Protokoll der Sitzung vom 26.02.2009

auch in der Berufsbildung sind unverzichtbar für den kulturellen Zugang.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die richtige Richtung im Kita-Gesetz und im Schulgesetz eingeschlagen. Übrigens wurde gestern bei der Verleihung des Landesmedienpreises deutlich, dass man mit relativ wenigen Mitteln und engagierten Lehrern und Schülern ganz beachtliche Kunstwerke schaffen kann. Das will ich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal ausdrücklich erwähnen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Erstens. Kultur darf kein Luxus und muss für alle offen sein - also demokratische Kultur und kulturelle Demokratie verwirklichen! Zweitens. Kulturpolitik muss Kreativität und Fantasie anregen, also auch Spaß machen. Drittens. Wir brauchen eine unbegrenzte Vielfalt kultureller Angebote, die Alltags- und Industriekultur ausdrücklich einbezieht.

Wir sind auf dem richtigen Weg, haben allerdings noch eine weite Strecke vor uns. Vielen Dank an alle nicht genannten Kulturschaffenden, ohne die unser Land - wie schon gesagt - deutlich ärmer wäre.

Ich schlage vor, die Antwort der Landesregierung federführend dem Bildungssauschuss und den übrigen angesprochenen Ausschüssen zur Mitberatung zur abschließenden Behandlung zu überweisen.

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hans Müller. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Wilfried Wengler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei dem Urheber, unserem Kollegen Hans Müller, für seinen umfassenden Fragenkatalog bedanken.

(Beifall bei CDU und SPD)

Gleichfalls geht mein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatskanzlei sowie der beteiligten Ministerien für die umfangreiche und sehr detaillierte Beantwortung.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Exposé gibt einen hervorragenden Überblick über die unterschiedlichsten Facetten der Kultur

(Hans Müller)

landschaft Schleswig-Holsteins sowie die grundsätzlichen kulturpolitischen Überlegungen der Landesregierung. Ein Wermutstropfen ist lediglich die ausgebliebene Beteiligung der Kommunen, die dieses Gesamtbild sicherlich noch weiter abgerundet hätte.

Kulturpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, und ich bin nach wie vor dankbar, dass die Entwicklung der Kultur in unserem Land beim Ministerpräsidenten angesiedelt ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Entscheidung im Koalitionsvertrag im Jahr 2005, den Bereich der Kultur in die Staatskanzlei zu holen, ist eine sinnvolle und zukunftsweisende Grundlage für eine erfolgreiche Ausrichtung. Kulturelle Förderung erfolgt jedoch nicht nur durch die Staatskanzlei, sondern kulturelle Maßnahmen finden sich auch in den Haushalten des Bildungsministeriums, des Wirtschaftsministeriums, der Jugendministerin und des Landwirtschaftsministeriums. Diese Querschnittsaufgabe findet auch ihren Niederschlag in der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage.

Der Umfang der Antwort erlaubt in der heutigen Diskussion sicherlich nur die Erwähnung weniger Einzelaspekte und damit nur eine sehr subjektive Betrachtung.

Da ist zunächst die Jugendkulturarbeit. Besonders zu begrüßen ist die im Bericht aufgeführte Initiative Kinderund Jugendkultur. In unserer schnelllebigen Zeit ist es von besonderer Bedeutung, die junge Generation an unser kulturelles Erbe heranzuführen und damit die Bemühungen von Elternhaus und Schule zu unterstützen und zu befördern. Schließlich ist auch das ein wesentlicher Bestandteil der Werteerziehung.

Internetauftritt, Kinder- und Jugendkulturpreis, Zusammenarbeit von Schulen und Institutionen des kulturellen Lebens sowie Schulen mit besonderem kulturellem Profil sind Schritte, die in die richtige Richtung weisen und die es zu entwickeln gilt. Die Schaffung und der Erfolg der MuseumsCard sind in diesem Zusammenhang von meinen Vorrednern bereits ausgiebig gewürdigt worden. Auch die Schaffung des Freiwilligen Sozialen Jahres in der Kultur kann neben der Attraktion für den Ausübenden auch eine willkommene Unterstützung für das jeweilige Institut bedeuten.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kommen wir zur Teilhabe von sozial schwachen und/oder bildungsfernen Menschen! Die Teilhabe am kulturellen Leben muss selbstverständlich sein. Der Zugang für sozial schwache und/oder bildungsferne Menschen muss barrierefrei ausgestaltet sein. Wir müssen auch in Zukunft alle Anstrengungen unternehmen, dass wirkliche Teilhabe für alle Menschen in unserem Land entsteht. Ich bin froh, dass der Ministerpräsident in diese Richtung hinarbeitet. Teilhabe für alle soll aber keineswegs bedeuten: In einem Einheitsbrei gibt es für jeden etwas. Sowohl der Faktor der Integration als auch der Differenzierung war immer Teil kultureller Errungenschaft. Kunst ist frei, und das muss auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Kulturelle Leistungen von Minderheiten in Schleswig-Holstein! Hier wird seit Jahrzehnten hervorragende Arbeit geleistet, die einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt des Landes liefert. Zum einen dient sie der Bewahrung der kulturellen Identität und Eigenständigkeit innerhalb der Minderheit, sie stellt aber zugleich auch Angebote an die Mehrheit zum Kennenlernen der Minderheit dar. Nicht zu vernachlässigen ist die Brückenfunktion der dänischen Minderheit zum Nachbarland Dänemark. Auch in Zukunft müssen wir uns daran messen lassen, inwieweit diese Leistungen unterstützt werden können.

Kulturelle Partnerschaften! Ich freue mich, dass vielerorts bereits Wege gegangen werden, sodass die notwendige Trägerschaft der Kultur sowohl in der Spitze als auch in der Breite auf verschiedene Schultern verteilt wird. Das ist auszubauen. Wir alle müssen uns auch im Bereich der Kultur daran gewöhnen, dass der Staat eben nicht mehr in der Lage ist, alles zum Besten zu regeln. Jeder von uns muss auch hier lernen, in seinem Umfeld Verantwortung zu übernehmen. Dies gilt ebenso für die kulturellen Institutionen, die gefordert sind, ihr kreatives Denken auch dafür zu nutzen, die wirtschaftliche Führung und die professionelle Führung ihrer Einrichtung zu gewährleisten. Es gilt, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Attraktivität einer Institution für weitere Kunden- beziehungsweise Besucherpotenziale zu steigern ist. Das soll nicht heißen, jeder populären Zeitströmung bedingungslos nachzugeben und die Qualität zu opfern. Aber es kann zum Beispiel für ein Theater bedeuten, ein profitables „seichtes“ Stück zu spielen, um damit einen Klassiker zu finanzieren und der Nachfrage zu entsprechen.

(Wilfried Wengler)

Wir sind sicherlich alle der Auffassung, dass Kultur ein erfolgreicher Standortfaktor für SchleswigHolstein bleiben soll. Hierbei wird die Partnerschaft von Staat und Privatwirtschaft in der Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen müssen, wenn wir die Vielfältigkeit der Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein erhalten und weiterentwickeln wollen. Privates Mäzenatentum existiert schon seit Langem, aber es gilt auch, sich ständig darum zu bemühen. Privates finanzielles Engagement kann aber nur zusätzlich zur staatlichen Förderung erfolgen.

In diesem Zusammenhang besonders beeindruckend war für mich die Beschreibung der mehr als zweihundert Stiftungen in Schleswig-Holstein. Die Stiftungszwecke reichen von der Förderung der Heimatpflege bis zur Vergabe von wissenschaftlichen Stipendien, von der Nachlasspflege verstorbener Künstler bis zur Förderung des Küstenschutzgedankens. Diese unwahrscheinliche Vielfalt spiegelt aber auch das immense ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger unseres Landes im Bereich der Kultur wider und ist für uns unverzichtbar.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Noch ein Wort zu unseren Theatern! Auch die Theater werden von der Kulturpolitik keineswegs vernachlässigt. Seit Juni 2007 ist die Theaterförderung neu geordnet. Mittelfristig wird den Theatern und Kommunen dadurch eine Planungssicherheit ermöglicht. Bis in dieses Jahr hinein sind die jährlichen Zuschüsse für die öffentlichen Mehrspartentheater gegenüber den Beträgen von 2006 jedes Jahr gestiegen, bis 2011 werden dann die Beträge eingefroren. Darüber hinaus erhalten sieben von einem Fachbeirat ausgewählte Privattheater für vier Jahre eine institutionelle Förderung.

Kommen wir nun zur Kultur als Wirtschaftsfaktor. Nicht nur in Schleswig-Holstein ist Kultur ein bedeutender Wirtschafts- und Standortfaktor. Laut des Dossiers Kulturpolitik der dpa vom vergangenen Montag ist bundesweit gesehen die Kreativbranche die dritte Säule der Volkswirtschaft. Nach dem Maschinen- und dem Autobau hat die Kulturbranche mit einer Bruttowertschöpfung von rund 63 Milliarden € im Jahre 2008 den drittgrößten Betrag zum Bruttoinlandsprodukt in Deutschland geleistet.

In Verbindung mit einem weiteren bedeutenden Wirtschaftsfaktor unseres Landes, dem Tourismus, ist die Bedeutung des Themas Kultur in den ver

gangenen Jahren stetig gestiegen. Die 2008 begonnenen Vermarktungskampagnen für die Zielgruppen Familie, Best Ager und anspruchsvolle Genießer ermöglichen eine differenzierte Einbindung kulturtouristischer Partner in das touristische Marketing Schleswig-Holsteins.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend bleibt nur noch zu bemerken, was diese Antwort eindrucksvoll verdeutlicht: Die Kultur Schleswig-Holsteins ist weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus bekannt geworden durch die Highlights Schleswig-Holstein Musik Festival, Schloss Gottorf oder die Lübecker Altstadt. Darüber hinaus besitzen wir aber eine kulturelle Vielfalt, die den Vergleich nicht zu scheuen braucht. Diese Vielfalt gilt es zu bewahren, zu pflegen und weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Diese Aufgabe obliegt uns allen in diesem Land. Wir werden im Bildungsausschuss sicherlich Gelegenheit haben, die Details der Antwort ausgiebig zu diskutieren.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 320 Seiten Antworten auf die Große Anfrage der SPDFraktion: Viel Kultur im Norden, das kann man wirklich sagen. Das olympische Motto „höher, schneller, weiter“ scheint auch für viele Kulturbereiche zu gelten. Die Zahl der Schülerbelegungen an den Musikschulen ist von rund 23.500 in 1998 auf 30.400 in 2007 gestiegen. Die Zahl der Ausleihungen in den öffentlichen Bibliotheken des Büchereisystems in Schleswig-Holstein hat sich von 9,2 Millionen im Jahr 1997 auf knapp 15,2 Millionen im Jahr 2007 erhöht.

Einen Kulturpessimisten wie den Naturforscher Conrad Gessner würde das glatt aus den Puschen heben, hatte er doch seinerzeit die Warnung vor dem „verwirrenden und schädlichen Überfluss an Büchern“ ausgesprochen. Das ist ein wörtliches Zitat. Aber das war 1545, als selbst Gebildete angesichts der Steigerung der Bücherproduktion infolge

(Wilfried Wengler)

der gutenbergschen Buchdruckerfindung etwas den Überblick über die vielen Bücher verloren. Dafür gibt es heute sachkundige Bibliothekare und einen online erreichbaren Zentralkatalog, über den man von zu Hause aus recherchieren kann, um dann gleich das gewünschte Buch zu bekommen.

Kulturelle Angebote sind also zuhauf verfügbar. Es stellt sich nur die Frage, ob ihre tendenziell wachsende Nutzung - ich glaube, das geht als Faktum aus dem Bericht hervor - auf eine intensivere Inanspruchnahme durch einen Teil des Publikums oder auf einen breiteren Zugang durch die Gesamtbevölkerung zurückzuführen ist. Diese Frage allerdings beantwortet die Große Anfrage - soweit ich es sehe - nicht. Beim Thema „Buch“ gibt es allerdings einige Studien, zum Beispiel von der gemeinnützigen Stiftung Lesen, die eher darauf hindeuten, dass in Deutschland tendenziell weniger Menschen immer mehr lesen. Auch die im vorigen Jahr veröffentlichte Studie zum Thema „Vorlesen im Kinderalltag 2008“ hat ähnliche Tendenzen gezeigt. Sie kommt etwa zu dem Ergebnis, dass 37 % aller Kinder in Deutschland weder zu Hause in ihren Familien, noch im Kindergarten oder in der Schule vorgelesen bekommen. Es kommt also sehr stark auf die Bildungsinstitutionen von der Familie über den Kindergarten bis zur Schule an, um in der kulturellen Bildung wesentliche Grundlagen zu vermitteln. Hierauf hat dankenswerterweise auch der Herr Ministerpräsident vorhin hingewiesen.

Gerade in diesem Bereich sind in Schleswig-Holstein katastrophale Defizite, etwa beim Musikunterricht in den Schulen, zu beklagen. Der Landesrechnungshof hat in seinem Sonderbericht zum Unterrichtsausfall in Mangelfächern vor nicht allzu langer Zeit daraufhingewiesen, dass in der Sekundarstufe I in den oberen Jahrgängen - mit Ausnahme an den Gymnasien, also an den anderen Schularten -, in den Klassenstufen 8, 9 und 10, teilweise so gut wie gar kein Musikunterricht in diesem Land mehr stattfindet. Das ist in der Tat eine Situation, die politischen Handlungsbedarf aufzeigt. An dieser katastrophalen Zustandsbeschreibung, die der Rechnungshof vor einiger Zeit abgegeben hat, muss konkret etwas geändert werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ändert sich ja auch nichts an der Situation, wenn die geprüften Haupt- oder Realschulen künftig Regionalschulen oder Gemeinschaftsschulen heißen. Das geänderte Schild am Gebäude oder am Eingangstor hat leider nicht dazu beigetragen, dass sich

die Situation in der Unterrichtsversorgung hier wirklich verbessert hat.

Der Ruf nach einem Landeskulturentwicklungsplan erklingt in der Großen Anfrage, und die Landesregierung antwortet ganz brav auf Seite 14, dass sie diesem Thema positiv gegenübersteht. Das ist meines Erachtens keine besonders überzeugende Antwort auf die angesprochenen Missstände. Etwas bescheidener, aber mit etwas mehr greifbaren Zielen und Vorhaben an die Aufgabe heranzugehen, wäre meines Erachtens besser. Das heißt aus meiner Sicht, dass man für eine Wahlperiode konkrete Ziele beschreiben muss, die man dann innerhalb von fünf Jahren erreichen kann, und an deren Erreichen oder Nichterreichen sich eine Regierung auch messen lassen muss.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])