weil Sie elementare Risiken einfach nicht berücksichtigt haben, dann kann man schlichtweg nicht entscheiden. Sie haben weder das Risiko der Mehrwertsteuererhöhung - es ist ja beschlossen, dass sie kommt - noch das Risiko der Tarifabschlüsse eingerechnet.
Das sind in der Summe, lieber Kollege Kalinka, Risiken von 50 Millionen € jedes Jahr, die in dem Gutachten schlichtweg nicht berücksichtigt sind. Insofern sollte der Minister dieses Gutachten nehmen und in den Papierkorb werfen.
Dann uns zu sagen: „Ihr seid doch auf einmal gegen Privatisierung“, das ist schlicht lächerlich, denn auf einer solchen Grundlage zu entscheiden, wäre schlicht fahrlässig - auch für eine Oppositionsfraktion.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was will unser Antrag, über den wir ja diskutieren? Das Erste ist - und das ist ausführlich betont worden -, wir wollen noch einmal bekräftigen - und das kann nicht schaden -, dass eine entscheidende Grundlage für unser Universitätsklinikum ist, dass es bundeseinheitliche Basisfallwerte gibt, und zwar so schnell wie möglich. Dafür muss alles zügig vorbereitet werden. Damit haben wir die Landesregierung schon einmal auf den Weg geschickt.
Das Zweite ist die Frage: Was machen wir mit den Planungen der Landesregierung, teilweise oder voll zu privatisieren? - Diese Planung gibt es. Das Gutachten hat viel Geld gekostet. Da kann man nicht sagen: Wir planen eigentlich gar nichts.
Es gibt also ein Gutachten. Dieses Gutachten ist eben noch einmal von Herrn Garg ausführlich gewürdigt worden. Da ist doch die Frage: Was muss der Landtag jetzt tun?
An dieser Stelle sagen wir: Bevor es keine bundesweit einheitlichen Basisfallwerte gibt, kann man realistischerweise den Wert des Universitätsklinikums gar nicht feststellen, weil er sich verändern wird, sich eventuell zugunsten des Landes verändern wird. Deshalb wäre es aus unserer Sicht fahrlässig, jetzt zu verkaufen.
- Die Landesregierung hat ein teures Gutachten in Auftrag gegeben, wo der Verkauf dargestellt wird. Man fragt sich doch, was diese Landesregierung tut. Es ist die zweite Debatte, wo die SPD immer sagt, sie wollten gar nicht verkaufen, aber wo das Land, wo der Steuerzahler Gutachten bezahlt. Das kann es doch nicht sein!
Wir sagen ja nicht, es gebe keinen Handlungsbedarf. Das sagen wir ja gar nicht. Wir positionieren uns auch nicht gegen eine andere Rechtsform. Wir betonen vielmehr noch einmal, dass das Vorstandsmodell eine gute Möglichkeit ist, und wir sagen, wenn man über Verkauf überhaupt nachdenken will, dann auf keinen Fall jetzt, wo sich die Grundlage in den nächsten Jahren massiv ändern wird. Es ist komplett der falsche Zeitpunkt. Insofern, Herr Minister, kritisieren Sie uns nicht für etwas, was nicht im Antrag steht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nur deswegen gemeldet, weil es mich in der Diskussion bisher erstaunt, dass sehr viele Dinge über dieses Gutachten gesagt werden, was nicht darauf schließen lässt, dass es wirklich alle schon in der Langfassung gelesen haben. Das mag jeder so tun. Ein zentraler Kritikpunkt, den wir hier nicht ausdiskutieren können in der Kürze der Zeit, aber über den man nachdenken muss, liegt meines Erachtens an einer ganz anderen Stelle. Die Frage, ob Berücksichtigung von Mehrwertsteuer, ob Berücksichtigung von Tarifentwicklungen, über die man immer nur spekulieren kann -
- Ja, aber nicht bis 2010. Die Gutachten und die Perspektivpapiere gehen über 2010 hinaus. Das heißt, wir haben relativ viele Variablen im System. Man kann darüber streiten, was man einrechnen will. Das Kernproblem bei allen Lösungsoptionen, die wir haben, ist - die Diskussion sollten wir einmal ehrlich miteinander führen -, ob es, egal welches Modell wir wählen, bei den Risiken, die wir
im System haben, überhaupt möglich ist, bis 2010 ein ausgeglichenes Betriebsergebnis zu haben. Die Frage müssen wir uns ernsthaft stellen, ob wir dieses Ziel hochhalten wollen. Ich will das nur am Rande sagen.
Ich finde es einer näheren Untersuchung wert, ob es hinreichend ist, ein gutachterliches Ergebnis vorzulegen, das wesentliche Bestandteile der PortfolioAnalyse nicht berücksichtigt. Das finde ich viel dramatischer als Fragen, die ich sozusagen obendrauf rechnen kann. Das sind Grundsätze, die man sich vertieft anschauen muss, um dann zu Ergebnissen zu kommen.
Ich habe - und das empfinde ich für die Ausschussberatungen als positives Signal bei allen Aufgeregtheiten über Vorgeschichte und Nachgeschichte von Fallpauschalen - zumindest niemanden gehört, der sich dahin gehend geäußert hat, dass wir ohne erhebliche Veränderungen auch in der Organisationsstruktur und Rechtsform auskommen. Das ist ein kleiner Punkt, wo sich ein Stück Bewegung hier im ganzen Haus gezeigt hat. Das führt dazu, dass wir ein bisschen optimistisch sind, dass wir für das UK S-H keine Lösung von der Stange, sondern eine maßgeschneiderte Lösung finden. Dafür gibt es Vorschläge, von denen ich momentan nicht den Eindruck habe, dass wir alle 1:1 umsetzen können oder müssen, aber dass sich da eine Lösung ergibt. Was grundsätzlich ausscheidet, hat Kollege Baasch schon gesagt. Die Ausschussberatungen sollten zügig und möglichst bald mit umfassender Information beginnen.
Nach Artikel 21 Abs. 3 unserer Landesverfassung erteile ich dem Herrn Minister Dietrich Austermann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt der Debatte war, ob es richtig ist, dass wir uns als Landesregierung zum Basisfallwert ab 2010 eingelassen haben und nicht früher. Hierzu will ich ganz klar unsere Meinung sagen. Es ist irreal, davon auszugehen, dass vor 2009 etwas geändert wird. Anträge, die irreal sind, stellen wir nicht. Das mag anderen überlassen bleiben hier im Plenum. Wir tun das jedenfalls nicht.
noch einmal sagen, Herr Abgeordneter Garg, wenn Sie meinen, das sei nicht berücksichtigt worden: Das ist mit Vorsatz so passiert, denn wir haben uns darüber unterhalten, die noch nicht endgültig festliegen - bis auf die Mehrwertsteuererhöhung liegen die Dinge nicht fest -, soll man also die Dinge wirklich als ganz konkrete Fakten oder Eckpunkte einbeziehen, wenn man genau weiß, dass das nachher so nicht passiert. Soll man möglicherweise einen niedrigeren Basisfallwert oder einen höheren Basisfallwert auf der Basis der Gesundheitsreform annehmen? - Eines ist mit Sicherheit klar: Der wirtschaftliche Handlungsdruck wird, egal was kommt, eher größer als kleiner.
- Ist ja gut. Wenn man das jetzt einbezieht, kommt man doch umso mehr zu dem Schluss: Wir müssen etwas tun, um das Krankenhaus insgesamt wirtschaftlicher zu machen.
Wie mache ich das Krankenhaus wirtschaftlicher? Die Frage kann sich jeder stellen. Unser Vorschlag ist, das durch die Einbeziehung von Privaten zu machen, die Erfahrung in dem Geschäft haben und manchmal vielleicht engagierter vorgehen als das ein öffentlich-rechtlich bestellter Vorstand tun würde. Der Druck ist so groß und wird eher größer. Deshalb besteht Handlungsbedarf und deshalb wollen wir entscheiden.
Eine verlässliche Grundlage ist meines Erachtens jetzt mit dem Papier da. Die Risiken sind alle beschrieben, wenn auch nicht alle mit einbezogen wurden. Aber wir haben auch mit konkreten Zahlen darauf hingewiesen, dass wir nicht genau wissen, was wir bekommen werden. Das ist auch eine Variable. Ich kann heute nicht sagen, was wir bekommen, wenn wir eine öffentliche Ausschreibung machen und uns jemanden suchen, der sich daran beteiligt. Ich kann nicht sagen, ob das ein Anteil von 49, 50 oder 30 % sein wird. Auch das steht nicht fest. Insofern können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts anderes machen.
Ich möchte noch etwas zur Verwendung der Vokabel „verkaufen“ sagen. Das, was bisher vorgeschlagen worden ist, ist eine Beteiligung, eine Beteiligung eines Dritten. Wir sind uns jedoch über die Größenordnung der Beteiligung noch nicht einig. Beteiligung ist etwas anderes als zu sagen, ich verkaufe beispielsweise Lübeck oder Kiel oder etwas anderes. Ich bitte darum, da genau hinzusehen.
Noch einmal zum Thema Portfolio-Analyse! Herr Weber, es war alles richtig, was Sie gesagt haben, bis auf das zu diesem Sachverhalt. Die Portfolio
Analyse ist auf unseren ausdrücklichen Wunsch hin, auf politischen Wunsch hin, erstmalig erstellt worden. Meine erste Frage war: Gibt es eigentlich den InEK-Vergleich zwischen einzelnen Kliniken, unseres Klinikums im Vergleich zu anderen Universitätsklinika in Deutschland? Den gab es bisher nicht. Das ist jetzt erstmals aufgestellt worden. Der Vorstand existiert in der jetzigen Form seit 2002/ 2003. Wenn wir von der Politik aus hier nicht gehandelt hätten, hätte es diese Portfolio-Analyse so nicht gegeben. Sie ist mit einbezogen worden. Das sollten Sie vielleicht noch einmal im Gutachten nachlesen.
Wenn wir tatsächlich so verfahren, wie in dem Antrag vorgesehen, dann würden sich zu den 73 Millionen € Defizit am Ende dieses Jahres weitere Zigmillionen aufhäufen, sodass wir im Jahr 2010 ein Defizit von 130 bis 140 Millionen € hätten. Das kann niemand wollen, weil jeder weiß, wenn wir diese Situation haben, wird der Handlungsdruck auf den Krankenhausbereich so groß, dass man für überhaupt nichts mehr garantieren kann. Unser Ziel ist aber, eine Einrichtung zu haben, bei der wir sowohl im Wissenschafts- und Forschungsbereich als auch in der Krankenhausversorgung maßgeblichen Einfluss haben. Wenn Sie das erhalten wollen, dann müssen Sie jetzt die Weichen dafür stellen und dürfen nicht bis zum Jahr 2009/2010 warten.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können doch das Vorstandsmodell nehmen! - Weiterer Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort. Die Redezeit beträgt sechs Minuten. Sie muss aber natürlich nicht ausgeschöpft werden, da der geplante Beginn der Mittagspause bereits hinter uns liegt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen geloben, dass ich die sechs Minuten nicht benötige. Es geht mir nur um zwei kleine Punkte, die für mich vor dem Hintergrund dessen, was der Kollege Weber gesagt hat, eine ganz entscheidende Rolle spielen.
Warum ist der TVöD in den Gutachten nicht angewandt worden, warum hat man ihn nicht mit berücksichtigt? - Man hat ihn nicht berücksichtigt, weil man ihn nicht berücksichtigen musste. Wir haben die Anhörung gehabt und ich habe nachgefragt:
Wollt ihr ihn berücksichtigen, warum ist das nicht gleich aktuell mit hineingenommen worden? - Dazu wurde von den Gutachtern ganz klar gesagt: Wir haben uns erst einmal die Vergangenheit angesehen und dann steht es jedem Käufer in Zukunft frei, wie er mit seinen Leuten entsprechend verhandelt und ob dabei möglicherweise Haustarife oder Ähnliches herauskommen.
Das ist so und ganz klar wird das der erste Punkt sein, wo man den Hebel ansetzen wird. Auch das muss man berücksichtigen, wenn man über Privatisierung redet.
Ich kann TVöD und ähnliche Geschichten eigentlich nur dann wirklich prospektiv für die Zukunft mit einrechnen, wenn ich nicht privatisiere, weil ich dann an einen solchen Tarifvertrag gebunden bin. Ansonsten muss ich immer mit anderen Zahlen rechnen. Das ist einfach so. Das kann sich auch - da geht es nicht nur um Entgelte, sondern auch um Arbeitszeiten - auf die Qualität auswirken. Deshalb habe ich das angesprochen. Ich glaube, da bin ich mir auch sehr einig mit den Kollegen von den Sozialdemokraten.
Ich persönlich schätze es auch so ein, dass das Vorstandsmodell nicht nur realistischer ist, sondern sowohl vor dem Hintergrund der medizinischen Versorgung als auch unter dem Gesichtspunkt der Interessen der Arbeitnehmerschaft das bessere Modell ist. Ich habe vorhin noch einmal ganz deutlich gemacht, dass man den Antrag zumindest missverstehen kann, nämlich nach dem Motto: Basisfallwerte stimmen, dann wird das Ding verhökert.
- Eben. Deshalb möchte ich noch einmal ganz offiziell - damit es sich auch wirklich lohnt, die Beratung in den Ausschuss zu verschieben; vielleicht bekommen wir da dann auch eine Mehrheit hin von den Grünen hören, ob sie es so meinen oder ob die Grünen der Meinung sind, sie wollten auch nicht verkaufen. Dann wären wir nämlich schon zu dritt.