Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

(Beifall bei der FDP)

Dass die SPD da auch noch auftritt und erzählt, dass es um eine Stärkung des Ehrenamtes gehe dann hätte sie das Gesetz doch gar nicht erst einbringen müssen! Was hier vorgelegt worden ist, bedeutet, dass die Öffentlichkeit des Verwaltungsausschusses, des ehemaligen Hauptausschusses, abgeschafft wird. Was hat das denn mit Stärkung von Ehrenamt zu tun?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Dass Sie Parteilosen oder Abgeordneten von Parteien, die nur als Einzelne in den Kreisrat gewählt werden, das Rede- und Antragsrecht nehmen wollen, was das mit Stärkung von Ehrenamt zu tun hat, verstehe ich überhaupt nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Was Sie da gemacht haben, dient lediglich der Stärkung der großen Parteien und der Ausschaltung von kleinen. Das ist undemokratisch, und das können wir nicht mittragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich fasse die Initiative der Expartner zusammen: Lediglich auf die Abschaffung eines Stücks Demokratie konnte sich die ehemalige Große Koalition als kleinster gemeinsamer Nenner noch einigen. Damit setzt sie der Unfähigkeit und Erfolglosigkeit

ihrer vierjährigen Regierungszeit die Krone auf. Meine Fraktion wird das Gesetz ablehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Heute werden wir einen Fehler in unserer Kommunalverfassung beheben und die Abschaffung der Direktwahl der Landräte und Landrätinnen in die Wege leiten. Die Einführung der Direktwahl von Landräten war gegen das kommunalpolitische Ehrenamt. Da soll man sich nichts vormachen. Das ist für uns entscheidend gewesen.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Dieser Schritt konnte nur gelingen, weil auf die ursprünglich geplante Einführung des Verwaltungsausschusses auf Kreisebene verzichtet wurde, die gleichzeitig mit der Abschaffung der Direktwahl verabschiedet werden sollte. Das war richtig und im Interesse der Sache auch der bessere Weg. Die Stellungnahmen der Kreise haben den enormen Beratungsbedarf bei diesem Punkt gezeigt. Auch der SSW hat bereits frühzeitig dieses neue Gremium kritisiert, das in geheimer Sitzung die Geschicke des Kreises bestimmen sollte.

Hinzu kommt, dass es unserer Meinung nach noch weiteren Beratungsbedarf gibt, auch bei der Frage, wie das kommunalpolitische Ehrenamt nachhaltig zu stärken ist. Es ist also gut, dass der Verwaltungsausschuss erst einmal vom Tisch ist. Die Einführung des Verwaltungsausschusses ohne mündliche Anhörung durchzuführen, das wäre der falsche Weg. Das wäre in der jetzige Situation wirklich ein Skandal gewesen.

Andererseits wäre dieser Umweg völlig überflüssig gewesen und die Abschaffung der Direktwahl hätte schon längst umgesetzt sein können, wenn die Regierungskoalition im Jahr 2006 einem Gesetzentwurf des SSW gefolgt wäre.

(Beifall beim SSW)

Schon damals lagen die Defizite der Direktwahl kommunaler Verwaltungschefs auf der Hand. An dieser Situation hat sich nichts geändert, nur dass

die Wahlbeteiligung noch tiefer gesunken ist und das politische Ehrenamt noch mehr unter der Vormacht des Verwaltungschefs leidet. Ich rufe in Erinnerung: Bei Landräten und hauptamtlichen Bürgermeistern reden wir von Verwaltungschefs, aber nicht von anderen kommunalpolitischen Funktionen.

Der Zeitdruck, der schon im Dezember dazu führte, dass das Vorschaltgesetz innerhalb einer Sitzung durchgepeitscht werden musste, hätte also vermieden werden können, wenn die Regierungsfraktionen eher Einsicht bewiesen hätten. Genau da liegt jedoch das Problem. Die Regierungsfraktionen haben jahrelang die Augen vor der Verschiebung der Macht auf der kommunalen Ebene weg vom Ehrenamt hin zum Hauptamt verschlossen. Sie haben sinkende Wahlbeteiligungen und die Verschiebung der Machtbalance in den Kreisen tatenlos geschehen lassen. Sie sind jahrelang nicht in die Puschen gekommen. Der historische Fehler der Einführung der Direktwahl wird heute in allerletzter Sekunde behoben.

Dennoch ist nicht einzusehen, warum die Große Koalition einen Fehler behebt und gleich einen neuen macht, nämlich die Unterscheidung zwischen gewählten Landrätinnen und Landräten einerseits und den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern andererseits. Beide - Bürgermeister und Landräte - stehen der Verwaltung vor. Das habe ich schon mehrmals hervorgehoben; denn das wird von den Befürwortern der Direktwahl immer wieder vergessen. Beide werden mit sinkender Wahlbeteiligung gewählt, und beide verfügen auf Kosten der gewählten Gemeindepolitiker über eine wachsende politische Macht.

Es mag sein, dass die Zahl der Sonnenkönige reduziert worden ist, doch das Problem bleibt weiterhin bestehen. Dennoch ist der eingeschlagene Weg richtig. Doch die Abschaffung der Direktwahl der Landräte kann nur der Anfang einer Neubesinnung auf das kommunale Ehrenamt sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Aufgabe in der nächsten Legislaturperiode.

(Beifall beim SSW)

Im Rahmen der verbliebenen Redezeit erteile ich dem Herrn Abgeordneten Peter Lehnert das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss nun doch noch einmal ans Rednerpult treten, weil Herr Kollege Eichstädt zum wiederholten Male Behauptungen aufgestellt hat, die wir in den Ausschussberatungen und darüber hinaus schriftlich wiederholt widerlegt haben.

Es ist eine Mähr zu behaupten, dass die Auffassung, die ich hier vorgetragen habe, nur die Auffassung der Landräte sei. Dies ist vielmehr eine einmütige Auffassung der Ehrenamtler und der Hauptamtler im Landkreistag. Sie haben uns eindringlich darum gebeten, eine mündliche Anhörung durchzuführen und in aller Ruhe die Beratungen in der nächsten Legislaturperiode fortzusetzen. Dies ist nicht nur ein Wunsch der Landräte, sondern ein breit gefächerter Wunsch vor allen Dingen auch der Ehrenamtler.

Der Kreistag Nordfriesland hat uns allen eine Resolution vorgelegt. Wir nehmen diese Resolution ernst. Deswegen handeln wir so, wie wir heute handeln.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Innenminister Rainer Wiegard das Wort.

Rainer Wiegard, Finanzminister und Innenminister:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf beruht auf der am 12. Dezember 2008 erfolgten Verabschiedung des Vorschaltgesetzes zur Neuregelung der Wahl der Landrätinnen und Landräte. Mit dem Vorschaltgesetz sind wesentliche Bestimmungen der Kreisordnungen, nach denen Neuwahlen einer Landrätin oder eines Landrates durchzuführen sind, außer Kraft gesetzt worden. Dieser Zustand kann natürlich nicht beliebig lange anhalten. Sowohl aus verfassungsrechtlichen Gründen als auch aufgrund der damit verbundenen sehr starken Belastung der stellvertretenden Landrätinnen und Landräte und damit des Ehrenamtes sind wir verpflichtet, eine Neuregelung zu schaffen.

Dies betrifft insbesondere den Kreis Steinburg, wo der Amtsinhaber am 31. August die Altersgrenze bereits überschritten hat und ausgeschieden ist. Dies betrifft besonders auch den Kreis Pinneberg, wo die Amtszeit von Landrat Dr. Grimme am

(Anke Spoorendonk)

30. September ausläuft. Deshalb ist die Entscheidung jetzt notwendig.

Weitreichende Neuerungen wie die Streichung des Hauptausschusses und die Einführung eines Verwaltungsausschusses in die Kreisordnung und damit veränderte Zuständigkeiten von Kreistagen einerseits und den Landräten andererseits bedürfen weiterer Erörterungen. Das haben insbesondere die schriftlichen Stellungnahmen der vom Innenund Rechtsausschuss angehörten Verbände und Institutionen deutlich gemacht. Diese Diskussion muss demnächst mit großer Sorgfalt und umfassend fortgesetzt werden.

Ich danke Ihnen sehr, dass Sie bereit sind, das Notwendige jetzt zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Ich lasse nun über den Gesetzentwurf, Drucksache 16/2766, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beitritt Schleswig-Holsteins zum europäischen Netzwerk „Gentechnikfreie Regionen“

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2858

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2646

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit der Drucksache 16/2858 wird beantragt, den Beschluss des Landtages über die Ausschussüberweisung des Antrags Drucksache 16/2646 aufzuheben und die zweite Lesung ohne einen Bericht und ohne eine Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses durchzuführen.

Ich lasse über diesen Antrag vorab abstimmen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Hand

zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für die antragstellende Fraktion Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir die Chance, dass SchleswigHolstein wieder dem europäischen Bündnis gentechnikfreier Regionen beitritt, um damit der künftigen Landesregierung wenigstens ein Stückchen den Weg in die richtige Richtung vorzugeben.

Vor etwas mehr als vier Monaten haben wir dieses Thema schon einmal diskutiert. In diesen vier Monaten hat es schon wieder zahlreiche Skandale mit irrtümlich freigesetztem Saatgut, gentechnisch verunreinigten Lebensmitteln und verunsicherten Verbraucherinnen und Verbrauchern gegeben.

Das europäische Schnellwarnsystem für Lebensund Futtermittel hat illegale Funde von gentechnisch veränderten Leinsaaten in Deutschland in Brot und Müsli gemeldet. Bei dem Gentechnikkonstrukt handelt es sich um eine sowohl herbizidtolerante als auch antibiotikaresistente Linie aus Kanada, die in der Europäischen Union keine Zulassung besitzt.