was nicht etwa gleichbedeutend damit ist, dass Schleswig-Holstein diese Fördermöglichkeiten auch nutzt. Denn mittlerweile ist Schleswig-Holstein so heruntergewirtschaftet, dass die Mittelausschöpfung mangels der erforderlichen Kofinanzierungsmittel deutlich hinter den Möglichkeiten zurückbleibt.
Beispielsweise wurden von den ursprünglich für die Jahre 2000 bis 2004 vorgesehenen EU-Mitteln in Höhe von 165 Millionen € lediglich 142 Millionen € in Anspruch genommen.
Da mag die Landesregierung in ihrem Bericht das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein gleich mehrfach preisen, die gemeinsamen Kraftanstrengungen zur Nutzung der Chancen für SchleswigHolstein haben ihre Grenzen schnell erreicht, wenn schlichtweg die erforderlichen Finanzen fehlen.
Mit der neuen ELER-Verordnung wird die Rolle der einzelnen Instrumente zur ländlichen Entwicklungspolitik nach den Worten der Landesregierung weiter vereinfacht und präzisiert. Ziele, Schwerpunktachsen und Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung werden künftig als neue Strategie vorgegeben und die Mitgliedstaaten müssen dann auf dieser Grundlage einen eigenen nationalen Strategieplan entwickeln, in den sie ihre Entwicklungspläne einpassen. Die Landesregierung scheint das zu begeistern. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass wir im Interesse unserer Landwirte sehr aufmerksam bleiben müssen, dass uns Brüssel nicht für alle Bereiche der Agrarstrukturpolitik zentral und im Detail vorschreibt, was die Mitgliedstaaten und was wir in Schleswig-Holstein zu tun und zu lassen haben.
„Ländliche Gebiete können äußert verschieden sein“. - Beim ersten Lesen des Berichts musste ich schmunzeln, dass die Landesregierung diesen Satz bei den strategischen Leitlinien der EU anführt. Um eine Zentralisierung in der Agrarstrukturpolitik abzuwenden, hat er aber vielleicht doch eine gewisse Bedeutung.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und hoffe, dass sie so konstruktiv weitergeführt werden, wie wir sie beispielsweise auch in Eekholt geführt haben.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand. - Das Wort für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Positionspapier „Schleswig-Holstein ein starker Partner im Norden“ vom 29. November 2005 findet der ländliche Raum wenig bis gar keine Berücksichtigung. Stattdessen konzentriert sich das Papier auf die Belange der Metropolregion Hamburg und der Oberzentren. Gleichzeitig ist schon seit einiger Zeit klar, dass die EU-Förderung für den ländlichen Raum ab 2007 neu aufgestellt wird. Deshalb hat der SSW gemeinsam mit den Grünen gefordert, dass die Landesregierung darüber berichten soll, wie sie sich die Förderung der ländlichen Räume, insbesondere vor dem Hintergrund der regionalen EU-Förderung, in Zukunft vorstellt.
Der Bericht liegt jetzt vor und obwohl wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landwirtschaftsministeriums selbstverständlich für ihre Arbeit danken, sind wir mit dem politischen Inhalt des Berichts nicht zufrieden. Zwar beschreibt die Landesregierung die Probleme und Herausforderungen, vor denen die ländlichen Räume in Zukunft stehen werden, aber der SSW lehnt die politische Schwerpunktsetzung des vorgelegten Konzepts der Landesregierung für den ländlichen Raum entschieden ab.
Vor allem werden aus unser Sicht im Bericht die Befürchtungen, die der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag schon im Februar geäußert hat, bestätigt. Die Landesregierung konzentriert ihre Förderpolitik auf die Metropolregion und die städtischen Zentren und steht mit leeren Händen da, wenn es um die Förderung des ländlichen Raumes geht.
Die 1,2 Millionen Menschen im ländlichen Raum bekommen nämlich laut Bericht in Zukunft weitaus weniger Geld für die Weiterentwicklung ihrer wichtigen Infrastruktur. So standen für die integrierte ländliche Entwicklung in den Gemeinden zum Beispiel die Dorfentwicklung - von 2000 bis 2006 fast 66 Millionen € zur Verfügung. Künftig werden in Rahmen des ELER-Programms im Zeitraum 2007 bis 2013 nur noch circa 38 Millionen € für diese Maßnahmen zur Verfügung stehen. Dies ist insbesondere problematisch, weil es damit faktisch nicht möglich ist, die vielfältigen Ergebnisse aus den rund 100 ländlichen Struktur- und Ent
wicklungsanalysen umzusetzen. Denn bisher wurden mit der Schwerpunktachse „Lebensqualität im ländlichen Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft“ - so heißt das Ganze - vielfältige Projekte gefördert und somit auch viele neue Arbeitsplätze geschaffen.
Durch die massive Mittelkürzung werden wichtige Investitionen zur Aufrechthaltung der Lebensqualität und der Wirtschaftsentwicklung auf dem Land nicht getätigt werden. Die Wirtschafts- und Investitionskraft der privaten und öffentlichen Haushalte in der Fläche wird allein nicht ausreichen, um die Attraktivität zu erhalten und den Auswirkungen des demographischen Wandels und der wegbrechenden Infrastruktur entgegenzuwirken. Die Landesregierung verspielt somit die Zukunft des ländlichen Raumes, wenn sie keinen adäquaten Ersatz für diese Investitionen findet.
Es bleibt also die Aufgabe der Landesregierung, durch gezielte Strukturpolitik die Entwicklungspotenziale des ländlichen Raumes voll auszuschöpfen. Aber im Bericht gibt es dafür nur wenige Beispiele. So ist es zwar lobenswert, dass man in Zukunft mehr Mittel in die Entwicklung der Energie aus Biomasse steckt. Die Investitionen für die erneuerbaren Energien sollen von circa 4 auf 8 Millionen € ansteigen. Allerdings konterkariert die Landesregierung - oder sagen wir es lieber klar und deutlich: das Wirtschaftsministerium - mit ihrer Blockadepolitik bei der Windenergie, zum Beispiel beim Ausbau des Husumer Hafens, diese zukunftsweisenden Ansätze. Hier bekommt der ländliche Raum - lieber Kollege Feddersen - flächendeckend ein Placebo in Höhe von 4 Millionen €, aber gleichzeitig werden zukunftsträchtige Investitionen verhindert, obwohl sie hier in der Vergangenheit für Tausende von Arbeitsplätzen gesorgt haben.
Die Landesregierung hat hier entweder kein Konzept, lieber Kollege Feddersen, oder sie nimmt bewusst die Ausblutung des ländlichen Raumes in Kauf.
Der SSW sieht es allerdings positiv, dass in Zukunft mehr Gelder für die Modulation der Landwirtschaft und für den Vertragsnaturschutz angesetzt worden sind. Das sind beides Maßnahmen, die sehr wichtig sind, um die Strukturveränderungen in der Landwirtschaft vernünftig und zukunftsgewandt abzufedern.
Das sind allerdings aus unserer Sicht auch die einzigen konstruktiven Ansätze im Konzept der Landesregierung. Denn auch die zukünftige Finanzierung des Küstenschutzes im ländlichen Raum sehen wir sehr kritisch, weil sie noch völlig ungeklärt ist. Die EU will laut Bericht Mittel von circa 48 Millionen € auf circa 27 Millionen € kürzen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Landesregierung noch nicht weiß, wie diese finanzielle Deckungslücke geschlossen werden soll. Im Bericht steht nur, dass die gekürzten EU-Mittel durch nationale Mittel kompensiert werden müssen und dass der Landwirtschaftsminister entsprechende Mittel beim Wirtschaftsminister beantragt hat. Ob die Mittel kommen und ob der Bund Zusagen gemacht hat, steht leider nicht im Bericht.
Angesichts der Wichtigkeit des Küstenschutzes gerade auch im ländlichen Raum - ist die ungeklärte Finanzierung in dieser Frage schon sehr problematisch. Hier wünschen wir uns mehr Kreativität und den politischen Willen der Landesregierung, um die notwendigen Gelder zeitnah zu beschaffen. Wir erwarten eine Klarstellung des Berichtes in diesem Punkt. Bleiben die Summen für den Küstenschutz in Zukunft dieselben wie früher oder nicht? Das ist eine wichtige Frage für den ländlichen Raum.
Es wurde uns im ländlichen Raum immer wieder gesagt, dass wir auch Chancen auf eine Förderung haben sollten, wenn wir gute Konzepte haben. Dieser Bericht, der uns nun vorliegt, spricht eine gegenteilige Sprache. Fördermittel werden aus dem ländlichen Raum abgezogen, obwohl es gute Ideen gibt und die Projekte aus den ländlichen Strukturanalysen bei weitem noch nicht abgeschlossen sind. Zukunftsträchtige Projekte zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung werden abgewürgt. Damit würgt die Landesregierung den gesamten ländlichen Raum ab.
Wunderbar, just in time! Ich bedanke mich bei Herrn Abgeordneten Lars Harms. Nun hat der Minister erneut um das Wort gebeten. - Bitte schön, Herr Dr. von Boetticher.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß wieder einmal nicht, wer mehr Märchengeschichten erzählt, Herr Hentschel oder Herr Grimm. Es ist bemerkenswert, dass Ihre Stellung
nahmen aus meiner Sicht jeglicher Seriosität entbehren. Darum sage ich etwas zur Information der kommunalen Familie. Wir haben im Dezember 2005 die kommunale Familie schriftlich über Ziele und Eckpunkte informiert. Wir haben im Mai 2006 eine Info-Veranstaltung durchgeführt. Wir haben den Gemeindetag durch einen Vortrag des Staatssekretärs informiert, und zwar über die Amtsvorsteher, die dazu im Mai eingeladen waren. Es gab sogar in der Zeitschrift „Die Gemeinde“ einen Abdruck über genau diese Eckpunkte. Wenn Sie sich fürsorglich um die kommunale Familie kümmern, frage ich mich, wie Ihnen das alles entgehen konnte, Herr Hentschel. Wie konnte Ihnen das alles entgehen?
Es ist schon rührend, wie Sie sich jetzt zum Fürsprecher für unsere Kreise machen. Waren das nicht die Organisationseinheiten, die Sie gerade abschaffen wollten, Herr Hentschel?
Herr Hentschel, ich gehe mit Ihnen zu jeder Veranstaltung von Milchbauern. Dort machen wir mal eine Abstimmung, welche Politik die Bauern dort vorziehen: ihre grüne Politik oder die Politik der großen Koalition. Ich kann Ihnen ungefähr sagen, wie die Abstimmung dort ausgehen wird.
Wenn Sie im Übrigen einmal seriös nachgerechnet hätten, hätten Sie gesehen, dass wir natürlich die Mittel, die wir im Dauergrünlandprogramm veranschlagen, auf die Regionen beschränken, die doppelt benachteiligt sind, nämlich einmal, weil sie reines Grünland haben, und zum anderen, weil sie nicht von anderen Programmen profitieren können. Wir haben natürlich eine Menge von Angeboten zum Erhalt von Dauergrünland in den Agrar-Umweltmaßnahmen. Aber wir haben einige benachteiligte Gebiete, die nicht in diesen Genuss kommen können, weil sie beispielsweise keine seltenen Vogelarten haben. Wenn man vor allem diese mit dem Dauerlandgrünlandprogramm berücksichtigt, dann kommt man auf eine ganz andere Summe pro Hektar. Wenn Sie das einmal nachrechnen würden, würden Sie auch auf einen vernünftigen Satz kommen.
Zur FDP! Herr Hildebrand, Sie haben zur Berücksichtigung der von Ihnen genannten nicht ausgegebenen Fördermittel die Periode 2000 bis 2004 herangezogen. Vielleicht registrieren Sie, dass diese Regierung seit 2005 im Amt ist. Vielleicht könnten
Sie freundlicherweise sagen, wie die Förderausschöpfung seit 2005 ist. Wir haben nämlich unsere Mittel alle ausgeschöpft. Ich bin stolz darauf, dass uns das gelungen ist.
Herr Harms, zum Abschluss Folgendes. Natürlich ist noch einiges ungeklärt. Das ist eben so. Dafür kann ich aber nichts. Das liegt nicht daran, dass wir unsere Programme nicht vernünftig gemacht hätten, sondern einfach daran, dass die Verhandlungen sowohl mit der Bundesebene, was die GAK-Mittel angeht, als auch mit der europäischen Ebene, was die endgültige Ausschüttung und Zuteilung der Mittel angeht, noch nicht beendet sind. Der vorliegende Bericht schildert das, was man zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen kann. Natürlich werden wir in einem Abschlussbericht zu kompletten und in sich konsistenten Positionen kommen. Das wird nachvollziehbar sein. Dann wird deutlich werden, dass der Küstenschutz auch in Zukunft so gesichert ist, wie er in der Vergangenheit war.
Ich danke dem Herrn Minister. - Mit diesem erneuten Wortbeitrag der Landesregierung steht nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung den Fraktionen erneut dieselbe Redezeit zu. Das sind drei Minuten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur einige Anmerkungen. Von mehreren Rednern wurde hier gesagt, die Mittel für den ländlichen Raum würden drastisch gekürzt. Das stimmt natürlich nicht. Es ist so, dass in der Tat die zweite Säule von der EU für den kommenden Zeitraum bis 2013 um 20 % gekürzt wurde. Dafür wurde die erste Säule um 30 % erhöht. Außerdem wurde die Möglichkeit geschaffen, bis zu 20 % der Mittel aus der ersten Säule in die zweite Säule umzuschichten. Die Verteilung der Mittel zwischen erster und zweiter Säule ist also in Zukunft Sache der EULänder. Eine Verschiebung haben insbesondere Österreich und England beantragt. Sie werden das in hohem Umfang nutzen, um Strukturprogramme für den ländlichen Raum zu finanzieren.
Schleswig-Holstein dagegen nutzt nur die Pflichtmodulation und in keiner Weise die Möglichkeit einer Umschichtung. Das heißt, der Bauernverband
hat durchgesetzt, dass die gesamten Mittel für den ländlichen Raum in Zukunft zusätzlich als Direktauszahlungen an die Landwirte gehen. Deswegen werden die Strukturprogramme heruntergefahren. Das ist keine Notwendigkeit, sondern eine falsche Politik, die Sie hier machen.