F.D.P. und CDU)

insbesondere meinem Land, aber auch dem Kollegen Maurus. Es ist zu empfehlen, dass er, wenn er sich schon die Mitteilung des Deutschen BundeswehrVerbandes besorgt und zu Eigen macht, dann auch Folgendes zur Kenntnis nimmt. Ich will nur eine Passage aufgreifen, die der Kollege Klug angesprochen hat und die vielleicht die Grünen und die Sozialdemokraten ein bisschen zum Nachdenken bewegen kann, dass man vielleicht doch noch etwas ändern muss. Das betrifft erst einmal nur den Bereich Versicherungen. Ich zitiere aus dem von Herrn Rechtsanwalt Michael