Protokoll der Sitzung vom 15.07.2009

(Beifall bei der FDP)

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es ein guter Beitrag ist, um zu mehr Waldfläche in SchleswigHolstein zu kommen, denn nach wie vor ist Schleswig-Holstein das waldärmste Flächenland in Deutschland. Allen Ankündigungen und auch Fördermitteln zum Trotz hat sich diese Situation in den letzten Jahren kaum verbessern lassen.

Führt man sich im Gegenteil vor Augen, dass ausweislich des letzen Waldberichts der Landesregierung die Erstaufforstungsfläche in den Jahren 2003 bis 2007 gerade einmal gut 1000 Hektar umfasst hat, aber noch fast 30.000 Hektar fehlen, um das angestrebte Ziel von 12 % Waldanteil an der Landesfläche zu erreichen, wird deutlich, wie wichtig, wie dringend es ist, neue Wege für mehr Neuwaldbildung in Schleswig-Holstein zu wagen. Die Regelung zur Umwandlung von Wald gemäß § 9 ist da ohne Frage ein guter Ansatz.

(Sandra Redmann)

Weniger gelungen sind dagegen die Ansätze zum Betretungsrecht, das der Minister nunmehr einführen will und an dem er auch nach der Verbandsanhörung durch die Regierung bislang nichts Wesentliches geändert hat. Die FDP-Fraktion hatte sich seinerzeit differenziert dafür ausgesprochen, dass das Betreten des Staatswaldes am Tage grundsätzlich uneingeschränkt erlaubt sein soll

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- nun warte mal noch! - und im Körperschaftswald und im Privatwald das Betretungsrecht auf Waldwege beschränkt sein sollte, es sei denn, die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer stimmen einer Betretung der übrigen Waldflächen zu. Das war unser Vorschlag, um die Erholungsinteressen der Bevölkerung, aber auch die Eigentumsinteressen der Einzelnen zu wahren.

Der Minister hatte diesen Vorschlag mit Hinweis auf zu viel Bürokratie abgelehnt und bietet stattdessen heute Verbote. Ich habe erhebliche Zweifel, dass das die geeignetste Lösung ist.

Allerdings habe ich auch Zweifel - und bin deshalb bereits sehr gespannt auf die Beratungen im Ausschuss -, ob das im Gegensatz dazu geforderte allgemeine Betretungsrecht eine gute Lösung für unsere schleswig-holsteinischen Wälder ist. Nur zu gut erinnere ich mich noch an die vielen fachlichen Bedenken, die im Zusammenhang mit der rot-grünen Einführung des Betretungsrechts geäußert worden sind, sei es vom Landesnaturschutzbeauftragten, dem BDF, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald oder der Projektgruppe Seeadlerschutz. 2004 waren sie alle der Meinung, dass es den anerkannt kleinen Wäldern im Lande besser täte, als störungsfreie Räume in ihrer Gesamtheit gesichert zu werden - ein Aspekt, der sich jetzt auch in der Begründung zum Gesetzentwurf wiederfindet.

Haben sich diese Bedenken nach vier Jahren Praxis mit dem Betretungsrecht in Schleswig-Holstein zerstreuen lassen? Hier brauchen wir deutlich mehr Informationen, statt vorschnell irgendwelchen „bösen Jägern und Waldbesitzern“ den Schwarzen Peter zuzuschieben, wie es Rot-Grün mit Rückendeckung des NABU getan haben.

Die Große Koalition muss mit ihrem „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ endlich aufhören. Die Anhörung im Ausschuss wird sicherlich für mehr Klarheit sorgen und dann hoffentlich zu einem guten Landeswaldgesetz führen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bereits vor drei Jahren haben wir uns hier in diesem Hohen Hause intensiv mit unserem schönen Landeswald beschäftigen müssen. Damals hatte die Landesregierung versucht, den Wald meistbietend zu verkaufen, sozusagen den Heuschrecken zum Fraß vorzuwerfen.

(Zuruf der CDU: Na!)

Da hatten Sie die Rechnung allerdings ohne die Bürgerinnen und Bürger gemacht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In einer breit angelegten Volksinitiative liefen die Menschen dagegen Sturm, den Landeswald versilbern zu lassen. Schließlich musste die Landesregierung dem Druck nachgeben und ihre Pläne zu den Akten legen. Das war ein schöner Erfolg für die Natur und für die Demokratie.

Meine Damen und Herren, damals bereits haben wir Grüne davor gewarnt, und gefordert: Die Gemeinwohlbelange und die ökologische Qualität der Wälder müssen berücksichtigt beziehungsweise bewahrt werden. Mit dem vorgelegten Entwurf zur Änderung des Waldgesetzes versucht „Bauernminister“ von Boetticher wieder einmal, die Axt an den Wald zu legen.

(Lachen bei der CDU)

Die Haupterrungenschaft der Landesregierung im vorgelegten Gesetzentwurf ist das sogenannte Wegegebot. Spaziergänger sollen brav auf den Waldwegen bleiben. Begründet wird dies mit Naturschutzargumenten. In der Brut- und Setzzeit soll nicht betreten werden. Es gibt aber gar keine negativen Erkenntnisse aus der bisherigen Praxis mit Betretungserlaubnis. Es gibt keine Störungen, keine Konflikte. Hier soll unter der Überschrift „Entbürokratisierung“, Herr Minister, etwas geregelt werden, wo es gar keinen Regelungsbedarf gibt. Die Naturschutzverbände, der Kreistag Plön und selbst der Landkreistag lehnen das Wegegebot entschieden ab. Herr Minister, ich hätte mich gefreut, wenn Sie die breite Presselage und diese Stimmen zitiert hätten, als an einen einsamen Artikel eines verirrten

(Günther Hildebrand)

„taz“-Redakteurs in Ihrer Argumentationsnot anzuknüpfen,

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SPD und SSW)

weil das eben nicht zu mehr Schutz für die Natur führt, wie vom Ministerium behauptet. Nur wenige Waldbesucher gehen abseits der Wege, und die Wanderer, die den Wald betreten, gehen schonungsvoll mit diesem Recht um. Sie üben Rücksicht. Das ist - Herr Minister, hören Sie zu - Naturschutz mit den Menschen, wie die CDU es immer fordert.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Jetzt erfindet die CDU jedoch kleinkarierte Verbote gegen die Menschen, gegen die Bürger, denen sie offensichtlich nicht vertrauen. In einer Pressemitteilung warnte der Kollege Ha- merich - Sie haben es eben wieder gehört -, dass die Tiere in ihren Brut- und Setzzeiten durch Pilz- sammler gestört werden könnten. Hallo, Herr Hammerich. Wann sammeln Sie denn die Pilze? Ich mache das überwiegend im Herbst. Wann haben wir die Brut- und Setzzeit? Die haben wir im Frühsommer und im Frühjahr, aber nicht dann, wenn die Pilzsammler durch die Wälder strei- fen. (Dr. Heiner Garg [FDP]: Im CITTI Markt!)

- Oder wie Herr Kollege Garg im CITTI Markt. Das ist schön.

(Heiterkeit)

Die Natur wird nicht beeinträchtigt. Das zeigt die Erfahrung der letzten vier Jahre, aber auch die in allen anderen Bundesländern, in denen es kein Wegegebot gibt.

(Zuruf von der SPD)

Bei besonders zu schützenden Stellen des Waldes wie zum Beispiel Brutstätten können wir auch heute schon Maßnahmen ergreifen, die zu einem Verbot des Betretens führt. Der Seeadlerschutz ist ein prägnantes Beispiel für den Erfolg solcher Naturschutzstrategien.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aufhebung des Wegegebots und die Einführung des Betretungsrechts in der letzten Legislaturperiode war auch eine Maßnahme zur Verschlankung und zur Entbürokratisierung.

Erstens. Ein Verbot wurde damit aufgehoben. Den Bürgern wurde mehr Freiheit eingeräumt. Gleichzeitig konnten jedoch 56 Erholungswaldverordnungen aufgehoben werden. Herr Minister, wollen sie diese wieder einführen? Der Schutz der Natur ist offensichtlich nur ein vorgeschobenes Argument, um gewissen mit der CDU verbundenen Kreisen Recht zu tun oder deren Interessen zu begegnen. Dass es mit Naturschutzgedanken in Ihrem Hause nicht weit her ist, beweisen Sie mit weiteren Änderungen im Gesetz.

(Zuruf von der CDU: Na ja! - Minister Dr. Christian von Boetticher: Da ist Waldmeister drin!)

Meine Damen und Herren, wegfallen sollen nach dem Wunsch des Landwirtschaftsministeriums das Verbot der Aussetzung genetisch modifizierter Pflanzen, der Verzicht auf zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen, zum Beispiel in Moorgebieten, das Verbot der Düngung im Wald und - das finde ich am gravierendsten - der Erhalt von Alt- und Totholz, das einen ganz wichtigen Beitrag und Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt in unseren Wäldern darstellt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das ist ein weitgehender Abbau ökologischer Standards, eine Schwächung des Allgemeinwohls.

Dieser Gesetzesentwurf steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen, ökologischen Nutzung des Waldes, und er steht im Widerspruch zu dem Recht, dass Bürgerinnen und Bürger den Wald frei nutzen und sich dort erholen können.

Betretungsrecht ist Bürgerrecht. Wir halten eine Neufassung des Gesetzes für vollkommen überflüssig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich dem Kollegen Lars Harms das Wort.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wo gehst du denn Pilze sammeln? - Lars Harms [SSW]: So wie du im CITTI Markt!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der größte Unmut im Zusammenhang mit diesem Entwurf wurde verursacht, indem das Be

(Detlef Matthiessen)

tretungsrecht nun wieder aufgehoben werden soll, zwar zeitlich begrenzt, aber es soll aufgehoben werden.

Für den SSW möchte ich deutlich machen, dass wir seinerzeit die Öffnung des Betretungsrechts kritisch gesehen haben. Zum einen, weil Schleswig-Holstein das waldärmste Flächenland ist und der Wald daher vor menschlicher Inanspruchnahme grundsätzlich zu schützen ist, und zum anderen weil aus unserer Sicht die seinerzeit bestehende Regelung klarer formuliert. Dort war ganz klar geregelt, dass das Betreten des Waldes grundsätzlich auf die Waldwege beschränkt ist und als Ausnahme nur die Erholungswälder galten.

Nun legt uns die Landesregierung einen Entwurf vor, der Ausnahmen für das Betretungsverbot vorsieht für die Waldbesitzenden, für Personen, die die Ziele des Artenhilfsprogramms umsetzen und zu Kartierungszwecken von Vogelschutzgebieten tätig sind sowie für die Jägerschaft. Allen anderen Personen wird untersagt, die Waldwege zu verlassen. Mit anderen Worten: Spaziergänger dürfen die Waldwege nicht verlassen, bewaffnete Spaziergänger dürfen den Wald aber uneingeschränkt betreten.

(Heiterkeit)

Begründet wird dies damit, es diene dem Schutz von Teilen der Tierwelt vor Beunruhigung in Zeiten, in denen diese durch Störung besonders gefährdet sind. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist ein bewaffneter Jäger kein ruhestörendes Element?

(Minister Dr. Christian von Boetticher: Das kann doch nicht wahr sein!)