so lange haben wir wirklich noch viel Arbeit vor uns, um eine echte Gleichstellung von Frauen zu erreichen. Erst wenn wir die Gleichwertigkeit der Unterschiedlichkeit von Frauen und Männern erkannt und anerkannt haben, sind wir auf dem richtigen Weg zu einer nachhaltigen Gleichberechtigung.
Ich danke der Frau Abgeordneten Todsen-Reese. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten verteilen aus Anlass unserer heutigen Debatte Rosen. Das ist mit der Forderung verbunden: Kein Ausstieg aus der Frauenpolitik! Für die SPD-Landtagsfraktion darf ich diese Forderung dreifach unterstreichen.
Die SPD in Schleswig-Holstein steht dafür, dass es eine politische Daueraufgabe sein und bleiben muss, in allen gesellschaftlichen Bereichen für die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der Geschlechter zu sorgen. Der Koalitionsvertrag mit der CDU ändert daran nichts.
Es bleibt dabei, dass in den Kreisen, Ämtern, Städten und Gemeinden des Landes kommunale Gleichstellungsbeauftragte darauf achten, dass das in Artikel 3 unseres Grundgesetzes verankerte Grundrecht der Gleichberechtigung von Mann und Frau verwirklicht wird. Es bleibt dabei, dass in einer Staatszielbestimmung unserer Landesverfassung festgelegt ist, dass es verfassungsrechtliche Verpflichtung nicht nur des Landes, sondern auch der Gemeinden und Gemeindeverbände ist, die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und insbesondere darauf hinzuwirken, dass Frauen und Männer in Gremien des öffentlichen Rechts zu gleichen Anteilen vertreten sind. Es bleibt auch bei der gesetzlichen Konkretisierung des Staatsziels im Gleichstellungsgesetz des Landes, wonach kommunale Gleichstellungsbeauftragte bei allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten in den Kreisen, Ämtern und Gemeinden mitwirken dürfen, um auf die Gleichstellung von Männern und Frauen hinwirken zu können.
Die einzige auf Drängen der CDU im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung der geltenden Rechtslage soll heute mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen eingeleitet werden. Dabei geht es - Frau Kollegin Todsen-Reese hat schon darauf hingewiesen - um eine Heraufsetzung der Grenze der Mindesteinwohnerzahl der Ämter und Gemeinden. Die notwendige hauptamtliche Gleichstellungsarbeit soll
nicht schon ab 10.000, sondern erst ab 15.000 Einwohnern und Einwohnerinnen als gesetzliche Verpflichtung bestehen. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte sollen also erst ab 15.000 Einwohnern hauptamtlich bestellt werden.
Die ebenfalls gesetzliche Verpflichtung, in Gemeinden und Ämtern unterhalb dieser Einwohnergrenze ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, bleibt selbstverständlich erhalten. Beide Koalitionsfraktionen erwarten sogar, dass über die jetzige und künftige Rechtslage hinaus, das heißt unterhalb der verpflichtenden Einwohnergrenze von 15.000, nicht nur ehrenamtlich, sondern ebenfalls hauptamtlich gearbeitet wird. Frau Todsen-Reese hat aus dem Koalitionsvertrag die entsprechende Passage zitiert. Dort heißt es:
„Die Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist in Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern und Einwohnerinnen hauptamtlich wahrzunehmen. In kleineren Gemeinden sollte dies nach Maßgabe kommunaler Eigenentscheidung angestrebt werden.“
Die Bestellung oder Nichtbestellung kommunaler Gleichstellungsbeauftragter komplett den Kreisen, Ämtern und Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung zu überlassen, wie es die FDP beantragt, wäre aus unserer Sicht kontraproduktiv, weil im kommunalen Bereich Gleichstellungsbeauftragte leider immer wieder nur als Kostenfaktoren gesehen werden. Bei einer Annahme des FDP-Antrags bestünde mittelfristig die Gefahr der völligen Einstellung kommunaler Gleichstellungsbemühungen aus Kostengründen. Das wollen wir nicht.
Der FDP-Antrag lässt sich deshalb wie folgt kommentieren: Die Frauen in Schleswig-Holstein können froh sein, dass die FDP nicht im Regierungsboot sitzt. Wenn es nach Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, ginge - Damen sind ja leider nicht dabei -, würden die Interessen der Frauen über Bord gehen.
Der Antrag auf Überweisung beider Gesetzesanträge in den Innen- und Rechtsausschuss ist bereits gestellt. Im weiteren parlamentarischen Verfahren werden wir insbesondere für diejenigen Gleichstellungsbeauftragten noch eine Lösung aufzeigen müssen, die derzeit in Kommunen zwischen 10.000 und 15.000 Einwohnern hauptamtlich tätig sind. Ich bin sicher, dass uns in gemeinsamer sozialer Verantwortung für die Frauen auch dies gelingen wird.
Bevor ich das Wort weiter erteile, möchte ich zu der Aktion, die hier angelaufen ist, kritisch bemerken: Es kann nicht angehen, dass im Landtag von wem auch immer während der laufenden Beratung Dinge verteilt werden. Ich habe mich um juristische Beratung bemüht, die war aber nicht so schnell zu erhalten. Ich denke, wir können das im Ältestenrat vertiefen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun endlich trauen sich CDU und SPD, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung einzubringen. Dieser Gesetzentwurf sollte bereits im Juni im Landtag debattiert werden. Dann kamen aber die Wahlen in Nordrhein-Westfalen und die Ankündigung des Bundeskanzlers, dass es zu Neuwahlen kommen wird. Plötzlich verschwand dieser Gesetzentwurf von Rot-Schwarz. Er wurde von der Tagesordnung genommen und bis zum heutigen Tag hinter die Bundestagswahl geschoben.
Damit hat insbesondere die SPD verhindert, sich mit den Gleichstellungsbeauftragten anzulegen. Das ist ganz schön feige und wenig neue Ehrlichkeit.
Nun ist der Gesetzentwurf da. Das Wort „Kompromiss“ springt einem aus dem Gesetzestext praktisch entgegen.
CDU und SPD wollen den Kommunen einen größeren Spielraum bei der Einstellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter einräumen. Künftig sollen kommunale Gebietskörperschaften lediglich ab einer Größe von 15.000 Einwohnern dazu verpflichtet werden, eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Diese Regelung bietet eine größere Flexibilität, als es die heutige Regelung, die bereits Gemeinden ab 10.000 Einwohnern verpflichtet, möglich macht.
Gleichstellung ist ein wichtiges Thema. Uns allen ist bewusst, dass wir in der heutigen Gesellschaft in der Gleichstellung von Mann und Frau ein gutes Stück weiter sind als beispielsweise in den 60er-Jahren; aber das Grundgesetz erteilt uns den ständigen Auftrag, gegen Diskriminierung und willkürliche Ungleichbehandlung vorzugehen. Gesellschaftlich bestehen auch heute noch Defizite in der Umsetzung
dieses Verfassungsgrundsatzes. Es ist daher nicht an der Zeit, die Hände in den Schoß zu legen und sich auf den in den letzten Jahrzehnten zweifellos gemachten Fortschritten in der Gleichstellungspolitik auszuruhen.
Es besteht weiterhin der Bedarf, die Gesellschaft zu sensibilisieren und auf die bestehende Benachteiligung des einen oder anderen Geschlechts in der Lebenswirklichkeit hinzuweisen und diesen Zustand so weit wie möglich zu ändern. Wir können uns aber entscheiden, welchen Weg wir hierzu wählen und darum geht es in unserem Gesetzentwurf.
Der richtige Weg ist es, den Kommunen die Wahlfreiheit zu überlassen, wie sie die Gleichbehandlung von Mann und Frau sicherstellen wollen. Herr Puls hat hier eben gesagt, dass die Kommunalpolitiker nur auf der Grundlage von Haushaltsgrundsätzen und Finanzierbarkeitsgrundsätzen denken würden. Dies ist meines Erachtens eine Diskriminierung der Kommunalpolitiker in Schleswig-Holstein. Denn auch diese haben sehr wohl die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Kopf und insofern sollten sie sich so etwas hier nicht vorwerfen lassen.
Diese Gleichbehandlung kann durch die Beschäftigung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter erreicht werden. Es können natürlich auch ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte eingestellt werden oder sie kann beispielsweise dadurch sichergestellt werden, dass ein Verein, der sich diesen Zielen widmet, finanzielle Unterstützung durch die Kommune erfährt.
Ich wage einmal die These, dass eine Gleichstellungsbeauftragte oder ein Gleichstellungsbeauftragter, deren oder dessen Arbeit in der Kommune hohes Ansehen genießt, nicht aufgrund einer geänderten Gemeindeordnung, wie wir sie wünschen, einfach entlassen wird.
Für welche Variante man sich dann im kommunalen Bereich entscheiden mag, so gilt doch, dass, was die Gleichstellung von Mann und Frau angeht, der materiell gesetzliche Auftrag auch im kommunalen Bereich greift. Er ändert sich nicht durch eine Änderung der Gemeindeordnung, die den Kommunen die Mittel zur Verwirklichung der Ziele freistellt.
Ich nenne hierzu nur ein paar Beispiele: So hat nach dem Gleichstellungsgesetz auch eine Kommune oder ein Amt eine freie Stelle oder einen freien Ausbildungsplatz bei gleicher Eignung vorrangig an weibli
che Bewerberinnen zu vergeben. Oder: So muss nach dem Gleichstellungsgesetz jede Dienststelle mit mindestens 20 Beschäftigten jeweils für vier Jahre einen Frauenförderplan aufstellen. Das gilt nach wie vor und muss auch weiterhin beachtet werden.
Wir reden also nicht über das „Ob“ und über die Frage, in welchem Maße Gleichstellungsarbeit auch in der Kommune zu erfolgen hat. Wir reden vielmehr über die Frage des „Wie“. Die FDP hat sich im Landtagswahlprogramm dazu entschieden, dieses „Wie“, also die Wahl der Mittel zur Umsetzung des gesetzlichen Gleichstellungsauftrages, den Kommunen selbst zu überlassen. Und damit meine ich sowohl meine Parteifreundinnen wie auch meine Parteifreunde; es fand hier keine Abstimmung getrennt nach Geschlecht statt. Unser heute eingebrachter Gesetzentwurf, der aufmerksamen Lesern der CDU-Fraktion möglicherweise bekannt ist, dokumentiert dies eindeutig.
Wir befinden uns jetzt in der ersten Lesung. Aber am Ende des Verfahrens können wir hier demonstrieren, wie inzwischen die Zusammenarbeit in der Opposition funktioniert. Ich vermute einmal, dass bei der zweiten Lesung sowohl die FDP wie auch die Grünen den Gesetzentwurf von SPD und CDU ablehnen werden.
Ich danke dem Abgeordneten Hildebrand. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun die Fraktionsvorsitzende Anne Lütkes das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich lege die Rosen, die ich eigentlich als Botin übergeben wollte, gern zurück an meinen Platz.
- Ja, wir sind nicht verheiratet. Ja, wir und die FDP kommen uns zwar näher, aber das wäre ein Schritt zu viel, Herr Garg. Bei aller Liebe, so doch nicht.