Minister Döring begrüßt den geplanten Netzverkauf von E.ON, Vattenfall prüft den Verkauf, Gazprom könnte Interesse bekunden, Pensionsfonds und Infrastrukturfonds könnten ebenfalls Interesse bekunden. - „Vorsicht“ kann ich da nur sagen. Das Schlimmste wäre eine Atomisierung der Netze. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist gegen Netzverkauf. Ich schließe mich aus guten Gründen der Bundeskanzlerin an.
Meine Damen und Herren, die Redezeit geht leider dem Ende entgegen, sodass ich auf die sozialen Kriterien für die Strompreisgestaltung nicht weiter eingehen kann. Lassen wir uns vom Bericht der Landesregierung in der 45. Tagung überraschen. Vielleicht findet der Bericht Brücken, über die wir
alle gehen können, um Kohle- und Kernenergie noch zu nutzen, dann ab einem bestimmten Zeitraum durch erneuerbare Energien zu ersetzen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte über eine umfassende Strategie zur Energie- und Klimaschutzpolitik ist die zentrale Frage für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Darüber haben wir hier schon des Öfteren debattiert und unterschiedliche Auffassungen über den richtigen Weg in eine Zukunft mit erneuerbaren Energien und ohne Atomkraftwerke und zusätzliche fossile Kraftwerke dokumentiert.
Folgerichtig haben sich in den Ausschüssen diverse Sachanträge angesammelt, die in der Großen Koalition zwischen SPD und CDU unterschiedlich beurteilt werden; das ist unvermeidlich. Wir haben uns daher verständigt, nicht länger eine Klein-KleinDiskussion über Details der künftigen Energie- und Klimaschutzpolitik zu führen, sondern erst einmal einen umfassenden Berichtsantrag an die Landesregierung zu stellen, in dem alle Aspekte der zukünftigen Energieversorgung und für den Klimaschutz des Landes dargestellt werden sollen. Ich hoffe sehr, dass die Landesregierung ihre vom damaligen Wirtschaftsminister Austermann in seinem „Grünbuch“ - richtigerweise wohl eher kohlelastigen „Schwarzbuch“ - niedergelegten Energieleitlinien überdenken wird.
Mit dem Berichtsantrag sind aus meiner Sicht folgerichtig die offenen Sachanträge zunächst erledigt, sie sind aktuell abzulehnen. Die in ihnen verfassten Ideen werden aber neu aufgerufen und sind dann neu zu diskutieren, wenn uns eine neue Grundlage von der Landesregierung vorgelegt wird. Diese Diskussionsgrundlage haben wir für die 45. Tagung beantragt. Das bietet der Landesregierung die Chance, neue Entwicklungen darzustellen und ihre Vorstellungen zu überprüfen. Dazu werden wir hier im Plenum im September die Diskussion führen.
Meine Damen und Herren, ich will der notwendigen Diskussion nicht zu weit vorgreifen, aber aus meiner Sicht steht schon heute fest: Ein weiteres
Wir brauchen den politischen Mut zu einem konsequenten Umlenken auf die drei einzig tragenden Zukunftssäulen: Energieeinsparung, Energieeffizienz, vor allem über moderne Kraft-Wärme-Kopplung in dezentralen Kraftwerken, und erneuerbare Energien in allen Facetten und mit aller Kraft.
Mit einer ambitionierten Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz und dem engagierten Ausbau der erneuerbaren Energien kann Deutschland seine Klimaschutzziele erreichen, die Abhängigkeit von Energieimporten drastisch vermindern und Wirtschaft und Beschäftigung einen kräftigen Schub geben. Einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bedarf es dabei nicht. Darauf werde ich bei TOP 40, Gespräch über abgeschaltete AKW, noch zurückkommen.
Diese mutige Strategie für mehr erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz führt nicht nur zu geringeren Energiekosten für Deutschland, sondern auch zu mehr Wachstum und Beschäftigung. Denn Investitionen in den Klimaschutz erhöhen die Nachfrage nach inländischen Umweltgütern, während gleichzeitig mehr Geld im Inland verbleibt, statt für den Import von Kohle, Öl, Gas und Uran ins Ausland zu fließen. Effizienzmaßnahmen wie die Gebäudesanierung sind zudem beschäftigungsintensiv. All das schafft Wachstum und Beschäftigung.
Da wir heute im Kern nur einen Berichtsantrag stellen, der uns die Diskussionsbasis im September schaffen soll, und wir zu den einzelnen Anträgen schon in erster Lesung gesprochen haben, halte ich die vorgesehene Redezeit von zehn Minuten für zu lang. Ich kürze daher meine Redezeit bewusst ab und freue mich auf die intensive Diskussion zum dann vorliegenden Bericht im September - dann gern mit 10 Minuten Redezeit, um einen Weg in eine Zukunft voller Energie in Schleswig-Holstein zu diskutieren und gemeinsam zu beschließen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Olaf Schulze und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte die angemeldete Redezeit mitnichten für zu lang, sondern ich halte sie dem Thema, nämlich der zukünftigen Energieversorgung, für geradezu angemessen. Ich finde, geradezu unangemessen ist die Art und Weise, in der die Große Koalition mit den Anträgen der Opposition zur Energiepolitik umgegangen ist.
Am 2. Juli 2008 hat meine Fraktion von der Landesregierung die Vorlage der energiepolitischen Leitlinien für Schleswig-Holstein eingefordert. Die Forderung war klar und eindeutig: Wir wollten ein abgestimmtes Handlungskonzept zur zukünftigen Energie- und Klimapolitik der Landesregierung vorgelegt bekommen. Ich denke, das ist das gute Recht des Parlaments. Wir haben der Landesregierung einige Orientierungshilfen mit auf den Weg gegeben, die energiepolitischen Leitlinien sollten auf den Ausführungen und Zielsetzungen des Grünbuchs „Schleswig-Holstein Energie 2020“ aufbauen und die umfangreichen Bemerkungen und Forderungen der eingesetzten Expertenrunde aus der Energiewirtschaft aufgreifen. Die Schwerpunkte dieser energiepolitischen Leitlinien und damit die konkretisierte Umsetzung des Grünbuchs sollten in den Bereichen Energieeffizienzsteigerung, Energieeinsparung, Netzsicherheit, Umweltverträglichkeit und Restbedarfsdeckung liegen. Die Entwicklung der zukünftigen Energieversorgung sollte dabei auf der Basis folgender Eckpfeiler - das sage ich, weil von der Großen Koalition immer gesagt wird, von der Opposition komme nichts - erfolgen:
Erstens optimierte Nutzung von konventionellen und regenerativen Energien, um eine Verminderung des Primärenergieeinsatzes und der CO2Emissionen durch einen entsprechenden Energiemix zu erreichen, zweitens Reduzierung des finanziellen Aufwands für die Energieerzeugung und -nutzung und damit die Verringerung der Verbrauchspreise durch eine verstärkte Ausschöpfung der Energie und der Energieeffizienzpotentiale, drittens Förderung von dezentralen Lösungen und von Lösungen mit gekoppelter Strom- und Wärmegewinnung, viertens diskriminierungsfreier Zugang zum Fernwärme- und Stromnetz für unterschiedlicher Anbieter und damit Förderung von Wettbewerb im Energiesektor und schließlich fünftens Reduzierung der bürokratischen Hemmnisse für die Entwicklung, Förderung und Nutzung innovativer und effizienzsteigernder Formen der Energieerzeugung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem dieser Antrag zu energiepolitischen Leitlinien Ihrer Landesregierung über ein halbes Jahr im Wirtschaftsausschuss lag, hat die Große Koalition aus CDU und SPD unseren Antrag am 4. Februar 2009 abgelehnt, und zwar ohne jede inhaltliche Diskussion. Stattdessen haben CDU und SPD einen Berichtsantrag mit identischem Titel präsentiert. Darin wollen sich die Abgeordneten von CDU und SPD nun von ihrer eigenen Landesregierung berichten lassen, was sie inhaltlich in unserem Antrag gerade abgelehnt haben. Dieses Verfahren verstehe, wer will.
Es zeigt aber eines - das haben auch die Redebeiträge der Vertreter der Großen Koalition gezeigt -: In der Großen Koalition gibt es weder eine gemeinsame Meinung über die zukünftige Energiepolitik Schleswig-Holsteins, noch haben sie den ausgeprägten Willen, endlich zu einer Lösung in dieser für uns alle zentralen Frage zu kommen. Auch die Landesregierung, Herr Minister Marnette, hat offensichtlich immer noch völlig unterschiedliche Auffassungen in Sachen Energiepolitik.
So hat Ministerpräsident Carstensen - mich freut es immer, wenn man etwas von ihm hört - am 11. Februar 2009 erklärt, er will Schleswig-Holstein zum Windenergieland Nummer 1 machen. Sein Energieminister sagt am selben Tag, nur mit erneuerbaren Energien lasse sich der schleswig-holsteinische Energiebedarf nicht decken, vielmehr müsse die Laufzeit der schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke
- ganz gemütlich! - verlängert werden, und es müssten dringend neue Kohlekraftwerke gebaut werden, am besten mit der Möglichkeit, das CO2 unterirdisch abzuscheiden. Dagegen laufen die Sozialdemokaten Sturm, die - das haben uns die vergangene Debatten gezeigt - die CCS-Technologie als Teufelszeug abstempeln und heute der Meinung sind, man könne darauf verzichten.
Ich freue mich immer sehr, wenn der Ministerpräsident oder einzelne Mitglieder der Landesregierung ihre persönliche Meinung über die künftige Energieerzeugung in Schleswig-Holstein kundtun. Bedauerlicherweise haben die beiden Koalitionspartner CDU und SPD als auch das Kabinett offensichtlich nach wie vor völlig unterschiedliche Auffassungen in Sachen Energiepolitik. Deswegen bleiben
es für mich persönliche Ansichten des Ministerpräsidenten oder des Wirtschaftsministers. Diese persönlichen Ansichten helfen uns bedauerlicherweise in der Energiepolitik keinen Schritt weiter. Für die Menschen in unserem Land, aber auch für die Wirtschaft wird die Frage nach der zukünftigen Energieversorgung immer wichtiger.
Die zukünftige Energieversorgung muss aus Sicht meiner Fraktion bezahlbar, sicher, verfügbar und ökologisch verantwortbar sein. Wenn wir eine klimaschonende, das heißt CO2-reduzierende Energiepolitik betreiben wollen, müssen fossile Energieträger, Öl und Gas, weitgehend substituiert werden. Neben den unbestritten notwendigen Einsparungen und Effizienzsteigerungen erfordert dies die Bereitstellung entsprechender klimafreundlicher Kraftwerkskapazitäten zur Stromproduktion. Der Atomausstieg, der im Übrigen Bestandteil des Koalitionsvertrages von CDU und SPD in Schleswig-Holstein ist, und das Alter der konventionellen Kraftwerke sorgen dafür, dass bis zum Jahr 2030 mehr als zwei Drittel der heute verfügbaren Leistung vom Netz gehen wird. Herr Ministerpräsident, ich denke, hier muss dringend eine Lösung her. Da reicht es einfach nicht, fröhlich zu verkünden, Schleswig-Holstein müsse wieder Windland Nummer 1 werden.
Ein dauerhafter Strombezug aus dem Ausland im Übrigen die logische Konsequenz jeder Verweigerungspolitik in der Frage der Energieversorgung kann politisch keine gewollte Alternative sein. Denn Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Und die Energieerzeugung muss zukünftig auch einen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten.
Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Nur gibt es auch heute keine Lösung, wie dem begegnet werden soll. Wir brauchen eine abgestimmte Strategie für einen Energieversorgungsmix, die sowohl die Klimaziele erfüllt als auch die starken Preissteigerungen der Energieträger berücksichtigt. Ein Sachstandsbericht der Landesregierung - und den auch erst im Herbst diesen Jahres - reicht doch nicht wirklich aus, um die Probleme anzupacken, die wir auf diesem Feld haben.
Aus Sicht meiner Fraktion müssen die vordersten Ziele sein, dass Schleswig-Holstein von ausländischen Energieimporten nicht abhängig wird und dass der Strom in Schleswig-Holstein für Verbrau
cher bezahlbar bleibt. Es ist falsch, die Kernkraft isoliert herauszustellen und sie als das Modell der Zukunft hinzustellen. Das ist sie mit Sicherheit nicht.
Es ist aber mit Sicherheit genauso falsch zu sagen, wir legen alle unsere Kohlekraftwerke still. Aus diesem Grund, Kollege Matthiessen, werden wir auch Ihre beiden Anträge, Abschied vom Kohlestrom und Unwirtschaftlichkeit von Kohlekraftwerken, ablehnen. Wir denken, diese Anträge führen uns in eine energiepolitische Einbahnstraße und machen abhängig von ausländischen Importen und verteuern mittelfristig den Strombezug.
Darüber hinaus ist die FDP-Fraktion der Auffassung, dass Technologien zur Abtrennung und Ablagerung von CO2 in absehbarer Zukunft dazu beitragen könnten, die bei der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern entstehenden klimaschädlichen CO2-Emissionen zu verringern. Deswegen wollen wir uns dieser technischen Möglichkeit nicht von vornherein berauben. Wir brauchen einen breiten Energiemix, in dem die Kernenergie schon allein aufgrund der derzeitigen Rechtslage eine Übergangstechnologie darstellen muss und in dem neue Kohlekraftwerke der neuesten Technologie mit der Möglichkeit der CO2-Abscheidung alte Kohlekraftwerke ersetzen.
Soll das Gesamtsystem langfristig preiswerter und effizienter werden und soll gleichzeitig eine ökologisch verantwortbare Energieversorgung europaweit mit zunehmend dezentral vernetzten Strukturen sichergestellt werden, muss in die Netze investiert werden. Dazu hätte ich mir ein paar Ausführungen des Kollegen Ritzek gewünscht.
- Von mir aus auch Fragen stellen. - Schließlich muss ein ausreichendes Maß an Wettbewerb im Bereich der Energieversorgung hergestellt werden. Das heißt ein Aufbruch der Oligopole, der Monopole und der Kartelle auf diesem Sektor.
Damit bin ich beim Antrag Trennung von Stromerzeugung und Leitungsnetz, dem man längst hätte zustimmen können.
Es ist eine faule Ausrede, dass dieser Antrag geschoben und geschoben wurde und jetzt in einen Berichtsantrag eingeklammert werden soll. Das ist geradezu lächerlich, um es deutlich zu sagen.
Aufgabe staatlichen Handelns und energiepolitischer Regelsetzung muss die Erhaltung beziehungsweise Herbeiführung wettbewerblicher Märkte sein.