Ich halte dieses Ansinnen ehrlich gesagt für befremdlich und ich finde es falsch. Im politischen europaweiten Wettstreit um Fördermittel finde ich es irrational, von vornherein freiwillig auf mögliche Förderoptionen zu verzichten.
Es kommt letztlich auch auf dieses Parlament an, was damit erreicht wird. Das Geld, das wir dann von der Europäischen Union erhalten, sollten wir unserer Auffassung nach genau dort einsetzen, wo es nach unseren Erkenntnissen am meisten bewirken wird, und zwar egal, wo es in Schleswig-Holstein ist. Hauptsache, es nutzt ganz Schleswig-Holstein. Ich sage es abschließend noch einmal: Wenn wir die Wirtschaftskraft, wenn wir die Dynamik für ganz Schleswig-Holstein verbessern und die Infrastruktur weiter ausbauen - da gebe ich selbstverständlich allen Vorrednern Recht, die auch die Infrastruktur im nördlichen Landesteil angesprochen haben -, dann nutzt das auch dem Norden
Schleswig-Holsteins. Ich glaube, es nutzt dem nördlichen Landesteil Schleswig-Holsteins mehr als ein Streit darüber, welche Zusammenarbeit möglicherweise in den Hintergrund geraten ist. Ich sage noch einmal, ich habe nicht den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit Dänemark von dieser Landesregierung - jedenfalls bislang - vernachlässigt wurde.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.
Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich muss leider in Bezug auf das, was die beiden großen Fraktionen beantragt haben und tendenziell auch von der FDP unterstützt wird, Salz in die Suppe streuen.
„Bei der auszubauenden Kooperation mit Hamburg müssen wir großen Wert darauf legen, dass unser Land nicht filetiert wird in einen reichen Süden und in einen armen Norden.
„Wir brauchen einen mit allen Entscheidungsträgern abgestimmten Masterplan für das Endziel einer Fusion beider Länder.... Gestalten wir diesen Prozess nicht mit, fallen weite Teile Schleswig-Holsteins in die wirtschaftliche Marginalisierung.“
So weit - Herr Carstensen ist nicht da, schade - Ihr Parteifreund, Berater und Chef der Unternehmensverbände Hamburg und Schleswig-Holstein.
Ich teile die Bedenken von Herrn Driftmann ausdrücklich. Und seinen Vorschlag, einen Masterplan zu erstellen, finde ich ausgezeichnet. Ich bedanke mich deshalb bei Anke Spoorendonk, dass
sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Mit ihren Bedenken, dass der Norden des Landes abgehängt wird, stimmen wir überein, auch wenn wir in der Frage des Nordstaates und der Konsequenzen daraus konträre Ansichten haben.
Meine Damen und Herren, es ist schon ein merkwürdiges Ding. Ministerpräsident Carstensen läuft im Lande herum und redet vom Nordstaat mal so und mal so. Am 2. November 2005 wird er im „Hamburger Abendblatt“ zitiert:
„Ich bin überzeugt, dass er kommt. Wenn man den Nordstaat wirklich will, ist es in zehn bis 15 Jahren zu schaffen.“
Dieses Zitat und auch die unterschiedlichen Äußerungen bei der CDU werfen bei mir die Frage auf: Was will er denn nun eigentlich? Will er den Nordstaat oder wartet er, dass er von alleine kommt?
Nachdem nun - das ist der entscheidende Punkt, über den wir reden müssen - am 1. Dezember letzten Jahres mehrere Verwaltungsabkommen mit Hamburg und Niedersachsen verabschiedet wurden, die letztlich genau das Gegenteil von dem enthalten, ist diese Frage akut geworden. In diesem Abkommen mit Hamburg und Niedersachsen wird in rasanter Weise die Metropolregion ausgebaut, ohne dass das restliche Schleswig-Holstein dabei einbezogen wird. Und die beiden Regierungsparteien im Landtag ignorieren diesen Prozess und legen einen Antrag vor, der zu keiner der aufgeworfenen Fragen und Probleme Stellung bezieht. So einfach darf man sich die Sache nicht machen.
Worum geht es? Die neuen Abkommen stärken einseitig Hamburg und die Metropolregion, ohne den Rest Schleswig-Holsteins dabei einzubeziehen. Dies wird zu einer Schwächung der peripheren Regionen im Landesteil Schleswig und Ostholstein sowie der schleswig-holsteinischen Städte außerhalb der Metropolregion führen. Da hat der SSW Recht.
Die neue Entscheidungsstruktur wird in der Praxis darauf hinauslaufen, dass Hamburg und die Randkreise sich gegenseitig absprechen, während das Land Schleswig-Holstein als Sachverwalter der Regionen außerhalb der Metropolregion in allen Gremien nur noch am Katzentisch sitzt.
Durch die Einrichtung der Geschäftstelle in Hamburg wird das operative Geschäft, das bisher im Innenministerium des Landes lief, aus der Landesregierung ausgegliedert. In Zukunft wird nur noch an Hamburg und das Umland gedacht. Die Ausweitung der Aufgaben der Metropolregion betrifft mittlerweile fast alle Politikbereiche: Wirtschaft,
Innovation, Verkehrspolitik, Elbvertiefung, Häfen, Wissenschaft und Kultur, Verwaltungsreform, Umweltschutz, Abfallpolitik und Ausgleichsflächen, Ausweisung von Naturschutzflächen sowie NATURA 2000 und die Meerespolitik. Damit verbunden ist der qualitative Übergang der Institution Metropolregion von einem ehemaligen Koordinierungsinstrument über die Landesgrenzen hinweg zu einer Einrichtung, die die Politik der Region in Zukunft in wesentlichen Parametern gestaltet.
Hamburg hatte schon immer das Interesse, das wissen wir, die gesamte Unterelbe zu kontrollieren. Dabei geht es insbesondere um die Koordinierung der Elbvertiefung, um die Verhinderung von ungewünschter Konkurrenz in Elbhäfen unterhalb von Hamburg, um die Bereitstellung von Ausgleichsflächen für Hamburger Bauprojekte in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und um die Abfallentsorgung. Bisher war Hamburg dabei immer auf Deals mit der Landesregierung in Kiel angewiesen, die das gesamte Land Schleswig-Holstein im Auge haben musste. In Zukunft ist das vorbei. Hamburg muss sich nur noch mit den Randkreisen einigen.
Meine Damen und Herren, in Zukunft soll die Metropolregion international gemeinsam auftreten. Stellen Sie sich das mal vor. Wenn Sie irgendwo in der Welt in eine deutsche Außenhandelskammer gehen, sei das in Hongkong, sei das in Amerika oder wo auch immer, dann werden Sie feststellen, es sind sowieso nur Bayern präsent, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Das werden Sie überall feststellen. Die anderen spielen keine Rolle. Was passiert jetzt? In Zukunft soll die gesamte Vermarktung der Metropolregion von Hamburg aus gemacht werden. Was bedeutet das für den Rest Schleswig-Holsteins? Das ganze Marketing, das Schleswig-Holstein jetzt macht, was Minister Austermann zurzeit mit seinen Fernsehspots betreibt, das kann er sich alles in die Tüte kippen. Das ist alles völlig lächerlich, wenn die gesamte Metropolregion mit viereinhalb Millionen Einwohnern gemeinsames internationales Marketing macht. Der Rest Schleswig-Holsteins kommt nicht mehr vor. Wenn Sie irgendwo im Ausland sagen, wir kommen aus Schleswig-Holstein und vertreten die Interessen Schleswig-Holsteins, dann fragen die Leute: Wo ist das? Und was sagen Sie dann? - Wir sind das Umland von Hamburg. Das ist doch das Normale, dann wissen die Leute, wo das ist.
Die Konsequenz ist meines Erachtens: Wenn wir ein gemeinsames Marketing mit Hamburg machen, dann muss das ganz Schleswig-Holstein mit
einbeziehen. Es kann sich nicht nur auf die Metropolregion beziehen, das geht nicht. Sonst passiert Folgendes: Alle Firmen außerhalb, auch die Branchen außerhalb, ob das das maritime Cluster ist, ob das die Windindustrie ist, ob das der Tourismus ist, sie werden sich im internationalen Marketing automatisch nach Hamburg orientieren, wenn wir so vorgehen. Von daher glaube ich, dass es ein falscher Weg ist, mit der Metropolregion ein Marketing zu machen und der Rest Schleswig-Holsteins davon getrennt ist. Das ist Unsinn.
Ein weiteres Vorhaben ist die einheitliche Präsenz aller Verwaltungen in der ganzen Metropolregion. Seit zwei Jahren arbeitet Hamburg daran, dass in der gesamten Metropolregion die Verwaltung vereinheitlicht wird, auch in den schleswig-holsteinischen Randkreisen. Ein tolles Vorhaben! Lübeck hat gerade gesagt, sie möchten mitmachen. Der Innenminister hat das untersagt. Er hat gesagt, das gehe nicht. Herr Saxe hat gerade dagegen protestiert. Was hier mittlerweile passiert, ist doch absurd. Wir reden über eine Verwaltungsstrukturreform und kommen nicht voran, unsere Kreise, unsere Gemeinden wollen nicht mitmachen, kommen nicht in die Puschen, und Hamburg mit der ganzen Metropolregion macht eine Verwaltungsreform. In jedes Rathaus in der Region soll in Zukunft jeder Bürger hingehen können, um seine Sachen zu erledigen. Das heißt, genau das, was wir in Schleswig-Holstein nicht vorankriegen, was wir nicht auf die Reihe kriegen, nämlich eine vernünftige regionale Organisation von Verwaltung, das passiert jetzt in der Metropolregion unter Anleitung von Hamburg, und der Rest Schleswig-Holsteins ist außen vor und es wird ihm noch - wie Lübeck - verboten, mitzumachen. Das ist doch eine absurde Veranstaltung.
Ein weiteres Thema ist der Förderfonds. In Zukunft sollen die Entscheidungen über die Projekte des Förderfonds nicht mehr mit Zustimmung der Landesregierung Schleswig-Holsteins fallen wie bisher, sondern das Parlament, also wir hier, sollen in einem Staatsvertrag entscheiden - das steht im Staatsvertrag, den wir gerade im Ausschuss haben drin -, dass wir uns verpflichten, ohne Kürzungen oder Haushaltsvorbehalt in den nächsten Jahren die Fördermittel für die nächsten 20 Jahre bereitzustellen. Ich weiß es nicht genau, ich glaube, es sind 15 Jahre.
Dazu soll sich das Parlament verpflichten, aber weder das Parlament noch die Landesregierung haben Verfügung über diesen Fonds. Verfügung hat allein eine Geschäftsstelle, die in Hamburg sitzt.
Was ist das für eine Vorstellung, die uns hier als neues Metropolabkommen geboten wird? So habe ich mir den Nordstaat nicht vorgestellt, Herr Austermann.
Die neue Struktur der Metropolregion ist der Verzicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung auf eine eigene Politik. Wenn in der Vergangenheit Hamburg etwas von Schleswig-Holstein wollte - seien es Flächen für Mülldeponien, Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen, die Elbvertiefung, Erholungsräume oder Wirtschaftsflächen -, dann musste Hamburg immer mit der Landesregierung verhandeln und die Landesregierung hat die Bedingungen Schleswig-Holsteins genannt. In Zukunft braucht man überhaupt nicht mehr mit der Landesregierung zu verhandeln, sondern man muss nur noch mit den Randkreisen reden. Die verhandeln das unter sich, der Rest Schleswig-Holsteins steht außen vor.
So haben wir uns den Nordstaat nicht vorgestellt. Die Alternative ist allerdings nicht - da bin ich anderer Meinung als der SSW -, dass wir gegen den Nordstaat sind oder uns von Hamburg abschotten und mehr mit Dänemark machen wollen. Die Alternative muss sein, dass wir für das ganze Land, von Flensburg und Husum bis nach Hamburg und möglicherweise darüber hinaus, eine gemeinsame Landesregierung haben, die die Interessen des ganzen Landes im Auge hat.
Ich denke, dass das auch für Mecklenburg-Vorpommern gilt, weil man dort die gleichen Probleme hat wie in Schleswig-Holstein.
Deswegen unterstützen wir den Vorschlag des Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu Kiel und des Unternehmerverbandes Schleswig-Holstein und Hamburg, einen Masterplan, also einen gemeinsamen Handlungsplan für das Zusammenwachsen der norddeutschen Länder zu erarbeiten.
Ja, ich habe es gehört. - Wir werden deshalb keinen der beiden vorliegenden Anträge zustimmen, sondern in einer der nächsten Landtagssitzungen einen
eigenen Antrag einbringen, der genau diese Thematik auf den Punkt bringt und die Frage, die Herr Driftmann angesprochen hat, zum Thema macht.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hentschel. - Bevor ich den Minister aufrufe, haben wir noch Kurzbeiträge abzuarbeiten. - Zunächst erteile ich deshalb Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Debatte nicht in die Länge ziehen, weil ich gerade gehört habe, dass wir nächstes Mal noch eine Debatte zu dem Thema führen werden. Das finde ich gut, denn es ist ein wichtiges Thema. Ich weiß, dass sich mein Kollege Lars Harms auch noch zu Wort gemeldet hat.