Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Arbeitsminister hat einen Bericht vorgelegt und hat gesagt, im Moment herrsche Ruhe im Revisionsverfahren. Das ist völlig richtig. Durch den Plan der früheren Bundesregierung, die Beteiligungsquote ursprünglich auf null beziehungsweise dann im Ergebnis von Verhandlungen auf 19 % festzusetzen, drohte das Scheitern von Hartz IV-Reformen wegen der finanziellen Belastung der Kommunen und wegen der fehlenden Mittel zur Unterstützung der Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften und in den Optionskommunen.

Im SGB II ist nun auch für die Jahre 2005 und 2006 geregelt, dass der Bund 19,1 % der Kosten für die Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Hartz IV-Empfänger trägt. Ursprünglich sollte bereits im März und im Oktober 2005 dieser Anteil daraufhin überprüft werden, ob sich die im Rahmen der Hartz IV-Reform versprochene Entlastung der kommunalen Seite in Höhe von 2,5 Milliarden € tatsächlich in Zahlen in den Kommunalhaushalten widerspiegelt. Hier gab es dann die Schwierigkeiten. Die Kommunen kamen aufgrund eines anderen Berechnungsschemas zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung nicht ausreicht, sondern vielmehr auf 34,1 % anzuheben sei, um die zugesagten Entlastungseffekte zu bewirken. Der Bund hingegen gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kommunen durch die heutige Regelung wesentlich frühere Entlastungen erfuhren, als die versprochenen 2,5 Milliarden €.

(Wolfgang Baasch)

Der Widerstand, der von den Kommunalverbänden und aus den Ländern gegen die ursprünglich vorgesehene Streichung beziehungsweise dann Kürzung der Bundesbeteiligung an diesen Kosten ausgeübt wurde, hat gefruchtet. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt aber eben nur begrenzt für die Jahre 2005 und 2006. Für 2007 wird das Feld neu eröffnet. So soll nun per Bundesgesetz die Höhe der Bundesbeteiligung festgelegt werden. Betrachtet man die aktuelle Diskussion um die Konsolidierung des Bundeshaushalts im Jahre 2007, dann kann man bereits heute davon ausgehen, dass aus Berlin erneut versucht werden wird, im Revisionsverfahren die ursprünglich versprochene Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden € zumindest teilweise zu kassieren.

Herr Arbeitsminister, wir nehmen Ihre Ankündigung in Ihrem Bericht sehr ernst, dass Sie - ich zitiere - „sehr darauf achten werden, dass die für die Folgejahre ab 2007 jetzt per Bundesgesetz festzulegende Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung auf konsensualen Umsetzungsdaten fußt“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir das Gefühl haben, dass die versprochene Zusage an Entlastung an die Kommunen, von wem auch immer, nicht eingehalten wird - das ist ein Versprechen, weil Sie uns aufgefordert haben -, dann sehen wir uns an dieser Stelle wieder und stärken jedem den Rücken, der sich für die Kommunen in dieser Frage entsprechend engagiert.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf der Tribüne begrüße ich ganz herzlich meinen Amtsvorgänger, den früheren Landtagspräsidenten Heinz-Werner Arens. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun haben schon vier Redner vor mir die Historie der ganzen Geschichte der kommunalen Entlastung dargestellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb habe ich einen Teil meiner Rede gleich weggelassen und kann Ihnen sagen, dass wir den vorliegenden Bericht natürlich aus den Gründen, die alle anderen schon genannt haben, zustimmend zur Kenntnis nehmen können, allerdings außer einer Formulierung. Da haben wir wirklich

Bauchschmerzen. In Punkt 5 steht, dass die Hartz IV-Reform alternativlos sei. „Bei einer alternativlosen Notwendigkeit der Hartz IV-Reform“, heißt es.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dem hat die Mehrheit zugestimmt!)

- Es mag ja sein, dass es entsprechend den Mehrheitsverhältnissen so geschehen ist, aber trotzdem hat es Alternativen gegeben. Das sehen wir angesichts der konkreten Ausgestaltung der Hartz-Gesetze, die auch Sie, lieber Kollege Baasch, immer wieder kritisieren, natürlich völlig anders.

Die aktuellen Änderungen von Hartz IV bei der Förderung von jungen Arbeitslosen und die dadurch zum Beispiel wieder bekannt gewordenen Software-Probleme, aber auch die Geschichte mit dem unterschiedlichen Vermittlungsverhalten verschiedener Gruppen von Jugendlichen haben deutlich gemacht, wie chaotisch das Ganze gelaufen ist und dass die ganzen Reformen mit viel zu heißer Nadel gestrickt worden sind. Anstatt die Förderung der Arbeitslosen in den Mittelpunkt zu stellen, hat man ein neues bürokratisches Monstrum geschaffen, das zu mehr Kontrolle und zu weniger Vermittlung von Arbeitslosen geführt hat. Das ist nämlich der Effekt gewesen. Das ist aber nicht der Effekt gewesen, den Sie, lieber Kollege Baasch, sich eigentlich gewünscht haben; ich glaube, darüber sind wir auch einig.

Von „Fördern und Fordern“ der arbeitslosen Menschen ist bisher kaum etwas zu spüren. Wenn Hartz IV in seiner jetzigen Ausgestaltung wirklich alternativlos gewesen wäre, wie es ja auch der damalige Basta-Kanzler verkündet hat, könnte man nur sagen: Armes Deutschland! Da sind wir nicht so fürchterlich viel weitergekommen. Ich glaube, es gab Alternativen, und es gibt auch jetzt noch Alternativen, zumindest in Bezug auf die Auswirkungen von Hartz IV, die wir erträglicher gestalten könnten.

Zum Thema - salopp gesprochen - „Stallpflicht“ für die unter 25-Jährigen. Ich bin ja öfter in Dänemark. Immer dann, wenn man mit dänischen Bürgern spricht und ihnen sagt, die Eltern seien fast bis zum 27. Lebensjahr für ihre Kinder zuständig, dann löst man bei den Leuten einen Schock aus. Die gucken einen dann an und sagen: Nehmt ihr die jungen Leute nicht ernst, warum dürfen die nicht selbstständig werden? Warum müssen die ewig abhängig sein von irgendwelchen Eltern? Die gucken mich an und sagen: Das ist ja bei euch auch kein Wunder, denn bei euch sind ja Frauen von Ehemännern

(Dr. Heiner Garg)

abhängig. Ihr fördert ja alle solche Geschichten, durch die Leute nicht selbstständig werden.

(Zuruf von der CDU: Das ist umgekehrt!)

- Nein, das ist so. Das Problem ist nicht nur ein administratives Problem, sondern das Problem ist auch, welche Sichtweise man hat. Dass es in Deutschland überhaupt eine Diskussion darüber geben kann, dass Jugendliche, wenn sie von zu Hause ausgezogen sind, wieder zurückkehren müssen, ist eine typisch deutsche Diskussion, die in anderen Ländern gar nicht mehr möglich ist, weil man dort ganz klar auf die Selbstständigkeit der Jugendlichen setzt. Das ist ein massiver Unterschied. Wir gucken immer nur aufs Geld und nie auf die Entwicklung der Persönlichkeit. Deshalb machen wir in der Politik manchmal auch etwas falsch.

Zusammenfassend: Ich glaube, es gab Alternativen zu Hartz IV. Ich glaube, der größte Haken an Hartz IV war, dass wir immer noch nicht vernünftig damit in Gang gekommen sind, die Leute wirklich in Arbeit zu vermitteln. Das ist der Fehler. Wir sind bisher immer nur dabei, Leistungen zu kürzen, aber nie den Leuten auch einmal etwas anzubieten. Ich meine, damit sollten wir endlich anfangen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ein Antrag ist nicht gestellt worden. Ich stelle die abschließende Kenntnisnahme durch das hohe Haus fest. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache auf.

Tagesordnungspunkt 2:

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des schleswig-holsteinischen Landesrechts an das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz sowie zur Anpassung der Einigungsstellenverordnung an das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/394

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 16/538

Ich erteile das Wort dem Berichterstatter des Innenund Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innen- und Rechtsausschuss hat den ihm überwiesenen Gesetzentwurf der Landesregierung in seiner Sitzung vom 18. Januar 2006 beraten und empfiehlt dem Landtag einstimmig, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Durchführung der Wahl der Vertrauensleute für die Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter des Flurbereinigungsgerichtes

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/543

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schlage Abstimmung in der Sache vor. - Ich sehe keinen Widerspruch. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Vorfahrt für Kinder - Kostenlose Kinderbetreuung umsetzen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/559

Wird das Wort zur Begründung dieses Berichtsantrags gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage Abstimmung in der Sache vor. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zukunft des Wirtschaftsraumes Brunsbüttel

(Lars Harms)

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/561

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Auch hierbei handelt es sich um einen Berichtsantrag. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist ebenfalls einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Vorschlag der Landesregierung für eine Entscheidung des Landtages nach § 4 Abs. 1 Landesrundfunkgesetz (LRG) über die Zuordnung von Übertragungskapazitäten für mobile Rundfunkgeräte im DMB-Standard

Antrag der Landesregierung Drucksache 16/572