Protokoll der Sitzung vom 27.02.2009

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Sehr gut!)

Ich habe immer wieder betont, dass die Auflösung kleiner Polizeistationen nach der Rasenmähermethode nicht infrage kommt. Dabei bleibe ich auch. Dies bedeutet jedoch keine immerwährende Bestandsgarantie für jede einzelne Polizeistation. Es hat auch in der Vergangenheit schon Schließungen gegeben. Die Auflösung einer kleinen Dienststelle wird auch künftig eine auf den Einzelfall bezogene und sachorientierte Entscheidung sein.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU - Herr Holger Astrup [SPD]: Sehr vernünftig!)

Das sieht der entsprechende Erlass auch so vor, und alle geplanten Organisationsänderungen stehen darüber hinaus auch unter dem ausdrücklichen Zustimmungsvorbehalt des Ministers.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es besteht kein Zweifel: Die Landespolizei muss ihre Organisation auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Organisationsaufbau und die Arbeitsabläufe sind davon gleichermaßen betroffen. Die Strategie 2012, das Projekt 2012 und meine an unsere Polizei gerichteten Leitlinien versetzen die Landespolizei in die Lage, ihre Organisation unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten in den näch

sten Jahren schrittweise fortzuentwickeln. Dies wird aber nicht mehr das Geschäft des Projektes Polizei 2012 sein, sondern ist nun Aufgabe des Landespolizeiamtes und der Polizeidirektionen vor Ort.

Ein kurzer Hinweis, weil es ja in dieser Woche durch die Medien ging, zu dem Artikel in den „Lübecker Nachrichten“: „Dorfpolizei werden die Streifenwagen weggenommen“. Die sogenannten einmännigen Polizeistationen hatten noch nie einen Anspruch auf ein Dienstfahrzeug und wurden deshalb auch generell nicht damit ausgestattet.

(Zuruf: Das stimmt!)

Zur Verfahrensweise bei Einsätzen ist Folgendes zu sagen: Zum Beispiel wird bei einem Verkehrsunfall von der Einsatzstelle in der Regel ein weiterer Streifenwagen zur Unterstützung entsandt. Somit wäre auch der Beamte einer einmännigen Station mit Zivilfahrzeug nicht allein und ungesichert. Müssen aufgrund der Einsatzsituation Sonderrechte - das ist der Einsatz von Blaulicht und Martinshorn - in Anspruch genommen werden, wird von der Einsatzleitstelle immer ein Streifenwagen entsandt. Das war die Praxis und wird auch immer die Praxis bleiben.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Minister. Es ist eine zusätzliche Redezeit von einer Minute pro Fraktion entstanden. - Für die antragstellende Fraktion, die FDP-Fraktion, hat der Vorsitzende, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was für ein Wandel durch den Wechsel des Innenministers!

(Beifall bei FDP und CDU)

Das sage ich nicht nur wegen Herrn Dr. Stegner mit besonderer Freude. Die Tatsache, dass er SPDFraktionsvorsitzender geworden ist, hat auch für die Polizei etwas Gutes.

Als wir Ende 2007 aufgrund eines FDP-Berichtsantrags die erste Debatte in diesem Haus zur Strategie 2012 bei der Landespolizei führten, war die entscheidende Frage, ob der Dorfsheriff in SchleswigHolstein künftig noch erhalten bleibt. Zweieinhalb Jahre später sind wir schlauer. Der Landesinnenmi

(Lothar Hay)

nister plant auch künftig, kleine, also ein- und zweimännige Stationen zu erhalten. So seine Bewertung des Abschlussberichts zur Strategie 2012. Das ist eine gute Nachricht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das ist übrigens eine Meinung, die von mehr als 90 % der Bevölkerung - quer durch alle Lager und Parteien - geteilt wird. Man muss sich aber ernsthaft fragen, warum man eigentlich so lange an der Strategie 2012 geprüft hat. All die positiven Bewertungen über die Bedeutung der kleinen ländlichen Polizeistationen im Bereich Prävention und Kriminalitätsbekämpfung, die die Landesregierung heute in ihren Antworten auf unseren Berichtsantrag oder aber auch in ihren Antworten auf entsprechende Kleine Anfragen abgegeben hat, waren schon vor zweieinhalb Jahren bekannt. Genauso wenig ist die Landesregierung in der von ihr selbst aufgeworfenen und im Rahmen der Strategie geprüften Frage der Begrenzung der Polizei auf ihre Kernaufgaben weitergekommen. Hier ist im Rahmen der Diskussion lediglich eine teilweise Auslagerung der DNA-Überprüfung auf private Anbieter und der Verzicht auf die Begleitung von Schwerlasttransporten aufgeführt.

Was der Abschlussbericht zur Strategie 2012 hingegen deutlich dargelegt hat, ist der personelle und in der Sachausstattung bestehende Investitionsstau bei der Polizei und der Reformstau der Ausbildung und Attraktivität des Polizeiberufs. Das will ich noch einmal ausführen. Der Bericht führt aus:

Erstens. Die Landespolizei leidet bereits heute unter einem Personalmangel von mindestens 160 Stellen. Herr Minister, wir erwarten gelegentlich eine Auskunft darüber, wie diese Lücke, die Herr Kollege Rother als strategische Lücke bezeichnet hat, die in Wahrheit aber bereits eine Sicherheitslücke ist, geschlossen werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Die Ausstattung insbesondere im Bereich der PDAFB ist teilweise mangelhaft. Einige der Abgeordneten, die an einer Diskussionsveranstaltung teilgenommen haben, konnten sich davon auch visuell überzeugen.

Drittens. Es muss in die Attraktivität des Polizeiberufs investiert werden, um Nachwuchskräfte zu gewinnen, und zwar schleunigst.

Viertens. Die Ausbildung ist zu reformieren, insbesondere die sogenannte Aufsteigerausbildung aus dem mittleren Dienst in den höheren Dienst muss überprüft werden.

Auch hier kann die FDP-Fraktion feststellen, dass dies keine wirklichen Neuigkeiten sind. Wir haben bereits durch unsere Große Anfrage zur künftigen Entwicklung der Alters- und Personalstruktur bei der Polizei im Jahr 2007 festgestellt, dass die Polizei derzeit personell unterbesetzt ist und dass wir den Polizeiberuf attraktiver gestalten müssen, wenn wir die Herausforderungen im Rahmen der demografischen Entwicklung bewältigen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben ferner festgestellt, dass sich dieses Problem in den Jahren 2015 bis 2020 deutlich zuspitzen wird, weil dann eine erheblich geringere Anzahl an Schulabgängern zu erwarten ist und der Ausbildungsmarkt härter umkämpft sein wird. Wir haben bereits vor Jahren im Rahmen der Diskussion um die Einführung der zweigeteilten Laufbahn darauf hingewiesen, dass die kostenintensive Aufsteigerausbildung auf den Prüfstand gehört. Wer nur einmal ein Gespräch bei der PDAFB in Eutin geführt hat und sich dort die Schulungsfazilitäten angesehen hat, konnte leicht feststellen, dass dort Investitionsbedarf besteht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Sehr verehrter Herr Innenminister, lieber Herr Kollege Hay, wenn wir uns heute einmal anschauen, wie die Diskussion über die Bezahlung von jungen Lehrern zwischen den Bundesländern geführt wird, dann kann ich Ihnen voraussagen, was mit der Bezahlung von jungen Polizeibeamten zwischen den Bundesländern passieren wird, wenn wir nicht schleunigst die Attraktivität der Ausbildung steigern und mehr ausbilden, als wir es gegenwärtig tun, dann schaffen wir uns Probleme, die wir im Jahr 2015 und in den darauffolgenden Jahren nicht bewältigen können.

(Beifall bei der FDP)

Als Fazit zur Strategie 2012 bleibt festzuhalten, dass im Prinzip zweieinhalb Jahre lang für Unruhe in der Polizei gesorgt wurde. Es wurden zweieinhalb Jahre lang Kapazitäten bei der Polizei in Anspruch genommen. Herausgekommen ist nur allzu Bekanntes, wenn man sich regelmäßig mit der Materie beschäftigt. Nun muss auch einmal Reformruhe bei der Polizei herrschen, damit sie sich selbst wieder organisieren und mit ihren eigentlichen Aufgaben beschäftigen kann, die andere sind, als lediglich dauernd sich selbst zu reformieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der erste Jubel über das Bekenntnis des Innenministers zum Erhalt des Dorfsheriffs hat sich bereits gelegt, da bahnt

(Wolfgang Kubicki)

sich neues Unheil an. Überall im Land werden derzeit Polizeifahrzeuge abgezogen, immer zuerst bei den kleinen Stationen. Herr Innenminister, ich bin dankbar, dass Sie auch dies anders als Ihr Vorgänger in einer vernünftigen Aktion aufgegriffen und festgestellt haben, dass die Einsatzfähigkeit von Polizeistationen selbstverständlich erhalten bleiben muss, die einmännig oder zweimännig sind.

(Beifall bei der FDP)

Ein Austrocknen der kleinen Stationen über die Sachausstattung machen wir auf keinen Fall mit. Das betrifft übrigens auch die Frage der Ausstattung mit moderner elektronischer Ausrüstung.

Darüber hinaus erreichen uns Berichte aus der Polizei, die auf Schwierigkeiten bei der Bestreifung an Kriminalitätsschwerpunkten durch den Abzug von Polizeifahrzeugen hinweisen. Das werden wir näher erörtern. Vor diesem Hintergrund müssen wir noch einmal genau das Fahrzeugbedarfskonzept der Polizei beleuchten.

Ein letztes Wort möchte ich noch zur Wiederbesetzung der Polizeistation Langenhorn in Nordfriesland sagen. Der Bürgermeister der Gemeinde ist heute anwesend. - Herr Petersen, wir begrüßen Sie ganz herzlich. Meine Fraktion hält eine Wiederbesetzung dieser seit dem 1. Dezember 2008 verwaisten Polizeistation für richtig. Dafür spricht allein schon die dortige Kriminalstatistik. Wir können auch feststellen, dass mit der Bevölkerung im Ort keinesfalls Einvernehmen über die Pläne zur Schließung der Station herbeigeführt wurde.

Die Gemeindevertretung - das finde ich bemerkenswert - hat hierzu eine klare Resolution einstimmig beschlossen und dem Landtag zur Kenntnis übersandt. Nun muss das Ministerium darüber entscheiden. Dabei kann der Innenminister beweisen, dass sein Bekenntnis zu den Dorfsheriffs kein Lippenbekenntnis war, sondern sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort orientiert. Herr Minister, wir werden Sie auf diesem Weg unterstützen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Peter Lehnert das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Innenminister Lothar Hay herzlich zu bedanken.

(Beifall bei CDU und SPD)

Er hat mit dem uns heute vorliegenden Bericht dafür gesorgt, dass sich die durch seinen Vorgänger verursachte Unruhe innerhalb und außerhalb der Polizei gelegt hat.

(Beifall bei CDU und FDP)

Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass sich der Innenminister bei der Frage der Polizeipräsenz in der Fläche der Position der CDU vollständig angenähert hat und einen Rückzug aus den ländlichen Räumen genauso ablehnt, wie wir ihn ablehnen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Die verbindlichen Leitlinien, die der Innenminister jetzt herausgegeben hat, sind ein geeigneter Ausgangspunkt für die weitere Diskussion. Zu begrüßen ist beispielsweise, dass regionalen Besonderheiten bei der weiteren Entwicklung landesweiter Standards Rechnung zu tragen ist. Auch eine verstärkte Ausrichtung an kriminalgeografischen Räumen kann im Einzelfall sachgerecht sein. Außerdem wird festgestellt, dass die Arbeit des Landeskriminalamts mit hoher Kompetenz und Einsatzbereitschaft geleistet wird und es keine Ansätze für interne oder externe Veränderungen gibt.

Im Bereich der Aus- und Fortbildung halte ich es für nachvollziehbar und sinnvoll, endlich Änderungen bezüglich der Doppelausbildung im mittleren und gehobenen Dienst mit oftmals identischen Unterrichtsinhalten herbeizuführen. Die damit verbundenen Einsparpotenziale sollten im Bereich der Polizei verbleiben und dort zu konkreten Verbesserungen der Personalstruktur genutzt werden.

(Beifall bei der CDU)