Protokoll der Sitzung vom 27.03.2009

- Natürlich liegt das an den Fluggesellschaften.

Ich bleibe aber bei der von der Landesregierung bisher vertretenen Position zu einem Flughafenneubau. Die Option eines Flughafens Kaltenkirchen muss aus den von mir geschilderten Gründen meines Erachtens nach wie vor offengehalten werden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Zwar genügt uns derzeit der Hamburger Flughafen mit seinem Aufkommen von circa 12,8 Millionen Passagieren und rund 80.000 t Fracht. Die bisherigen Prognosen gehen dahin, dass die Passagierzah

len um 4 bis 5 % und die Frachtraten um 6 % jährlich wachsen. Es ist davon auszugehen, dass die derzeitige Wirtschaftskrise, die natürlich auch ihre Auswirkungen hat, nur einen vorübergehenden Dämpfer darstellt und dass das Verkehrswachstum 2010 oder 2011 wieder anzieht.

Der Flughafen Hamburg selbst ist überzeugt, dass seine Kapazitäten absolut ausreichen, um die für 2020 prognostizierten knapp 18,3 Millionen Passagiere abzufertigen. Aber wir können das Erweiterungspotenzial des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsraumes nicht an das langfristig begrenzte Erweiterungspotenzial von Hamburg-Fuhlsbüttel koppeln, wir müssen uns auch davon befreien und weiterdenken.

Der derzeit einzige überregionale Flughafen in Schleswig-Holstein ist der Flughafen LübeckBlankensee, der 2008 ein Aufkommen von etwas über 540.000 Passagieren aufwies und - davon bin ich überzeugt - erhebliches Potenzial hat. Denn er hat ein sehr gutes Einzugsgebiet, und - das muss man einfach sehen - Hamburg wird zu irgendeinem Zeitpunkt limitiert sein. Ob dieses Potenzial erschlossen werden kann, ist in erster Linie abhängig vom Fortgang des Planfeststellungsverfahrens. Der Planfeststellungsbeschluss eröffnet dem Flughafen große Entwicklungsmöglichkeiten. Er wird derzeit bekannt gemacht, eventuelle Klageverfahren sind abzuwarten.

Auch bedarf es voraussichtlich ab 2009 eines neuen Investors und vor allem langfristiger Start- und Landeverträge. Dafür müssen wir auch ein bisschen werben, damit wir interessierte Investoren in dieses Land bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Unser zweitgrößter Flughafen, Sylt, hatte 2008 ein Aufkommen von 153.000 Passagieren und ist damit um 12 % gewachsen. Ob die Konzepte zur zivilen Mitnutzung des Flughafens Jagel verwirklicht werden können, steht derzeit noch nicht fest, aber wir haben immerhin einen interessierten Investor.

Die weiteren Flughäfen wie zum Beispiel Helgoland, Husum, Kiel haben natürlich nur regionale Bedeutung, sind aber dennoch wichtig.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Was wäre Helgoland ohne den Flughafen? Was wäre die Windmesse in Husum ohne die Flughafenanbindung? Das ist eine essenzielle Größenordnung. Oder was wären die Organtransplantationen am UK S-H ohne die Flughafenanbindung in Kiel?

(Minister Dr. Werner Marnette)

(Beifall bei der CDU)

Was sind die Punkte, die wir im norddeutschen Flughafenkonzept gemeinsam zu bearbeiten haben? - Herr Garg, ich stimme Ihnen zu, genau das muss der Weg sein. Wir müssen uns belastbare Prognosen beschaffen für Angebot und Nachfrage im Luftverkehr in Norddeutschland. Hier spielen auch die technologische Entwicklung und die absehbaren Infrastrukturvorhaben über den norddeutschen Raum hinaus eine ganz bedeutende Rolle. Angebot und Nachfrage sind nicht nur quantitativ zu bewerten, sondern auch im Hinblick auf die Nutzer der Luftverkehrsanbindung. Welches sind die Bedürfnisse der Geschäftsreisenden, der Transportwirtschaft oder der Urlauber? Möglicherweise bringt auch die Fehmarnbelt-Querung für den Raum Lübeck und den Flughafen dort neue Interessenten.

Eine wesentliche Frage ist die nachhaltige Finanzierung der Flughäfen und ihr wirtschaftlicher Betrieb. Bei negativem Ergebnis sind auch Umwidmung, Schließung oder Beschränkung von Flughafeninfrastruktur durchaus Optionen.

Die regionale Bedeutung der Flughäfen und der Luftfahrtindustrie im Norden ist daher zu bewerten. Fragen zum Umweltschutz und Lärmschutz werden beantwortet werden müssen. Dies betrifft im Übrigen ganz besonders den Flughafen Hamburg. Hier werden die bisherigen Lärmschutzprogramme im Umfeld bewertet werden müssen.

Die Auswirkungen des Emissionshandels auf den Luftverkehr werden auch hier eine Rolle spielen. Die Sicherstellung ausreichender Verkehrsanbindung der Flugplätze - Stichwort Intermodalität wird eine große Rolle spielen. Die Anbindung des Lübecker Flughafens an den Regionalverkehr und die Autobahn ebenso wie die S-Bahn-Anbindung von Hamburg-Fuhlsbüttel sind meines Erachtens gelungene Beispiele.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Die Landesregierung wird auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage mit den anderen norddeutschen Ländern langfristige Ziele und Maßnahmen entwickeln. Es gilt, auch gemeinsame Positionen gegenüber dem Bund - wie ich eingangs dargestellt habe - zu erarbeiten und ihnen stärkere Durchsetzungskraft zu verleihen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierungen können in einem Flughafenkonzept Ziele vorgeben, aber den in der Regel privaten Flugplatzbetreibern können wir das Geschäftsmodell nicht vorschrei

ben. Auch Kooperationen können nicht erzwungen werden. Kooperationen werden von Flughäfen eingegangen, wenn sie wirtschaftlich sind und die großen Luftverkehrsgesellschaften das Modell annehmen. Da liegt eben der Schlüssel.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Wir können allerdings Hilfen anbieten, die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, den potenziellen Investoren Unterstützung anbieten, die Genehmigungsverfahren zügig bearbeiten, für einen Ausgleich mit den Interessen der Anwohner und dem Umweltschutz sorgen.

Wo stehen wir aktuell? - Vertreter meines Ministeriums haben mit Hamburger Vertretern eine grobe Linie abgestimmt. Nun sollen die anderen drei Nordländer mit ins Boot geholt werden, um die Ziele für alle Flugplätze in Norddeutschland abzustecken. Danach wird die notwendige externe wissenschaftliche Untersuchung eingeholt. Das Konzept soll Mitte nächsten Jahres fertig sein und wird dann in den entsprechenden Gremien diskutiert werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Minister. - Es sind pro Fraktion zusätzliche Redezeiten von vier Minuten entstanden. Als Erster hat Herr Dr. Heiner Garg das Wort.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das musst du aber nicht ausnutzen!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Fraktionsvorsitzender Kubicki, ich brauche keine vier Minuten. Aber die Diskussion um Kaltenkirchen wollte ich doch noch einmal aufgreifen. Ich bin der Auffassung: Wir sollten uns auf das konzentrieren, was machbar ist. Ich halte die Option Kaltenkirchen für eine, die nicht machbar ist und die man deswegen nicht weiterverfolgen sollte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man Infrastrukturpolitik ernsthaft so diskutiert, wie das der Kollege Beran getan hat, kriegen wir in unserem Land nicht einmal mehr Kreisverkehre gebaut. Man kann sich doch nicht ernsthaft hier hinstellen und sagen: Ich will den Flughafen Kaltenkirchen nicht, aber wir brauchen irgendwo,

(Minister Dr. Werner Marnette)

vielleicht östlich von Hamburg, meinetwegen auch auf schleswig-holsteinischer Seite noch einen Flughafen. - Das ist die schlimmste Form der Kirchturmpolitik. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir das überwunden haben, denn - das sage ich noch einmal - auf diese Art und Weise kriegen wir in Zukunft kein Stück Umgehungsstraße geschweige denn wirklich notwendige Infrastrukturmaßnahmen finanziert. Ich bitte herzlich, in Zukunft von solch weitreichenden Vorschlägen Abstand zu nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächstes hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. In Frankfurt-Hahn - das liegt erstaunlicherweise bekanntlich in Rheinland-Pfalz, gilt aber als Teil von Frankfurt - wurde angekündigt, der Flughafen wäre im Plus, wenn er 2 Millionen Fluggäste im Jahr hätte. Jetzt hatte er bereits 4 Millionen. Das Defizit ist kontinuierlich gewachsen, weil die Gebühren nicht kostendeckend waren. Je mehr Personen flogen, desto mehr Aufwand trat auf. Ryanair, die auch in Lübeck fliegt, hat klar gesagt, sie sei mit einer Erhöhung der Flughafengebühren nicht einverstanden; dann ginge sie weg. Ergebnis war, dass der private Investor in FrankfurtHahn, nämlich die Frankfurter Flughafengesellschaft, ausgestiegen ist und das Land RheinlandPfalz diesen Flughafen für 1 € gekauft hat, um die Defizite allein zu tragen. Ich wünsche dem Land Rheinland-Pfalz viel Spaß dabei. Ich wünsche aber nicht, dass in Schleswig-Holstein das Gleiche passiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist völlig offensichtlich. Wenn man sich die Entwicklung des Flughafens Lübeck in den letzten Jahren anguckt und die Kurven, wie viele Fluggäste geflogen sind und wie viele Zuschüsse gezahlt worden sind, ansieht

(Martin Kayenburg [CDU]: Ich denke, Sie haben einmal Mathematik studiert!)

und sieht, wie viele Zuschüsse gezahlt worden sind, stellt man fest: Je mehr Fluggäste geflogen sind, desto mehr Zuschüsse gab es. Wir haben also genau die gleiche Entwicklung wie in Frankfurt-Hahn. Von daher ist völlig logisch, dass das Ganze auf

Dauer ein Zuschussgeschäft ist, und es völlig unsinnig ist, dort weiter zu investieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Acht Flughäfen in Deutschland werden überleben. Acht Flughäfen, so sagen alle Studien, so sagt auch die Lufthansa, befinden sich in der Gewinnzone. Alle Regionalflughäfen werden sich nicht rentieren. Je mehr das ICE-Netz für 300 bis 400 km/h ausgebaut wird - was in der nächsten Stufe passieren wird -, desto klarer wird, dass die regionalen Flughäfen keine Chance haben und überflüssig sind.

Letzter Punkt. Damit wende ich mich an den Ministerpräsidenten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Chefsache!)

Herr Ministerpräsident, eben ist hier mitgeteilt worden, dass der Wirtschaftsminister dieses Landes den Flughafen Kaltenkirchen bauen will. Ich frage Sie: Ist das die offizielle Position der Landesregierung? Trägt das Ihr Koalitionspartner mit?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Lesen Sie den Koalitionsvertrag!)

Als Nächstes hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort. Ich habe zwei Minuten oder einen Kurzbeitrag zu bieten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Kurzbeitrag!)

- Gut, Kurzbeitrag.