Protokoll der Sitzung vom 27.01.2006

Darum aus meiner Sicht nur noch: Ausgangspunkt unseres Antrages war das Standortkonzept der Landesregierung vom 28. November 2005. Ich bin der festen Überzeugung, dass Reisen bildet, und ich habe auch den Eindruck, dass sich die Rhetorik der Landesregierung seit dem 28. November 2005 etwas verändert hat. Sie ist differenzierter geworden und das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall beim SSW)

Richtig ist aber: Wenn man sich dieses Strukturkonzept ansieht, dann ist alles auf die Zusammenarbeit mit der Metropolregion Hamburg ausgerichtet. Und auch wenn ich die Schlussfolgerung des Kollegen Hentschel nicht teile, so teile ich doch große Teile seiner Analyse. Wir wissen doch alle, dass wir, wenn erst einmal Strukturen da sind, politisch nur noch hinterherhinken können. Darum ist es wichtig zu sagen: konkrete Zusammenarbeit mit Hamburg und den anderen norddeutschen Bundesländern ja, und zwar auf gleicher Augenhöhe. Dass man in allen möglichen Debatten aber jedes Mal anführt, man müsse auch sehen wie man am Besten fusionieren könne - gestern gab es eine Diskussion über die Weiterentwicklung des Schulsystems und es steht zu lesen, die Formulierung von Abituraufgaben für das Zentralabitur müsse künftig auch gemeinsam mit Hamburg geschehen -, das ist doch Tüdelkram.

(Zuruf)

- Das steht da drin, Frau Kollegin! Dass das angebahnt werden soll, steht genau in dem Bericht.

Ich habe vorhin das Beispiel mit den Gerichten genannt. Wer sich eine Fusion der Arbeitsgerichte vorstellt, muss wissen, dass es durchaus Unterschiede zwischen den beiden Bundesländern gibt. Wer sagt, wir müssten einfach darauf hinwirken, dass wir diesen Förderfonds bekommen, der muss auch das mit bedenken, was der Kollege Hentschel vorhin ansprach.

Es geht uns nicht darum, die eine Region gegen die andere auszuspielen. Das bringt nichts. Es geht uns darum, den Blick zu erweitern. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir alle mit einem großen Kopf ausgestattet sind, den wir auch bewegen können. Wenn man sich das Standortkonzept der Landesregierung ansieht, ist das in diesem Fall nicht passiert. Das ist unser Anliegen. Darum müssen wir ganz genau hingucken, wenn künftig von Fusionsplänen die Rede ist und festgelegt wird, wie die Zusammenarbeit mit Hamburg gestaltet werden soll.

Letzte Bemerkung: Im Finanzausschuss haben wir kürzlich diskutiert, wie es überhaupt mit Einsparmöglichkeiten bei konkreten Fusionsvorhaben aussieht. Die Eichämter machen zum Beispiel deutlich, dass man am Anfang nichts einsparen kann. Fusionen kosten erst einmal sehr viel mehr Geld. Auch hier muss man fragen, was eigentlich im Interesse Schleswig-Holsteins ist und wie wir sicher sein können, dass wir das in dieser Kooperation, in dieser Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe umsetzen können. Das sehe ich in der Diskussion nicht immer.

(Beifall beim SSW)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Abgeordneter Lothar Hay.

Frau Präsidentin! Mein sehr geehrten Damen und Herren! Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, mache ich einige zusätzliche Anmerkungen aus Sicht der SPD-Fraktion.

Wir sind ausgesprochen dankbar zu sehen, welch hohen Stellenwert die zukünftige Zusammenarbeit mit Dänemark für die Landesregierung hat. Das ist durch den Besuch des Ministerpräsidenten deutlich geworden. Damit ist auch ein Signal für eine verbesserte Zusammenarbeit mit der Region Syddanmark gesetzt worden. Ich will es einmal flapsig sagen: Ich bin froh, dass endlich die Ochseninseln

(Karl-Martin Hentschel)

verlassen wurden, obwohl ich das für eine idyllische Inselgruppe halte.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Auch mit einer Fehmarnbelt-Querung wird der Landesteil Schleswig immer noch einen Vorsprung von zehn Jahren haben. Da hilft es nicht herumzumäkeln. Das ist schon unter Marketinggesichtspunkten der vollkommen falsche Weg. Es sollte stattdessen die Stärke der Region dargestellt werden. Das kann man den Akteuren im Landesteil Schleswig nur immer wieder deutlich sagen und das sollten wir hier im Landtag auch beherzigen.

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beim SSW)

Es gibt kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit. Denken Sie an die Mats-Clausen-Studie. Nehmen wir sie doch endlich ernst und fangen an, sie umzusetzen. Ob in Zukunft auch noch eine europäische Förderung für den Landesteil Schleswig stattfindet, hängt entscheidend von der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland ab. Dänemark hat klar entschieden. Dort ist man bereit, für die drei Regionen eine weitere INTERREGFörderung zuzulassen. Das sind im Einzelnen der Landesteil Schleswig mit Sønderjylland, die K.E.R.N.-Region mit Fyns Amt und Ostholstein mit Storstrøms Amt. Wir müssen gemeinsam in Berlin dafür werben, dass das im Koalitionsvertrag festgelegte Verfahren, in Zukunft nur noch eine Förderung an den neuen Außengrenzen zuzulassen, hier nicht greift. Dann haben wir auch in Zukunft eine Chance.

(Beifall)

Lassen Sie mich am Ende noch eine Bemerkung zum Thema Nordstaat machen. Ich bin immer verwundert, wie schlecht die geografischen Kenntnisse sind, so dass man den Nordstaat immer nur auf eine Zusammenarbeit mit Hamburg bezieht. Ich habe einmal gelernt, dass Norddeutschland etwas größer ist. Aber ich habe auch Geografie studiert und wahrscheinlich haben das andere nicht. Wir sind für so viel Kooperation wie möglich, nicht nur mit Hamburg. Wir sind aber auch dafür, dass diese Kooperation kritisch hinsichtlich der Effektivität und Kostenersparnis hinterfragt wird und sehen mit Interesse den Berichten des Landesrechnungshofes entgegen.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Ein entscheidender Punkt bei all diesen Diskussionen zum Thema Nordstaat ist: Wenn wir diesen

Weg gehen wollen, dürfen wir nicht vergessen, die Menschen in Schleswig-Holstein mitzunehmen. Die müssen es akzeptieren.

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich aus zwei Gründen gemeldet. Erstens möchte ich der Rede des Kollegen Garg eine Antwort nicht schuldig bleiben. Er hat die Frage gestellt, ob es unsere Absicht sei, dass der Landtag beantragen sollte, das Fördergebiet SchleswigHolstein aufzuheben, wenn es um EU-Strukturförderung geht. - Das natürlich nicht. Aus meiner Sicht könnte man die gesamte Bundesrepublik Deutschland zum Strukturfördergebiet machen. Das ist nicht das Problem. Die Frage ist, wie die Programme in Zukunft sowohl regional als auch inhaltlich gestaltet werden. Das macht ja die Landesregierung. Da lässt sich etwas machen.

Unsere Sorge ist, dass uns im Norden wieder das gleiche passiert, was wir schon in der Vergangenheit erlebt haben. Die Regionalförderkulisse ist in den vergangenen Jahren bei gleichen Mitteln immer mehr erweitert worden. Das bedeutet dann natürlich für die alten Gebiete - sprich: für die Westküste -, dass die Mittel geringer wurden. Mit diesem Antrag wollen wir deutlich machen, dass diese Entwicklung nicht so weitergehen kann, sondern wir zumindest versuchen müssen, den Status quo zu halten.

(Rolf Fischer [SPD]: Andere Regionen haben auch das Recht auf Förderung!)

- Selbstverständlich haben auch andere Regionen das Recht auf Förderung. Es gibt aber bestimmte Bereiche, für die wir eine besondere Verantwortung haben. Das sind die Bereiche, in denen beispielsweise die Arbeitslosigkeit am höchsten ist. Das ist leider Gottes der Norden.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dann muss alles nach Lübeck! Da ist die Arbeitslosigkeit am höchsten!)

Zweitens können wir heute vielleicht ein positives Signal für den Norden aussenden. Die Rede des Kollegen Callsen veranlasst mich, ein weiteres Thema anzusprechen. Wir haben immer wieder gesagt, wir wollten die Stärken des Nordens fördern. Wir wollen, wenn es vor Ort Ideen gibt, wenn es vor Ort

(Lothar Hay)

Initiativen gibt, wenn etwas losgehen soll, die Landesregierung dann sagt: Okay, wir treten bei, wir helfen euch, damit ihr euch entwickeln könnt.

Wir haben an der Westküste in Husum ein Standortcluster, wo es um Windenergien und um den Ausbau des Husumer Hafens geht. Der Kollege Callsen hat in seiner Rede ganz deutlich gesagt, Schwerpunkte an der Westküste sind die verkehrliche Anbindung und der Ausbau des Husumer Offshore-Hafens.

(Beifall beim SSW)

Dann stelle ich mir die folgende Frage. Bisher waren die Signale aus der Landesregierung immer so, dass das Projekt so nicht gewollt und aufgrund der Förderung - wenn man nur noch ein Drittel gibt natürlich tot ist. Heute vernehme ich die Signale. Ich hoffe, dass der Minister auf das, was Sie eben als Förderschwerpunkt genannt haben, eingeht und deutlich macht, wann er zusammen mit der Stadt Husum verkündet, dass der Offshore-Hafen vernünftig ausgebaut wird. Das würde mich sehr interessieren.

(Beifall beim SSW)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich nun dem Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte ist besonders gut geeignet zu zeigen, wie viel sich in Schleswig-Holstein bewegt, wie viel wir bewegen und was wir noch alles bewegen können und müssen, wenn wir unsere Strukturen besser sortieren, als sie im Augenblick strukturiert sind. Dabei ist es unser Ziel, den gesamten Standort Schleswig-Holstein zu stärken. Das wird auch in dem Bericht „Schleswig-Holstein - ein starker Partner im Norden Deutschlands“ deutlich.

Ich freue mich über das Lob von Herrn Driftmann, das er mir beim Empfang im Kieler Schloss formuliert hat, auch wenn ich seine Schlussfolgerung nicht teile. Ich freue mich übrigens auch über die Gelegenheit, das, was wir in diesem Bereich wollen, demnächst im Ausschuss darzustellen.

Manchmal ist es eigenwillig, was Sie vortragen, Herr Kollege Hentschel. Aber ich weiß gar nicht, was Sie heute Morgen im Tee hatten. Als ich Ihnen eben zugehört habe, konnte ich wirklich nicht erkennen, dass das, was Sie hier vorgetragen haben, etwas mit der Realität zu tun hat.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Wir zeigen auf, dass die zukünftigen Anforderungen und Chancen der schleswig-holsteinischen Regionen und Teilräume da sind. Es ist übrigens kein Zufall, dass der so genannte Nordstaat in diesen Überlegungen keine Rolle spielt. Wir führen nämlich nicht die von anderen so geliebten virtuellen Grundsatzdiskussionen, sondern verbessern lieber pragmatisch die Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

(Beifall bei der SPD)

Das tun wir seit Jahren und im Vergleich mit anderen Ländern in Deutschlands übrigens vorbildlich.

Dies geschieht zum Beispiel durch den Ausbau von Kooperationen, in erster Linie die Kooperation mit unserem strategischen Partner Hamburg, aber eben auch mit Niedersachsen, mit Mecklenburg-Vorpommern, mit Dänemark und mit den anderen Ostseeanrainern.

Es geht aber auch darum, in Schleswig-Holstein miteinander zu kooperieren. Das gilt in K.E.R.N. genauso wie für Lübeck und die an Lübeck angrenzenden Kreise. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Kopperationen mit anderen über Landesgrenzen hinaus einfacher sind als im eigenen Land.

Wenn ich die Schlagzeilen der letzten Tage lese, erscheint mir manches bemerkenswert kurzsichtig. Mit Hamburg, bei zwei Parlamenten, zusammenzuarbeiten, im Land aber primär Kirchturm oder Gartenzaun im Blick zu haben, das ist provinziell - übrigens völlig schnurz, ob dieser Kirchturm in Plön, Bad Oldesloe, auf Amrum, in Ellerau, Bosau, Eutin, Bargteheide oder wo auch immer steht. Wir müssen lernen, in Regionen zu denken und zu handeln.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Die neuen strategischen Eckpunkte und Vorschläge für zukünftige Kooperationsprojekte und Konzepte zeigen Perspektiven für eine gleichwertige wirtschaftliche und soziale Entwicklung aller Landesteile auf. Wir verbessern die Infrastruktur und die Standortbedingungen und wir stellen den Bürgerinnen und Bürgern eine effiziente und kostengünstige Verwaltung zur Verfügung. Dazu gehört auch, dass wir die Synergieeffekte ausschöpfen, die zum Beispiel durch gemeinsame Trägerschaften von Institutionen entstehen. Dabei geht es um gleichwertige, nicht um gleiche Lebensumstände. Das ist im Übrigen die gleiche Position, die wir in der Föderalismusdebatte vertreten, was das Zusammenarbeiten in Deutschland angeht.