Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Kollegen Günter Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich der lieben Frau Kollegin Ursula Sassen auch in diesem Zusammenhang herzlich zur Direktwahl ihres Wahlkreises 3, HusumEiderstedt, gratulieren.
Aus Sicht meiner Fraktion war das gute Ergebnis von Frau Sassen nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass sie als Vertreterin der CDU - nebenbei: genauso wie wir - im Wahlkampf dafür angetreten war, dass auch die letzten Zweifel hinsichtlich der rechtmäßigen Auswahl der Vogelschutzgebietskulisse auf Eiderstedt und in der Eider-Treene-Sorge-Niederung ausgeräumt werden müssen. Aber aus einer solchen Aussage und aus einem solchen Wahlergebnis ergeben sich natürlich auch gewisse Verpflichtungen.
Voraussetzung hierfür ist eine grundsätzliche Überprüfung der Gebietskulisse an der Westküste. Denn nicht nur das politische Verfahren hier im Landtag und in den Ausschüssen, insbesondere auch die bisherigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, haben den Zweifel an der inhaltlichen Auswahl der Gebietskulisse gemehrt.
Nun werden insbesondere die damaligen Regierungsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Hinweis auf die für sie scheinbar günstigen Beschlüsse der Gerichte widersprechen. Aber ich halte fest: Bisher ist die eigentliche inhaltliche Überprüfung der rechtmäßigen Auswahl der Gebietskulisse vor Gericht nur oberflächlich geprüft worden. Bisher wurde lediglich entschieden, dass Rechtsschutz gegen die Auswahl der Gebiete lediglich nach einer endgültigen Meldung erfolgen kann. Diese ist noch
nicht erfolgt, und daher konnte das Gericht noch nicht in den Verfahrensschritt eintreten, die Auswahl als solche unter die Lupe zu nehmen.
Eines allerdings hat das Verfahren vor Gericht zutage gebracht, nämlich dass sehr wohl fraglich ist, ob und inwieweit sich das Umweltministerium seinerzeit an die fachlichen Voraussetzungen der entsprechenden Richtlinie zur Auswahl von Vogelschutzgebieten gehalten hat.
Ich sage Ihnen: Wir brauchen die Menschen auf Eiderstedt und in der Eider-Treene-Sorge-Niederung nicht weiter mit Gerichtsverfahren zu belasten, wenn - wie vor der Wahl versprochen - eine umfassende Überprüfung der ausgewählten Gebietskulisse vorgenommen wird. Wir halten mit unserem Antrag, der noch vor der Veröffentlichung des schwarz-roten Koalitionsvertrages eingereicht wurde, diese Forderung nach Überprüfung aufrecht. Wir begrüßen, dass die neue Koalition auch in ihrem Vertrag ausgehandelt hat, grundsätzlich gemeldete NATURA-2000Gebiete im Rahmen des sowieso in den entsprechenden Vorschriften vorgesehen Monitorings zu überprüfen und die naturschutzfachlichen Spielräume, die sich daraus ergeben, auch zu nutzen.
Dennoch kann uns diese Ankündigung hinsichtlich der sich im Meldeverfahren noch in der Schwebe befindlichen Vogelschutzgebiete auf Eiderstedt und in der Eider-Treene-Sorge-Niederung nicht zufrieden stellen.
Daher reicht das, was CDU und FDP in ihrem Antrag vorschlagen, nicht aus. Dennoch stellt auch die Forderung aus dem Antrag der Regierungsfraktionen eine sinnvolle Ergänzung zu unserem Antrag dar. Wir haben sie daher in unserem neuen Antrag inhaltlich voll übernommen. Für die Menschen auf Eiderstedt und in der Eider-Treene-Sorge-Niederung ist die allgemeine fachliche Überprüfung im Rahmen des Monitorings zu wenig. Sie haben eine unverzügliche fachliche Überprüfung verdient. Das ist im Übrigen auch nicht weniger, als CDU und FDP vor der Wahl versprochen haben.
Wir fordern daher insbesondere die CDU auf, sich daran zu halten, was sie seinerzeit gesagt hat, nämlich dass erstens die fachliche Auswahl für die großflächi
ge Ausweisung eines Vogelschutzgebietes auf Eiderstedt höchst zweifelhaft ist und dass zweitens deswegen eine fachliche Überprüfung der Auswahl der Gebietskulisse auf Eiderstedt und in der EiderTreene-Sorge-Niederung vorzunehmen ist und drittens diese Überprüfung nichts mit dem üblichen Monitoring für NATURA-2000-Gebiete zu tun hat.
Vielen Dank, Herr Hildebrand. - Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der CDU die Kollegin Ursula Sassen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zeitpunkt für den FDP-Antrag ist natürlich günstig, gab es doch schon vor der Wahl eine klare Aussage unseres jetzigen Landwirtschafts- und Umweltministers Dr. Christian von Boetticher, mit der er die Überprüfung und mögliche Korrektur von Gebietskulissen in Aussicht gestellt hat. Ich danke dem Kollegen Hildebrand dafür, dass er in der vergangenen Wahlperiode immer ein guter Mitstreiter war.
Ich möchte auch noch einige Worte an den Kollegen Harms richten. Ich habe kein Verständnis für Ihre Presseerklärung vom 19. Mai, in der Sie Minister von Boetticher als feige bezeichnen, weil er auf Ihre Kleine Anfrage nach dem Zeitpunkt der Rücknahme von NATURA-2000-Gebieten angeblich nur stereotype Antworten gegeben hat. Mit solch populistischen Aussagen können Sie auf Eiderstedt keinen Blumentopf gewinnen!
Ich freue mich, das wir heute auf der Grundlage des Koalitionsvertrages gemeinsam mit der SPD einen weitergehenden Antrag vorlegen können. Insofern war es vom Inhalt her unsinnig, diesen Antrag zu stellen; denn es entspricht sowieso unserem politischen Handeln und steht auch so im Koalitionsvertrag.
Weil unser Antrag besser und weitergehend als der Ihre ist, haben Sie ihn abgeschrieben. Ich bin sicher, die Landesregierung wird mit Minister von Boetticher geeignete Maßnahmen ergreifen, um Falschmeldungen aufzudecken.
Die im Koalitionsvertrag getroffene Aussage - jetzt kommen wir zu den wichtigen Dingen; nicht nur Ihr Antrag ist wichtig -, dass wir Naturschutzvereine und -bündnisse vor Ort mit mehr Verantwortung ausstatten wollen, um sie einzubinden, könnte schon beim vorgezogenen Monitoring zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung führen.
Am 28. Dezember 2003 habe ich die damalige Ministerpräsidentin Frau Simonis in einem offenen Brief über die Vogelschutzgebietsausweisung Eiderstedt informiert. In ihrem Antwortschreiben hieß es unter anderem:
„Wie dem Ihnen vorliegenden Aufforderungsschreiben der EU-Kommission vom April 2003 zu entnehmen ist, fordert diese ausdrücklich die Benennung Eiderstedts. Der seitens des Landes 1999 geäußerte Verzicht auf eine Meldung Eiderstedts ist somit nicht mehr haltbar.“
Diese Aussage macht deutlich, mit welch geringem Selbstbewusstsein die Landesregierung damals ihre Position gegenüber der EU vertreten und wie wenig sie ihrer eigenen fachlichen Begründung vertraut hat.
Die EU-Kommission ist für die Durchsetzung des Rechts zuständig, darf aber den Mitgliedstaaten nicht im Einzelnen vorschreiben, welche Gebiete als besondere Schutzgebiete zu melden sind. Die EURichtlinien treffen keine präzisen Aussagen darüber, wie viele Gebiete und wie viel Prozent zu melden sind. Daher war es auch unerheblich, ob Eiderstedt im so genannten Mahnschreiben der EU erwähnt wurde oder nicht.
Es ist anzunehmen, dass Naturschutzverbände Wunschmeldungen an die EU übermittelt haben und somit Eiderstedt in den Blickwinkel der Begehrlichkeit gerückt ist. Weil darüber hinaus die naturschutzfachlichen Konzepte der Landesregierung mangelhaft waren, hat man seitens der EU auf die IBA-Liste verwiesen und so über die Trauerseeschwalbe den Weg zu Eiderstedt gefunden. Das ist ein unbefriedigender Vorgang, denn ganz eindeutig ist die fachliche Beurteilung den Mitgliedstaaten zu überlassen. Daher bedarf es auch ganz besonderer Sorgfalt bei der Vogelschutzrichtlinie, denn das Umweltschutzministerium reicht die Meldungen der Länder inhaltlich ungeprüft an die EU durch. Ein Fehler wäre dann fatal.
Die Landesregierung trägt eine große Verantwortung bei NATURA-2000-Gebietsausweisungen, greift doch manche Gebietskulisse in Eigentum und Existenzsicherung der Menschen ein. Sie ist daher verpflichtet, bei der Auswahl und Benennung behutsam vorzugehen, die Menschen mitzunehmen und Ermessensspielräume zu nutzen. Zu gern hat sich die Landesregierung damals hinter den vermeintlichen Vorgaben der EU versteckt und sich mehr an den Wünschen der Naturschutzverbände als an den Zwängen orientiert. Für uns gilt es jetzt, für diese Konflikte intelligente Lösungen zu finden und die Menschen mitzunehmen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Die Menschen auf Eiderstedt wollen nicht mit dem Gefühl leben, dass zuerst die Größe der für SchleswigHolstein noch zu meldenden Gebietskulisse bestimmt wird und dann erst eine Begründung dafür konstruiert wird. Ich bin sicher: Gemeinsam schaffen wir es.
Ich danke der Kollegin Sassen und erteile nunmehr für die Fraktion der SPD dem Kollegen Konrad Nabel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Claus Ehlers habe ich mich übrigens schon verstanden, bevor wir die große Koalition eingegangen sind.
Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen zum Antrag Drucksache 16/25 auf die in meinem Beitrag zu einem vorhergehenden Tagesordnungspunkt gemachten Vorbemerkungen verweisen. So erspare ich Ihnen einen weiteren Sachvortrag zum Wesen von Koalitionsverträgen. Im vorliegenden Fall, der übrigens Gegenstand einer Kleinen Anfrage des Kollegen Harms und einer Aussprache im Umwelt- und Agrarausschuss auf der Grundlage einer Frage des Kollegen Harms und des Kollegen Hentschel war, geht die Formulierung des Koalitionsvertrages über den von der FDP gestellten Antrag in der Ursprungsfassung hinaus. Dass Sie in der neuen Fassung unseren Text abgeschrieben haben, macht es nicht besser. Es heißt in unserem Text:
„Die Landesregierung wird gebeten, bei der Auswahl und Benennung von Gebieten für das gemeinschaftliche NATURA-2000-Netz die Gebietskulisse anhand der vom EUGesetzgeber geforderten Kriterien zu über
prüfen und möglicherweise vorhandene naturschutzfachliche Beurteilungsspielräume zu nutzen. Dies gilt auch für bereits gemeldete Gebiete, soweit es das EU-Recht zulässt.“