Protokoll der Sitzung vom 26.05.2005

Genau aus dem Grund, damit nämlich nicht immer zuerst an Kultur herangegangen wird, Herr Kollege, haben wir die Kultur in der Staatskanzlei angesiedelt.

(Beifall bei CDU und SSW)

Ich habe deswegen auch gesagt, dass Kultur einen hohen Stellenwert bekommen wird.

Die Begründung mit Thüringen kann ich nicht verstehen. Kultur ist für uns keine Spielwiese. Ich hatte erwartet, dass Sie nach meiner Regierungserklärung

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

gestern die Chance ergriffen hätten, den Antrag zurückzuziehen.

Man kann mir gern vorwerfen, dass ich von Haus aus Landwirt bin und aus einer Gegend komme, die nicht große Opernhäuser und große Theater hat. Aber wenn man aus Nordfriesland kommt, eine Mutter aus Dithmarschen hat - Sie haben Friedrich Hebbeln zitiert, der aus Wesselburen kommt, lieber Herr Kollege Hentschel -, dann weiß man, dass auch dort - -

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt auch an der Westküste Kultur!)

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt auch an der Westküste Kultur!)

- Das will ich Ihnen gerade einmal erklären. Da gibt es ganz viel.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Jawohl! Da haben Sie Recht. Genau da haben Sie Recht.

Deshalb können Sie vielleicht auch verstehen, dass ich das nicht unbedingt mit intellektueller Begründung gemacht habe. Deshalb habe ich in der Regierungserklärung auch die Formulierung gebraucht: Das ist für mich eine Herzensangelegenheit.

Ich komme aus einer Region, in der fünf Sprachen gesprochen werden, Hochdeutsch, Plattdüütsch - wenn ich to Huus bin, wird sofort plattdüütsch snackt, und wenn ik Jürgen Feddersen woanners dropen do, dann sowieso -, Friesisch - das kann ich leider nicht -,

(Lars Harms [SSW]: Kann man doch re- geln!)

Dänisch, Sønderjysk. Ich komme aus einer Gegend, aus der Emil Nolde, Klaus Groth, Theodor Storm, Friedrich Hebbeln - Sie haben einen genannt - stammen. Wenn ich durch Schleswig-Holstein fahre und sehe, welche Kulturgüter es hier gibt, dann ist das mehr als nur intellektuell, an eine solche Geschichte heranzugehen. Ich gebe gern zu, dass ich das auch nicht kann, daran wie Reich-Ranitzky und Björn Engholm heranzugehen. Aber Kultur zur Herzensangelegenheit zu machen, das sollten Sie loben und nicht so hinstellen, als sei das etwas, das negativ sei und zulasten der Kultur gehen könnte.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Kulturpolitik steht künftig im Zentrum der Landespolitik.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD])

- Nicht nur die Westküste. Ich habe gesehen, dass einige aus Regionen kommen, in denen bessere Herrenhäuser und auch anderes steht. Auch das gehört zur Kultur von Schleswig-Holstein.

Ich nehme Ihnen also die Sorge. Wir sind vier Wochen im Amt. Dass im Rahmen der Schwerpunkte die Kultur nicht als Erstes genannt werden kann, ist selbstverständlich.

(Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Warum nicht?)

Ich sehe mir diesen Antrag an. Ich bin der Überzeugung, dass jeder das machen soll, was er am besten kann. Deswegen war ich immer der Überzeugung und hatte die Hoffnung, dass Sie, wenn Sie schon nicht regieren konnten, eine bessere Opposition werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aber das scheinen Sie auch nicht zu können. Wir werden dafür sorgen, dass Kultur in SchleswigHolstein den Stellenwert behält, den wir alle in unserem Herzen tragen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! ich freue mich, dass wir beschlossen haben, dass es in der 5. Plenartagung einen Bericht geben wird. Vielleicht wird die Landesregierung dann etwas zu den Inhalten der Kulturpolitik sagen.

Ich möchte etwas zu der Debatte von eben sagen, und zwar ausdrücklich für meine Fraktion. Ich bin der Meinung, dass wir in den letzten Jahren, dass das Land in den letzten neun Jahren eine ausgesprochen gute Ministerin für Kultur hatte. Frau Erdsiek-Rave hat aus unserer Sicht Kulturpolitik zum Schwerpunkt im Land gemacht. Sie war anerkannt. Sie hat Erfolg gehabt. Mit dem Schleswig-Holstein-Festival ist Schleswig-Holstein in der Zwischenzeit im Bereich der Kultur international anerkannt.

Herr Wengler, Ihre Rede war ein Schlag ins Gesicht der Ministerin. Ich will das auch in dieser Deutlichkeit sagen. Ich habe mich schon gewundert, dass die SPD-Fraktion diesem Beitrag in keinster Weise widersprochen hat, dass nichts an kritischen Tönen kam. Stattdessen kündigt die SPD an: Jetzt, wo es einen

(Monika Heinold)

Ministerpräsidenten gebe, gingen die Abgeordneten selbst mehr zu Konzerten und Ausstellungen - wahrscheinlich, damit Kultur dort noch vorkommt; sonst macht es keinen Sinn.

In diesem Sinne: Frau Erdsiek-Rave, herzlichen Dank für die geleistete Arbeit in den letzten neun Jahren. Ich fand diese Arbeit ausgesprochen gut und für das Land bereichernd.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SPD - Zuruf: Wir auch!)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Stritzl.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Heinold, wenn wir über Kultur sprechen, werden Sie den Ausspruch eines großen deutschen Dichters kennen, der gesagt hat: Es liegt auch in der Natur des Teufels, dass er manchmal etwas Gutes tut.

(Zurufe)

Schauen Sie sich einmal an, was Sie versucht haben.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, nein. Was ich damit deutlichen machen will, ist Folgendes, Frau Kollegin. Sie haben mich sehr genau verstanden. Sie versuchen, die jetzige Regierung an den Pranger zu stellen für eine Entscheidung, die diese Koalition sehr bewusst getroffen hat. Das war keine Kritik oder - wie Sie es genannt haben - Schlag in das Gesicht der stellvertretenden Ministerpräsidentin. Der Ministerpräsident hat hier eindeutig festgestellt, dass es eine Schwerpunktsetzung ist, die ihm am Herzen liegt und für die er persönlich steht.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nehmen Sie doch einmal die Chance wahr, dem Ministerpräsidenten zu glauben und zu sagen: Jawohl, das nehmen wir dir ab, du möchtest diesen Schwerpunkt auch für dich persönlich und damit für das gesamte Kabinett setzen.

Es ist die Natur der Dinge in Koalitionsverhandlungen, dass sich Gewichte und Zuständigkeiten verändern. Ich kann mir vorstellen, dass das damals auch bei Ihnen so war. Wir haben das auch nicht alles begrüßt. Die Bilanz gibt unserer vorangegangenen Kritik auch Recht. Die Wählerinnen und Wähler haben unsere Überzeugung am Wahltag geteilt.

(Zuruf der Abgeordneten Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich muss Ihnen das ganz offen sagen, Frau Kollegin: Wenn es jetzt eine Verlagerung der Zuständigkeiten gibt, finde ich die Kritik etwas billig, jetzt beginne der Abgesang der Kultur. Das Gegenteil soll in der Koalition gemeinsam erreicht werden. Die Zuständigkeitsverlagerung in die Staatskanzlei ist Ausdruck dafür, dass alle gemeinsam an diesem Ziel arbeiten. Das bitte ich Sie herzlich zu akzeptieren. Vielleicht ersparen Sie es sich, vier Wochen nach dem Amtsantritt einer neuen Regierung zu fragen: Was heißt das nun genau an dieser Stelle hinter dem Komma?

Ich muss Ihnen ganz ehrlich Folgendes sagen. Ich gehöre diesem Hause 17 Jahre an. Ich habe die Zeit genutzt, Regierungsarbeit aus der Opposition heraus zu betrachten. Was Sie nach vier Wochen an konkreten Details hier abfragen, können Sie nach zehn Jahren eigener Regierungsbeteiligung bis heute nicht beantworten.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Ich sage Ihnen insofern ganz ehrlich: Nehmen Sie sich etwas zurück. Geben Sie sich selbst etwas Zeit. Dann werden die Fragen besser. Um die Antworten machen wir in der Koalition uns eh keine Sorgen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat die Frau Abgeordnete Anne Lütkes.