Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

Nach der neuen Regelung müssen vor dem Recht auf Einsichtnahme erst Tatsachen glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit des Verzeichnisses ergibt. Das wird aber in der Regel schwierig sein, wenn das Wählerverzeichnis vorher nicht eingesehen werden kann.

Neben den von mir angesprochenen Punkten werden uns weitere Änderungsvorschläge unterbreitet, die aber unproblematisch sind und von uns mitgetragen werden.

Meine Damen und Herren, wenn uns die Landesregierung in den Ausschussberatungen keine weiteren Argumente unterbreitet, werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Dr. Trutz Graf Kerssenbrock [CDU])

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Hentschel.

Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Großteil der Änderungsvorschläge erscheint uns sinnvoll, über einige wird zu reden sein. Herr Hildebrand, die Bedenken, die Sie in Bezug auf die Frage der Fristverkürzung geäußert haben, teile ich nicht. Ich weiß nicht, warum man Leute daran hindern sollte, zu

(Karl-Martin Hentschel)

wählen oder gewählt zu werden, die noch nicht lange genug in einer Kommune wohnen. In Bezug auf die Frage des Gewählt-Werdens sollten die Bürger selber entscheiden, wen sie wählen oder wen sie nicht wählen wollen. Das brauchen wir nicht vorzuschreiben.

Ich glaube, dass dieser Gesetzentwurf keine großen politischen Veränderungen beinhaltet, sondern im Wesentlichen Anpassungen vornimmt. Daher messe ich ihm keine zentrale Bedeutung zu und glaube, dass es Sinn macht, den Gesetzentwurf an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen und all das, was gesagt worden ist, zu bedenken. Ich wünsche für die Beratung im Innen- und Rechtsausschuss denjenigen, die daran beteiligt sind, viel Freude.

(Beifall des Abgeordneten Klaus-Peter Puls [SPD])

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Hinrichsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf zur Änderung des Wahlgesetzes befasst sich - wie meine Vorredner schon gesagt haben - mit den Anpassungen an die bundesweit geltenden Wahlregelungen. Dabei werden nach meiner Ansicht einige Verbesserungen eingeführt, die es den Menschen bei Wahlen zu Gemeinderäten, Kreistagen und bei Direktwahlen leichter machen sollen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Positiv ist nämlich unter anderem hervorzuheben, dass Bürgerinnen und Bürger nicht mehr in so großem Umfang wie bisher beim Umzug ihr Wahlrecht verlieren. Herr Hildebrand, Sie und einige Vorredner haben gesagt, da gebe es doch gar nichts.

Ich kann Ihnen sagen, bei uns hat es bei jeder Kommunalwahl ganz große Probleme gegeben - auch bei den Wahlvorständen -, weil Bürgerinnen und Bürger erschienen sind und sagten: Wir dürfen jetzt doch wählen. - Das durften sie aber nicht, denn sie wohnten noch nicht lange genug in der Gemeinde.

In Leserbriefen, die jedenfalls bei uns nach jeder Kommunalwahl in der Tageszeitung veröffentlicht wurden, beschwerten sie sich gerade darüber. Das galt zumal dann, wenn jemand zu einer ähnlichen Gemeinde wie Kiel-Kronshagen oder Flensburg-Harrislee gehörte. Die kennen nämlich ihre „Pappenheimer“ und auch die örtlichen Verhältnisse. Dort war echt nicht zu erklären, warum sie nicht wählen durften.

(Zurufe der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Weitere ist, dass diese ganz erheblichen Unmutsäußerungen, die gegenüber den Wahlvorständen erfolgt sind, damit vielleicht etwas zurückgehen und auch die Beschwerden, die es jetzt bei den Kommunen hagelt.

Zu begrüßen sind auch die weiteren Verwaltungserleichterungen bei Wahlen, insbesondere der Verzicht auf Neuwahlen der Gemeindewahlausschüsse bei getrennten Direktwahlen und Kreiswahlen.

Auch die Rücksichtnahme auf die vermehrte Nutzung der Briefwahl und die damit verbundene Vorverlegung des Einreichens von Wahlvorschlägen ist gut.

Eine lebendige Demokratie muss nämlich auf verändertes Verhalten bei Wahlen reagieren.

Das gilt allerdings nicht nur für solche wahltechnischen Regelungen. Deshalb hätte es der SSW natürlich begrüßt, wenn die Landesregierung auch die Gelegenheit zu weiteren Verbesserungen genutzt hätte. Dies gilt zum Beispiel für den § 10 des Wahlgesetzes. Dort ist nämlich die so genannte Fünf-Prozent-Sperrklausel geregelt. Auch hier gibt es möglicherweise Handlungsbedarf; denn es ist zurzeit leider so, dass diese Regelung es ermöglicht, dass Sitzverteilungen nicht den tatsächlichen Ergebnissen bei den Kommunalwahlen entsprechen.

Es gibt Gemeinden in Schleswig-Holstein, in denen die Zahl der Sitze in der Vertretung so gering ist, dass wir tatsächlich eine 7- bis 9-prozentige Sperrklausel haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Gott sei Dank!)

Das mag manche Parteien freuen - wie anscheinend die FDP -, weil so die unliebsame Konkurrenz vor der Tür bleibt, aber da war es mehr so, dass Ihre Partei draußen blieb. Im Sinne eines demokratischen Erfinders ist dies aber wohl kaum.

Wenn wir also schon die notwendigen Änderungen des Wahlgesetzes im Ausschuss erörtern, sollten wir dies auch unbedingt aufgreifen.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Aber auch in Absatz 2 besteht unserer Ansicht nach Regelungsbedarf. Dort wird nämlich weiterhin die Verteilung der Mandate in den kommunalen Gremien nach dem Höchstzahlenverfahren zugrunde gelegt, obwohl dieses Wahlverfahren nicht mehr dem neuen Bundeswahlgesetz entspricht. Es gibt nämlich andere Verfahren - wie zum Beispiel das Verfahren HareNiemeyer -, die das tatsächliche Wahlergebnis in der

(Silke Hinrichsen)

Vertretung viel korrekter und viel genauer widerspiegeln als die alte Weise.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Deshalb sollten wir uns auch dieser Frage annehmen, um das Wahlrecht im Land auf den neuesten Stand der Demokratie zu bringen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Abschließend möchte ich noch einen weiteren Vorschlag machen, der insbesondere § 10 Abs. 6 betrifft. Dort sollte vielleicht auch die Diskussion, die wir im Sonderausschuss haben, mit aufgenommen werden, dass es nämlich voraussichtlich zur nächsten Kommunalwahl Listenvorschläge von Parteien gibt, auf denen die Namen von Kandidaten stehen, die nicht der Partei angehören. Aus dem Grund müssen auch diese Regeln revidiert werden.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW], Klaus-Peter Puls [SPD] und Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dies ist einstimmig so angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Stand der Brennstoffzellentechnologie in Schleswig-Holstein

Landtagsbeschluss vom 28. September 2001 Drucksache 15/1182

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1475

Ich erteile dem Herrn Minister für Finanzen und Energie, Herrn Möller, das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Versteht der auch etwas davon?)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Bericht greift ein Thema auf, das schon seit längerer Zeit eine beträchtliche öffentliche Aufmerksamkeit genießt. Brennstoffzellen sind eine höchst innovative Technologie zur Energieumwandlung und bieten ein breites Anwendungs- und Entwicklungspotenzial.

Das große Engagement privatwirtschaftlicher Unternehmen sowie die Förderung durch den Bund und die Länder sprechen für sich.

Das Anwendungsgebiet der Brennstoffzelle umfasst Entwicklungslinien im mobilen und stationären Sektor. Eine Vielzahl von durchgeführten Projekten bieten bereits eine Reihe von Erkenntnissen und zeigen Stärken und Schwächen der Technologie. Eine umfassende Markteinführung der Brennstoffzellentechnologie bedarf noch weiterer Anstrengungen, um die Technik zu optimieren und die Produktkosten zu reduzieren. Geplante Serienfertigungen insbesondere in der Fahrzeugindustrie und bei Herstellern der dezentralen Gebäudeversorgung und der Einsatz systemoptimierender Verfahren sollen dazu beitragen.

Ob die Erwartungen tatsächlich eingelöst werden können, kann im Moment nicht abschließend beantwortet werden. In Schleswig-Holstein unterstützen der Wirtschaftsminister, das Wissenschaftsministerium, das Energieministerium und die Energiestiftung die Brennstoffzellentechnologie im Bereich der Anwendung, Entwicklung und Forschung.

Das erste Brennstoffzellenblockheizkraftwerk durfte ich bereits 1998 in Bargteheide in Betrieb nehmen. Die erdgasbetriebene Anlage versorgt dort ein Freibad und 300 Wohnungen mit Wärme und produziert Strom. Eine ähnliche Anlage wird von der Schleswag in Kaltenkirchen betrieben. Beide Anlagen laufen nach anfänglichen Schwierigkeiten fast so planmäßig wie ein normales BHKW.

Kraft-Wärme-Kopplung in dezentralen Anlagen ist ein zentrales Element unserer Energiepolitik. Die Brennstoffzellentechnologie eröffnet hier erhebliche Möglichkeiten, gleichzeitig Nahwärme und elektrischen Strom zu erzeugen.

Eine dezentrale Energieversorgungsstruktur mit einem hohen Maß an Umweltfreundlichkeit ist keine Utopie. Die in unserem Land vorhandene Infrastruktur reicht von der Kleinserienfertigung bei U-Boot-Antrieben über anwendungsbezogene Forschung bis zur Herstellung und zum Betrieb von Schulungsmodellen im Aus- und Weiterbildungsbereich.

Ein Schwerpunkt wird die möglichst emissionsneutrale und energiesparende und damit effiziente Herstellung der eingesetzten gasförmigen Energieträger sein. Hier kann Biogas eine entscheidende Rolle spielen.

Gegenwärtig befassen sich sieben Unternehmen und acht wissenschaftliche Einrichtungen, Herr Kollege Kubicki, in Schleswig-Holstein mit der Brennstoffzellentechnologie. Weitere haben Interesse an einzelnen Technologieentwicklungen im Zusammenhang mit der

(Minister Claus Möller)

Brennstoffzelle bekundet, sodass die Anzahl steigen wird.