Protokoll der Sitzung vom 01.06.2006

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Berichtsantrag.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort der Frau Abgeordneten Jutta Schümann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesundheitsmarkt in Deutschland hat ein Finanzierungsvolumen von über 230 Milliarden €. Rund 145 Milliarden € beträgt das Ausgabevolumen in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Angesicht der sehr komplexen und differenzierten Strukturen dieses Marktes scheint es gegenwärtig sehr schwer zu sein, das Finanzgeschehen bei den Ausgaben auf Korrektheit vollständig und umfassend zu kontrollieren. Neben den finanziellen Problemen gibt es immer wieder Meldungen über ein Fehlverhalten verschiedener Akteure im Gesundheitswesen.

Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass die meisten Beschäftigten im Gesundheitswesen ihre Arbeit korrekt und einwandfrei erledigen. Dennoch gibt es auch schwarze Schafe. Seit Jahren lesen wir über betrügerisches Abrechnen, Herzklappenskandale, Billigprothesen aus Fernost, über Pharmafirmen, die Ärzten Luxusreisen und Luxusferien sponsern oder für Ärzte Fortbildungsseminare am Mittelmeer durchführen.

Dass solche Aussagen für Schlagzeilen sorgen, ist nicht verwunderlich. Sie sind Wasser auf die Mühlen der durch Zuzahlungen belasteten Versicherten.

Fest steht: Korruption und Betrug fügen der gesetzlichen Krankenversicherung und den Versicherten großen Schaden zu, die dafür mit ihren Beiträgen bezahlen müssen.

Es ist zu begrüßen, dass im Rahmen der Gesundheitsreform festgelegt wurde, besondere Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen einzurichten. Sie müssen Fällen und Sachverhalten nachgehen, die auf Unregelmäßigkeiten oder rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzen im Zusammenhang mit der GKV hindeuten. Jede gesetzliche Krankenkasse und jeder Bundesverband einer Kassenart müssen eine solche Stelle als organisatorische Einheit vorsehen. Die Stellen müssen sich wechselseitig informieren, wenn eine Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass ein Anfangsverdacht für strafbare Handlungen bestehen könnte. In einem solchen Fall sind die Organisationen verpflichtet, unverzüglich die Staatsanwaltschaft zu unterrichten.

Es gibt also bereits Instrumente zur Bekämpfung von Korruption. Ob sie jedoch ausreichen und wirksam greifen, sollte überprüft werden.

Wir beantragen deshalb einen schriftlichen Bericht zur 15. Tagung als Grundlage für eine inhaltliche Diskussion. Wir erwarten dann auch eine Einschätzung der Landesregierung, inwieweit Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene gegeben sind.

Aktuell würden wir es natürlich begrüßen, wenn bereits jetzt die Gesundheitsministerin als Mitglied der Arbeitsgruppe zur Schaffung von Eckpunkten für die Gesundheitsreform das Thema dort voran

(Ursula Sassen)

bringen würde. Die Ergebnisse der derzeitigen Beratungen könnten dann ebenfalls in den Bericht einfließen.

Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch unser Antrag beziehen sich auf eine US-Studie von Transparency International, deren Ergebnisse auf Deutschland übertragen wurden. Ob dieser Bericht jedoch als solide Grundlage zur Korruptionsbekämpfung herangezogen werden kann, wird von einigen Kritikern bezweifelt. Das Datenmaterial sei fragwürdig und politische Forderungen in Richtung Selbstverwaltung seien inzwischen bereits überholt, so wird gesagt.

Außerdem beziehen sich die Verfasser der Studie bei wichtigen, zentralen Parametern lediglich auf Medienberichte oder auf gut informierte, aber anonyme Quellen.

Noch brisanter ist aber, dass die Höhe der Betrugsschäden in Deutschland aus Daten abgeleitet werden, die in den USA ermittelt wurden, also in einem von dem deutschen grundverschiedenen Gesundheitssystem.

Es gibt bei der Einschätzung des Gesamtproblems durchaus Widersprüche und Unklarheiten, die durch den beantragten Bericht hoffentlich klarer werden. Im Ansatz sind wir uns einig, das ist deutlich geworden. Es gibt Korruption im Gesundheitswesen. Diese muss bekämpft werden. Wir sollten das aber auf der Grundlage weiterer Informationen tun. Ob dieses in Form eines Eckwertepapiers oder wie auch immer erfolgen, sollten wir dann entscheiden. Vor allen Dingen sollten wir überprüfen, inwieweit landespolitischer Handlungsbedarf gegeben ist. Wir alle wissen, dass eine Bundesratsinitiative im Land zwar immer sehr gut klingt, im Ergebnis oft aber nicht sehr erfolgreich ist. Sie beschäftigt in der Landesverwaltung jedoch viele Ressourcen. Ich glaube, auch mit denen müssen wir ein wenig ökonomischer umgehend. Wir sollten den Bericht abwarten und dann entscheiden.

(Beifall bei SPD, SSW und des Abgeordne- ten Dr. Johann Wadephul [CDU])

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schümann, wir haben unsere Redetexte nicht abgesprochen. Ich bin Ihnen ganz besonders dankbar dafür, dass all das, was Sie zur Validi

tät der Zahlen von Transparency International gesagt haben, so ist, dass ich mir alles sparen kann. Das genau ist das Kernproblem. Hoffnungen zu wecken, eine bestimmte Summe einsparen zu können, ist bei Zahlen, die hier überhaupt nicht erhoben wurden, sondern in einem völlig anderen System erhoben und nur herunter gebrochen worden sind, wäre zumindest gefährlich. Ansonsten gilt bei Korruption im Gesundheitswesen bei aller Übereinstimmung in der Sache mit Sicherheit null Toleranz. Das gilt nicht nur für das Gesundheitswesen. Der Vorwurf, den die Antikorruptionsorganisation Transparency International im Grundsatz erhebt, ist natürlich ernst zu nehmen. Jeder Euro, der durch Korruption im Gesundheitssystem verloren geht, ist ein Euro zu viel.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bei einer gedeckelten Gesamtvergütung für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen schädigt jedes schwarze Schaf diejenigen Kollegen, die korrekt abrechnen. Deshalb liegt es sowohl im Interesse der Kassenärztlichen Vereinigung als auch im Interesse der Krankenkassen, Abrechnungsbetrug konsequent zu bekämpfen. Dass dies geschieht, wird schon dadurch deutlich, dass Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung spezielle Arbeitsgruppen gebildet haben, um die Abrechnung der Leistungserbringer durch entsprechende Plausibilitätskontrollen nachzuprüfen. Frau Kollegin Heinold, bei vielen Übereinstimmungen in der Opposition finden wir jedoch an dieser Stelle, dass vor der Erarbeitung von Eckpunkten, die Sie fordern und über deren Inhalt weitgehend Übereinstimmung besteht, zunächst einmal die Grundlage der Frage geklärt werden sollte, wo die Gefahren der Korruption bei uns in Deutschland tatsächlich liegen. Deswegen würden wir bei einer Abstimmung in der Sache auch dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen.

(Beifall bei FDP, SPD und SSW)

Frau Heinold, Sie wissen: Einige Maßnahmen, die Sie vorgeschlagen haben, sind so neu nicht. Manche ließen sich mit etwas gutem Willen sogar relativ einfach regeln. Ich nenne hier zum Beispiel das Problem der Patientenkarten, die bis heute in der Tat zum Teil wie Blankoschecks funktionieren und durch unbefugte Dritte genutzt werden können. Dieses Problem können Sie schlicht dadurch lösen, indem Sie ein Foto des Karteninhabers einfügen. Warum soll das, was bei einer Bahncard vollkommen selbstverständlich funktioniert, bei einer Patientenkarte nicht funktionieren? Hier kann man viel

(Jutta Schümann)

leicht mit ganz einfachen Mitteln die Wirkung deutlich erhöhen.

Auch die Möglichkeit, vom behandelnden Mediziner eine Patientenquittung zu verlangen, gibt es schon. Das ist etwas anderes als die obligatorische Patientenquittung, die Sie fordern. Frau Heinold, hier ist es aber so, dass man sich in der Tat fragen muss, warum diese Quittung in der Praxis nicht verlangt wird. Ganz ehrlich muss man sagen: Solange ich nichts davon habe, dass ich eine solche Quittung verlange, solange werde ich sie im Zweifel nicht verlangen. Selbst wenn Sie sie obligatorisch vorschreiben, werde ich sie im Zweifel auch nicht lesen. Ich finde diese Forderung richtig und ich unterstütze sie auch. Ich will aber eine Patientenquittung, die mit der Kontoverantwortung des Patienten einhergeht. Das heißt, wir müssen eine offene Diskussion darüber führen, wie intransparent das Sachleistungsprinzip wirklich ist. Erst das Sachleistungsprinzip führt zu Intransparenz. Wir müssen uns der Frage der Ablösung durch das Kostenerstattungsprinzip zumindest stellen. Auch hier gab es in der Vergangenheit deutlich unterschiedliche Meinungen.

Ein möglicher Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen kann präventiv bekämpft werden. Dazu müssen die bestehenden Fehlanreize schlicht beseitigt werden. Nach wie vor gibt es Fehlanreize, die durch jüngst verabschiedete Gesetzen geschaffen wurden. Beispielsweise ist dies die Möglichkeit von Doppelabrechnungen im Bereich der integrierten Versorgung. Hier gibt es ganz lukrative Möglichkeiten. Ich will einen solchen Fehlanreiz konkret benennen. Derzeit ermöglichen es die Verträge zur integrierten Versorgung, dass jede Behandlung doppelt abgerechnet werden kann, ohne dass es hier wirksame Kontrollen gibt. Dies geschieht zum einen über den Direktvertrag des Leistungserbringers mit der Krankenkasse beziehungsweise einer dazwischen geschalteten Managementgesellschaft. Zum anderen geschieht dies über eine Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung.

Wir glauben, wir brauchen keinen regelmäßigen Korruptionsbericht der Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung. Ich glaube, wir müssen die historisch gewachsenen Strukturen mit allen falschen Steuerungselementen aufbrechen. Hier bietet Ihr Antrag mit Sicherheit eine ordentliche Diskussionsgrundlage. Dies kann dann tatsächlich ein wirksamer Beitrag dazu sein, Korruption wirksam zu bekämpfen. Dem Berichtsantrag stimmen wir zu. Ich würde mich freuen, wenn wir in dem Bericht erfahren, welche Instrumente es tatsächlich gibt, um diese Strukturen, die zu Fehlsteuerungen

führen, aufzubrechen. Ich freue mich auf ganz konkrete Auskünfte der Landesregierung.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Korruption im Gesundheitswesen ist nicht gleichzusetzen mit dem, was wir landläufig unter Korruption verstehen, nämlich dass ein Auftragnehmer dem Auftraggeber heimlich Geld gibt. Bargeld fließt in Praxen oder Krankenhäusern nur selten. Vielmehr sind es Privilegien oder Vergünstigungen wie zum Beispiel die Teilnahme an einem Kongress in exklusivem Ambiente, die korrumpieren. Im Gesundheitswesen geht es eben um eine ganz andere Art der Korruption. Das führt dazu, dass es Tätern leicht fällt, erst gar kein Unrechtsbewusstsein aufkommen zu lassen. Der Dumme ist letztlich der Patient oder besser gesagt der Beitragszahler, der alle Ausgaben im Gesundheitswesen tragen muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob er selbst erkrankt. Solange er abhängig beschäftigt ist, muss er einen festen Teil seines Gehalts an die Krankenkasse abführen. Die Beitragssätze steigen gerade wieder. Je geringer jedoch die Ausgaben im Gesundheitswesen sind, desto niedriger sind die Beiträge. Das hat nicht zuletzt eine entspannende Wirkung auf die Lohnnebenkosten.

Aus diesem Grund unterstützt der SSW natürlich das Vorhaben voll und ganz, Korruption im Gesundheitswesen zu verhindern, um so auch die Kosten der Krankenversicherung für den Einzelnen senken zu können. Wir dürfen in der Diskussion aber nicht vergessen, dass das Gros der im Gesundheitswesen Tätigen grundehrlich ist. Ein ganzes System für korrupt zu erklären, hieße das Kind mit dem Bade auszuschütten. Ehrliche Leistungserbringer werden allzu schnell in einen Topf mit den schwarzen Schafen geworfen. Diese pauschalen Verdächtigungen sind sicherlich ein Grund für die hohe Unzufriedenheit unter den Ärzten. Das heißt aber nicht, dass Betrug und Korruption nur Einzelfälle sind. Die Liste der Skandale im Gesundheitswesen ist nicht zufällig so lang. Aufmerksame Beobachter treffen Korruption an vielen Stellen an. Vielleicht wollen die vorliegenden Anträge auch darum an vielen Stellen ansetzen.

Ich halte das aus zwei Gründen für eine falschen Weg. Zum einen setzen wir Vertrauen aufs Spiel.

(Dr. Heiner Garg)

Die Menschen verlieren das Vertrauen in ein System, wenn sie davon überzeugt sind, dass es ausnahmslos korrupt ist. Zum anderen gibt es noch einen Grund, der eher strategischer Natur ist. Wer das Gesundheitssystem korruptionsfrei machen will, der verhebt sich schnell. Die inhaltlichen Verflechtungen sind sehr komplex, sodass das Hantieren an vielen Stellschrauben ungeahnte Folgen haben kann. Man braucht also einen langen Atem, um die vorgelegte Liste abzuarbeiten.

Stattdessen sollten wir uns auf wenige Punkte konzentrieren, die umsetzbar sind und greifbare Ergebnisse zeigen. Ich möchte das an einem Beispiel näher ausführen: Es sollte uns nicht nur um die Offenlegung der Finanzierung von Medikamentenstudien gehen. Das ist nämlich folgenlos, da es gar keine Veröffentlichungspflicht der Resultate gibt. Wenn die Pharmaunternehmen die Folgen bestimmter Wirkstoffe der Öffentlichkeit verheimlichen können, dann ist die Frage, wer die Studie finanziert hat, letztendlich zweitrangig. Hier sollten wir nachhaken.

Der SSW wendet sich aber entschieden gegen jede weitere Bürokratisierung des Systems. Wir wollen das Heil nicht in einer engmaschigen Kontrolle sehen, sondern darin, die Transparenz des Systems zu verbessern. Doppelstrukturen müssen abgelöst werden. Die Krankenkassen müssen noch besser als jetzt in der Lage sein, Sanktionen gegenüber korrupten medizinischen Dienstleistungen zu verhängen und durchzusetzen.

Obligatorische Patientenquittung, wie im Antrag der Grünen gefordert, erhöhen den bürokratischen Aufwand in den Praxen und bewirken überhaupt nichts, wenn die Patienten nicht gleichzeitig eine Sanktionsmöglichkeit an die Hand bekommen. Solange die Quittung aber für die Patienten uninteressant ist - schließlich rechnet ja die Krankenkasse ab und zahlt -, so lange wird es nur extrem wenige Patienten geben, die eine Kostenkontrolle betreiben. Die elektronische Patientenkarte, die erfolgreich in Flensburg getestet wurde, ist ein geeignetes Mittel, um das komplizierte System durchsichtiger zu machen. Hier sind auch die Fachleute, nämlich die Krankenkassen, beteiligt. Auch hier sollten wir am Ball bleiben. Weil wir uns auf einzelne große Bereiche beschränken und uns nicht verzetteln wollen, halten wir einen Bericht, so wie SPD und CDU es fordern, als Einstieg für sinnvoll. Danach sollten wir uns der richtigen Maßnahmen annehmen.

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung erteile ich in Vertretung der erkrankten Sozialministerin dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch mein Herz befindet sich in der linken Körperhälfte, dafür befindet sich das Sprachzentrum in der rechten Gehirnhälfte. Aber ich darf die Sozial- und Gesundheitsministerin dennoch vertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das deutsche Gesundheitswesen ist seit Jahren in der öffentlichen Diskussion. Neben den finanziellen Problemen gibt es auch immer wieder Meldungen über ein Fehlverhalten verschiedener Akteure im Gesundheitswesen. Seit Jahren lesen wir über Herzklappenskandale, betrügerisches Abrechnen, billigen Zahnersatz aus Fernost, über Pharmaziefirmen, die Apotheken mit so genannten Naturalprodukten ködern oder für Ärzte Fortbildungsseminare am Mittelmeer durchführen. Diese Aufzählung ist nicht erschöpfend, nicht einmal ansatzweise. Vieles davon ist hart am Rande gesetzlicher Legalität, in nicht wenigen Fällen wurde die Grenze zur Straftat überschritten, leider auch in Schleswig-Holstein, was jüngst zum Rücktritt eines hochrangigen Ärztefunktionärs geführt hat.

Die politischen Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene sind begrenzt. Wir müssen uns vielmehr darum kümmern, dass die vorhandenen Regelungen eingehalten werden. Die Gesetzgebung hat mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom Jahre 2004 einen gewichtigen Schritt gemacht, um dem Fehlverhalten der Akteure - dazu gehören auch Versicherte und Patienten - zu begegnen. Nach diesem Gesundheitsmodernisierungsgesetz sind Krankenkassen beziehungsweise Pflegekassen und kassenärztliche Vereinigungen verpflichtet, organisatorische Einheiten einzurichten, die Unregelmäßigkeiten oder rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln zu verfolgen haben. Im Gesetz heißen diese Einheiten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Jede Person kann sich an diese Stelle wenden. Die kassenärztlichen Vereinigungen haben mit den Kassen und ihren Verbänden zusammenzuarbeiten und umgekehrt, was hinsichtlich des Datenschutzes allerdings noch an Grenzen stößt. Berichtet wird in anonymer Form, wie viele und welche Art von Fällen erfolgreich bearbeitet wurde, in welcher Höhe Geldmittel in die Kasse zurückgeflossen sind und

(Lars Harms)

welche Leistungsbereiche betroffen sind. Ich glaube, wir brauchen für diese Berichte gewisse einheitliche Standards. Wir werden das bei der Debatte über die Gesundheitsreform in der Berliner Arbeitsgruppe thematisieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesundheitsmarkt in Deutschland hat ein Finanzierungsvolumen von über 230 Milliarden €. Rund 145 Milliarden € beträgt das Ausgabevolumen in den gesetzlichen Krankenversicherungen. Angesichts der komplexen und differenzierten Strukturen auf der Leistungsseite ist es gegenwärtig nahezu unmöglich, das Finanzierungsgeschehen bei den Ausgaben auf Korrektheit vollständig und umfassend zu kontrollieren.

Beide Anträge nun haben gemein, dass sich die Landesregierung im Zuge der in der Diskussion befindlichen Gesundheitsreform dafür einsetzen soll, dass noch zu gewinnende Erkenntnisse in die Diskussion eingebracht werden sollen.