Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises bedurfte, Herr Fraktionsvorsitzender Hay, dass Ihre Äußerungen in den „Kieler Nachrichten“ über eine gedeihliche Zusammenarbeit mit der Opposition das Papier nicht wert waren, auf dem sie standen, dann haben wir das eben erlebt.
Die Tatsache, dass Sie sich nicht in der Lage sahen, eine Enquetekommission mit 17 Mitgliedern einzurichten, zeigt, dass Sie kleinkariert denken und dass Sie nicht in der Lage sind, der Opposition hinreichende Möglichkeiten für ihre Arbeit zu gewährleisten.
Das, was Sie mit dem Presseartikel vorhatten, ist ganz offensichtlich. Wir haben schon am zweiten Tag der Parlamentsdebatte gemerkt, was wir von solchen Äußerungen zu halten haben.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Größe der Kommission ist entscheidend? Welche Kleinkariertheit!)
- Herr Kollege Hentschel, unser Fraktionsvorsitzender hat begründet, warum eine Enquetekommission dringend erforderlich ist. Die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen müssen wir mit viel Augenmaß neu regeln. Überstürzte Aktionen verbieten sich. Dennoch hören wir, hören die Kommunen aus dem rotgrünen Regierungslager immer offener, wozu der eingesetzte Sonderausschuss tatsächlich dienen soll. Deswegen, Herr Kollege Astrup, wollen Sie ja auch mit diesem Ausschuss beginnen. Das Land will wieder einmal bei den Kommunen abkassieren, statt endlich den Landeshaushalt aus eigenen Kräften selbst zu konsolidieren. Dies wird ein erneuter Wort
Aber da waren Sie ja noch nie zimperlich; ich denke nur an den zweimaligen Eingriff in Höhe von jeweils 50 Millionen DM in den Finanzausgleich. Die Eingriffe wurden vorgenommen, obwohl das Land noch 1994 einen umfassenden Steuerverbund zwischen Land und Kommunen einführte und wortreich begründete.
Jetzt ist der Finanzminister gerade hinausgegangen. Ich wollte ihm Folgendes sagen. Wenn er auf der Tagung des Städtebundes, beim Städtebundtag, ausgeführt hat, das sei nur in der Form nicht so ganz glücklich geregelt gewesen, dann sage ich ihm, das war nicht nur in der Form nicht in Ordnung, das war in der Sache falsch; das war ein Wortbruch und die Kommunen sind zu Recht enttäuscht.
Frau Kollegin Heinold, Sie sind ja weit in die Geschichte zurückgegangen und haben hier zunächst einmal unseren früheren Innenminister Claussen zitiert. Ich sage Ihnen dazu: Wir scheuen keinen Vergleich der Zeit, als Karl-Eduard Claussen Innenminister des Landes Schleswig-Holstein gewesen ist, mit der heutigen Zeit. Die Verschuldung unseres Landes war damals halb so hoch
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Neuverschuldung war da- mals doppelt so hoch! Das ist das Entschei- dende! Die Neuverschuldung ist das Ent- scheidende!)
- Herr Kollege Hentschel, bei Ihren Zwischenrufen fühle ich mich immer an meine morgentlichen Besuche im Kindergarten erinnert.
Sie haben hier von Sein und Bewusstsein gesprochen und einen großen Geistesgeschichtler zitiert. Ich sage Ihnen: Rot-grün zitiert Marx und macht in Sachen Finanzpolitik Murks. Das merken die Bürgerinnen und Bürger immer deutlicher.
Jetzt wollen Sie den erneuten Angriff auf die kommunalen Finanzen mit der vermeintlich besseren Finanzsituation auf kommunaler Ebene begründen. Ich sage Ihnen: Das ist falsch. Deswegen brauchen wir dringend diesen Finanzbericht, der bisher nur in unvollständiger Form vorliegt.
Vergessen Sie nicht, dass es schon jetzt große Belastungen für die Kommunen gibt. Nach den derzeit vorliegenden Zahlen des Finanzministeriums und der geltenden Rechtslage müssen die schleswigholsteinischen Kommunen im nächsten Jahr mit Einnahmeverlusten in Höhe von 325 Millionen DM als Folge der Steuerreformen rechnen. Es ist überhaupt nicht absehbar, wie die Kommunen diese Belastung schultern sollen.
Kommunalpolitiker sind nie vor unpopulären Entscheidungen zurückgeschreckt. Sie haben auch Gebühren angehoben, haben auf kommunale Leistungen verzichtet, haben die kommunalen Verwaltungen regelmäßig modernisiert und rationalisiert. Genau dazu wurden sie, Herr Innenminister, immer wieder durch Haushaltserlasse des Innenministeriums angehalten. Da wurde immer wieder Haushaltskonsolidierung auf kommunaler Ebene verlangt; sie ist durchgeführt worden. Genau die Einhaltung dieser Erlasse darf jetzt den Kommunen wirklich nicht zum Nachteil gereichen. Deswegen sage ich Ihnen: Es gibt eben keinen grundsätzlichen Vorrang der Haushaltswirtschaft des Landes vor derjenigen der Kommunen.
Kein Träger öffentlicher Aufgaben, auch das Land Schleswig-Holstein nicht, darf versuchen, die ihm zustehende Gesetzes- und Vollzugskompetenz dazu zu nutzen, seinen Haushalt zulasten anderer Haushalte zu konsolidieren.
Leider versucht der Bund genau das jetzt im Rahmen der Steuerreform und leider hat das das Land Schleswig-Holstein unter Ihrer Verantwortung zweimal getan und plant jetzt einen erneuten Eingriff in die kommunalen Haushalte. Sie werden mit Ihren Eingriffen die Kommunen und insbesondere die dort ehrenamtlich Tätigen immer mehr entmutigen. Wenn wir uns auf kommunaler Ebene umgucken - ich denke, auch die Sozialdemokraten und die Grünen haben hier einen Überblick -, sehen wir, die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben, das Kernstück kommunaler Selbstverwaltung, gibt es vielerorts kaum noch, weil die entsprechenden freien Finanzspielräume nicht
Dies alles müssen sich die Landesregierung und die Parlamentsmehrheit vor Augen führen, bevor sie erneut einen unverantwortlichen Eingriff in die kommunalen Finanzen tun wollen. Dies alles muss selbstverständlich - insofern stimmen wir dem Änderungsantrag zu, Herr Kollege Hay, den Sie gestellt haben - die Enquetekommission, muss der Sonderausschuss wissen. Wir haben kein Problem, diesem Teil zuzustimmen. Aber wir bitten, Frau Präsidentin, über den letzten Satz unseres Antrages gesondert abzustimmen; denn wir, die Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen wollen wissen, welche Auswirkungen der rotgrüne Koalitionsvertrag auf die Finanzsituation auf kommunaler Ebene hat. Lassen Sie die Katze aus dem Sack und stimmen Sie uns darin zu, dass dieser Passus auch in Ihren Antrag übernommen wird! Herr Hay, das wäre doch eine Möglichkeit - hier hätten Sie noch eine Bewährungschance -, dass wir hier zu einem gemeinsamen Akt kommen und diesen Bericht gemeinsam beschließen,
der so notwendig ist, damit Ihnen bewusst ist, dass ein erneuter Eingriff in die kommunalen Finanzen in diesem Jahr völlig unverantwortlich ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Puls. - Ich möchte sehr darum bitten, dass Gespräche, die absolut notwendig sind, außerhalb des Plenarsaales geführt werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte fünf allgemeine Vorbemerkungen machen und mich dann kurz auf die beiden vorliegenden Anträge beziehen, auch auf den Vorschlag des Kollegen Wadepul -
- Entschuldigung! Ich habe in der Fraktion nachgefragt und dabei ist mehrheitlich „Wadepul“ herausgekommen.
- Entschuldigung, Herr Kollege Wadephul! Wir werden auf den Vorschlag, uns insgesamt mit unseren Anträgen einig zu werden, auch noch eingehen.
Ich finde, es wird, wenn es um die Beziehungen - auch die Finanzbeziehungen - zwischen Land und Kommunen geht, zu wenig in die Debatte eingebracht, dass es einen Verfassungsauftrag des Landes gibt, eine Garantenfunktion des Landesparlaments auch für die Gemeinden, nicht nur für den Landeshaushalt, sondern eben auch dafür, dass die Gemeinden und Kreise angemessen ausgestattet werden, damit sie leistungsfähig sind, und dass entsprechend ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit auch ein angemessener Finanzausgleich zwischen den Gemeinden hergestellt wird. Diese beiden Grundaufgaben sind Verfassungsauftrag. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, uns nicht immer wieder zu unterstellen, wir wollten als Land den Kommunen so zu sagen in die Tasche greifen, wollten dort abzocken, wollten nur im Sinne des Landeshaushalts und seiner soliden Finanzierung tätig werden. Das ist einfach Unsinn.
Selbstverständlich wird uns das auch nicht dabei helfen, Herr Kollege Stritzl, gemeinsam mit den Fraktionen dieses Hauses - das streben wir doch alle an - und gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden und der Kommunalpolitik vor Ort eine Lösung zu finden, die dann auch nachhaltig - das ist ja so ein schönes Modewort - sein soll. Eine „nachhaltige“ Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen ist angestrebt; kurzatmiger Fiskalismus ist in der Tat fehl am Platz. Wir dürfen unsere Bemühungen in den eben eingerichteten Gremien nicht nur auf den Haushalt 2001 richten, aber wir müssen sie auch auf den Haushalt 2001 richten.
Deshalb meine dritte Bemerkung: Zügiges Bearbeiten der Probleme, nicht die Probleme wieder einmal auf die lange Bank schieben! Wir haben alle zusammen und jeder für sich den Kommunen vor der Landtagswahl erklärt, wir wollten nach der Landtagswahl an die grundsätzliche Neuordnung der Beziehungen zwischen Land und Gemeinden herangehen. „Zügige Bearbeitung“ der Probleme heißt: Bis zum Jahre 2001 und zum Haushalt 2001 das machen, was lösbar ist, danach und später die weiteren Probleme behandeln, die sich dann nicht mehr nur auf die Finanzbeziehungen richten, sondern auch auf Kommunalverfassung, auf Funktionalreform, auf zentralörtliches System unabhängig von Finanzen