Wir haben uns in diesem Entwurf aber bewusst für nur eine Stimme entschieden. Der Grund: Das Sorgerecht der Eltern ist nach deutschem Recht nicht teilbar. Der Gesetzgeber hat es in allen Belangen ganz bewusst so geregelt, dass sich die Eltern einigen müssen. Es darf in den Belangen der Kinder kein Zerren geben.
Aus diesem Grundverständnis folgt, dass es für ein Kind nur eine Stimme geben darf. Zu dieser Auffassung ist der Petitionsausschuss einhellig gekommen. Deswegen bin ich etwas überrascht, dass sich die beiden Regierungsfraktionen jetzt anders entschieden haben. Ich bin auf ihre Begründung gespannt.
Ich beantrage die Überweisung des Gesetzes an den Bildungsausschuss und an den Innen- und Rechtsausschuss.
Ich danke dem Kollegen Karl-Martin Hentschel und erteile nunmehr für die Fraktion der CDU der Frau Abgeordneten Herold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gute Schule zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Schulleitung und Eltern konstruktiv zusammenarbeiten. Im Schulgesetz ist das Miteinander aller an der Schule Beteiligten geregelt. So finden hier auch die Gestaltungs- und Mitwirkungsrechte der Eltern ihren Niederschlag.
Der nun von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Antrag zur Änderung des Schulgesetzes in Bezug auf das Stimmrecht der Eltern ist auf der Grundlage einer Eingabe im Petitionsausschuss diskutiert worden. Festgestellt wurde, dass andere Bundesländer überwiegend Regelungen vorsehen, welche die Stimmzahl der Eltern von dem jeweiligen Kind ableiten. Der Petitionsausschuss schlägt zur Problemlösung vor, jedem Kind zwei Stimmen zuzuordnen, die von Alleinerziehenden oder von Elternpaaren abgegeben werden können.
Es gilt also durch eine Neuregelung des § 105 Abs. 4 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes unter Einbeziehung der Wahlordnung für Elternbei
Da die Schulgesetznovelle im nächsten Jahr ausführlich im Ausschuss sowie im Plenum ausführlich thematisiert und diskutiert werden wird, geht der Antrag der Grünen wieder einmal ins Leere.
Um im Verfahren klar zu bleiben, schlägt die CDUFraktion deshalb vor, den eingebrachten Änderungsvorschlag an den Bildungsausschuss zu überweisen und im Gesamtpaket im Rahmen der Novellierung des Schulgesetzes zu diskutieren.
Ich danke der Kollegin Susanne Herold und erteile nunmehr für die Fraktion der SPD dem Kollegen Detlef Buder das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir alle schon voller Vorfreude wissen, wird eines der wichtigsten Vorhaben des Jahres 2006 die Novellierung des Schulgesetzes sein. Wir freuen uns schon alle auf die lebhafte Debatte. Kollegen, die schon länger dabei sind als ich, haben mich gewarnt, dass ich mich als schulpolitischer Sprecher meiner Fraktion auf jeden Fall warm anziehen sollte, selbst wenn die Beratungen im August stattfinden. Denn es ist selbstverständlich, dass sich bei der Frage, wie die Schulen aussehen sollen, die unsere Kinder besuchen, nahezu jeder angesprochen fühlt. So soll das auch sein. Ein Schulgesetz kann nicht nur Sache der Bildungspolitiker sein, sondern muss eine umfassende Gesamtnovellierung und eine Weichenstellung sein, die Weiterentwicklungen unseres Schulsystems einschließt - worauf wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben –, muss die gesamte Gesellschaft betreffen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wir sind gespannt, was da kommt!)
- Sie werden gleich sehen, was dann kommt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben heute schon einmal eine Art Prequel zu der großen Beratungsserie des kommenden Jahres vorgelegt. Es geht um eine jener Fragen, von denen man immer meint, der Wortlaut des Gesetzes sei hinreichend deutlich, bei denen aber die tägliche Praxis zeigt, dass hier doch Stolpersteine liegen. Wir haben uns mit dieser Frage - das hat Herr Hentschel schon richtig bemerkt schon im Petitionsausschuss befasst und ein Votum
an das Ministerium weitergeleitet. Aber es ist wie alles im Leben: Hinterher ist man manchmal schlauer als vorher. Auch Meinungen entwickeln sich weiter.
Es geht um Folgendes: § 98 des Schulgesetzes regelt die Elternversammlungen der Schulklassen, die mindestens einmal im Jahr zusammenkommen sollen, regelt aber die Frage des Stimmrechts nicht ausdrücklich. Jedoch der Kommentar von Karpen und Lorentzen interpretiert das Gesetz dahin gehend, dass alle erschienenen Eltern „aus Gründen der Handhabbarkeit“ jeweils eine Stimme haben. Diese Praxis schafft Probleme. Sie privilegiert Elternpaare gegenüber Alleinerziehenden. Darüber hinaus regelt sie nicht, wie Eltern abzustimmen haben, die untereinander kontroverse Auffassungen haben.
Der Antrag der Grünen läuft darauf hinaus, das Stimmrecht nicht an der Zahl der erschienenen Eltern, sondern an der Zahl ihrer Kinder in der betreffenden Klasse zu orientieren und das Stimmrecht gemeinsam auszuüben. Für eine solche Regelung spricht, dass auch getrennte oder geschiedene Elternpaare die Pflicht haben, im Interesse ihrer Kinder ein Einvernehmen herzustellen.
Auf der anderen Seite kann in einer Elternversammlung durchaus eine kontroverse Frage aufgerufen werden, bei der der zeitliche Ablauf ein solches Einvernehmen nicht mehr zulässt.
Ein Blick in die Gesetzeslage und Praxis anderer Länder zeigt, dass hier eine sehr unterschiedliche Lage herrscht. Ein Modell, über das wir allerdings nachdenken sollten, ist die Möglichkeit, dass pro Kind zwei Stimmen zu vergeben sind, die gegebenenfalls auch von einem einzigen Elternteil abgegeben werden können. Das schafft auch für in der Sache uneinige Elternpaare die Möglichkeit, kontrovers abzustimmen. Über diese Alternativen müssen wir uns im Ausschuss unterhalten. Sie müssen Gegenstand der Anhörung sein.
Ich glaube, es wäre gerade gegenüber der Vielzahl von Verbänden und Institutionen unverantwortlich, die wir bei jeder Novellierung des Schulgesetzes anzuhören haben, ihnen für einen verhältnismäßig maginalen Punkt, der auch nicht eilbedürftig ist, ein eigenes Anhörungsverfahren zuzumuten. Ich beantrage namens meiner Fraktion daher, den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Bildungsausschuss zu überweisen und ihn dort so
wie in den mitberatenden Ausschüssen gemeinsam mit dem in absehbarer Zeit vorzulegenden Entwurf der Landesregierung für ein neues Schulgesetz zu behandeln und darüber zu beschließen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Gesetzentwurf zielt auf eine Neuregelung des Elternstimmrechts in Elternversammlungen an Schulen. Danach sollen die Eltern künftig für jedes Kind gemeinsam eine Stimme haben. Mit dieser Thematik hat sich unterdessen auch der Petitionsausschuss befasst. Das ist bereits erwähnt worden. Die Kolleginnen und Kollegen empfehlen ebenfalls eine Änderung der geltenden gesetzlichen Regelung.
Manchmal stößt man bei kleinen Umbauten gesetzlicher Regelwerke auf neue Fragen, so wie auch hier: Was passiert eigentlich, falls sich die Eltern bei der Ausübung des gemeinsamen Stimmrechts nicht einig sind? In einer Elternversammlung geht es oft um Ad-hoc-Entscheidungen, wo man keine langen Auszeiten nehmen kann. Von daher ist die Frage berechtigt, wie die Stimme für das jeweilige Kind abzugeben ist, ohne dass der Fortgang blockiert wird. Es ist vielleicht kein sehr häufig auftretender Fall. Aber wir haben im Bildungsausschuss die Möglichkeit, über denkbare Lösungswege noch einmal nachzudenken. Im Prinzip aber möchte ich seitens der FDP-Fraktion begrüßen, dass die Grünen mit ihrem Gesetzentwurf den Ball ins Rollen gebracht haben. Auch im Schulbereich ist es nach unserer Überzeugung notwendig und richtig, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Eltern weiter zu stärken.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich deren Vorsitzender, der Kollegin Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen schlagen in ihrem Gesetzentwurf vor, das Schleswig-Holsteinische Schulgesetz dahin gehend zu ändern, Eltern für jedes Kind, das sie in einer Klasse oder in einem Schuljahrgang haben, eine Stimme zuzurechnen. Leider geht aus dem Gesetzentwurf nicht direkt hervor, warum dies ausgerechnet jetzt geändert werden soll. Die Eingabe aus dem Petitionsausschuss kennen wir. Sie ist bereits angesprochen worden. Ich gehe davon aus, dass die vorgeschlagenen Änderungen als Teil der anstehenden Schulgesetznovelle aufzufassen sind.
Dabei erscheint es dem SSW wünschenswert, dass wir diese neue Regeln dann auch einvernehmlich beschließen. Das wäre für die ehrenamtliche Elternarbeit an unseren Schulen allemal das beste Signal, meine ich.
Verhehlen möchte ich aber auch nicht, dass wir inhaltlich von dem konkreten Vorstoß nicht ganz überzeugt sind. In der Demokratie gilt der Grundsatz eine Person eine Stimme. Es gibt niemanden, dessen Stimmzettel in der Wahlurne größere Chancen hat, sich durchzusetzen. Das ist ja auch gut so. Es muss mit anderen Worten ausgesprochen gute Gründe geben, diesen Grundsatz zu verlassen. Die sehe ich ehrlicherweise gesagt nicht.
Ich weiß, dass dieser Vorschlag auf eine Petition zurückgeht. Hinter dem vorgelegten Vorschlag der Grünen steht meines Erachtens die Auffassung, dass nicht die Eltern als bestimmend zu begreifen sind, sondern die Schüler. Eltern, die beispielsweise Zwillinge in einer Klasse haben, sollen laut Antrag auch zwei Stimmen einbringen können. Das verkehrt aber meines Erachtens das demokratische Prinzip der Elternvertretung an den Schulen. Leider ist es an vielen Schulen Praxis - das ist nämlich die andere Seite –, dass nur eine Handvoll Eltern überhaupt zu den Elternversammlungen kommt. Einige Mütter und Väter lassen sich während der gesamten Schulkarriere des Sprösslings überhaupt nicht an der Schule sehen und das oftmals bei Kindern, die jede Unterstützung benötigen. Das ist schlimm genug; denn die Schule bestimmt den Alltag und die Zukunft unserer Kinder.
Elternvertretung ohne Eltern ist daher aus unserer Sicht das ganz zentrale Problem, dem wir uns mit Nachdruck zu widmen haben. Das ist aus Sicht des SSW auch ein viel größeres Problem als die Frage, wie sich die Beteiligungsrechte von Eltern - ich sage mal - unter formalen Gesichtspunkten so gerecht wie möglich abbilden lassen. Etwas hochtrabend
formuliert gilt doch gerade im Bereich der Schule, dass Demokratie gelebt werden muss. Wer Demokratie nur als System betrachtet, hat schon von Anfang an verloren.
Natürlich muss es Spielregeln für Elternversammlungen und Elternbeiräte an Schulen geben. Darüber kann es überhaupt keine zwei Meinungen geben. Dazu gehört beispielsweise auch, dass sich Eltern nicht in die Angelegenheit der Lehrer einmischen und dass Elternvertretungen ihre Angelegenheiten selbstständig und allein regeln mit dem Ziel, dass Elternhaus und Schule vertrauensvoll miteinander umgehen können - ich möchte gern dieses Wort „vertrauensvoll“ noch einmal hervorheben –, sozusagen als gleichberechtigte Partner.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteilte ich der Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Frau Kollegin Anne Lütkes, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir als Fachanwältin für Familienrecht einen kurzen kostenlosen Rat an das Plenum zu geben. Das Sorgerecht ist nicht aufteilbar. Das gilt auch dann, wenn Eltern für Kinder im Bereich der schulischen Vertretung handeln.
Liebe Frau Kollegin, natürlich ist es eine Frage der Demokratie. Aber die Spielregeln, die eingeklagt werden, sind im bürgerlichen Recht bereits entwickelt. Ich finde es wirklich einen familienrechtlichen, einen familienpolitischen Fortschritt, dass im Rahmen der verschiedenen Formulierungen gerade dieses Gesetzes sehr klar geregelt worden ist, dass beispielsweise der Stichentscheid des Mannes im Sorgerecht nicht mehr gilt, dass sich Eltern einigen müssen, dass im möglichst nicht vorkommenden Streitfall das Familiengericht zu einer Entscheidung berufen ist.
Das alles ist hier auch deutlich zu sagen; denn es geht - darauf ist schon hingewiesen worden - um die Vertretung der Kinder, nicht um originäre Persönlichkeitsrechte der Eltern. Das machen wir hier mit unserem Vorschlag deutlich. Er ist auch
Gestatten Sie mir, liebe Kollegen von der CDU, den Hinweis: Da müssen wir auch berechtigt sein, selbstständig weiter zu denken, auch wenn wir wissen, dass die Regierung schon denkt; denn wir sind ins Parlament gewählt, um unsere Gedanken gegebenenfalls auch in Form eines Gesetzentwurfs vorzulegen.
Der geht nun nicht ins Leere, sondern an den Bildungsausschuss; das begreife ich nicht gerade als Leere. Das ist gut; diskutieren wir weiter. Aber bitte beachten Sie die Grundsätze des Familienrechts. Die sind nämlich durchaus verständlich.