(Anke Spoorendonk [SSW]: Was ist das für eine Argumentation? - Holger Astrup [SPD]: Das war ein Kurzbeitrag!)
- Das ist richtig, das war ein Kurzbeitrag. - Wir haben selbstverständlich die Gelegenheit, diese Dinge im Ausschuss zu erörtern.
Ein letzter Satz: Auf Bundesebene fordert kein einziger Verband ein Tariftreuegesetz. Ganz im Gegenteil: Sie sagen, die VOB hat sich bewährt. - Sie setzen sich viel mehr ein für die Informationspflicht, die wir in unserem Mittelstandsförderungsgesetz aufgenommen haben, und zwar komplett. Das können Sie nachlesen. Das ist für uns der Maßstab, um dem Mittelstand und den Betrieben zu helfen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Hentschel, ich habe großes Verständnis für den Baugewerbeverband, weil der natürlich eine Schutzfunktion für seine Betriebe hat. Aber Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass es auch noch andere Verbände gibt, beispielsweise den Fachverband Garten- und Landschaftsbau, der deutlich sagt: Tarifzwang bei öffentlicher Auftragsvergabe, wie mit diesem Gesetzentwurf vorgesehen, widerspricht dem Grundsatz von Wettbewerb, Wirtschaftlichkeit nach GBB. Hierbei weist er auch auf die Fachkunde hin. Hieran wird deutlich - Sie werden den ja auch bekommen haben -, dass auch Verstöße gegen Tarifvertragsgesetz und andere tarifliche Bestimmungen vermutet werden. Vor dem Hintergrund frage ich Sie: Was machen Sie eigentlich, wenn ein Bürgermeister eine Sportplatzausschreibung macht, Baugewerbe und Tarif vorschreibt und sich darauf die Landschaftsgärtner bewerben? Diese haben null Chancen, die Ausschreibung zu gewinnen.
Sollen die gegen ihren Tarifvertrag verstoßen? Sollen die ihre Mitarbeiter unter Tarif bezahlen? Wie soll dieses Problem gelöst werden? Oder denken Sie an den Bürgermeister, der eine Ausschreibung macht, wofür es Angebote aus Europa gibt. Soll der den vorgeschriebenen Tarifvertrag nehmen, oder soll er sich eine Klage an den Hals holen, weil ein Verstoß gegen seine Pflicht vorliegt, mit den Mitteln, die ihm anvertraut sind, wirtschaftlich und sachgerecht umzugehen?
nisch“ finde ich schlimm. Wie eigentlich will er sich gegenüber den von mir eben genannten und anderen Verbänden äußern? Ist das nicht auch zynisch?
Denn hier wird billigend in Kauf genommen, dass Betriebe, die vielleicht noch schlechter dran sind, keine Chance haben, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Wenn Sie sich einmal den Gesetzentwurf anschauen, dann stellen Sie fest, dass der mit so einer heißen Nadel gestrickt ist, dass ich überhaupt nicht verstehe, dass Sie so etwas einbringen. Als Ziel schreiben Sie in dem Antrag: „die das in Tarifverträgen vereinbarte Arbeitsentgelt am Ort der Leistungserbringung zahlen“. Sie meinen jedoch was ganz anderes, nämlich: „für den Ort der Leistungserbringung maßgebliche Tarifverträge“. Nicht einmal das haben Sie intellektuell geschafft.
Was soll denn eigentlich passieren, wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist, aber eine Kommune oder sonst jemand einen anderen Tarifvertrag - er hat ja die Chance, auszuwählen - als maßgebliches Kriterium für die Auftragsvergabe nimmt? Wie wollen Sie diesen Konflikt lösen, meine Damen und Herren? Dieser Gesetzentwurf ist mit einer heißen Nadel gestrickt. Wir können Ihnen noch Weiteres herunterbeten. Was ist mit dem ÖPNV? Gilt hier der Haustarifvertrag? Auch die Deutsche Bundesbahn nimmt an solchen Tarifverträgen teil. Gilt irgendein Tarifvertrag von der Hamburger Hochbahn, die ja auch bis nach Schleswig-Holstein fährt? Welcher gilt denn eigentlich? Sie, meine Damen und Herren, haben mit diesem Gesetzentwurf einen Vorschlag unterbreitet, der in dieser Form dem Land eher schadet als nutzt.
Im Übrigen frage ich Sie: Wie wollen Sie eigentlich in Europa die Sanktionen eintreiben, die Sie den Unternehmen hier aufdrücken wollen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt noch einmal sehr eindrucksvoll den Herrn Oppositionsführer gehört, der dieses Gesetz so vehement - -
(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP - Klaus Schlie [CDU]: Sehr richtig! Jawohl! - Holger Astrup [SPD]: Herr Kollege, Ironie erst ab dem 9. Schuljahr!)
(Martin Kayenburg [CDU]: Wenn Sie es nicht gehört haben, versuchen Sie einmal zu lesen, was ich gesagt habe!)
Die Frau Kollegin Strauß hat sich sogar in ihrem ersten Wortbeitrag verstiegen zu sagen, dieses Gesetz sei Irrsinn.
Nun muss ich Sie allerdings darauf hinweisen, dass das Bundesland Bayern seit Jahren ein fast wortgleiches Gesetz unterhält. Es nennt sich das Bayerische Bauaufträge- und Vergabegesetz und ist fast wortgleich. Meine Damen und Herren, wie schön, dass Sie der Bundesrepublik Deutschland einen Bundeskanzler zumuten wollen, der Irrsinn betreibt!
Nach § 56 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Graf Kerssenbrock das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Rohwer ist nicht da. Ich bin deutlich enttäuscht über die Gratwanderung, die er zwischen eigener Überzeugung - uns war ja bekannt, dass er nichts von Ihrem Gesetzentwurf hält - und der Verteidigung dieses eigentlich von ihm abgelehnten Gesetzentwurfes vollzogen hat. Das war schon ein trauriges Zeugnis, sozusagen zwischen politischem Gehorsam und eigener Überzeugung.
Herr Kollege Müller, wir reden intensiv auch mit der Bauwirtschaft. Ich habe wirklich intensive regelmäßige Gespräche unter anderem auch mit dem Baugewerbeverband. Die Not dieses Gewerbezweiges ist ja unübersehbar. Sie liegt offen zutage.
Die Frage ist natürlich, ob dieses Gesetz ein sinnvolles Unterfangen ist, mit dem ernsthaft, wenn auch vielleicht nur ansatzweise, geholfen werden könnte.
Der entscheidende Grund, weshalb es der Bauwirtschaft so schlecht geht, ist zunächst einmal Ihre Wirtschaftspolitik.
Denken wir einmal an 1982. Als die Bundesregierung von der SPD zur CDU wechselte, sind die Baugenehmigungen sprunghaft angestiegen, und plötzlich ging es auch der damals ebenfalls darniederliegenden Bauwirtschaft wieder gut.
Zum anderen geht es natürlich auch darum, die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Jetzt einmal ganz nüchtern: Der entscheidende Grund für den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit ist doch die jahrelange falsche Tarifpolitik der Tarifvertragsparteien gewesen. Selbstverständlich geht es darum - -
- Die Unterschiedlichkeit der Tarifverträge, Herr Kollege Harms, ist doch die Ursache für diesen Wettbewerbsdruck, dem die einheimische Bauwirtschaft nicht mehr standhalten kann. Letztlich geht es in der Tat darum, diese Tarifpolitik rigoros zu konterkarieren beziehungsweise zu verändern. Die Härte des Tarifkonflikts in diesem Frühjahr ist eigentlich ein Beleg dafür, wie ernsthaft das Anliegen inzwischen - ich sage das ganz deutlich: jedenfalls von der Arbeitgeberseite - angegangen wird. Dort liegt der entscheidende Hebel, um wirkliche Veränderungen zu schaffen.
Das Entsendegesetz hat schon vor ein paar Jahren überhaupt keine Wirkung gezeigt und tut dies auch heute nicht.
Schutzzäune wie das Landesvergabegesetz werden auch nicht helfen. Ich will es freimütig sagen: Wir unterscheiden uns in diesem Fall auch von der CSU, die dies in Bayern in der Tat so verabschiedet hat.
Ich will auch noch einmal auf die ordnungspolitische Sünde der Wettbewerbsbeihilfe zu sprechen kommen. Der entscheidende Punkt, weshalb man das
wohl verschieden sehen muss, ist die - ich sage einmal - massive strukturpolitische Bedeutung der Werftindustrie, die diese nicht nur für den eigenen Industriezweig und die eigene Mitarbeiterschaft, sondern für das gesamte Land und auch für den Technologiestandort Deutschland hat. Insofern bekennen wir uns - wenn Sie so wollen - durchaus zu dieser ordnungspolitischen Sünde, aber wir müssen diesem Sündenfall jetzt nicht noch weitere Sündenfälle folgen lassen. Das wäre mittelfristig und erst recht langfristig der falsche Weg. Deshalb ist dieses Gesetz, das die Verfassungswidrigkeit aus meiner Sicht in der Tat offenkundig auf der Stirn trägt, abzulehnen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Absatz 2 der Geschäftsordnung hat nun der Herr Abgeordnete Harms das Wort.
Erstens. Frau Strauß, wenn es um das wirtschaftliche Angebot geht, dann geht es nicht nur um die Lohnstruktur, sondern dann geht es um den Lohn, die Leistung und den kalkulatorischen Gewinn. Dabei kann es sein, dass jemand so kalkuliert, dass er den Leuten richtig miese Tarife bezahlt und dadurch kompensiert, dass er eigentlich nicht leistungsfähig ist. Genau das wollen wir verhindern. Wir wollen die guten Unternehmen hier im Lande fördern.