Protokoll der Sitzung vom 17.09.2009

Was wir zunächst machen müssen, ist, dass wir eine eigene Zuständigkeit erhalten; denn sonst sind das alles Deklamationen ohne sittlichen Nährwert. Wenn wir heute alle feststellen, dass in den Bundestagswahlprogrammen aller Parteien einschließlich der Grünen die Bundesebene vielleicht differenziertere Auffassungen hat als wir, dann ist die Annahme, wir würden mit einer Initiative dazu beitragen, bundesweit eine Regelung zu unseren Gunsten zu erhalten, ziemlich kindisch. Aber das, was wir erreichen können - auch mithilfe der anderen Länder -, ist, dass wir das Selbstbestimmungsrecht der Länder stärken, wenn wir sagen, wir wollen das selbst entscheiden. Wenn die Branden

(Dr. Ralf Stegner)

burger etwas anderes wollen, warum denn nicht? Warum wollen wir ihnen das vorschreiben?

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn die Niedersachsen etwas anderes wollen, warum denn nicht? Warum wollen wir ihnen das vorschreiben? Wir wollen unser eigenes Recht bekommen, darüber zu befinden, was bei uns rausgeholt oder eingebuddelt wird. Das ist der entscheidende Unterschied. Deshalb: Kommen Sie einmal runter von den Deklamationen!

Ich glaube nämlich, das ist die nächste Finte. Dann kommt der Genosse Stegner und sagt: Wir haben es ja versucht, aber leider haben wir es nicht geschafft. Er geht ja davon aus, dass die SPD im Bund mitregiert, in welcher Konstellation auch immer. Dann sagt er, die SPD auf Bundesebene hat sich leider gegen uns durchgesetzt. Genau das wollen wir verhindern. Wir wollen ein eigenes Recht für Schleswig-Holstein. Deshalb müssen Sie unserem Antrag zustimmen, oder Ihre Resolution ist nichts wert.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag - ich frage jetzt einmal Ursula Sassen, ob ich eine Wortmeldung gesehen habe

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

- gut - hat der Herr Abgeordnete Peter Harry Carstensen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Die Idee zu CCS ist mehr als zwei Jahre alt, sie ist von den Klimaforschern gekommen, unter anderem vom IPCC. Deswegen kann ich offenen Herzens und mit gutem Gewissen sagen: Ich bin nicht immer dagegen gewesen - wie viele andere, die hier sitzen, nach draußen gehen und schon vor zwei Jahren alles besser gewusst haben und sagen, sie seien immer schon dagegen gewesen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zweitens. Die rechtliche Umsetzung kommt von einem Herrn Gabriel, der, wie ich weiß, SPD-Umweltminister in Berlin ist, und gesagt hat: Wer gegen Kohle ist, ist für Kernenergie.

Drittens. Unser Ziel ist Strom aus regenerativen Energien, und daran arbeiten wir. Dieses Ziel wer

den wir auch erreichen. Aber wir wissen auch, dass wir die Lücken, bis wir dies erreicht haben, abdecken müssen. Es wäre unverantwortlich, wenn wir nicht darüber redeten.

(Beifall bei der CDU)

Viertens. Meinen Beitrag, auch meinen persönlichen Beitrag, habe ich zumindest als Bundestagsabgeordneter, aber auch hier geleistet. Herr Stegner sagt ja immer, dass wir 1990 gerade etwas über 0 % oder 1980 noch weniger hatten.

(Zurufe von der SPD)

- Nein, es stimmt nicht, es war gar nichts. Da war Growian. Nun mal gemach, gemach.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Der Growian hat nicht funktioniert. Der Growian ist von einer sozial-liberalen Koalition gebaut worden, wenn ich daran erinnern darf, Kollege Nabel. So alt sind Sie, dass Sie sich daran erinnern müssten. 60 Millionen DM waren damals im Haushalt ausgebracht, um Growian abzureißen. Das war das, was wir an regenerativen Energien von den Sozialdemokraten dann übernommen haben. Ich habe meinen Beitrag dazu geleistet, und viele andere auch.

Fünftens. In dieser Landesregierung gab es einen Bremser, als Dietrich Austermann eine Ausweitung von Windenergie haben wollte. Dieser Bremser war der Innenminister Ralf Stegner,

(Beifall bei CDU und FDP)

der damals die Landesplanung auf den Tisch gelegt hatte und nicht dazu zu bewegen war, mehr als 1 % der Landesfläche auszuweisen und Abstandsregelungen zu ändern.

(Beifall bei der CDU)

Sechstens. Für mehr Kohle tritt Herr Steinmeier ein, wie wir hören. Ich frage mich, wozu diese Kohle dann gebraucht werden soll. Daraus sollen ja sicherlich keine Figuren geschnitzt werden.

(Zuruf von der SPD: Sie wollen doch auch mehr Kohle!)

Siebtens. Nein, wir wollen den Ausstieg aus der Kohle beibehalten. Da sprechen Sie ruhig einmal mit den Leuten von der CDU in Nordrhein-Westfalen. Diesen Vorstoß hat Herr Steinmeier gemacht, als er dort aus der Grube kam. Es ist einzig und allein ein Vorstoß von der SPD und von keinem anderen.

(Wolfgang Kubicki)

(Beifall bei CDU und FDP - Zurufe von der SPD)

Achtens. Herr Müntefering, der, wie ich weiß, Ihr Bundesvorsitzender ist, hat in einem sehr lesenswerten Interview in den „Husumer Nachrichten“ gesagt: Stegner kümmert sich um Schleswig-Holstein, aber es wird ja wohl auch noch woanders in Deutschland Flächen geben, wo man CCS probieren und einsetzen kann.

Herr Kollege Carstensen, das ist ein Kurzbeitrag, und Sie sind schon eine halbe Minute über der Zeit!

Gut, dann bleibe ich bei acht Punkten, Frau Präsidentin. Sonst hätte ich noch etwas zu Bio-CO2 gesagt, und ich hätte noch etwas dazu gesagt, dass es mit mir kein CCS in Schleswig-Holstein geben wird, und ich wäre auch noch zu einem zehnten Punkt gekommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg, dann kommt Herr Hentschel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich mich - ob Wahlkampf oder nicht Wahlkampf mit allem Nachdruck gegen die Art und Weise verwahre, wie Herr Dr. Stegner versucht, in diesem Fall mich, üblicherweise den politischen Gegner zu diskreditieren, und weil ich mir die Art und Weise hier nicht gefallen lasse.

Ich verwahre mich mit allem Nachdruck dagegen, dass Sie hier den Versuch unternommen haben, ich hätte Herrn Professor Hohmeyer diskreditieren wollen. Ich habe das Gegenteil gesagt. Auch wenn Sie hier auf übelste Art und Weise - so wie es Ihnen zu eigen ist - versuchen, genau das Gegenteil erscheinen zu lassen. Ich habe klipp und klar gesagt deswegen sage ich das noch einmal -:

„Professor Hohmeyer ist Mitinitiator, Mitautor des Sonderberichts CCS des Weltklimarates IPCC. Der Weltklimarat hat sich in diesen Sonderberichten mit der Frage der CCSTechnologie intensiv beschäftigt und diese

grundsätzlich als geeignete Technologie mit bedeutetem Potenzial bezeichnet. Professor Hohmeyer … sagt, dass CCS perspektivisch interessant sein wird, denn dann müsse der Atmosphäre aktiv CO2 entnommen werden, um den Klimagasanteil zu stabilisieren. Professor Hohmeyer wird auch nicht müde darauf hinzuweisen, dass er eben gerade kein grundsätzlicher CCS-Gegner ist. Aber er sieht noch enormen Forschungsbedarf.“

(Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Dr. Stegner, auch wenn Sie weiterhin versuchen - ich werde Ihnen das klipp und klar auch nach jedem Wahlkampf sagen -, mich oder andere auf diese üble Art und Weise zu diskreditieren, werde ich Ihnen das niemals durchgehen lassen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Hentschel, es folgt dann Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal würde ich mir wünschen, dass es in diesem Haus einen gemeinsamen Antrag gibt, weil ich glaube, dass die beiden Anträge gar nicht so weit auseinander liegen. Die verschiedenen Wege, die man auf dem Weg zum Ziel beschreiten will, ergänzen sich eher, wobei man gucken muss, welchen Weg man beschreitet, möglicherweise den einen oder den anderen. Wenn es nicht zu einem gemeinsamen Antrag kommen sollte, bitte ich um getrennte Abstimmung. Dann werden wir beiden Anträgen zustimmen, damit beide Anträge im Haus eine Mehrheit finden.

Zweitens: Unterschiede zwischen CO2 aus Kohle und CO2 aus Biomasse sind hier vonseiten der CDU erfragt worden. Der Unterschied besteht darin: Wenn ich bei Kohle CCS-Technologie anwende, wird trotzdem erheblich CO2 produziert, und zwar netto immer noch mehr als bei der Gasverbrennung. Das ist kein Ausstieg aus der fossilen Energie. Wenn ich CO2 aus Biomasse versenke, dann bedeutet das, dass ich 100 % von dem CO2 versenke, was vorher durch die Biomasse aus der Atmosphäre herausgezogen wurde. Damit hat man eine Netto-Vernichtung von CO2. Das ist übrigens die einzige bekannte Möglichkeit, netto CO2 aus der Atmosphäre

(Peter Harry Carstensen)

wieder herauszuziehen. Das ist keine kurzfristige, sondern langfristig ist es eine spannende Angelegenheit.

Was wir ablehnen, ist, CO2-Versenkung als Legitimationsstrategie für Kohlekraftwerkbau zu nutzen, wie es massiv in den letzten Jahren versucht wurde. Dagegen werden wir weiter mit allen Kräften kämpfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzte Bemerkung zum Weltklimarat: Der Weltklimarat hat nicht immer Recht. Er hat Wege beschrieben, aber er hat auch Punkte benannt, die wir nicht teilen. Zum Beispiel hat sich der Weltklimarat durchaus auch für Atomkraft eingesetzt. Ich glaube aber, dass das eine falsche Strategie ist und nicht viel bringt. Darüber wird auch diskutiert. Herr Hohmeyer sieht das genauso wie wir. Auch er sieht eine Reihe von Punkten anders als der Weltklimarat. Das gilt auch für die CCS-Frage. Natürlich müssen auch die Berichte - der Weltklimarat setzt sich aus vielen Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Ländern zusammen - und das, was dort vorgeschlagen wurde, kritisch diskutiert werden. Wir glauben, dass wir als Bundesrepublik in all diesen Fragen eine gute Chance, aber auch Verpflichtung haben, Vorreiter zu sein. Ich glaube, wenn wir es schaffen, in diesen Fragen Vorreiter zu sein, werden wir letztlich sogar den Nutzen davon haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)