Protokoll der Sitzung vom 26.02.2009

(Präsident Martin Kayenburg)

tei ergreift. Auch wir sollten für unsere Natur Partei ergreifen und diese Ölbohrungen verhindern. Das geht am besten, indem die Anmeldefläche so bleibt, wie sie ist.

Da schon Ende Februar über die mögliche Änderung der Grenzen entschieden werden soll, müssen wir uns heute für ein Welterbe ohne Ausnahmeflächen entscheiden. Daher kann man unseren Antrag nicht in den Ausschuss überweisen. Wir wollen heute sicherstellen, dass wir am 30. Juni dieses Jahres ein Welterbe anerkannt bekommen, das nicht wie ein Schweizer Käse durchlöchert ist und in dem die Natur geschützt und nicht ausgebeutet wird. Deshalb bitte ich darum, Abstimmung in der Sache zu vollziehen. Ich bitte darum, dass Sie hier im Haus heute alle unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Axel Bernstein das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Lars Harms, der Antrag, den der SSW hier vorgelegt hat, hinterlässt in mehrfacher Hinsicht ein bisschen Ratlosigkeit. Er wirft für mich die Frage auf, wie ernst es der SSW mit der Anmeldung unseres Wattenmeeres zum Weltnaturerbe tatsächlich meint. Im November 2007 haben hier im Plenum alle Fraktionen - also auch der SSW - einstimmig für die Anmeldung des Wattenmeeres als Weltnaturerbe gestimmt. Relativ kurz nach diesem Beschluss und nach Einreichung der Anmeldeunterlagen war klar - wir sind über die Presse und in mehreren Veranstaltungen darüber auch informiert worden -, dass es eine Welterbekulisse mit Rohstoffgewinnung vonseiten der UNESCO nicht geben wird. Umgekehrt ist für uns alle klar, dass es gegenwärtig ein Wattenmeer ohne Rohstoffförderung auch nicht geben wird.

Die Landesregierung hat daraufhin, um das einstimmige Votum des Landtags umzusetzen, vor Ort Verhandlungen mit der UNESCO aufgenommen. Deren Vertreter - das wissen wir doch auch alle haben empfohlen, die kritischen Bereiche aus der Anmeldekulisse herauszunehmen. Das ist im Übrigen ein bereits praktiziertes Verfahren. Es wird zum Beispiel im australischen Kakadu-Nationalpark praktiziert, der auch zum Weltnaturerbe gehört.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir kennen das aus der Berichterstattung. Wir kennen das auch aus mehreren Veranstaltungen, in denen das öffentlich vorgetragen wurde.

Jetzt liegt uns ein Antrag des SSW vom 4. Februar vor, ich vermute, fußend auf der seinerzeitigen Berichterstattung der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung“. Dieser Antrag wurde als Dringlichkeitsantrag auch im Umweltausschuss des Kreises Nordfriesland eingebracht. In dieser Umweltausschusssitzung - wir können das nachvollziehen, denn die Protokolle sind öffentlich - wurde dann unter anderem auch durch das Landesamt Nationalpark und Küstenschutz berichtet, wie sich die Situation darstellt. Ihre Kollegen in Nordfriesland haben den Antrag daraufhin zurückgezogen.

(Zurufe von der CDU: Hört! Hört!)

Der Antrag wurde nicht nur zurückgezogen, weil die Antragsunterlagen bereits auf dem Weg zur UNESCO sind. Vielmehr hat der Umweltausschuss in Nordfriesland ausdrücklich positiv beschieden, dass er die jetzige Kulisse in dieser Form haben möchte.

(Beifall bei der CDU)

Werfen wir nun einen Blick auf den Antrag, den Sie hier im Landtag gestellt haben. Dort findet sich der Satz:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag spricht sich gegen eine Änderung der Gebietskulisse zur Anmeldung für ein UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer aus.“

Dieser Antrag kann sich heute ja aber nur auf den Antragstext aus dem Dezember 2008 beziehen. Damit spricht sich der SSW im Antragstext genau dafür aus, die Enklavenlösung bestehen zu lassen. In der Begründung steht aber etwas anderes. Auch die Rede hat deutlich gemacht, worum es geht. In Wirklichkeit wollen Sie die Herausnahme der Räume zur Rohstoffgewinnung rückgängig machen. Damit verabschiedet sich der SSW - ich habe das ausgeführt - aus dem Konsens, den wir hier im Haus hatten, um den Welterbestatus zu erreichen. Ich glaube eigentlich nicht, dass Sie das wollen. Es ist aber nun einmal ein Faktum: Entweder bekommen wir ein Welterbe mit Enklaven, oder wir bekommen gar kein Welterbe. Das hat die UNESCO hinreichend deutlich gemacht.

Ich habe den Verdacht, dass der SSW der Versuchung nicht widerstehen konnte, beim Thema der Rohstoffgewinnung auf einen latenten Dissens in

(Lars Harms)

der Koalition abzuzielen. Meinen Glückwunsch zu diesem originellen Einfall! Bei anderen Themen haben Sie in dieser Hinsicht aber schon besser ausgesehen. Mit diesem schlappen Vorstoß ärgern Sie in der Großen Koalition nun wirklich niemanden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der springende Punkt ist, dass mit der Anmeldekulisse keine Vorentscheidung darüber getroffen wird, wie eine künftige Nutzung im Wattenmeer nun tatsächlich aussieht. Wenn der SSW diesen Antrag erst einmal so formuliert, dass er zu Ihrer Rede passt, und dann bestehen lässt, so heißt das: Der SSW ist dafür, die Anmeldung zum Welterbe so zu formulieren, dass sie abgelehnt werden muss. Lieber Herr Kollege Harms, das war also nichts. Sie sollten Ihren Kollegen aus Nordfriesland folgen und den Antrag zurückziehen. Die CDU-Fraktion steht nach wie vor zu der Anmeldung unseres Wattenmeeres zum Welterbe und zum Erfolg dieser Anmeldung. Wenn in der Sache abgestimmt werden soll, bleibt uns insofern natürlich nur, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Faktion der SPD hat Herr Abgeordneter Detlef Buder das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich sage, dass die Auffassungen von CDU und SPD hier in einigen Punkten kontrovers sind, erzähle ich in diesem Haus nichts Neues. Dass die Auffassungen von denen, die an der Küste wohnen, auch etwas unterschiedlich sind, ist ebenfalls bekannt. Die Unterschiede zwischen Dithmarschen und Nordfriesland sind hinlänglich bekannt. Die Nordfriesen waren eher dafür, den Weltnaturerbestatus zu beantragen, während die Dithmarscher aus den Gründen, die wir ebenfalls hinlänglich kennen - ich verweise hier auf die Mittelplate -, in dieser Hinsicht etwas hinhaltender waren. Wir brauchen uns über diese unterschiedlichen Auffassungen nicht weiter zu streiten. Es ist lediglich zu konstatieren, dass es sie gibt. Die Unterschiede liegen in der Natur der Sache.

Der Antrag des SSW hat zwei Seiten. Ich komme zuerst auf die gute Seite zu sprechen. Das Verfahren zur Anmeldung für ein UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer ist ein großes Stück vorangekommen. Endlich ist man sich an der Küste einig ge

worden und trägt die Anmeldung der drei gemeldeten Wattengebiete in den Niederlanden, in Niedersachsen, in Hamburg und in Schleswig-Holstein mit. Auch wir Dithmarscher tun das. Wir freuen uns schon auf das Mitgehen von Dänemark in diesem Bereich.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

Für den SSW besteht sicherlich die Möglichkeit, seine vielfältigen Beziehungen in Richtung Dänemark hinsichtlich des Wattenmeeres dort wirksam werden zu lassen und die hinhaltende Taktik der Dänen vielleicht aufzulösen. Das wäre vielleicht eine gute Aufgabe.

Aber auch so erfüllt das angemeldete Gebiet die Voraussetzungen und enthält alles, was zum Ökosystem Wattenmeer gehört. Es umfasst eine repräsentative Fläche von circa 10.000 km2, auf denen die besondere Dynamik des Watts erhalten bleiben kann sowie die Rastplätze für Zugvögel und die Aufzuchtgebiete für Fische gesichert sind. Ich hoffe sehr, dass wir die Anerkennung von der UNESCO schon bis zum Sommer 2009 erhalten werden.

Beim Besuch in den drei Gebieten hat der von der UNESCO beauftragte Direktor für Schutzgebiete, Pedro Rosabal, zwar generell Zustimmung zur Anmeldung signalisiert, aber auch deutliche Kritik an der bestehenden, gesetzlich gestatteten Förderung von Erdöl und Erdgas geäußert. Diese Rohstoffnutzung hat nach seiner Auffassung in den herausragenden Gebieten eines Weltnaturerbes nichts zu suchen. Da müssen wir natürlich wissen, dass in den Niederlanden dort Erdgas gefördert wird. Das darf man vor diesem Hintergrund auch nicht vergessen.

Vor diesem Hintergrund hat das Umweltministerium entschieden, in kleinem Volumen Enklaven aus dem Anmeldeverfahren herauszunehmen. Dies betrifft sowohl den Standort Mittelplate als auch die Flächen, auf denen RWE-Dea angekündigt hat, neue Probebohrungen durchführen zu wollen - sogenannte temporäre Explorationen. Das Ziel, die Anmeldung des Weltnaturerbes nicht zu gefährden, begrüße ich. Die Herausnahme der möglichen Flächen für Probebohrungen darf jedoch nicht als Präjudiz im Hinblick auf ein mögliches Genehmigungsverfahren gewertet werden.

Unsere Haltung zu neuen Probebohrungen im Nationalpark Wattenmeer ist klar und wird durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zu den Festlegungen im Nationalparkgesetz untermauert. Senkrechte Explorationsbohrungen im Nationalpark dürfen allenfalls und nur unter strengen Vorgaben

(Axel Bernstein)

von der Mittelplate aus, Schrägbohrungen nur von außerhalb des Nationalparks aus durchgeführt werden. Ich hoffe, dass sich auch die Landesregierung klar zum Nationalparkgesetz in diesem Punkt bekennt und keine neuen Bohrungen genehmigt.

Auf Dauer muss es unser gemeinsames Ziel sein, den Nationalpark - unabhängig von der Frage des Weltnaturerbes - frei von Ölförderung zu halten. Es ist schon paradox: Gerade in einem besonders schützenswerten Wattenmeer-Gebiet wird Öl gefördert und so später massiv CO2 freigesetzt. Angesichts der Diskussion, die wir vorhin geführt haben, müssen wir uns das natürlich auch überlegen.

(Beifall beim SSW)

Dies fördert durch seine Klimaschädlichkeit den Anstieg des Meeresspiegels und gefährdet das Watt an unserer Küste im Bestand. Angesichts dieser Entwicklung hoffe ich auf die Vernunft bei RWEDEA und darauf, dass sie durch Genehmigungsverfahren für neue Probebohrungen - neben der aus unserer Sicht klar entgegen stehenden juristischen Lage - kein Öl ins Feuer kippt. Die Menschen an der Küste in Schleswig-Holstein würden dieses Vorgehen nicht verstehen und lehnen es ab.

Man kann unserer Region kein technikfeindliches Verhalten vorwerfen. Wir haben hier viel gestattet. In Friedrichskoog haben wir eine große Landförderanlage, eine große Landverarbeitungsanlage. Wir haben in Friedrichskoog auch die Möglichkeit schaffen lassen, dass dort vom Land aus gebohrt wird. Die RWE Dea tut dies auch. Wir haben gestattet, dass die RWE Dea Grundlagenbohrungen, Grundlagenexplorationen dort vorgenommen hat. Wir sind weitestgehend einverstanden mit der Existenz der Mittelplate.

Ich verstehe überhaupt nicht, dass es technologisch nicht möglich sein sollte, von der Bohrungsstelle Friedrichskoog aus zu bohren und zu explorieren.

Herr Kollege Buder, achten Sie bitte auf die Redezeit!

Herr Präsident! Noch ein Satz. Ich bin sofort fertig. - Deshalb bin ich zwar gegen diese Probebohrung. Ich sehe aber hinter dem Antrag des SSW stehende Interessen, die ich teilen kann. Die Annahme des Antrags würde allerdings das laufende Genehmigungsverfahren zur Anerkennung des Weltnaturer

bes Wattenmeer unnötig gefährden. Deshalb ist der Antrag obsolet.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP hat der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag des SSW behandelt heute mögliche Änderungen der Gebietskulisse zur Anmeldung des Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe. Das eigentliche Ziel des Antrags ist es jedoch, Explorationsbohrungen und die Erdölförderung von der Mittelplate aus zu verhindern. So muss man den Antrag verstehen. Ich hoffe, ich habe ihn richtig verstanden.

Ich kann für meine Fraktion feststellen: Die FDP unterstützt und begrüßt ausdrücklich die Anmeldung des Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe.

(Beifall bei der FDP)

Wir tun dies, selbst wenn eine Gebietsänderung an der bisher vorgelegten Anmeldung vorgenommen werden müsste. Es ist selbst dann ein Gewinn für unser Land und auch für das Wattenmeer. Wie wir aus Medienberichten entnehmen konnten, wird es aber ohne eine Änderung der Gebietskulisse äußerst schwierig, überhaupt eine Anmeldung als Weltnaturerbe zu erreichen.

So stellte der Direktor im Schutzgebietsprogramm der Weltnaturschutzorganisation IUCN, Pedro Rosabal, der die drei gemeldeten Wattgebiete in den Niederlanden, in Niedersachsen und in SchleswigHolstein bereist hat, in einem Bericht des Deutschlandradios vom 23. Februar dieses Jahres unmissverständlich klar:

„Für das Weltnaturerbe vertritt die IUCN eine unmissverständliche Haltung, was Rohstoffnutzung in Weltnaturerbegebieten angeht. Sie sagt sehr deutlich: Das hat in solchen Gebieten nichts zu suchen. Weltnaturerbegebiete sind die Crème de la Crème der Naturschutzgebiete auf der Welt. Da muss man es sich leisten können, dass in solchen Gebieten eine solche Nutzung nicht stattfindet.“

In der Konsequenz ist der Antrag zwar nicht gescheitert, er müsste aber nachgebessert werden.