Protokoll der Sitzung vom 26.05.2005

Lars Harms, wenn es dir wirklich nur um Eiderstedt ginge und nicht nur darum, das Thema zu nutzen, um

dich selbst darzustellen, dann könntest du sehr gut einem gemeinsamen Antrag mit allen parteiübergreifend zustimmen.

Ich möchte mich gegen die Unterstellung wehren, dass hier sowohl von Herrn Minister Boetticher als auch von mir irgendwann etwas gesagt worden ist, was wir hier nicht mehr vertreten können. Ich bin bei allen Veranstaltungen selbst dabei gewesen. Es ist der Ausspruch gefallen: Wenn Gebiete rückholbar sind, werden wir sie zurückholen. Das ist eine Aussage und das Wort steht auch noch. Dafür werden wir uns auch einsetzen. Es gibt Meinungen auch aus der Rechtsprechung, da ist aber noch nichts richtig da, es steht aber auch nirgendwo, dass es nicht geht. Alles, was wir jetzt den von Gebietsausweisungen Betroffenen anbieten können, ist besser als das, was in einer anderen Koalition auch mit Unterstützung des SSW zustande gekommen wäre. Ich finde, das sollte man in diesem Haus nicht vergessen. Es ist kein Punkt, darüber zu streiten, sondern es ist eine Möglichkeit, gemeinsam das, was schief gelaufen ist, wieder zurechtzurücken.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich danke der Kollegin Ursula Sassen. - Nunmehr hat zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, an einem Punkt muss ich Sie korrigieren. Natürlich sind alle Gutachten, auch die neuen, intensiv geprüft, begutachtet und berücksichtigt worden. Von daher haben Sie ein Problem, wenn Sie sagen, Sie wollen das noch einmal prüfen. Sie müssen dann nämlich die Kriterien ändern, wenn Sie zu anderen Ergebnissen kommen wollen. Das ist allerdings ein schwieriger Prozess. Dann müssen Sie vollständig in die Neuausweisung einsteigen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.

Zweitens. Zu den Bauern und den Landwirten, was sie sagten, darauf gehe ich gern ein. Es gibt eine ganze Reihe engagierter Parteifreunde in meiner Partei, die Landwirte sind. Da unterscheiden wir uns auch ein bisschen von der SPD. Bei den Grünen sind traditionell Landwirte gerade aus dem ökologischen Bereich, aber auch konventionell wirtschaftende Landwirte. Immerhin ist der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft ein

(Karl-Martin Hentschel)

Grünlandbauer aus der Wilstermarsch. Er ist Parteimitglied der Grünen und ist auch Sprecher unserer Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft.

Ich bin gern bereit, mit Ihnen aufs Land zu gehen und mit Landwirten zu reden, und ich bin gern bereit, mit Ihnen eine Veranstaltung auf Eiderstedt zum Thema Grünlandprämie und Förderung von NATURA-2000Gebieten zu machen und dazu, warum Sie das geändert haben. Wenn Sie das Angebot annehmen, sollten wir das verabreden. Das macht sich wunderbar. Ich habe in fast allen Orten auf Eiderstedt mit Bauern geredet. Ich war eine ganze Woche da. Ich finde, das wäre eine spannende Diskussion, wenn wir das vor Ort tun könnten, und würde mich darauf freuen.

Kommen wir drittens zur Frage der Abstimmung. Ich begrüße die Worte von Ursula Sassen; die finde ich gut. Ich stelle damit auch den Antrag auf Überweisung an den Ausschuss. Das ist eine sinnvolle Angelegenheit, wenn wir das tun. Ich würde mich freuen, wenn die CDU zu ihrem Wort steht und dem zustimmt. Wenn das nicht der Fall ist, sage ich hier schon einmal ganz deutlich: Wenn es zu einer Abstimmung in der Sache kommt, werden wir einer alternativen Abstimmung widersprechen, weil wir uns dann nach parlamentarischer Gepflogenheit nicht ausdrücken können, sondern wir verlangen dann Einzelabstimmung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Kollegen Karl-Martin Hentschel. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Zunächst einmal ist die Ausschussüberweisung der beiden Anträge Drucksachen 16/25 (neu) und 16/90 beantragt worden.

(Ursula Sassen [CDU]: Sie haben mich falsch verstanden!)

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und Teilen der FDP abgelehnt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Warum „Teilen der FDP“?)

- Eine Hand habe ich bei Ihnen nicht gesehen, Herr Fraktionsvorsitzender!

Dann wurde die alternative Abstimmung beantragt. Eine alternative Abstimmung können wir allerdings nur dann vornehmen, wenn niemand widerspricht.

Herr Kollege Hentschel, kann ich Ihre Einlassung als Widerspruch deuten?

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, so ist!)

- Damit kommen wir dann zur Einzelabstimmung. Wir haben zwei Anträge vorliegen, einmal den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/25 (neu), und dann den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/90. Ich schlage vor, dass wir diese beiden Anträge als selbstständige Anträge betrachten, Herr Kollege Astrup.

Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Kollege Astrup.

Herr Präsident, ich bitte um Klärung einer Frage. Nach § 62 der Geschäftsordnung müsste dann, wenn es eigenständige Anträge sind, der Eingang der Anträge, in diesem Fall also das Datum, als Grundlage für die Reihenfolge der Beratung genommen werden. Deshalb beantrage ich, über den Antrag Drucksache 16/90 vom 17. Mai 2005 zuerst abzustimmen, da er zeitlich vor dem Antrag Drucksache 16/25 (neu) vom 26. Mai 2005 liegt.

(Zuruf: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Herr Kollege Astrup, eine Geschäftsordnungsdebatte wollen wir uns hier ersparen. Das Präsidium ist davon ausgegangen, dass der erste Eingang des Antrages und nicht die Neufassung eines Antrages maßgeblich ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist das auch!)

Der Antrag wurde später lediglich geändert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ein Antrag kann jederzeit geändert werden und trotzdem ist es der gleiche Antrag!)

Vor dem Hintergrund, dass wir uns hier keine Geschäftsordnungsdebatte leisten wollen, schlage ich vor, dass wir bei dem Verfahren bleiben, das ich eben vorgeschlagen habe.

Wer dem Antrag Drucksache 16/25 (neu) seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/25 (neu) , mit Eingangsdatum vom 26. Mai 2005 geändert, nunmehr mit den Stimmen der Fraktion der FDP und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

(Präsident Martin Kayenburg)

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/90 der Fraktionen von CDU und SPD. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Enthaltung des SSW

(Lars Harms [SSW]: Nein, wir waren dage- gen!)

- Entschuldigung -, gegen die Stimmen des SSW angenommen. Ich bedanke mich und stelle damit fest, dass wir zum nächsten Tagungsordnungspunkt kommen können.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Gentechnik in der Landwirtschaft

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/56

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/86

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anfang April wurde bekannt, dass die in der Europäischen Union nicht zugelassene Genmaissorte Bt10 unkontrolliert aus den USA zu Forschungszwecken nach Frankreich und Spanien geliefert wurde. Darüber hinaus wurden seit 2001 rund 1.000 t Tierfutter, in denen Bt11-Mais mit Bt10-Mais vermischt waren, in die EU importiert. Während Bt11 in der Europäischen Union zugelassen ist, ist der Verzehr von Bt10-Mais und deren tierischen Produkten verboten, und zwar deswegen, weil Bt10 mit einem Antibiotika-Resistenzmarker belastet ist.

Um klar zu machen, was das bedeutet: Der Genuss dieses Mais kann dazu führen, dass das in der Medizin verwendete Antibiotikum Ampillicin seine Wirkung verliert. Das heißt, bei jemandem, der das gegessen hat, danach im Krankenhaus liegt und das Antibiotikum bekommen soll, bei dem wird das Antibiotikum nicht mehr wirken. Das ist der Grund, warum in der Europäischen Union dieser Mai verboten worden ist. Trotzdem wurde er importiert.

Meine Damen und Herren, dieses Beispiel macht deutlich, warum wir klare gesetzliche Regelungen brauchen. Die schon im Bundestag verabschiedeten und teilweise noch im Rahmen des Gentechnikgeset

zes II vom Bundesrat zu beschließenden strengen Regelungen in Deutschland stellen hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Vorfälle wie jetzt in den USA werden damit hierzulande immer unwahrscheinlicher und zumindest begrenzbarer.

Völlig inakzeptabel sind die Forderungen der CDU/CSU und FDP im Bundesrat, ungenehmigte gentechnisch veränderte Organismen und daraus entstehende Produkte für den Lebens- und Futtermittelmarkt freizugeben. Die kontaminierten Ernten sollen nach den Vorstellungen dieser Bundesländer in Zukunft ohne Information der Landwirtinnen und Landwirte, Verbraucherinnen und Verbraucher einfach in die Getreidesilos gekippt werden. Das Ergebnis ist eine Vermischung von gentechnikfreien und gentechnisch veränderten Sorten. Das bedeutet, dass kein Landwirt mehr sicher sein kann, dass er gentechnikfreie Waren produziert. Das bedeutet auch, dass sich das über die Äcker und durch den Wind flächendeckend ausbreitet. Damit ist genau das, was die EU-Richtlinie und das deutsche Gesetz nicht will, nämlich eine klare Trennung von gentechnikfreien und gentechnikverseuchten Lebensmitteln, nicht mehr gegeben. Kein Bauer kann mehr bestimmen, was er anbaut.

Meine Damen und Herren, wir tragen hier in Schleswig-Holstein gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Verantwortung dafür, dass diese Strategie nicht gelingt.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Auf verschiedenen Veranstaltungen - auch meiner Partei - zum Thema Gentechnik haben wir Bauern vom Bauernverband eingeladen, die ganz explizit gesagt haben - alle, mit denen ich gesprochen habe -, dass sie das nicht wollen. Sie wollen nicht in Haftung für Dinge gebracht werden, die sie nicht wollen und die die Verbraucher überwiegend auch nicht wollen.

Sie wollen nicht Nahrungsmittel produzieren, die von einem großen Teil der Verbraucher abgelehnt werden.

(Claus Ehlers [CDU]: Das stimmt doch alles gar nicht!)

Bedenken Sie auch, dass es sich bei dem Vorgehen - erlaubt oder nicht - naturgemäß um weitestgehend irreversible Entwicklungen handelt. Wenn gentechnisch veränderte Sorten erst einmal freigegeben worden sind, weiß kein Mensch mehr, ob und wann wir sie wieder einfangen können. Keiner kann voraussagen, welche Auswirkungen es auf Dauer auf die Gesundheit des Menschen hat, welche Krankheiten möglicherweise verursacht werden und so weiter, wenn zum Beispiel Gene aus Mikroben, Gene aus Tieren, in

(Karl-Martin Hentschel)