Protokoll der Sitzung vom 25.02.2009

Verwaltungsverfahren schneller und kostengünstiger abgewickelt werden können und sich die Verwaltung auf ihre Kernaufgaben konzentrieren kann.

Kollege Rother, wir werden noch Gelegenheit haben, die Sache eingehender zu erörtern. Noch einmal: Viel Zeit bleibt uns aufgrund der Vorgaben der EU nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Fraktionsvorsitzenden der FDP und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute sicherlich ein wichtiges Thema. Ich wundere mich bloß 60 Jahre nach Beginn der elektronischen Datenverarbeitung, nachdem es bei allen Privatfirmen heutzutage normal ist, dass man elektronisch Waren bestellen und buchen kann, dass das Land damit immer noch Probleme hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Wir haben eine E-Government-Strategie. Das ist vielleicht so. Wir sind ja von dem „Entbürokratisierung-Spezialsekretär“ einiges gewohnt. Regelmäßige Personaleinsparkontrakte haben wir vorgelegt bekommen, ohne dass bisher Verwaltungsbeamten eingespart wurden. Die einzig große Reform war die Zusammenlegung der Umwelt- und Landwirtschaftsbehörden zu einer einzigen Verwaltung bei Beibehaltung aller Aufgaben und aller Standorte. Vermutlich ändern sich nur die Türschilder, und nun kommt das E-Government-Gesetz. Zufällig kenne ich mich in dem Bereich etwas aus. Ich möchte dazu ein paar Anmerkungen machen, weil mich das Gesetz schon mit Staunen erfüllt hat.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Man hätte das Gesetz in einem Satz zusammenfassen können: Für den Fall, dass Land und Kommunen sich nicht auf eine Schnittstelle beim Austausch von Daten einigen können, kann das Land eine Verordnung erlassen, in der der Datenaustausch geregelt wird. Im Grunde geht es nur darum, um mehr nicht.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Klinckhamer?

Klar doch, dann bekomme ich eine Minute mehr!

Herr Kollege Hentschel, warum haben Sie bis 2005 nichts getan?

Es wurde wahnsinnig gearbeitet. Das wissen Sie doch. - Was mich an dem Gesetz gewundert hat, ist, dass es so tolle Definitionen enthält. Zum Beispiel wird definiert, was Daten sind. Zitat:

„Daten sind Zeichen oder Zeichenketten, die aufgrund von bekannten oder unterstellt Vereinbarungen Informationen darstellen und zum Zwecke der Vereinbarung im Computer gespeichert werden.“

Meine Damen und Herren, diese Definition ist erstens abstrus - denn was sind unterstellte Vereinbarungen? -, zweitens ist diese Definition falsch, denn nach allgemeiner Konvention werden nicht nur elektronische, sondern auch gedruckte Dokumente als Daten bezeichnet. Diese Auskunft hätten Sie bei einer einfachen Anfrage beim Datenschutzbeauftragen bekommen können. Drittens ist diese Definition überflüssig. Wenn Sie 60 Jahren nach Etablierung der Informatik als Wissenschaft anfangen, in einem Gesetz zu definieren, was Daten sind, dann ist das etwa so ungefähr, als würden sie im Atomaufsichtsgesetz erstmal einmal definieren, was ein Atom ist.

Meine Damen und Herren, was in dem Gesetz steht, ist ernster zu nehmen. Ich halte das Gesetz für überregulierend. Ich möchte Ihnen auch sagen, warum. Dieser Gesetzentwurf enthält eine Ermächtigung des Landes, durch Verordnung zu regen, welche Programme benutzt werden sollen. Was aber geregelt werden muss, ist der Datenaustausch, wann in welchem Zeitablauf im welchen Verfahren Daten ausgetauscht werden sollen. Ich halte es absolut für falsch vorzuschreiben, welche Programme eingeführt werden müssen.

In der Privatwirtschaft gibt es Dutzende von Schnittstellen, bei denen Daten ausgetauscht werden, in denen sich Programme aller Art miteinander unterhalten. Oder das Steuerverfahren Elster: An Elster kann ich mit jeglicher Steueranwendungen herangehen. Die kann jeder schreiben. Da gibt es Dutzende auf dem Markt. Das können Sie sogar im

Supermarkt kaufen. Dann können sie mit Elster arbeiten. Ich finde es absolut unsinnig, jetzt festzuschreiben, dass man irgendein Programm nutzen will. Das ist innovationsfeindlich, Herr Minister. Nach meiner Meinung ist das der falsche Weg.

(Beifall bei FDP, SSW und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das ist ungefähr so, als würden sie im Baugesetz vorschreiben, mit welchen Baumaschinen in Zukunft Straßen gebaut werden sollen. Das ist überbürokratisiert, es passt aber zu dem „Entbürokratisierung-Spezialstaatssekretär“. Ich hoffe, dass diese Ära zu Ende geht und dass wir ein schlankeres Gesetz nach der Beratung im Ausschuss bekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für den SSW erhält die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung redet schon lange von einer schlüssigen Strategie in Sachen elektronischer Zugang zu den Behörden für die Bürgerinnen und Bürger. Immer noch - das zeigt auch das vorliegende Entwurf - sind viele Fragen offen. Von einer Strategie kann man noch gar nicht sprechen.

Der Gesetzentwurf will für Schleswig-Holstein für die Landesverwaltung erst einmal ein einheitliches System entwickeln. Die notwendigen Kosten der Harmonisierung werden dabei denjenigen Verwaltungsstellen übertragen, die die neue Technik anschaffen. Der Gesetzentwurf gesteht allerdings freimütig ein, dass ohne eine Analyse der Einzelfälle vor Ort keine seriöse Kostenabschätzung erfolgen kann.

Da der Entwurf lediglich einen Rahmen für die zukünftige Beschaffungspolitik der öffentlich Hand bildet, könnte man diesen Punkt für eher untergeordnet halten. Genau das tut Finanzminister Wiegand auch, wenn er seine Beamten schreiben lässt, dass das Abstimmungsverfahren auch ganz neutral zu bleiben habe. Verankert ist diese Vorschrift allerdings nicht.

Im IT-Bereich hat eine Entscheidung für ein bestimmtes System langjährige Folgen. Ich nenne hier nur das Betriebssystem. Entscheidet man sich für Microsoft hat das erhebliche Konsequenzen für alle

folgenden Hardware- und Software-Anschaffungen. Es ist daher unabdingbar, die Entscheidung genau abzuwägen. In den Beratungen müssen daher aus Sicht des SSW folgende Problemfelder angesprochen und mitbedacht werden:

Erstens. Niemand weiß heute, bei welchen Behörden welches System für welche Anwendung genutzt wird. Eine realistische Kostenabschätzung fehlt demzufolge.

Zweitens. Ein Abstimmungsverfahren ist nicht vorgesehen. Um es noch genauer zu sagen: Es darf nichts kosten.

Drittens. Stattdessen wird die oberste Fachbehörde Standards festlegen. Dieses Verfahren ist ein Persilschein. Das gilt insbesondere für die Kommunen, die sich den Standards der Landesbehörde beugen müssen und gar nicht wissen, was sie in Zukunft zu schultern haben.

Viertens. Die Finanzierung der umfangreichen Basisdienste neben einer virtuellen Poststelle bis hin zu einem Call-Center ist nicht geklärt, obwohl eine Teilnahme und Nutzungspflicht unter anderem den Kommunen vorgesehen ist.

Fünftens. Das größte Problem ist, dass breite Landstriche in Schleswig-Holstein gar keinen leistungsfähigen Zugang zum Internet haben, für sie also zum Beispiel eine elektronische Zustellung überhaupt nicht in Frage kommt, wird nicht thematisiert. Dieses Ungleichgewicht zwischen der elektronischen Leistungsfähigkeit der Behörden und denen der Bürgerinnen und Bürger wird zwar sporadisch von den Wirtschaftskammern kritisiert, von der Landesregierung aber aufgrund fehlender Zuständigkeiten ignoriert. Aber das ist natürlich ein Problemfeld.

Last bad not least bin ich auch auf das fachliche Urteil des Datenschutzzentrums gespannt und darauf, wie dort die Entwicklung zur elektronischen Behörde eingeschätzt wird. Schließlich gilt Schleswig-Holstein deutschlandweit in diesem Bereich als Vorreiter. Aus diesem Grund sollten wir natürlich auch den Landesdatenschutzbeauftragten mit einbeziehen und mit ihm sorgfältig alle Konsequenzen dieses Gesetzes besprechen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bedanke mich bei der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2437 federführend an den Finanzausschuss, mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich würde gern den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufen, aber ich sehe gerade, der Besen kommt. Ich denke, wir werden erst diesen Platz säubern lassen.

(Zurufe und Heiterkeit)

- Vielen Dank, Herr Ekhardt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein (Schleswig-Holsteinisches Wohnraumförde- rungsgesetz - SHWoFG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/2134

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 16/2486

Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.

Frau Präsidentin! Nach dem Kehren mit dem Besen passt es gut, dass wir über Wohnraum sprechen.

Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit dem ihm durch Plenarbeschluss vom 18. Juni 2008 überwiesenen Gesetzentwurf in mehreren Sitzungen befasst und eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Er schloss seine Beratungen in seiner Sitzung am 11. Februar 2009 ab. Mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt er dem Landtag die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der rechten Spalte der Gegenüberstellung. Änderungen gegenüber dem Ursprungsgesetzentwurf sind dabei durch Fettdruck kenntlich gemacht.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zu diesem Bericht? - Das ist nicht

(Anke Spoorendonk)

der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute vor der Verabschiedung des Wohnraumförderungsgesetzes stehen, sollten wir uns zunächst vergegenwärtigen, welchen Herausforderungen wir uns in diesem Bereich stellen müssen. Da ist zum einen der demografische, wirtschaftsstrukturelle und soziale Wandel, dem wir mit geeigneten Maßnahmen begegnen müssen. In diesem Zusammenhang gilt es insbesondere auch die Kinder- und Familienfreundlichkeit zu steigern, ältere Menschen besser zu berücksichtigen und für Barrierefreiheit zu sorgen.

Zweitens geht es um die Stabilisierung der Wohnquartiere und der Bevölkerungsstruktur. Wir wollen Sicherheit gewährleisten und eine hinreichende Versorgung mit Wohnraum bei allen Zielgruppen sicherstellen.