Protokoll der Sitzung vom 05.05.2006

Um Versorgungsengpässe zu verhindern und um die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, müssen Konzepte entwickelt werden, die dies verhindern. Die im Bericht aufgeführten Möglichkeiten, die der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung stehen, sind durchaus gute Ansätze, um der genannten Entwicklung entgegenzuwirken und zumindest kurzfristig Lösungsmöglichkeiten zu schaffen. Insbesondere die finanziellen Anreize für die Ansiedlung von Ärzten im ländlichen Raum oder die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen halten wir für sinnvoll, um diesen negativen Trend erst einmal aufzufangen.

Ebenso begrüßen wir, dass vonseiten der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehen ist, die Struktur der Notdienstregelung zu ändern. Denn gerade im ländlichen Raum führt dies zu einer erheblichen Überbelastung bei niedergelassenen Hausärzten.

Der Bericht der Landesregierung macht aber auch deutlich, was vonseiten der Politik geleistet werden kann, um Engpässe in der ärztlichen Versorgung zu vermindern oder von vornherein aktiv abzuwehren. Hierzu gehören der Ausbau der integrativen Versorgung und die Schaffung durchlässiger Versorgungsstrukturen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Weiter wird im Bericht genannt, dass die geltenden Regelungen zum Vertragsarztrecht liberalisiert und flexibler gestaltet werden sollen. Ebenfalls sollen die Altersgrenzen für erstmalige Zulassungen oder Beendigung der vertragsärztlichen Zulassung in Planungsbereichen, in denen eine Unterversorgung besteht, gelockert werden.

Ich meine, dass die im Bericht genannten Ansätze zumindest kurzfristig - durchaus zu Verbesserungen der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum führen können. Den Ansatz, die ambulanten und stationären Strukturen stärker zu verzahnen, halte ich sogar für äußerst sinnvoll und zukunftweisend. Das Modell der Anlaufpraxen, wie es jetzt beispielsweise mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Kappeln geplant ist - dort schaffen wir den berühmten Landarzt jetzt ab -, trägt durchaus dazu bei, ein gewisses Defizit der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum aufzufangen. Derartige Anlaufpraxen tragen auch zur Standortsicherung der Krankenhäuser bei und minimieren die Notdienstbelastung bei den Ärzten. Es wird dort einen fahrenden Dienst geben, der weiterhin Notfälle zu Hause behandelt. Daher ist es verständlich, dass dieses Konzept Anklang bei den Ärzten findet. Derartige Lösungsansätze gilt es daher zu etablieren oder ihnen erst einmal eine Chance einzuräumen.

Ich bezweifle aber, dass damit wirklich das Problem an sich behoben wird. Wir müssen erkennen, dass sich die Patientenstruktur bei Hausärzten anders gestaltet als bei Fachärzten in Ballungsgebieten. Und solange wir ein Bonus/Malus-System haben, das insbesondere zulasten der Hausärzte im ländlichen Raum geht, geht dies automatisch zulasten der Patienten. Diese Entwicklung ist so nicht haltbar, zumal auch das Bonus/Malus-System von den Hausärzten nur schlecht beeinflussbar ist. Denn es kann nicht sein, dass nur die wirtschaftliche Grundlage entscheidet, welches Medikament vom Vertragsarzt verschrieben wird und ob der jeweilige Arzt danach belohnt oder bestraft wird. Hier benötigen wir Modelle, die die Situation der Vertragsärzte im ländlichen Raum entsprechend berücksichtigen und auch die jeweilige Bevölkerungsstruktur und die damit verbundenen notwendigen medizinischen Gesamtaufwendungen zur Grundlage haben. Es muss zu einem besseren Ausgleich zwischen Ballungszentren und dem ländlichem Raum kommen, nur dann bekommen wir auch eine dauerhafte Lösung. Das ist die eigentliche politische Aufgabe.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky [SPD])

Ich danke Herrn Abgeordneten Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/718, dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Protonentherapiezentrum in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/717

Die Landesregierung möchte zweimal sprechen. Ich erteile zunächst der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann die landespolitische Bedeutung der Protonentherapie nicht hoch genug ansetzen, denn an diesem Projekt werden exemplarisch Chancen, aber auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung

(Lars Harms)

von Innovationen im deutschen Gesundheitswesen deutlich. Offizieller Start des Projektes war vor weniger als einem Jahr, der Beschluss der Mitglieder der Gesundheitsinitiative, die wir mit neuer Kraft in dieser Legislaturperiode - auch mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums - auf den Weg gebracht haben. Nach der Vorstellung des Projektes durch Professor Kremer von der Uni Kiel wurde für die Vertreter von Ärzten, Kassen, Krankenhäusern und Industrie aus dem ganzen Land deutlich, welches Potenzial in diesem Vorhaben steckt, um das Ziel zu erreichen, das wir alle haben, nämlich das Profil unseres Gesundheitswesens im Lande zu stärken und deutlich zu machen, wie man Gesundheitsversorgung, Forschung und Gesundheitswirtschaft stärker miteinander verzahnen kann. Ein besseres Beispiel dafür kann man sich kaum vorstellen. Deswegen gehört dies zu den Leitprojekten der Gesundheitsinitiative und mit diesem Leitprojekt wollen wir der schleswig-holsteinischen Bevölkerung, aber auch den Nachbarn im In- und Ausland verdeutlichen, welchen großen Stellenwert wir dem Thema Gesundheit für die Entwicklung unseres Landes beimessen.

In der aktuellen Diskussion um die Reform der Gesundheitspolitik, die in diesen Tagen in Berlin stattfindet, geht es auch um Innovation in der Gesundheitsversorgung. Hinter dem Stichwort „Strukturreform“ steht auch die Forderung nach Produkt- und Prozessinnovationen, sie gehört nämlich - um auf das vorherige Thema zu kommen - dazu. Wir müssen über den Tag hinaus denken. Die bessere Abstimmung und Verzahnung der Leistungen der verschiedenen Sektoren im Gesundheitswesen ist das Nonplusultra, um die Effizienz des gesamten Prozesses zu verbessern.

Wir alle wissen, dass dafür auch neue Produkte mit neuen Lösungen und neuer Qualität erforderlich sind. Um dies immer wieder deutlich zu machen, veranstalten wir unter anderem auch Messen. Es gibt deshalb im Grundsatz eine große Einigkeit bei der Befürwortung der Einführung von Innovationen in der deutschen Gesundheitsversorgung. Aber Konflikte treten zwischen den Beteiligten sofort auf, wenn es um Kosten und eigene Positionen geht. Die Krankenkassen nennen dann genügend Beispiele, etwa die enormen Kostenentwicklungen durch neue Medikamente zur Krebsbehandlung. Die Einbeziehung von Ärzten in eine integrierte Versorgung löst oft Bedenken bei den nicht Beteiligten bezüglich ihrer eigenen Honorar- und grundsätzlichen Situation aus.

Wir müssen konstatieren, dass diese Debatten regelmäßig dazu führen, dass Innovationen im deut

schen Gesundheitswesen, verglichen mit der Entwicklung in anderen europäischen Ländern, nur sehr zögerlich vorankommen. Der Kompromiss, auf den sich die Spitzen der deutschen Gesundheitspolitik zum Thema der Entwicklung insgesamt, aber auch zum Thema Protonentherapie, verständigt haben, ist: kontrollierte Mengenentwicklung, Innovation mit kontrollierter Ausbreitung, Dokumentation der Ergebnisse und vor allem der Kosten sowie ein Nachweis der Wirksamkeit des Ganzen.

Genau dieser Prozess läuft zurzeit in Kiel mit guten Zwischenergebnissen ab, was die Verhandlungen mit den Krankenkassen, die Frage der Standortklärung und die Einbindung und Vernetzung von Forschung, Fortbildung, Praxis und Theorie betrifft. Letztlich erklärt das Ganze auch das große Interesse, das in Deutschland und international an der Errichtung von Zentren für Protonentherapie besteht. Es erklärt auch das Interesse der skandinavischen Länder, mit dabei zu sein.

Deshalb noch eine kleine Anmerkung: Die 20 Millionen € finanziert die schleswig-holsteinische Bevölkerung nicht allein. Unser Ziel ist es gerade, mit diesem Leuchtturmprojekt auch andere potenzielle Patientinnen und Patienten an uns zu binden. Deswegen haben wir uns auch in einem harten Ringen mit Hamburg mit dem Standort Schleswig-Holstein durchgesetzt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Protonentherapie ist ein wirklich innovativer Ansatz zur Behandlung schwieriger Krebserkrankungen - nicht aller, auch darüber wird natürlich zu sprechen sein -, aber zum Wohle der Patienten und letztlich zum Erfolg medizinischer Kunst. Deshalb und das zeigt der vorliegende Bericht der Landesregierung - setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein auf allen Ebenen: gesundheitspolitisch, wirtschaftspolitisch, landespolitisch -, um dieses Projekt in Schleswig-Holstein zu realisieren. Es ist ein wirkliches Leuchtturmprojekt. Wenn ein Land mit Fug und Recht von Leuchtturmprojekten sprechen kann, ist es Schleswig-Holstein.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Ministerin und eröffne die Aussprache. - Das Wort für die antragstellende FDPFraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist völlig unbestritten, dass die Protonentherapie im Vergleich zur bisherigen Therapie völlig neue therapeutische Möglichkeiten und Ansätze bietet. Auch die Möglichkeit, beide Therapien zu kombinieren, bietet neue und weitere Behandlungstechniken, die in der Tumorbekämpfung von großer Wichtigkeit sein können und vermutlich auch von großer Wichtigkeit sein werden.

Der von der Landesregierung im Bericht aufgeführte Katalog von möglichen Behandlungen lässt hoffen, dass oftmals heute nicht operable Tumore durch diese neue Technik in Zukunft bekämpft werden können. Derzeit werden genau deswegen 41 Indikationen zur Protonentherapie vom gemeinsamen Bundesausschuss, dem G-BA, überprüft. Denn erst, wenn die entsprechende Überprüfung nach § 137 c SGB V für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standards der Medizin erforderlich ist, können die Kosten für diese Therapie auch durch die Krankenkassen erbracht werden.

In dieser Hinsicht ist das Ergebnis bisher bedauerlicherweise sehr ernüchternd. Von den 41 Indikationen, die Sie in Ihrem Bericht nennen, sind bisher nur vier positiv bewertet worden, so beispielsweise die Behandlung von Irismelanomen. Wenn man sich die Technik der Protonentherapie anschaut, wird verständlich, dass gerade solche Tumore damit bekämpft werden können. Fünf Indikationen erfüllen derzeit nicht die Kriterien nach § 137 c SGB V, sodass Leistungen im Rahmen der GKV zurzeit nicht in Betracht kommen.

Bezüglich der übrigen Indikationen liegen nicht einmal vergleichende klinische Studien vor, sodass die angenommene überlegene Wirksamkeit der Protonentherapie allenfalls theoretisch besteht. Sie konnte bislang aber noch nicht überprüft werden.

Die Fragen, die man sich stellen muss - die Kollegin Heinold hat sie in der vorherigen Diskussion, wie ich glaube, schon angerissen -, sind diese: Wie viele Patienten müssen behandelt werden, damit eine zu erwartende Investition von bis zu 140 Millionen € in Kiel auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist? Gibt es dafür ausreichend Patienten? Bei dieser speziellen Behandlungsmöglichkeit ist immerhin mit Kosten von zwischen 16.000 und 19.000 € pro Behandlungsserie zu rechnen. Diese Behandlung ist damit in etwa viermal teurer als die herkömmliche Bestrahlung. Ließe sich ein

solches Zentrum auf Dauer annähernd wirtschaftlich betreiben? Diese Frage halte ich für legitim.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist mir wichtig zu betonen, dass ich nicht gegen das Protonentherapiezentrum spreche. Ich halte die eben formulierte Frage aber vor dem Hintergrund für legitim, dass in Deutschland bereits zwei Protonenbeschleuniger in Betrieb sind. Ein weiteres Zentrum ist bereits im Bau. Sieben weitere Zentren, Kiel eingeschlossen, sind in Planung. Sollten diese Projekte alle umgesetzt werden, hätten wir bundesweit zehn Zentren, die Protonentherapie anbieten. Das wären fünf Zentren mehr als in den USA, obwohl dort die Bevölkerungszahl etwa dreieinhalbmal so hoch ist wie in Deutschland.

Bei aller Euphorie, die eine solche Innovation für den Forschungsstandort Schleswig-Holstein auslösen kann - in dieser Hinsicht mache ich überhaupt keine Abstriche an dem, was Sie gesagt haben -, vermisse ich in dem vorgelegten Bericht eine Darstellung der Wirtschaftlichkeit eines solchen Zentrums. Wir sollten in den beiden Fachausschüssen noch einmal ernsthaft darüber sprechen. Können so viele Patienten beispielsweise aus Skandinavien in Kiel behandelt werden, wenn eine entsprechende Behandlung bereits in Schweden am Universitätskrankenhaus Uppsala möglich ist? Wenn mittlerweile selbst die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie vor einem Wildwuchs beim Bau von Protonentherapiezentren spricht, sollten wir solche Warnungen zumindest ernst nehmen und bei einer abgewogenen Diskussion in den Ausschüssen berücksichtigen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Frau Ministerin, an dieser Stelle bitte ich Sie für einen Moment um Gehör. Wenn die Teilhabe jedes Einzelnen nicht nur an der medizinischen Grundversorgung, sondern auch am medizinischen Fortschritt gewollt ist, müssen wir vonseiten der Politik eine ehrliche Antwort auf die Frage geben, wie bei einem gedeckelten Budget der Spagat zwischen Hightechmedizin in der Form, wie wir heute darüber diskutieren, und einer Grundversorgung in Zukunft dauerhaft tatsächlich gelingen soll. Frau Ministerin, lässt sich Ihre Forderung - ich nehme diese Forderung ernst, die am 3. Mai 2006 in der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung“ nachzulesen war - nach der Erschließung von mehr Effizienzreserven im Gesundheitswesen mit dem Bau von mehreren Protonentherapiezentren in Deutschland in Einklang bringen? Das muss man länderüber

greifend überlegen, wobei nicht nur Hamburg in die Überlegungen einzubeziehen wäre.

Muss das von Ihnen zu Recht propagierte Recht aller Patienten auf gute Versorgung nicht zwangsläufig auf der Strecke bleiben, wenn augenscheinlich bisher nicht einmal eine Standortkoordination unter den beiden im Land ansässigen Hochschulstandorten, geschweige denn mit anderen Bundesländern erreicht wurde? In Kiel - das sage ich auch Ihnen, Herr Wirtschaftsminister - kann ein solches Protonentherapiezentrum Bestandteil eines interdisziplinären Krebstherapiezentrums sein. Es bietet damit unbestritten die Chance, den onkologischen Schwerpunkt des UK S-H zu stärken. Darüber gibt es überhaupt keine unterschiedlichen Meinungen. Wenn diese Chance zum Wohle aller Patienten genutzt werden soll, müssen wir über die ökonomische Seite und auch die Frage der Planung bundesweit in aller Ruhe noch einmal ehrlich und zugleich kritisch diskutieren. Ich schlage vor, dies sowohl im Sozial- und Gesundheitsausschuss als auch im Finanzausschuss zu tun.

(Beifall bei FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Niclas Herbst das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die kürzlich erfolgte Vergabe des Projektmanagements hat gezeigt, dass die Landesregierung in dieser Frage ein hohes Tempo an den Tag legt. Das ist auch gut so. Es ist vor allen Dingen gut für die Patienten. Krebs ist nach wie vor die Geißel Nummer eins. Krebs ist nach wie vor die größte gesundheitliche Bedrohung, der wir entgegentreten müssen. In dieser Hinsicht Hoffnung zu erwecken, ist an sich schon von entscheidender Bedeutung. Trotzdem muss man einen kühlen Kopf bewahren und auch die Zahlen anschauen. Bei allem Enthusiasmus dürfen die Zahlen nicht vernachlässigt werden.

Wir können auf jeden Fall festhalten, dass wir trotz des Tempos eine gute Koordination zwischen den beteiligten Häusern und ebenso zwischen dem UK S-H, der kommunalen Ebene und der Landesebene beobachten können. Ich habe das Gefühl, dass das Protonentherapiezentrum in der Landesregierung Chefsache ist. Auch das ist gut und der Maßnahme angemessen.

Weil es auch um die norddeutsche Zusammenarbeit geht, möchte ich jetzt einen kurzen Schlenker machen und auf den XFEL-Elektronenbeschleuniger zu sprechen kommen, der hier ja als Kompensation im Gespräch ist. Solche Kompensationen können wir gern vornehmen. Ich glaube, dass auch dieses Projekt eine Stärkung des norddeutschen Forschungsstandortes bedeutet. Diese Art von Kompensation auf beziehungsweise unter schleswig-holsteinischem Boden ist ein gutes Beispiel für die norddeutsche Zusammenarbeit.

Die Bedenken, die mein Vorredner angesprochen hat, müssen wir sicherlich ernst nehmen. Wir müssen allerdings auch sagen, dass Projekte dieser Größenordnung natürlich nie ohne wirtschaftliches Risiko implementiert werden können. Das zeigt, dass wir solch ein Protonentherapiezentrum nicht nur umzusetzen haben, sondern es auch dauerhaft begleiten müssen, dass wir es dauerhaft wirtschaftlich machen müssen. Wir müssen dauerhaft auch auf die nordeuropäische Zusammenarbeit setzen. Das ist alles richtig und sollte auch weiterhin nicht aus dem Auge verloren werden. Als Schleswig-Holsteiner können wir auch sagen, dass wir selbstbewusst sein können und auch selbstbewusst in die Konkurrenz eintreten können. Wir haben hier Nägel mit Köpfen gemacht. Es können sich gern einmal auch andere mit ihren Standortentscheidungen nach uns richten. In dieser Frage können wir jedenfalls Selbstbewusstsein zeigen. Trotzdem muss bei allem Enthusiasmus natürlich dauerhaft die Zahlenentwicklung betrachtet werden.

Der Forschungsschwerpunkt Onkologie am UK S-H - das ist schon mehrfach gesagt worden wird durch ein solches Zentrum sinnvoll ergänzt. Klinische und experimentelle Forschungsergebnisse im Bereich der Partikeltherapie kann man natürlich nicht immer nur nach Heller und Pfennig messen. Auch das sollten wir bei der positiven Bewertung dieses Projektes nicht außer Acht lassen.

Abschließend sei gesagt, dass wir beim Kampf gegen Krebs nicht zaghaft sein dürfen. Die Landesregierung ist nicht zaghaft. Dafür hat sie unseren Dank verdient. Das Protonentherapiezentrum bedeutet eine Chance im Kampf gegen den Krebs. Die Landesregierung hat diese Chance ergriffen. Das sollten wir als Landtag unterstützen und die Landesregierung auf diesem Wege dauerhaft begleiten.

(Beifall bei CDU und SPD)

(Dr. Heiner Garg)

Ich danke Herrn Abgeordneten Niclas Herbst. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Jutta Schümann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Wissenschaftsministers und der Gesundheitsministerin über den Planungsstand zu einem Protonentherapiezentrum beschreibt eines der ganz großen Investitionsprojekte im Gesundheitsbereich. Allein die Tatsache, dass „Der Spiegel“ vom 3. April den Protonentherapiezentren einen sehr skeptischen Artikel gewidmet hat, zeigt, dass dieses Thema weit über den Bereich der medizinischen Fachzeitschriften und der Ärztekongresse hinaus Wellen in der gesellschaftlichen Diskussion geschlagen hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von uns haben in ihrer Familie oder unter ihren Freunden Krebspatienten. Viele von uns haben Menschen, die uns viel bedeutet haben, durch diese Krankheit verloren. In vielen Fällen ist die Therapie sowohl für den Kranken als auch für die Angehörigen eine kaum erträgliche Belastung. Sowohl Bestrahlungen als auch Chemotherapien verlangen den Menschen körperlich wie seelisch das Äußerste ab.