Protokoll der Sitzung vom 24.03.2006

Das Wort für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erhält der Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion, Herr Dr. Johann Wadephul.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Frau Kollegin Spoorendonk: Holzkopf hin, Holzkopf her.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das war nicht auf Sie bezogen!)

Nein, ich habe das nicht auf mich bezogen. Sie haben ja auch in eine ganz andere Richtung geguckt.

(Heiterkeit)

Aber derjenige, den Sie da vielleicht gemeint haben, wirkt manchmal ein bisschen hölzern und ist politisch auch aus hartem Beton, aber bestimmt kein Holzkopf.

Wir nehmen die Wahlaussagen des SSW und Ihre Pressemitteilungen bisher ernst. Sie haben erklärt, dass Sie Großgemeinden in einer Größenordnung von etwa 20.000 Einwohnern schaffen wollen.

(Wortmeldung der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

- Nein, bei drei Minuten kommen wir mit Zwischenfragen nicht klar.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Herr Kollege, 8.000 Einwohner!)

Ich habe keine Zwischenfragen zugelassen. Deswegen bitte ich, fortfahren zu dürfen.

Meinetwegen auch 8.000 Einwohner. Jedenfalls ist das Ergebnis: Sie wollen bestehende ehrenamtliche Strukturen kaputtschlagen. Das werden Sie mit uns nicht machen können. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen auch warum. Ich bin absolut dagegen, dass wir eine kleine Gemeinde, in der vielleicht mit 70 Einwohnern noch eine Einwohnerversammlung stattfindet, oder in der mit 130 oder 150 Einwohnern eine kleine Gemeindevertretung tagt, zerschlagen. In der Tat bewegen die keine Millionen. Aber es kommt nicht immer auf die Millionen an, die bewegt werden, sondern es kommt darauf an, dass da Frauen und Männer sind, die vor Ort ehrenamtlich Politik gestalten. Das wollen wir weiterhin erhalten.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den kommunalen Verwaltungsregionen. Herr Kollege Kubicki, ich bitte Sie, gleich weiter zu klatschen. Sie sind ja die Fortentwicklung von Herrn Hildebrand. Herr Hildebrand hat hier - der Kollege Astrup hat das richtig erkannt - erst bedauert, dass nichts gesagt wurde, und dann hat er das, was nicht gesagt wurde, kritisiert. Sie gehen noch einen Schritt weiter. Sie sagen gleich das, von dem Sie meinen, was Herr Stegner denkt oder sagen würde, wenn er offen oder ehrlich wäre. Sie sagen es und kritisieren es dann. Das ist konsequent. Übernehmen Sie doch gleich unseren Job und sagen Sie, was die Koalition machen will. Es ist nur leider falsch, was Sie gerade gesagt haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ist es das?)

- Ja, das ist falsch. Sie sollten deswegen in aller Ruhe abwarten, wie unsere Vorstellungen sind.

Ich will auch noch etwas in allem Ernst zu dem Vorwurf des Herumreisens sagen. Wenn der Herr Innenminister nun hier säße und am vermeintlich grünen Tisch einen Plan machte, mit niemandem im Land redete, dann wären Sie die ersten, die ihn kritisierten, dass er sich mit niemandem im kommunalen Bereich unterhält.

(Beifall bei CDU und SPD)

Er entwickelt die Vorstellungen im Gespräch mit der kommunalen Ebene, im Gespräch mit dem Parlament. Das wird dann ja auch diskutiert werden und dann werden wir mal gucken.

In einem Punkt haben Sie ja schon eine klare Auffassung. Die teilen wir nicht. Sie wollen die Kreise zerschlagen. Groß ist ja offensichtlich gut. Das möge mal einer darlegen.

Dann möchte ich noch auf den Punkt der demokratischen Legitimierung zu sprechen kommen, Frau Heinold, den Sie zu Recht nach vorn gestellt haben. Wie wollen Sie eigentlich noch eine demokratische Legitimierung in Ihren vier hentschelschen Großkreisen realisieren? Die kennen wir ja alle.

(Lars Harms [SSW]: Durch Wahlen!)

Da finden Sie niemanden mehr, der das ehrenamtlich macht. Da brauchen Sie sozusagen kleine Landtagsabgeordnete, die dann den Job erledigen. Sie werden niemanden finden, der in solchen Großkreisen bereit ist, 80 bis 100 km durch das Land zu fahren, um in einer kommunalen Vertretung mitzuwirken. Allein deswegen lehnen wir das ab.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.

Ich will nur zwei Anmerkungen machen. Einmal zu der räumlichen Ausdehnung. Ich verweise immer auf die Region Hannover. Dort ist ja eine Großregion entstanden, die übrigens nach allen Erfahrungen sehr gut läuft. Sie besteht aus ehemals fünf Kreisen und der kreisfreien Stadt Hannover. Ich kann auch auf Bundesstaaten im Westen der USA verweisen, die flächenmäßig größer sind, die teilweise so groß sind wie Schleswig-Holstein, die auch ehrenamtliche Parlamente haben, also genauso organisiert sind. Die treffen sich von Zeit zu Zeit und das funktioniert. Das Problem habe ich nicht, Herr Wadephul. Sie müssen nur einmal über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinausgucken, um sich Modelle anzusehen.

Aber eine andere Sache bewegt mich, die Sie noch einmal angesprochen haben. Was mich bewegt, ist das Parlamentsverständnis, das Sie haben. Das Parlamentsverständnis dieser großen Koalition sieht nur noch so aus: Wenn irgendein Thema auf die Tagesordnung gesetzt wird, das in Schleswig-Holstein intensiv diskutiert wird, das in jeder Kommune, in jeder Gemeinde, in jedem Kreis diskutiert wird, dann stellen sich die beiden Regierungsfraktionen hin und sagen: „Wir können dazu noch nichts sagen, wir warten auf eine Vorlage des Kabinetts.“

(Holger Astrup [SPD]: Die Regierung kann nichts sagen!)

- Ich rede jetzt über die Fraktionen. Es ist nicht allein die Aufgabe des Kabinetts, etwas zu sagen. Das, was nachher hier beschlossen werden soll, sind Gesetze und die soll das Parlament beschließen. Da sind wir alle gefragt, da haben wir alle unseren Kopf zu bewegen. Was ich erwarte, ist, dass auch im Vorfeld von Kabinettsentscheidungen im Parlament Debatten über die politischen -

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. Holger, du kannst dich noch einmal melden oder auch nicht, aber jetzt nicht.

Was ich erwarte, ist, dass sich das Parlament und die beiden großen Fraktionen im Vorfeld von wichtigen Entscheidungen im Land selber mit Dingen beschäftigen, dass das Parlament dem Kabinett Vorgaben gibt, in welche Richtung es gehen soll. Es kann doch nicht sein, dass man sich hinstellt und sagt: „Wir können nichts tun, wir dürfen nichts tun, weil das Kabinett noch nicht so weit ist.“ Was ist das für eine Demokratie?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wadephul, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass es möglicherweise nicht mehr zu machen ist, in Großkreisen die demokratische Legitimation hinzukriegen, weil die Wege zu weit sind.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Richtig!)

Eindeutig. Das müssen dann Leute wie ich sein, die Vollzeit beschäftigt sind.

Wir stellen also fest: Die Kreise, so wie sie jetzt geordnet sind, sind in Ordnung. Sie haben die richtige Größe. Sie haben Kreistage. Sie haben bestimmte Befugnisse.

Was wir jetzt mit den Verwaltungsregionen machen, bedeutet, dass wir ihnen automatisch die Befugnisse entziehen. Das ist das Problem. Wir haben dann Entscheidungsprozesse, die nicht mehr direkt demokratisch legitimiert sind. Die Leute, die nachher in den Verwaltungsregionen das Verwaltungshandeln zu bestimmen haben, sind Leute, die von den Kreistagen oder von den Kreisen delegiert werden oder per Gesetz dazu ermächtigt werden, delegiert zu sein. Das ist nicht das demokratische Prinzip, das wir als SSW vertreten.

Vor dem gleichen Hintergrund sagen wir, dass Ämter und Amtsausschüsse nicht das Idealbild dessen sind, was wir uns vorstellen, wenn wir über demokratische Legitimation sprechen. Wir wollen, dass der Bürger direkt die Leute wählen kann, die die Entscheidungen treffen, nämlich die Gemeindevertreter und die Kreistagsabgeordneten, sodass diese sich auch gegenüber dem Bürger rechtfertigen können. Das geht in unserem Land nur mit einem Modell von größeren Kommunen und Kreisen, die die Größe der Kreise haben, die wir jetzt haben. Anders

geht das nicht. Das ist der Gedankengang, der hinter dem Modell steht, das der SSW entwickelt hat.

Was Sie als Ziel haben - da wollen wir doch einmal ehrlich sein -, sowohl die Sozialdemokraten, aber vor allen Dingen auch die Christdemokraten, ist, dass man seine Macht erhalten will. Das dürfen Sie auch gern sagen. Wer sitzt denn mehrheitlich in den Amtsausschüssen? Nicht die kleinen Parteien, sondern die großen Parteien und ab und zu einmal einer aus einer Wählergemeinschaft. Wer wird denn in den kommunalen Verwaltungsregionen das Sagen haben? Vielleicht Kreispräsidenten. Landräte werden dort sitzen. Welcher Partei gehören die denn an? Das ist doch völlig klar. Sie sagen sich: Kreistage - so ein Ärger - beschließen immer ganz unsinnige Sachen; wir sehen einmal zu, dass wir das auf ein paar wenige Leute eindampfen, die unserer Partei angehören, und dann haben wir Ruhe im Karton.

(Jürgen Feddersen [CDU]: So ein Quatsch!)

Das ist das, was Sie wollen. Deswegen bringen Sie solch ein komisches Modell, das uns verwaltungsmäßig in keiner Weise voranbringt.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Deswegen bringen Sie hier ein solches Modell vor. Das ist der eigentliche Hintergrund. Sie wollen Ihre Macht erhalten und andere Leute von der demokratischen Teilhabe ausschließen. Das ist der Grund.

(Beifall beim SSW - Jürgen Weber [SPD]: Das ist Überzeugung, Herr Kollege!)

Ich erteile nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Holger Astrup das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Überzeugung war es nur, in der Tendenz aber richtig!)