Ihr Wirtschaftsminister darf dann als Alibi-Grüßonkel, sozusagen als Freund der Wirtschaft, artig Protest anmelden, während Sie hier eine ganz andere Politik machen. Das ist Politik mit verteilten Rollen.
Tatsächlich haben wir in Berlin eine Nebenregierung namens DGB, der Sie sich stillschweigend unterwerfen, die Sie als Ihren größten Geldgeber vor jeder Maßnahme um Genehmigung fragen müssen, vor der Sie auf dem Altar der Dankbarkeit erst einmal gegebene Wahlversprechen einlösen mussten und die Ihnen hat Herr Zwickel nun bei Herrn Riester angerufen oder nicht? - per Telefon das gehörige Rentenniveau jenseits jeder seriösen Berechnung diktiert.
Nein, dieses Land will nicht vom DGB regiert werden. Die Menschen wollen eine ordentliche Regierung haben.
Sie wollen sozialen Frieden und Betriebsfrieden. Wenn die Welt anders wird und die Unternehmen kleiner, überschaubarer und direkter regelbar werden davon profitieren die Menschen -, müssen wir über zunehmende Wettbewerbsfähigkeit und über neue Arbeitsplätze, die dadurch entstehen und die die soziale Marktwirtschaft ermöglicht, froh sein. Wir wollen mehr Freiheit im Zusammenhang mit dem starren Flächentarifvertrag. Sie tun im Dienste des DGB das genaue Gegenteil.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - So viel Freiheit wie möglich, so wenig Regulierung wie möglich - dies ist unsere Devise. Ihre Abhängigkeit, ja Willfährigkeit gegenüber einem Dinosaurier unserer Wirtschaftsordnung mit zunehmenden Existenzproblemen ist das eigentliche Problem der Wirtschaftspolitik auch dieses Landes.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Ritzek das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, keiner hier im Hause ist gegen Mitbestimmung, keiner ist gegen Betriebsräte, keiner ist gegen Tarifautonomie und keiner ist gegen eine Modernisierung des jetzt gültigen Betriebsverfassungsgesetzes. Die Modernisierung muss aber auch geeignet sein, um den modernen Anforderungen der Wirtschaftsprozesse zu genügen. Dies als Vorspann.
Ich möchte drei Zitate anführen, obwohl sie zum Teil schon vorgetragen worden sind. Ich möchte sie aber doch als Block vortragen.
- Herr Hentschel, seien Sie bitte still! - Es sind Zitate von unserem Wirtschaftsminister. Ich begrüße das, was er gesagt hat beziehungsweise was von ihm zu lesen war. „Die Reform der Mitbestimmung gefährdet Jobs.“ So seine Aussage. „Vor allem kleine und mittelständische Betriebe werden stark belastet.“ So seine Aussage. „Durch eine zunehmende Bürokratisierung sowie die vermehrte Zahl freizustellender Betriebsratsmitglieder wird die mittelständische Wirtschaft überdurchschnittlich zur Kasse gebeten.“ So seine Aussage. Das sind wirklich gute Analysen.
Es sind sehr gute mikro- und makroökonomische Aussagen. Ich würde mir wünschen, dass alle Wirtschaftsminister der Bundesländer zu diesen Aussagen kämen und dann dem Bundesminister sagten: Wir müssen etwas ändern.
Nach meinem Empfinden kommt es hier darauf an ich möchte jetzt einen ganz anderen Aspekt nennen -, dass die Macht der Gewerkschaften gemehrt werden soll, ohne gleichzeitig die Unternehmen mit in das Boot zu ziehen. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen. Kennziffer für die Macht der Gewerkschaften ist die Anzahl der Mitglieder beziehungsweise die Entwicklung der Mitgliederzahl. In den letzten zehn Jahren sank die Anzahl der Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes von 12 Millionen auf 8 Millionen. Das bedeutet einen Verlust von 4 Millionen Mitgliedern. Die Zahl der DGB-Mitglieder unter 25 Jahren
Von den Arbeitnehmern auf den neu geschaffenen 450.000 Arbeitsplätzen in der New Economy oder in den IT-Berufen sind gerade einmal 3,5 % in den Gewerkschaften organisiert. Von den New-EconomyFirmen haben gerade einmal 17 % der Unternehmen Betriebsräte. Die kostenaufwendige Werbekampagne der Gewerkschaften zum Erhalt der Mitglieder und zur Gewinnung neuer Mitglieder verläuft völlig im Sande. Es passiert gar nichts. Was ist die Reaktion von Herrn Zwickel? Er muss die Reißleine ziehen. Und wer hilft ihm dabei? Das ist Herr Riester. Das Entscheidende ist doch, dass hier die Macht der Gewerkschaften in einem unausgewogenen Maße erhöht wird. Aber dann muss die Unternehmerschaft doch gleichzeitig bereit sein, das neue Konzept mitzutragen.
Auf die Kosten möchte ich hier gar nicht eingehen. Das ist hier schon gesagt worden. Ob es 100.000 DM oder 50.000 DM sind - auf jeden Fall ist klar, dass die Betriebe mit zusätzlichen Kosten belastet werden.
Die Frage ist doch: Warum muss durch diese Novellierung zusätzliche Manpower für Betriebsräte geschaffen werden? Warum reicht es nicht aus, wenn sie sich besser qualifizieren, wenn sie moderner denken, wenn sie zukunftsorientierter denken? Warum muss es denn immer gleich zu mehr Mitarbeitern führen?
Einen Satz noch! - Die Minderheiten sollen weggeputzt werden. Wenn im Mehrheitswahlrecht sieben Betriebsräte gewählt werden und sie vier erreichen, sind die anderen drei für die Minderheit verschwunden und automatisch DGB-Mitglieder. Das, muss ich sagen, ist untragbar.
Deshalb bitte ich den Wirtschaftsminister - hier den Staatssekretär in Vertretung -, dass er sich weiter darum bemüht, eine angemessene Modernisierung des alten Betriebsverfassungsgesetzes zu erreichen.
Herr Abgeordneter, auch nach der neuen Rechtschreibung war dies mehr als ein Satz. Ich bitte, doch etwas auf die Zeit zu achten.
- Ich spreche hier für eine große Volkspartei. Ich freue mich ab 40 %, Sie schon ab 5 %, Herr Kubicki.
Die CDU - um das am Ende der Diskussion deutlich zu machen - ist und bleibt die Partei der Mitbestimmung. Wir wollen die Partnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Wir wollen die Tarifautonomie, weil die wirtschaftlichen Erfolge in der Bundesrepublik auch darauf fußen. Das müssen wir in dieser Diskussion deutlich machen.
Das bedeutet nicht, dass wir uns mit den Gewerkschaften an vielen Punkten nicht auch streiten werden. Ich bin Mitglied der CDU und ich bin und bleibe Mitglied einer DGB-Gewerkschaft. Ich sage Ihnen auch, wo, wie ich finde, Fehler in der Gesetzgebung sind und weshalb ich sage: Zurzeit nicht zustimmungsfähig!
Wir haben nicht die Gewähr dafür, in Zukunft eine ausreichende Pluralität bei den Betriebsräten sicherstellen zu können. Wir müssen uns über das Wahlverhältnis unterhalten. Das reine Mehrheitswahlverhältnis geht aus unserer Sicht nicht. Wir brauchen ein Verhältnis, bei dem auch Minderheiten, auch christlich demokratische Arbeitnehmer eine Chance haben.
Der nächste Punkt, der mir wichtig ist! Auch das ist aus meiner Sicht noch nicht ausreichend ausgearbeitet. Wir brauchen eine stärkere Qualifizierung von Betriebsräten. Dies müssen wir regeln, weil der Arbeitsmarkt, weil die Situation in den Betrieben so kompliziert geworden ist, dass wir einen Beitrag dazu leisten müssen, dass auch Betriebsräte mithalten können.
Wir brauchen einen Beitrag dazu, das lebenslanges Lernen auch wirklich Aufgabe von Betriebsräten wird. Dies müssen wir herausstellen. Das ist ganz wichtig.