Protokoll der Sitzung vom 30.06.2006

Ich verweise an dieser Stelle noch einmal auf die Kleine Anfrage der Grünen, aus der wir wissen, dass es in den vergangenen zehn Jahren ganze 14 Bootsbrände gegeben hat. Ob sich nun aus der Statistik ein derartiger Regelungsbedarf, an dieser Stelle auf Wunsch des Innenministeriums in die Verordnung eingebracht, ergibt, kann man tatsächlich hinterfragen. An der Stelle schreibt uns die EU den Standard nicht konkret vor.

Jeder, der sich schon einmal mit Sportbooten oder den zugehörigen Häfen befasst hat, weiß auch, dass die Boote selbst einen solchen Feuerlöscher mitzuführen haben. Gerade die 6-kg-Feuerlöscher neigen auch dazu, schnell einmal Beine zu bekommen, gerade wenn sie in großer Anzahl angebracht werden. Deshalb möchte ich zusammenfassend feststellen: Meiner Beurteilung nach hat die Landesregierung eine Verordnung erlassen, die Europarecht weitgehend eins zu eins umsetzt. Der Antrag der FDP, die bestehende Verordnung unter dem lobenswerten Gesichtspunkt des Bürokratieabbaus zu ändern, würde - wiederum meiner Einschätzung nach - in zwei von drei Punkten gegen Europarecht verstoßen.

Ich sehe diesen Antrag daher als Anregung, die Verordnung im Ausschuss noch einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen, auch die europäischen Vorgaben kritisch zu diskutieren, und kann deshalb nur die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft sowie an den Wirtschaftsausschuss beantragen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Poersch das Wort.

(Axel Bernstein)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sportboothäfen in Schleswig-Holstein und schwerpunktmäßig an der Ostsee spielen eine herausragende Rolle für unseren Tourismus.

(Beifall bei der SPD)

Landesweit kann unser Land mit rund 250 Sportboothäfen und insgesamt 30.000 Liegeplätzen aufwarten. Es ist eine Tatsache, dass ein Drittel der Segler pensioniert und ein Fünftel von ihnen selbstständig ist - eine gut situierte Gästegruppe mit gutem Einkommen und oft genug, Herr Kubicki, mit einer eigenen Yacht. Auf den in der Studie „Wassersporttourismus in Schleswig-Holstein“ festgestellten deutlichen Männerüberhang möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. In jedem Fall bilden die Wassersporttouristen eine wichtige Säule des schleswig-holsteinischen Tourismus.

Aber nicht nur die Wassersportler selbst, auch die Landratten zieht Wasser magisch an. Ein Ort, der einen Hafen zu bieten hat, ist touristisch attraktiv und hat touristisch die allerbesten Voraussetzungen. Unsere Gäste wollen ans Wasser und „Schiffe gucken“. Das setzt allerdings voraus, dass im Hafen auch Schiffe und Boote liegen, sei es als Dauerlieger oder als Gastlieger. Wir brauchen lebendige Sportboothäfen, keine verödeten Stege.

In den Sportboothäfen bei uns im Land schlummert noch einiges an Potenzial. Nachzulesen ist dies in der Studie „Wassersporttourismus in SchleswigHolstein“ vom Februar 2005. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen unsere Sportboothäfen attraktiv, sicher und vor Schadstoffen aus dem Meer geschützt sein. Brandschutz, Abfallentsorgung und Hafenauffangeinrichtungen müssen schlichtweg geregelt sein und um nichts anderes geht es schlichtweg in der Sportboothafenverordnung. Für kleine Häfen mit weniger als 50 Liegeplätzen lässt die Verordnung ausdrücklich Ausnahmen zu.

Unsere Häfen haben bereits in Liegeplätze, Stege, Wege, Sanitäranlagen, Beschilderung, Umfeldgestaltung investiert und sie tun das auch weiterhin und sie kooperieren, wenn sie schlau sind, bei der Umsetzung der Sportboothafenverordnung. Denn das lässt die Verordnung ausdrücklich bei den Abfallbewirtschaftungsplänen zu.

Nicht unerwähnt lassen will ich beim Thema Kooperation den Zusammenschluss Baltic Sailing, in dem sich 19 deutsche und 19 dänische Sportboothäfen wieder finden. Das sind zusammen 38 Sportboothäfen mit 10.000 Liegeplätzen rund um die Ostsee. Baltic Sailing stellt für die angeschlossenen

Sportboothäfen gemeinsame Werbeauftritte und Marketing sicher. Diese Hafenkooperation ist in diesem Jahr erfolgreich in die zweite Saison gestartet. Gleich im ersten Jahr wurden in den deutschen Häfen mit 1.000 Bonuskarten so viele verkauft wie in Dänemark in den vergangenen sieben Jahren zusammen. Baltic Sailing entwickelt sich zu einem attraktiven Markenzeichen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Um dieses Tourismussegment dauerhaft zu sichern und zu fördern, gilt es, keine unnötigen Hürden aufzubauen. Das wiederum bedeutet, EG-Recht eins zu eins umzusetzen - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die FDP-Fraktion beantragt nun die Überarbeitung der Sportboothafenverordnung. Aus touristischer Sicht sage ich: Das ist in Ordnung, dann aber auch aus dem touristischen Blickwinkel. Dazu lohnt sich ein Blick in die Studie „Wassersporttourismus in Schleswig-Holstein“. Darin wird interessanterweise angeregt, auch - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums - „Hinweise auf Anforderungen an touristisch relevante Aspekte wie Information, Service, Gastronomie et cetera, an den qualitativen Zustand der Gebäude sowie weitere Infrastruktur im Hafen und der näheren Umgebung, das heißt Aspekte, die im Rahmen einer Qualitätsverbesserung erforderlich wären“, aufzunehmen.

Es ist interessant, dass hier eher mehr als weniger Regelungen gewünscht werden, wenn auch mit einem eigenen, einem touristischen Schwerpunkt.

Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass dabei die betroffenen Verbände beteiligt werden. Das ist im Übrigen auch mit der jetzt kritisierten Sportboothafenverordnung vor allem in der Umsetzungsphase geschehen.

Es spricht nichts dagegen, sich die Sportboothafenverordnung noch einmal vorzunehmen und dabei vor allem auch die kleinen Häfen, die Vereinshäfen im Blick zu haben.

(Beifall)

Für sie brauchen wir Lösungen, die sie nicht überfordern.

Nicht zuletzt auch, um dem geballten Sachverstand und den persönlichen Betroffenheiten in meiner eigenen Fraktion angemessen gerecht zu werden, beantrage ich, den FDP- Antrag neben dem Innenund Rechtsausschuss dem Umwelt- und Agrarausschuss sowie dem Wirtschaftsausschuss zu über

weisen. Ich bin sicher, dass wir dort eine für alle akzeptable Lösung finden werden.

(Beifall im ganzen Haus)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Kleine Anfrage, die wir zu dem Thema Sportboothafenverordnung gestellt haben, ist hier schon von Herrn Bernstein erwähnt worden.

Ein Ergebnis unserer Anfrage war, dass sich angesichts der Regelungsintensität der Verordnung Schadensereignisse und Schadensgrößen doch sehr bescheiden ausnehmen: 14 Brandereignisse in zehn Jahren! Angesichts der Dichte des Bootsverkehrs in den schleswig-holsteinischen Freizeithäfen ist das sehr wenig. Die Schadenshöhe betrug einmal maximal 25.000 € bei mit betroffenen Schiffen.

Herr Bernstein, ich glaube nicht, dass Ihre Aussage richtig ist, dass hier eins zu eins umgesetzt wurde. Insofern ergibt sich aus den Ergebnissen der Kleinen Anfrage der Antrag der FDP zwingend, dies noch einmal zu überprüfen.

Sie sehen, ich habe eine Rede vorbereitet. Aber weil wir gleich weltbewegende Ereignisse erwarten, möchte ich mich auf die Ankündigung beschränken, dass wir dem FDP-Antrag zustimmen werden.

(Beifall im ganzen Haus - Zurufe)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorausschauenderweise ist meine Rede ohnehin kürzer als fünf Minuten. Insofern bin ich in der Lage, sie komplett zu halten.

Es geht hier um die Eins-zu-Eins-Umsetzung von EU-Richtlinien. Es ist durchaus legitim, darüber nachzudenken, aber wir dürfen das Ganze nicht zu einem dogmatischen Glaubenssatz verkommen lassen. Wenn es gut begründbare Fälle gibt, dass man über die EU-Norm nach oben abweichen will, dann

soll man das tun. Das ist eine politische Entscheidung.

Standards sind als abstrakte Norm schnell dem Vorwurf von Bürokratie und Überreglementierung ausgesetzt. In Deutschland kann man nicht nur ein Lied davon singen, sondern nahezu eine Hitparade damit füllen. Wenn aber Unglücke passiert sind, kommen unter dem Eindruck des Geschehens ebenso schnell wieder die Rufe nach strengeren Regelungen und höheren Standards hoch. Dann heißt es auf einmal: Da muss man doch etwas tun! Wir Politiker laufen dann sofort los und setzen die Standards auch immer höher. Das darf man nicht vergessen, wenn man über Standardabbau nachdenkt.

Eingedenk dieses Spannungsverhältnisses lassen Sie uns im Ausschuss die Argumente für und wider höhere Standards austauschen. Es ist in Ordnung, was die Kollegen vorgeschlagen haben.

Wenn ich mir allerdings die Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Hentschel angucke, nämlich 14 Bootsbrände in zehn Jahren, die 45.000 € gekostet haben, bedeutet das bei rund 250 Sportboothäfen mit rund 30.000 Liegeplätzen 18 € Schaden pro Sportboothafen und 15 ct pro Liegeplatz. Vor diesem Hintergrund wird einem schnell klar, dass da vielleicht eine Überreglementierung vorhanden ist, die abgeschafft werden muss. Ich glaube, das ist okay.

Anders sehe ich es persönlich bei Schiffsabfällen. Es ist gute Praxis unter Freizeitkapitänen und echten Kapitänen, sich in seiner Umwelt ordentlich zu verhalten. Da sind solche Regelungen durchaus notwendig. Anders sieht es wiederum bei den Abfallwirtschaftsplänen aus, insbesondere für kleinere Häfen. Vielleicht kann man die Intervalle da etwas vergrößern.

Das waren genau zwei Minuten.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke dem Kollegen für die Kürze und erteile nunmehr Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon amüsant, wenn man sonst immer Schelte dafür bekommt, dass man zu viel entbürokratisiere und zu viel dereguliere, es heute einmal andersherum zu erleben. Ich stelle mich der Debatte natürlich sehr gern und bitte um Verständnis dafür, dass wir

(Regina Poersch)

in Zeiten von Deregulierungsbemühungen neue Überwachungsinstrumente nach Vorgaben der EU wie in diesem Fall die Abfallbewirtschaftungspläne für Sportboothäfen schaffen müssen. Für uns gilt grundsätzlich das Prinzip der Eins-zu-eins-Umsetzung. Die neue Sportboothafenverordnung trägt der Richtlinie des Europäischen Parlaments über Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände für Sportboothäfen Rechnung.

Wir haben bei der Umsetzung der Richtlinie sehr darauf geachtet, dass es zu einer Eins-zu-eins-Umsetzung kommt. Wir haben den Abgleich zu Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gemacht; ein Abgleich hilft nur, wenn ich ein vergleichbares Bundesland finde, das über 300 kleinere und mittlere Sportboothäfen verfügt wie wir. Dort gibt es entsprechende Regelungen wie in Schleswig-Holstein.

Die wesentlichen Anliegen der Richtlinie waren auf der einen Seite die Bereitstellung von Auffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und auf der anderen Seite die Abfallbewirtschaftungspläne.

Nun zu den Forderungen der FDP! Die Sportboothafenbetreiber sollen von der Verpflichtung befreit werden, alle drei Jahre Abfallbewirtschaftungspläne aufzustellen. Die zweite Forderung der FDP ist, die Hafenbenutzer von der Verpflichtung zu befreien, spätestens vor dem Auslaufen Schiffsabfälle in die davor vorgehaltenen Hafenauffangeinrichtungen zu verbringen.

Wir haben in der Systematik zwei unterschiedliche Auffassungen. Wir haben gesagt: Die Befreiung für die Kleinen in Artikel 6 gilt nur für die Meldung und bezieht sich nicht auf Artikel 5 und Artikel 7. Darum haben wir solche Befreiung nicht vorgenommen. Ich bin aber gern bereit, mich dieser Rechtsdebatte im Ausschuss zu stellen, Herr Kubicki. Dann werden wir sehen, ob es sich bei Ihren Hinweisen um sachdienliche Rechtshinweise oder um Rechtsverdrehungen handelt. Wenn es das Erstere ist, sind wir gern bereit, noch einmal tätig zu werden. Das ist nicht das Problem.

Der Hinweis auf Artikel 239 EGV scheint mir deswegen nicht besonders sachdienlich, weil wir gerade gestern die mit Gründen versehene Stellungnahme an die Bundesrepublik Deutschland bekommen haben, die zur Vorbereitung einer Klage vor dem EuGH dient, wegen mangelhafter Umsetzung der deutschen Bundesländer. Weil das so ist, werden wir die Stellungnahme der Kommission analysieren müssen, bevor wir zu weiteren Ergebnissen kommen können.