Protokoll der Sitzung vom 26.02.2009

Ich bin dabei, Frau Präsidentin. Wenn man dann dazu kommt, das anders zu regulieren, und wenn man zum Beispiel zwischen Sportereignissen unter

scheidet, die beworben werden, und allen anderem, dann kann man zu interessanten Ergebnissen kommen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2406 an den Innenund Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass noch zwei Punkte auf der Tagesordnung stehen. Einen davon werden wir noch vor der Mittagspause aufrufen müssen, weil wir sonst in zeitliche Engpässe kommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Engagement von Senioren in Beruf und Ehrenamt in Schleswig-Holstein fördern - Aufhebung aller diskriminierenden Altersbeschränkungen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2395

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kubicki, warum gibt es beispielsweise bei Schöffen oder hauptamtlichen Bürgermeistern Altersgrenzen, für Ministerpräsidenten oder für die Bundeskanzlerin aber nicht? Konrad Adenauer hätte beispielsweise gar nicht Bundeskanzler werden dürfen, wenn es vergleichbare Altersgrenzen gegeben hätte. Er hätte noch nicht einmal Schöffe werden dürfen, als er am 15. September 1949 mit 73 Jahren zum ersten Mal zum Bundeskanzler gewählt wurde. Gesetzliche Altersgrenzen führen letztlich dazu, dass Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich auch über ein bestimmtes Alter hinaus in Berufen und im Ehrenamt für die Gesellschaft einsetzen wollen, ausgegrenzt oder benachteiligt werden. Bei einer solchen Grenze entscheidet das Alter in Form einer bloßen Zahl und nicht das Leistungsvermögen oder die Erfahrung eines jeden einzelnen Menschen. Dabei gehen sowohl das Wissen als

auch das Engagement dieser Mitbürgerinnen und Mitbürger für die gesamte Gesellschaft verloren.

Viele Altersgrenzen sind einmal mit dem vermeintlichen und auch verständlichen Ziel geschaffen worden, die Betroffenen - also sozusagen die Altersinhaber - zu schützen. Belastbarkeit oder Leistungsfähigkeit können aber heute mit Sicherheit nicht mehr pauschal an einer bestimmten Zahl festgemacht werden. Alter kann nur ein Merkmal unter vielen anderen sein. Es darf aber aus unserer Sicht kein K.O.-Kriterium sein, wie es in vielen Regelungen heute immer noch vorgesehen ist. Dass beispielsweise niedergelassenen Ärzte mit 68 Jahren nicht mehr ihre Kassenzulassung abgeben müssen, zeigt, dass in Teilbereichen bereits ein Umdenkungsprozess stattgefunden hat. Im Übrigen ist es auch widersprüchlich, wenn das Renteneintrittsalter einerseits auf 67 Jahre angehoben wird, Bürger andererseits aber durch starre Altersfristen in ihren Rechten beschnitten werden. Das gilt insbesondere für das ehrenamtliche Engagement.

(Beifall bei der FDP)

Wer sich freiwillig engagiert, der freut sich über Anerkennung, nicht aber über Beschränkungen, die zumindest aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar sind.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir wollen mit unserem Antrag nichts anderes, als dass sämtliche Altersgrenzen erfasst und auf den Prüfstand gestellt werden. Wo hat eine Altersgrenze möglicherweise auch heute noch Schutzfunktionen? Wo erscheint sie aber bei genauerer Betrachtung möglicherweise willkürlich? Wo ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine Altersgrenze sinnvoll? Wo ist sie mittlerweile überholt, weil sie beispielsweise in einer anderen Zeit und unter ganz anderen gesellschaftlichen Bedingungen entstanden ist? Entfaltet eine solche Regelung möglicherweise diskriminierende Wirkungen? - Wenn ja, wie kann man diese ändern? Diese Fragen wollen wir sowohl für Landesregelungen als auch für Bundesregelungen beantwortet wissen, die

(Peter Eichstädt)

einen unmittelbaren Bezug zu Schleswig-Holstein haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es ganz deutlich zu sagen: Nicht alle Altershöchstgrenzen sind per se diskriminierend. Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in den Landesdienst können beispielsweise durchaus sinnvoll sein. Es stellt sich allerdings die Frage, warum eine solche Höchstaltersgrenze in den einzelnen Bundesländern bei gleicher Begründung häufig unterschiedlich gehandhabt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Sozialausschussvorsitzende, ich sage Ihnen: Auch wir werden ein Alter erreichen, in dem wir uns darüber freuen werden, wenn altersdiskriminierende Höchstgrenzen abgeschafft werden.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Lars Harms [SSW] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist sehr optimistisch!)

Es mag Ausdruck eines föderalen Systems sein, wenn es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen gibt. Es macht aber deutlich, dass eine ernsthafte und einzelfallbezogene Überprüfung der bestehenden Regelungen und Erfahrungssätze durchaus angebracht ist. Immer mehr Menschen haben den Wunsch, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich genau dort einzusetzen, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Im Übrigen gibt es bei den Seniorinnen und Senioren ein überdurchschnittlich großes Maß an Engagement und Bereitschaft. Sie leisten sehr viel für unsere Gesellschaft und sind aufgrund ihres Alters sicherlich nicht weniger leistungsfähig. Genau deshalb sollten Altersbeschränkungen nach Möglichkeit dort, wo es möglich ist, abgebaut werden, um so die Angebote für berufliches oder gesellschaftliches Engagement älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erweitern. Ich bin sicher, dass wir im Sozialausschuss eine etwas ruhigere Diskussion, mit Sicherheit aber eine konstruktive Diskussion über diesen Antrag hinbekommen werden.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Lars Harms [SSW])

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ältere Menschen sind in unserem Land und

in unserer Gesellschaft ein unverzichtbarer Schatz an Erfahrungen und Kompetenzen. Umso wichtiger ist es, die Potenziale älterer Menschen zu erkennen und zu nutzen. Dazu gehört auch die aktive Einbindung älterer Menschen in die Wirtschaft, in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die demografische Entwicklung ist eindeutig: Die Zahl der jüngeren Menschen nimmt ab, und die Lebenserwartung der älteren Menschen steigt an. Die längere Lebenszeit ist in der Regel mit einer besseren Gesundheit und mit mehr Vitalität verbunden, als das in den vergangenen Jahrzehnten der Fall gewesen ist.

(Beifall der Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU] und Thomas Stritzl [CDU])

Ältere Menschen haben zudem mehr Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung. Heute älter zu werden, geht mit einem Gewinn an gestaltbarer Lebenszeit einher. Es bietet somit auch vermehrt Chancen und nicht nur Risiken, die in der Öffentlichkeit immer noch gern dargestellt werden. Das führt mitunter zu einem verzerrten und falschen Bild vom Alter. Ein steigendes Alter wird häufig mit einem Rückgang der Innovationskraft, der Produktivität und der Güter- und Dienstleistungsnachfrage verbunden. Dabei wird immer übersehen, dass gerade die Innovationskraft und die Produktivität Älterer aufgrund ihrer lebenslangen Erfahrung zu einer angemessenen Gestaltung der Arbeitsbedingungen und auch der gesellschaftlichen Entwicklung beitragen können. Darum muss es ein grundlegendes Ziel unserer Seniorenpolitik sein, die Entwicklung und Verankerung eines neuen Leitbildes des Alters voranzutreiben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Aufgabe der Politik ist es, den Veränderungsprozess zu fördern und mitzugestalten. Die Seniorenpolitik der Landesregierung stellt sich dieser Aufgabe unter anderem mit dem Projekt ,,Älter werden in Schleswig-Holstein“ und mit der intensiven Unterstützung sowohl des Landesseniorenbeirates als auch der Arbeit des Altenparlaments.

Herr Kollege, zum Antrag der FDP sage ich: Ich würde mir gern zunächst einmal einen Überblick darüber verschaffen, ob und in welchen Gesetzen und Verordnung in Schleswig-Holstein Altershöchstgrenzen enthalten sind. Ich würde die Ministerin bitten, im Ausschuss dazu zu berichten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das steht genau so im Antrag!)

(Dr. Heiner Garg)

- Das habe ich sehr wohl gelesen. Ob diese Altersgrenzen aber tatsächlich diskriminierend sind und welche anderen Parameter vielleicht vorhanden sind, um für ältere Menschen beispielsweise ein Ehrenamt sicherzustellen, muss noch einmal überprüft werden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Auch das steht im Antrag! - Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Als Vizepräsidentin der Landesverkehrswacht Schleswig-Holstein beschäftigt mich immer wieder die Thematik Senioren und Straßenverkehr. Auch an diesem Beispiel wird immer die Frage einer Altersbegrenzung für den Führerschein diskutiert, die ich weder für praktikabel noch für richtig halte. Das möchte ich noch einmal deutlich machen. Wer sollte wann und warum den Führerschein abgeben?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Johannes Heesters!)

Die Entwicklung eines Menschen ist nun einmal höchst unterschiedlich. Daher kann es hier immer nur eine Einzelentscheidung geben, die zum einen die Lebensqualität und die Mobilität des Einzelnen nicht einschränkt, auf der anderen Seite aber die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt. Dieses Beispiel gilt für viele Lebensbereiche. Darum sollten wir eine Entscheidung darüber, wann und warum das steht auch in Ihrem Antrag, Herr Dr. Garg - Altersbegrenzungen diskriminierend sind, nicht allein der Landesregierung überlassen, wie es in dem Antrag vorgesehen ist, sondern hier im Parlament diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Einen weiteren Punkt würde ich gern noch aufgreifen, nämlich die Aufforderung, die Landesregierung möge sich auch auf Bundesebene für die Erarbeitung von Handlungsvorschlägen zur Abänderung diskriminierender Altershöchstgrenzen einsetzen. Ich vermute mal, die meisten Altersbegrenzungen wie beispielsweise die Altersbegrenzung von 70 Jahren bei Schöffen liegen in der Verantwortlichkeit des Bundes. Dazu muss man sagen, dass sich der Bundestag bereits seit 2007 mit diesem Thema beschäftigt. Die Altersbegrenzung für Ärzte ist ja, wie Sie ja auch richtig aufgenommen haben, inzwischen aufgehoben. Im März letzten Jahres hat die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ein Gutachten zu Altersgrenzen und gesellschaftlicher Teilhabe in Auftrag gegeben. Das wird in der nächsten Zeit veröffentlicht werden.

Dieses Gutachten soll unter anderem eine Bestandsaufnahme in Deutschland bestehender Altersgren

zen enthalten, die ein Ausschlusskriterium für gesellschaftliche und relevante Tätigkeiten älterer Menschen darstellen. Und das Gutachten soll auch aufzeigen, in welchen Bereichen derartige Altersgrenzen bestehen, die dahinterstehenden Gründe und Motive beschreiben und die für die Bewertung ihrer Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit erforderlichen Grundlagen liefern. Das heißt, die Bundesebene arbeitet bereits an der Thematik. Ich würde in dem Zusammenhang auch gern anregen, dass wir die Ergebnisse dieses Gutachtens im Zusammenhang mit Ihrem Antrag im Ausschuss gemeinsam diskutieren.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Franzen und erteile für die SPD-Fraktion das Wort der Frau Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Garg, was in Sachsen funktioniert, das funktioniert auch in Schleswig-Holstein. Warum soll man nicht einen Antrag, den der sächsische FDP-Landtagsabgeordnete Holger Sastrow im November des vergangenen Jahres im dortigen Landtag stellte, weiter verwerten?

(Zurufe)

Doch nun zur Sache. Im uns jetzt vorliegenden Antrag der FDP wird die Landesregierung unter anderem aufgefordert, Altershöchstgrenzen in Gesetzen und Verordnungen des Landes zu erfassen, eine Aufforderung, deren Sinn wir genauer überprüfen sollten. Nach dem Ende ihres Berufslebens orientieren sich viele Menschen neu. Sie möchten weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben, Kenntnisse und Wissen nutzen und weitergeben, aber auch neue Erfahrungen machen und Kontakte knüpfen. Etwa 580.000 Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind über 65 Jahre alt, rund 20 % unserer Gesamtbevölkerung. Mit ihnen gemeinsam, mit ihren Interessenvertretungen muss ständig überprüft werden, ob die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land auch ihren Anliegen gerecht wird.

Kommen wir aber diesen Anliegen näher, wenn wir dem FDP-Antrag folgen?