Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Bildung für Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde nicht, dass das ein Thema ist, über das man sich ereifern oder gar streiten müsste, sondern ein Thema, bei dem es gelingen müsste, eine sachgerechte und angemessene Lösung zu finden.
Die jetzige Regelung im Schulgesetz hat sich in der Vergangenheit im Grundsatz bewährt; das muss man zunächst einmal sagen. Üblicherweise ist es so, dass ein Elternteil an den Elternversammlungen teilnimmt und dass dann gar keine Probleme entstehen. Aber es hat eben auch Situationen gegeben, die Anlass zu dieser Petition waren, etwa wenn bei knappen Entscheidungen durch die doppelte Stimme eines Elternpaares Entscheidungen in die eine oder andere Richtung ausgefallen sind oder wenn Alleinerziehende durch das Auftreten von Elternpaaren den Eindruck gewonnen haben, es könnte für sie eine Benachteiligung entstehen.
Zur Vermeidung derartiger seltener Grenzfälle, die es in der Vergangenheit gegeben hat, liegt nun ein Antrag auf Gesetzesänderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Er schlägt vor, dass Eltern pro Kind nur eine Stimme abgeben können. Das
entspricht auch der Empfehlung des Petitionsausschusses. Wir haben dieses Modell diskutiert. Für die anstehende Novelle des Schulgesetzes erwägen wir eher eine andere, weitergehende, ich finde, gerechtere Lösung. Danach sollen von jedem Kind zwei Stimmen abgeleitet werden. Das heißt, Alleinerziehende und einzelne anwesende Elternteile votieren jeweils mit zwei Stimmen für ihr Kind. Wenn Eltern zu zweit anwesend sind, haben sie jeweils nur eine Stimme. Wie bisher soll es kein Übertragungsrecht geben. Entscheidend soll nach wie vor die Anwesenheit sein. Diese Regelung, wie wir sie vorschlagen wollen, gilt derzeit in Hamburg, in Rheinland-Pfalz, in Berlin und in Brandenburg. Meine Damen und Herren, wir sollten sie sorgfältig diskutieren. Ich bitte darüber dann im Gesamtrahmen des Schulgesetzes abzustimmen.
Ich danke der Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es ist Überweisung an den Bildungsausschuss beantragt worden. Die weiteren Ausschüsse waren nicht spezifiziert. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen.
Änderungsantrag der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/455
Ich erteile zunächst dem Berichterstatter des Innenund Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.
Ich eröffne die Aussprache und erteile nunmehr für die Fraktion der CDU dem Herrn Abgeordneten Peter Lehnert das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Änderung des Landesverwaltungsgesetzes soll unter anderem die Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden vereinfacht werden. Es soll zukünftig Wahlfreiheit zwischen dem digitalen Informationsaustausch und der herkömmlichen Übermittlung von Informationen per Post bestehen.
In das nun auf den Weg gebrachte Gesetzespaket gehört aber auch die zeitlich unbefristete Anwendung der so genannten Rasterfahndung. Dabei geht es der CDU-Landtagsfraktion vor allen Dingen darum, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bestmöglich zu schützen. Dafür müssen wir den staatlichen Ermittlungsbehörden alle rechtsstaatlich zulässigen Mittel an die Hand geben, um möglichst schon vorbeugend Kriminalität zu verhindern oder aber bereits begangene Verbrechen umfassend aufzuklären. Wir halten es daher für zwingend erforderlich, im ständigen Kontakt mit unseren Ermittlungsbehörden und hier insbesondere unserer Polizei über die aktuellen Entwicklungen informiert zu werden.
Um eine möglichst effektive Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität zu gewährleisten, brauchen die Ermittlungsbehörden neben moderner technischer und ausreichender personeller Ausstattung auch gesetzliche Rahmenbedingungen. Diese bilden die Voraussetzungen für ein entschlossenes Vorgehen des Staates gegen das Verbrechen. Alle Maßnahmen, die die Koalition in diesem Bereich miteinander vereinbart hat, dienen dem Ziel, die Menschen in unserem Land noch effektiver vor Kriminalität zu schützen. Dabei gelten selbstverständlich alle rechtsstaatlichen Maßstäbe, die uns durch das Grundgesetz vorgegeben sind. Aber ich sage auch ganz deutlich, dass wir als CDU-Landtagsfraktion dabei den uns zur Verfügung stehenden Handlungsspielraum auch ausschöpfen wollen.
Die im Bereich der Landesgesetzgebung liegenden Gesetzesänderungen hat das Kabinett in einem umfangreichen Gesetzesgebungspaket vorgelegt und
dem Parlament zugeleitet. Gleiches gilt jetzt für die Entfristung der Rasterfahndung, die wir heute beraten. Wir begrüßen dabei ausdrücklich die Vorschläge der Landesregierung und des Innenministeriums.
Die andauernde Gefährdung hoher Rechtsgüter durch den internationalen Terrorismus, wie zuletzt die Anschläge in London und Sharm el Sheikh, rechtfertigen die unbefristete Fortgeltung der Norm. Wir können uns glücklich schätzen, dass eine vergleichbare Situation bisher in Deutschland nicht eingetreten ist; sollte eine solche Situation allerdings eintreten, muss der Rechtsstaat gewappnet und handlungsfähig sein.
Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, dass auch auf Bundesebene entsprechende Gesetzgebungsinitiativen in Gang gesetzt werden. Dabei möchte ich es für die CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßen, dass nach den Vereinbarungen von CDU/CSU und SPD die Kronzeugen-Regelung wieder eingeführt werden soll. Dies ist insbesondere zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein wichtiges Instrument.
Auch die automatische Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen, die Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr, anlassunabhängige Personenkontrollen, die Erweiterung der Möglichkeiten der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und die entfristete Rechtsgrundlage für die Rasterfahndung sind unabdingbare Erfordernisse zur wirksamen Verbrechensbekämpfung. Des Weiteren hält es die CDU auch für dringend erforderlich, die derzeitigen Einsatzmöglichkeiten der DNA-Analyse besser zu nutzen. Auf die Defizite, die die gegenwärtige DNA-Gesetzgebung für eine optimierte StraftatAufklärung und die vorbeugende Verbrechensbekämpfung aufweisen und die damit einem besseren Schutz der Bevölkerung entgegenstehen, hat die polizeiliche Praxis bereits seit Jahren mit Nachdruck hingewiesen.
Bei allen Maßnahmen geht es nicht um ideologische Forderungen von einigen rechtspolitischen Vertretern; vielmehr entsprechen sie den dringenden und nachdrücklichen Aufforderungen aus dem Bereich der Ermittlungsbehörden, also von Vertretern aus der Praxis der Verbrechensbekämpfung, die nun mehr politisches Gehör finden als bisher.
Unser Staat hat die Pflicht und Verantwortung, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes vor Kriminalität zu schützen. Dabei sollten wir alle nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zulässigen Mittel
anwenden und die berechtigten Anliegen von Polizei, Justiz und Kriminologie aufgreifen und mit Nachdruck vertreten. Die CDU-Landtagsfraktion wird dem vorgelegten Gesetzentwurf zustimmen.
Ich danke dem Herrn Kollegen Lehnert und erteile nunmehr für die Fraktion der SPD dem Herrn Kollegen Thomas Rother das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Veränderung der Zustellvorschriften, die wir mit der Änderung des Landesverwaltungsgesetzes vornehmen wollen, ist zwar umfangreich, aber nicht so furchtbar von politischem Interesse. Von Interesse ist hingegen die Entfristung der Rasterfahndung, die wir beschließen möchten. Das ist Teil eines Gesamtpaketes zur Effektivierung der Strafverfolgung, das Sie aus dem Koalitionsvertrag kennen und dessen zweiter Teil uns hier demnächst zur Beratung begegnen wird.
Die Rasterfahndung - Sie wissen es - ist nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 in Schleswig-Holstein befristet auf fünf Jahre eingeführt worden; regelmäßig war über die Durchführung der Maßnahme zu berichten. Die Befristung läuft Ende dieses Jahres aus, es muss also jetzt entschieden werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist leider nicht so, dass sich die neue Qualität terroristischer Anschläge nach dem 11. September 2001 verringert hätte. Die Anschläge von Madrid, London, Djerba und Sharm el Sheikh zeigen, dass diese Bedrohung auch in Europa und auch dort, wo sich Touristen, auch deutsche Touristen, aufhalten, real ist. Die Sicherheitsrisiken, die weltweit von der islamistischterroristischen Dschihad-Bewegung in all ihren Facetten ausgehen, sind weiterhin vorhanden. Auch Deutschland ist nach Auffassung der Sicherheitsbehörden Teil dieses Gefahrenraumes und die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft wird sicher nicht nur Sportfans interessieren.
Menschen und Organisationen in Schleswig-Holstein waren und sind allerdings nicht erkennbar in terroristische Strukturen eingebunden. Das ergab auch die hier durchgeführte Rasterfahndung. Die bundesweit angestellten Ermittlungsverfahren haben gezeigt, dass in ganz Deutschland von einem
zahlenmäßig nur schwer bestimmbaren Potenzial für islamistisch-terroristische Aktionen - mal ist von 100, mal von 300 Personen die Rede - auszugehen ist. Internationale Verbindungen und eine logistische Infrastruktur für Schleusung, Dokumentenfälschung und Finanzierung sollen vorhanden sein und genau hier sind die Ansatzpunkte für die Rasterfahndung. Allein schon die Existenz dieser Fahndungsmethode hat mit dazu beigetragen, dass der dadurch erzeugte Ermittlungs- und Verfolgungsdruck Gefahren von unserem Land und von den Menschen ferngehalten hat.
Um die Ermittlungsverfahren zu einem Erfolg zu führen, ist die Zusammenarbeit aller Sicherheitsbehörden erforderlich. Das Ausscheren eines Bundeslandes aus der Methode der Rasterfahndung würde dieses Fahndungsinstrument unwirksam werden lassen und wäre damit unverantwortbar. Daher werden wir den Änderungsantrag der vereinigten Opposition ablehnen.
Wir haben den mit der Rasterfahndung verbundenen Grundrechtseingriff möglichst gering gehalten: Richtervorbehalt, Berichtspflicht, Löschungspflicht und Einbeziehung der Datenschützer sind hierzu die Stichworte. Die andauernde Gefährdung rechtfertigt jedoch den Einsatz und die Intensität der Eingriffstiefe. Vergleichbare geeignete Instrumente, die weniger stark in Grundrechte eingreifen, fehlen. Vielleicht sagen Sie nachher etwas dazu.
Selbst die sonst bei den Eingriffen in Grundrechte so kritische FDP-Bundestagsfraktion erklärte am 9. Oktober 2001: Die Rasterfahndung habe sich in der Vergangenheit als wirkungsvolles Instrument der Gefahrenabwehr erwiesen; deshalb sollten die Länder von ihr Gebrauch machen.
Ihr innenpolitischer Sprecher, Herr van Essen, hat noch 2002 erklärt: Die FDP halte eine rechtsstaatlich solide Rasterfahndung für die Fahndung nach terroristischen Schläfern für unverzichtbar. Außerdem kritisierte er in diesem Zusammenhang scharf die Regelung in Schleswig-Holstein mit der Befristung der Rasterfahndung.
Selbst Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, eine der Liberalsten unter den Liberalen, hat am 1. April 2004 - ich hoffe nicht, dass das Datum dazu geführt hat, dass sie etwas Falsches gesagt hat - im Bundestag auf das Erfordernis eines eingeschränkten Umgangs und einer klaren Zweckbindung hingewiesen, die Maßnahme aber akzeptiert.
Umso mehr ehrt Sie hier natürlich Ihre aufrechte, aber tatsächlich etwas exotische Haltung gegenüber dieser Maßnahme.
Was die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Zusammenhang schon alles mit beschlossen haben - na ja.
Einen Kritikpunkt sollten wir aber nicht unter das Rednerpult kehren: In den beiden letzten Jahren hat es keine Rasterfahndung gegeben und die bundesweite Evaluation der Maßnahme, die für alle Maßnahmen aus den Sicherheitspaketen angekündigt war, steht noch aus. Es wäre gut gewesen, wenn wir die Ergebnisse der Evaluation noch vor der Beratung bekommen hätten. Aber da ist natürlich die neue Bundesregierung am Zug.
Ich danke dem Kollegen Thomas Rother. - Auf der Tribüne begrüße ich wiederum Schülerinnen und Schüler der Ernst-Barlach-Realschule aus Wedel mit ihren Lehrern. - Seien Sie uns herzlich willkommen!