Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Ich möchte mit einem besonderen Dank an die Frauenberatungsstelle contra schließen, die für Opfer von Menschenhandel psychosoziale Betreuung und Beratung im Umgang mit den Behörden leistet. Und ich würde mich freuen, wenn wir uns im Ausschuss im Rahmen der Befassung mit diesem Thema die Erfahrungen dieser Frauenberatungsstelle noch einmal anhören könnten.

Noch einmal herzlichen Dank für die Initiative. Ich kann nur sagen, wenn es um solche Initiativen geht: Weiter so, zusammen weiter so!

(Beifall)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich jetzt der Vorsitzenden, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Zeit werde ich mich nur auf ein paar Aspekte beschränken. Ich denke, es ist gesagt worden, dass der Antrag von allen einvernehmlich so gewollt ist.

Auch ich möchte mich für den SSW bei der Kollegin Lütkes und auch bei der Kollegin Franzen dafür bedanken, dass sie gesagt haben, zu so einem Thema müssen wir einen gemeinsamen Beschluss hinbekommen. Ich denke, das ist ganz klar etwas, was wir in der Vergangenheit so gemacht haben, und das muss auch weiterhin möglich sein.

Für den SSW ist immer noch eine Resolution des Deutschen Frauenrates maßgeblich, die schon 2005 verabschiedet wurde. Das heißt, das Thema ist nicht neu. Das ist auch schon gesagt worden. Aus dieser Resolution geht eindeutig hervor, dass es natürlich wichtig ist, Prostitution und Zwangsprostitution getrennt zu betrachten. Denn die Errungenschaften des Prostitutionsgesetzes des Deutschen Bundestages, das die Rechte von Prostituierten stärkt, gilt es aus unserer Sicht weiterhin zu wahren. Gleichzeitig müssen aber auch die Maßnahmen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel deutlich verstärkt werden. Der Kollege Garg sprach das auch schon an. Dabei geht es um eine Verbesserung des Zeuginnenschutzprogramms, ein sicheres Bleiberecht, psychosoziale Hilfen und die finanzielle Absicherung entsprechender Beratungsstellen sowie die Gewährung von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten und natürlich auch Präventionsmaßnahmen in den Herkunftsländern.

Ich würde es auch begrüßen, wenn wir unabhängig von diesem Antrag dieses Thema noch einmal im Ausschuss miteinander besprechen würden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte den Innenminister darum bitten, noch einmal darzulegen, was im Rahmen der Innenministerkonferenz dazu gesagt worden ist. Meines Wissens gab es beim Bundesinnenministerium einen Runden Tisch. Dieser Runde Tisch hat sich mit den polizeilichen Aspekten aus Anlass der Weltmeisterschaft mit dem Thema befasst. Vielleicht wäre es auch ganz gut, das mit einzubeziehen. Das heißt, nicht nur eine Resolution, nicht nur eine öffentliche Kampagne muss her, wir müssen weiter sehen, wie wir mit diesem Thema im politischen Raum umgehen. Es müssen auch konkrete Maßnahmen durchgeführt werden, so wie der Kollege Garg das für die Ausschussberatung angedeutet hat.

In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank. Ich denke, das Thema muss uns weiter beschäftigen.

(Beifall)

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einigkeit im Haus ist vollständig. Menschenhandel, Zwangsprostitution und Ausbeutung sind besonders menschenverachtende Formen der Kriminalität. Menschhandel und Zwangsprostitution sind vielfach Teil der organisierten Kriminalität, die von international agierenden Tätergruppen dominiert wird.

Dass Deutschland innerhalb Europas das häufigste Zielland für den Handel mit Frauen zu Prostitutionszwecken ist, sollte uns zu denken geben, übrigens nicht nur vor dem Hintergrund von Verbrechensbekämpfung, sondern auch was die Ursachenforschung angeht. Das ist auch ein Thema zur Frage der Mobilität in Europa. Denn das ist eine sehr eigenartige Form der Mobilität in Europa und auch da ist Ursachenforschung und die Frage, wie man mit solchen Ursachen umgeht ein Thema, nicht nur die Kriminalitätsbekämpfung - so wichtig sie auch ist.

Die schleswig-holsteinische Landesregierung misst der Bekämpfung des Frauenhandels und der Zwangsprostitution nicht nur während der Fußballweltmeisterschaft eine hohe Bedeutung zu. Die

(Dr. Heiner Garg)

diesbezüglichen Maßnahmen sind hier im Haus schon vielfach diskutiert worden. Wir haben im Landeskriminalamt für die Bereiche Rotlichtmilieu, Schleuserkriminalität, Menschenhandel und illegale Beschäftigung eine zentrale Ansprech- und Auswertungsstelle unter Beteilung der Bundespolizei und des Zolls auf Dauer eingerichtet. Daran sehen Sie übrigens, das ist eines der Beispiele dafür, dass es sich nicht lohnt, über Zuständigkeiten zu streiten, sondern lohnt, vernünftig zusammenzuarbeiten und andere Erkenntnisse zu nutzen.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Siegrid Tenor-Alschausky [SPD])

Dort laufen nämlich alle relevanten Informationen zu den betreffenden Deliktsfeldern zusammen. Kontakt wird auch zu den Ordnungsämtern, zu den Ausländer- und Standesämtern und zu den NichtRegierungsorganisationen wie etwa der Fachberatungsstelle contra gehalten.

Landesweite Kontrollen und Razzien in den rund 100 Bordellbetrieben und circa 300 Wohnungen, die diesbezüglich genutzt werden, haben bisher eher selten zu Ermittlungsverfahren wegen Zwangsprostitution geführt. Von den zuständigen Ermittlungsstellen des Landes, der Landespolizei, werden pro Jahr durchschnittlich zehn Fälle von Zwangsprostitution in Schleswig-Holstein erarbeitet.

Das zeigt zum einen, dass wir hier nicht die großen Metropolen haben, und zum anderen, wie schwierig es ist, in diesem Feld voranzukommen; dies belegen auch die Gründe, die in der Debatte genannt wurden. Es hat vor allen Dingen etwas mit Angst und einem Maß an Unfreiheit zu tun, das es Zeugen nicht erlaubt, auszusagen oder hilfreich tätig zu sein.

Das Land fördert finanziell die Fachberatungs- und Koordinierungsstelle für Betroffene von Frauenhandel in Schleswig-Holstein contra. Und der bundesweit einmalige Fonds Einzelfallhilfen für Betroffene von Frauenhandel, den es nur hier gibt, zeigt den hohen Stellenwert des Opferschutzes im Lande Schleswig-Holstein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung befürwortet die geplanten Aktionen und Kampagnen von Nicht-Regierungsorganisationen und das große Engagement des Deutschen Frauenrates mit seiner Kampagne „Abpfiff Schluss mit Zwangsprostitution“ mit Broschüren zum Thema Menschenhandel, mit Handlungsempfehlungen für Aktionen vor Ort und mit zwei bis drei Hotlines für die gesamte Bundesrepublik. Bei Bedarf stehen darüber hinaus die regionalen Fach

beratungsstellen für Schleswig-Holstein, also „contra“, bereit, um weitere Hilfen anzubieten.

Ich möchte betonen, dass ich das Engagement des Deutschen Sportbundes und des Deutschen Fußballbundes, namentlich des DFB-Präsidenten Zwanziger, für diese Initiative ganz besonders begrüße. Ich finde es nämlich bemerkenswert, dass dieser Zusammenhang und die damit verbundenen Probleme seitens des Sports aufgegriffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Schleswig-Holstein werden keine WM-Spiele ausgetragen. Insofern ist mit einer spürbaren Expansion dieses Gewerbes oder einem rapiden Anstieg von Fällen der Zwangsprostitution aus Anlass der Fußballweltmeisterschaft in Schleswig-Holstein nicht zu rechnen.

Der Deutsche Frauenrat startet seine Aktionen schwerpunktmäßig an den zwölf Austragungsorten der Fußballweltmeisterschaft. Dennoch - obwohl dies so ist - wird die Landespolizei ihr Augenmerk im Hinblick auf mögliche kriminelle Aktivitäten auf die Grenze zu Hamburg richten. Die Einsatzkräfte der Landespolizei unterliegen während der Weltmeisterschaft einer Urlaubssperre und zusammen mit den genannten Maßnahmen der Nicht-Regierungsorganisationen wird damit im Land Schleswig-Holstein dem Menschen verachtenden Handeln krimineller Täter effektiv entgegengewirkt, die Öffentlichkeit sensibilisiert und Opferschutz betrieben.

Falls Verbände oder Organisationen darüber hinaus mit der Bitte um ideelle Unterstützung an die Landesregierung herantreten, wird auch dies von allen betroffenen Ressorts unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, wenn ich die gestellten Fragen nicht hinreichend beantwortet habe, werde ich sie gern im Ausschuss beantworten.

Lassen Sie mich noch eines sagen: Bei der gerade geführten Diskussion ging es nicht um Moral. Dass Sklaverei aber auch in der modernen Form in Gänze verabscheuungswürdig ist, steht außer Frage. Hier gilt das Gleiche wie beim Thema Folter: Es gibt kein Grau, sondern nur Schwarz oder Weiß, also eine kategorische Ablehnung dieser Dinge.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte war Ausschussüberweisung beantragt worden.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

- Lassen Sie mich doch erst einmal aussprechen.

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Ursprünglich war vorgesehen, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Deswegen schlage ich vor, dass wir die Fragen, die hier gestellt worden sind, zur Selbstbefassung an den Ausschuss überweisen und über diesen Antrag in der Sache abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann wird so verfahren.

Ich begrüße auf der Tribüne unsere frühere Kollegin Gröpel und wünsche uns allen nun eine angenehme Mittagspause.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:05 bis 15:00 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich möchte pünktlich beginnen. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Über die Lautsprecher möchte ich in die Zimmer sagen, es wäre schön, wenn wir im Plenarsaal ein paar mehr Abgeordnete wären. Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, begrüße ich auf der Besuchertribüne Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Busdorf. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Wohnen im Alter

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/427

Wohnen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit

Antrag der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/454

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 16/531

Ich erteile jetzt der Berichterstatterin des Sozialausschusses, Frau Abgeordneter Tenor-Alschausky, das Wort.

Der Sozialausschuss hat den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zum Thema Wohnen im Alter, Drucksache 16/427, und den Antrag der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW zum Wohnen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit, Drucksache 16/454,