Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Wir sollten uns vor Augen halten, dass sich diese beiden Argumente nicht gegenseitig bestätigen, sondern zueinander im Widerspruch stehen. Wenn es tatsächlich zu den großen Beeinträchtigungen der maritimen Wirtschaft kommt oder käme, dann gäbe es kein Betreiberrisiko und umgekehrt. Diejenigen, die Kritik üben, sollten sich auf das Argument festlegen, vor dem sie Angst haben, und keine globale Angst verbreiten und versuchen, über eine Aufzählung sich widersprechender Argumente möglichst viele Kritiker zu finden.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Daran zeigt sich auch der unterschiedliche Denkansatz. Worum geht es bei der festen Belt-Querung? Es geht nicht darum, bestehende Güterumschlagsmengen neu zu verteilen, sondern es geht darum, unglaubliche Wachstumsraten des Ostseeraums zukünftig bewältigen zu können,

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

und zwar vor dem Hintergrund, dass wir wissen, dass wir nicht die ausreichenden Hafenkapazitäten für die Bewältigung dieser Wachstumsraten haben. Hier wird kein Kuchen neu aufgeteilt, sondern es wird ein neuer Kuchen gebacken, den es zu verteilen gilt.

Zur Lübecker Hafengesellschaft: Ich möchte nicht, dass hier der Eindruck entsteht, dass es in Lübeck oder bei der Hafengesellschaft eine Krisenstimmung gibt. Das ist überhaupt nicht der Fall. Es ist dort festgestellt worden, dass die Umschlagsrückgänge auch Rückgänge im Wachstum bedeuten. Das heißt, es werden keine Reduzierungen des wirt

schaftlichen Erfolgs der bestehenden Güterumschlagsmengen erwartet, sondern es wird eine Reduzierung des Wachstums erwartet. Ich darf darauf hinweisen, dass es ein großes Investment in Lübeck gegeben hat und für 30 Millionen € ein Hafenhaus am Skandinavienkai gebaut worden ist. Das war mit den positiven Ertragserwartungen der Lübecker Hafengesellschaft und unter Berücksichtigung der Fehmarnbelt-Querung überhaupt nur finanzierbar und ist deshalb überhaupt nur gebaut worden. Das heißt, zur Fehmarnbelt-Querung gibt es großen Optimismus und positive Prognosen für den Lübecker Hafen und die Lübecker Wirtschaft. Wir sollten das fand ich sehr gut von Ihnen, Herr Hay - auch den grundsätzlichen Denkansatz der deutschen Politik, alles, was neu ist, und alles, was sich verändert, im Vorweg zu bezweifeln, in Frage stellen. Wir sollten mit positiven Gedanken und sehr viel Optimismus an solche Projekte herangehen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 4 Milliarden bis 5 Milliarden € soll die Staatsgarantie ausmachen. Was ist, wenn die Gesellschaft pleite geht, wie wir das zurzeit bei den Tunneln in Rostock und Lübeck erleben und wie wir es beim Eurotunnel zwischen England und Frankreich erlebt haben? Dann ist der Steuerzahler gefragt und er soll dann diese Milliarden drauflegen. Das ist die Wahrheit, über die hier zu reden ist. Darüber müssten wir reden, das können wir nicht einfach mit Euphorie wegdiskutieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn jemand dann das Risiko kennt, dann ist es Herr Steinbrück. Herr Steinbrück hat dieses Projekt hier jahrelang diskutiert und er weiß genau, wovon er redet. Wir haben damals im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Privatwirtschaft angemessen am Risiko beteiligt werden muss. Wenn sich nämlich die Privatwirtschaft nicht traut, dieses Risiko einzugehen, besteht der dringende Verdacht, dass die Privatwirtschaft der Sache nicht traut. Warum hat die Deutsche Bank auf dem letzten Symposium gesagt, dass die Verkehrszahlen nicht zuverlässig sind? Warum hat die Firma HOCH

TIEF - eine angesehene Baufirma, die jeder hier kennt - gesagt, dass sie die Zahlen für unzuverlässig hält? Sie hat gesagt, sie würde das nicht riskieren, das müsse der Staat garantieren. Warum ist das gesagt worden? Ist das das sichere Projekt, von dem wir reden?

Die Fehmarnbelt-Querung ist im Vergleich zur Großen-Belt-Querung eineinhalbmal, also 50 % teurer. Aber die Verkehrsvoraussetzungen, von denen wir ausgehen, sind anders, da auf der Großen-Belt-Querung schon vorher 100 % mehr Fahrzeuge gefahren sind. Das heißt, bei 100 % mehr Verkehr und einem Drittel weniger Kosten war das Projekt erfolgreich. Das sagt nichts über die Fehmarnbelt-Querung.

Drittens. Der Güterverkehr auf der Ostsee läuft über die Schiffe, er läuft zu 90 % über das Meer. Unsere Zukunft für den Verkehr auf der Ostsee ist nicht die Brücke nach Fehmarn, sondern sind die Häfen. Wenn wir 1 Milliarde € investieren, dann sollten wir diese Milliarde in die Infrastruktur und die Umschlageinrichtungen unserer Häfen stecken. Denn damit schaffen wir die Zukunft für den Ostseeverkehr, nicht mit dem Bau dieser Brücke.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein vierter Punkt. Wir reden von Visionen. Herr Arp hat mit 6 Milliarden € für die Zukunft gerechnet. Die Zukunft des 21. Jahrhunderts ist die Wissensgesellschaft. Unsere Brücke in die Zukunft sind die Universitäten, sind die jungen Technologieunternehmen. Wenn wir die Milliarden investieren, dann in diese Bereiche. Dort werden die Arbeitsplätze der Zukunft geschaffen, nicht durch Beton und Steine, sondern durch Wissen, durch Köpfe. Das ist das Kapital der Zukunft, dort müssen wir investieren, dort müssen wir unsere Visionen suchen. So lange wir noch im 19. und 20. Jahrhundert sind wie Sie und immer nur an Beton denken,

(Lachen und Zurufe von der CDU)

so lange wird Schleswig-Holstein nicht weiterkommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wirtschaftsminister kam in seiner Einführung zu diesem Tagesordnungspunkt mit einer Vision. Ich fand sie ganz interessant und man merkte ihm auch an, dass er große Freude daran hatte, uns diese Vision zu erzählen. Er sprach unter anderem davon, dass mit der festen Fehrmarnbelt-Querung die Metropolregion Hamburg mit der Øresund-Region zusammenwachsen könnte. Das kann man sich bildlich auch richtig schön vorstellen. Nun denke ich mir, dass man vielleicht auch berücksichtigen sollte, dass die Abstände zwischen diesen beiden Metropolregionen so sind, dass man auch eine Region dazwischen hat.

Man weiß aus Gutachten - dafür gibt es auch Gutachten -, dass man Regionen nur fördern kann, wenn man wirklich Konzepte auflegt. Tut man das nicht, fördert man nur die Metropolen. Darum frage ich natürlich noch einmal: Welche Konzepte hat die Landesregierung für die Weiterentwicklung der Region Ostholstein, für Fehmarn, für diesen Teil des Landes? Es kann nicht ausreichen zu sagen, wenn es Hamburg gut geht, geht es auch dem Rest des Landes gut. Daran glauben wir nicht so richtig. Es kann auch nicht ausreichen zu sagen, es werde mehr Tourismus geben, die Leute hätten dann die Möglichkeit, leichter über die Brücke zu kommen.

Ich las heute Morgen im „Nordschleswiger“, der Zeitung der deutschen Minderheit, die auch etwas über Dänemark berichtet, dort wird erzählt, wie groß das Interesse in Kopenhagen für Berlin ist. Anscheinend ist es so, dass nicht in erster Linie Hamburg für alle Mittelpunkt der Welt ist, sondern für die Øresund-Region ist das in verstärktem Maße Berlin. Ich denke, damit sollten wir uns auch auseinandersetzen.

Noch etwas! Wir vom SSW sagten vorhin, es gebe andere Infrastrukturprojekte, die erste Priorität hätten. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehen Sie in Ihre Wahlkreise und reden Sie mit den Menschen.

(Zuruf von der CDU: Das tun wir jeden Tag!)

Es kann doch nicht so angehen, dass wir uns in einem Wolkenkuckucksheim befinden und sagen, es dreht sich um „Leuchttürme“, wir leuchten in die Ferne und am Fuße des „Leuchtturms“ geschieht nichts. Wir müssen Infrastrukturmaßnahmen für das ganze Land entwickeln. Nur so können wir den Wohlstand im ganzen Land mehren. Dazu habe ich bisher keine Antwort gehört.

(Karl-Martin Hentschel)

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Bernd Schröder das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Eine leistungsfähige und unweltverträgliche Infrastruktur ist die Grundlage für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort und die individuelle Mobilität der Menschen in unserem Land. Um den Standort Schleswig-Holstein weiter zu stärken, wollen wir die Verkehrsinfrastruktur weiter bedarfsgerecht ausbauen.“

Das ist nicht aus dem Koalitionsvertrag CDU/SPD, das ist aus dem Koalitionsvertrag von Rot-Grün. Wenn ich den Beitrag von den Grünen heute hier gehört habe, dann frage ich mich: Was ist uns erspart geblieben in diesem Land bei so einer Denke, wie Sie sie heute gezeigt haben?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Wer die Chancen für eine feste Fehmarnbelt-Querung so außer Acht lässt, wer nicht einmal die Möglichkeiten für dieses Land untersuchen lässt und weiter verfolgt, wer immer noch daran hängt, mit Pferd und Wagen in diesem Land weiter voranzugehen,

(Heiterkeit bei CDU und FDP)

der hat die Verantwortung aus der Hand gegeben, um hier eine verkehrsgerechte Infrastruktur aufzubauen. Wer wie Sie - das sage ich einmal ganz deutlich -, politische Verantwortung in der Landeshauptstadt trägt - und das sind nachvollziehbare Beispiele -, über Jahre durch Gutachten einen Regionalflughafen so an den Rand gebracht hat, dass er nur noch als Modellflughafen zu nutzen ist, wer die wirtschaftliche Zukunft in dieser Landeshauptstadt so wie Sie - ob das der Hafen ist, ob das der Flughafen ist, ob das das Science-Center ist; es gibt eine ganze Palette, die man aufzählen könnte - verspielt hat, der hat beim allerbesten Willen die politische Verantwortung aus der Hand gegeben, um unser Land zukunftsfähig zu machen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir werden nicht einmal von der EU Zuschüsse bekommen, wenn wir uns so verhalten, wenn wir nur als Bedenkenträger durch die Gegend laufen. Wer

wie ich in Berlin bei dieser Veranstaltung gewesen ist und sie von Anfang an mitgemacht hat - ich habe von Ihnen dort keinen gesehen -, auf der man sich die Informationen aus erster Hand holen konnte, konnte hören, welche Konsortien sich zusammengeschlossen haben, Konsortien mit erfolgreichen Referenzprojekten in ganz Europa, konnte hören, mit welchem Engagement die Dänen hinter diesen Projekten stehen, wie die Entwicklung allein zwischen Kopenhagen und Malmö ist: 1991 Vertrag unterschrieben, 2000 Einweihung! Das ist für deutsche Verhältnisse absolut unmöglich und nicht nachvollziehbar. Die haben das große Glück gehabt, dass solche Bedenkenträger dort nicht in verantwortungsvoller Position gesessen haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin davon überzeugt, dass uns nachfolgende Generationen zu Recht Vorwürfe machen werden, wenn wir nicht alle Chancen für unser Land untersuchen und auf den Weg bringen, wenn wir nicht alle Möglichkeiten der Förderung ausnutzen. Wir wollen nicht an den wirtschaftlichen Rand gedrängt werden, wir wollen nicht, dass die zukünftigen Verkehrsströme über Rostock oder Esbjerg nach Rotterdam laufen. Das kann nicht unser Bestreben sein. Wir wollen beteiligt werden. Sie sind doch die Ersten, die sich in zehn Jahren hinstellen und die dann handelnde Regierung vorwurfsvoll fragen: Warum haben wir nicht genug Ausbildungs- und Arbeitsplätze in diesem Land? Die werden wir nicht haben, wenn wir nicht alle Chancen nutzen!

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Umweltpolitikerin muss ich mich nicht stark machen für eine feste Belt-Querung, aber als Landtagsabgeordnete, die Verantwortung für das Land und insbesondere für meinen Heimatkreis Ostholstein trägt, kämpfe ich mit all denen, die sich hier heute dankenswerterweise pro feste Belt-Querung gemeldet haben, gern für dieses große wichtige Projekt.

Frau Anke Spoorendonk, Sie haben gesagt: Infrastruktur entwickeln. Welche Konzepte hat die Landesregierung? - In der Region arbeiten wir an unserer Infrastruktur. Wir entwickeln Konzepte. Das ist

(Anke Spoorendonk)

auch die Aufgabe einer Region gemeinsam mit einer Landesregierung. Aber die beste Infrastruktur nutzt uns überhaupt nichts, wenn wir keine verkehrlich ausreichende Anbindung haben. Wir wollen in Ostholstein nicht abgehängt werden.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Wir auch nicht!)

Ja, insofern kann man sagen, der Beitrag des Kollegen Harms vom SSW war sicherlich wohl zu hören für die Bürger vor seiner „eigenen Haustür“. Hier ist es eine größere Region, und davon wird nicht nur Ostholstein profitieren. Wir müssen aufpassen, dass Ostholstein kein Transitkreis, keine Transitregion wird. Es ist aber natürlich auch eine Verbindung, die große Märkte miteinander verbindet und verbinden muss. Wir haben gemeinsam die Aufgabe aufzupassen, dass wir insgesamt eine Win-winSituation bekommen. An die Kollegen der Grünen kann ich nur sagen, wir wollen weg von dem Bild in Schleswig-Holstein: Zurück auf die Bäume, ihr Affen! Wir wollen an der Wirtschaftsentwicklung teilhaben.

Die Diskussionen laufen bei uns, wie wir touristische Märkte in Ostholstein zurückgewinnen, und zwar nicht nur an der Ostseeküste, sondern auch im Binnenland, in der Holsteinischen Schweiz, die in den Kreis Plön und den Kreis Segeberg hineingeht. Wir wollen an Gästeströmen teilhaben, die aus dem skandinavischen Raum zu erschließen sind. Ich bin dankbar, dass es inzwischen in Lübeck die Stimmung gibt, dieses Projekt zu unterstützen. Dass wir die Projektunterstützung von der IHK Lübeck haben, wissen wir schon länger. Aber, lieber Frank Sauter, dass auch die Stadt Lübeck inzwischen dahintersteht, freut uns.