Das ist für mich Quintessenz der Rede, die Sie auch gelobt haben. Ich meine die Rede von Niclas Herbst. Er hat einen Punkt in die Debatte eingebracht, den nach ihm kein anderer Redner mehr aufgegriffen hat. Das ist aber der eigentliche Kern. Niclas Herbst hat daran erinnert, dass wir junge Menschen mitnehmen müssen, wenn wir wirklich etwas verändern wollen. Das haben Sie nicht getan. Ich fand das, was Sie hier versucht haben, eher ab
Wenn wir uns bei denjenigen, für die wir etwas erreichen und mit denen wir etwas erreichen wollen, nicht der Lächerlichkeit preisgeben wollen, dann müssen wir hier anders miteinander diskutieren. Wir müssen uns dann auch anders miteinander unterhalten. Frau Birk, dann kommt das, was Sie vorgeschlagen haben, in der Tat zum Tragen. Die Ministerin hat in ihrer Rede ausgeführt, dass der Staat zumindest definieren muss, was er will und was er nicht will. Ich finde, der Vorschlag, den Sie unterbreitet haben, nämlich offensiv an Sozialarbeit in den neuen Medien heranzugehen und hier neue Betätigungsfelder aufzumachen, ist ein richtiger Vorschlag. Wir brauchen keine grundsätzliche Systemkritik am marktwirtschaftlichen System.
Um es ganz deutlich zu sagen: Ich glaube nicht, dass wir gewaltbereiter sind als nicht marktwirtschaftliche Systeme. Solange wir in den Tagesthemen und in Nachrichtensendungen - übrigens auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - tote und verbrannte Menschen und Opfer von Attentaten in allen Teilen der Welt sehen, solange glaube ich nicht, dass wir wirklich davon reden können, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk weniger gewaltbereit sei und zu weniger Gewalt führe als der private Rundfunk. Dieser wurde übrigens nicht vor zehn oder zwölf Jahren gegründet, sondern er wurde vor über 20 Jahren eingeführt, lieber Kollege Nabel. Das war zwischen 1984 und 1986.
Nun noch ein letzter Satz zu dem Unverständnis des Kollegen Eichstädt: Lieber Kollege Eichstädt, wir haben die Mittel für den schulpsychologischen und den schulpsychiatrischen Dienst nicht als Antwort auf die Vorfälle in Emsdetten verstärkt, sondern als Antwort darauf, dass es in bestimmten sozialen Brennpunkten, die es auch in SchleswigHolstein gibt, Probleme gibt. Ich zeige nur in Richtung Gaarden. Dort bewerben sich ganz aktuell Dutzende von Polizeibeamten weg, weil sie dieses Klima der Gewalt nicht mehr ertragen. Sie glauben, dieser Lage nicht mehr Herr zu werden.
Vor dem Hintergrund, dass Jugendliche sich an Schulen beispielsweise gegenseitig abzocken, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es für viele Jugendliche beinahe unerträglich ist, morgens in die Schule zu gehen, haben wir gesagt: Wir wollen eine Institution stärken, die zumindest dazu beitragen
kann, solche Situationen zu entschärfen. Wir haben dies ganz bestimmt nicht in den Kontext dieser Debatte gestellt.
Ich habe keinen Königsweg. Ich habe auch hier am Rednerpult keine Paradelösung dahin gehend bereit, wie wir das machen, was Niclas Herbst aufgegriffen hat. Wir werden aber sowohl mit Lösungen als auch in der Debatte scheitern, wenn wir die jungen Leute, die sich aus welchem Grund auch immer damit beschäftigen, nicht mitnehmen, wenn wir nicht kapieren, warum solche Spiele zu einer heutigen Jugendkultur gehören und warum solche Spiele gespielt werden.
Zum Thema Verfügbarkeit sage ich: Das Problem ist weniger die Verfügbarkeit über die Ladentheke, sondern vielmehr die Verfügbarkeit durch überall problemlos mögliche Raubkopien. Wenn wir so weiterdiskutieren, werden wir an dieser Stelle vermutlich keinen Schritt weiterkommen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Philosoph Søren Kierkegaard hat frei übersetzt einmal gesagt: Das Leben wird rückwärts verstanden und vorwärts gelebt. Auf unser heutiges Thema bezogen heißt dies, dass wir - die Erwachsenen sehr viel weniger Medienkompetenz haben als die Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft. Viele von uns haben keine Ahnung! Wenn man gesellschaftliche Strukturen fortschreibt, dann sehen wir, dass dies so ist.
Ich nenne als Beispiel das Stichwort E-Government in unseren Gemeinden. Hier geht es um Leistungen über das Internet. Es gibt Zahlen, die genau belegen, dass wir auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in diesem Bereich hinterherhinken. Wir haben diese Kompetenz so nicht. Darum denke ich, dass der Ansatz des Kollegen Eichstädt ganz zentral ist, ihn möchte ich einmal weiter interpretieren.
Wenn ich das richtig verstanden habe, sagt er, wir müssen auch daran denken, dass wir Weichen, wenn sie neu gestellt werden, richtig stellen. In der Diskussion befindet sich ein neuer Medienstaatsvertrag, eine neue Medienanstalt für SchleswigHolstein und Hamburg. Mit dem Entwurf bin ich
Wenn wir schon über eine Neuausrichtung der Medienanstalt diskutieren, müssen wir diesen Punkt bedenken.
Zweites Stichwort: Wir wissen, dass Eltern in vieler Hinsicht aufgegeben haben. Wir wissen, dass junge Leute, Kinder in ihren Zimmern Computer haben. Wir wissen, was es ausmacht, wenn sie mehr als drei Stunden pro Tag fernsehen. Wir wissen, was es ausmacht, wenn Computerspiele frei zur Verfügung stehen. Das alles wissen wir.
Wir diskutieren derzeit über die Novellierung unseres Schulgesetzes. Auch da müssen wir fragen: Stellen wir die Weichen richtig? Was ist eigentlich Kernkompetenz von Schule in der heutigen Gesellschaft? Ist das allein Rechtschreibung? Ist das allein Fachwissen? Was ist Kernkompetenz? Das ist etwas, was immer noch nicht endgültig geklärt ist. Natürlich ist das eine Diskussion, die letztlich dazu führen muss, dass in den Lehrplänen ausgemistet wird.
Letzter Punkt, Weichenstellung! Wir werden uns morgen oder übermorgen mit dem Thema Familienpolitik und mit dem Thema Kinder beschäftigen. Richtige, ganz zentral wichtige Themen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass eine weitere Folge, eine weitere Konsequenz der demographischen Entwicklung darin besteht, dass viele von uns diese neue, junge Generation gar nicht mehr kennen,
dass keine Gespräche mehr über Generationen hinweg stattfinden. Ich habe mich in meinem früheren Leben - das will ich in Klammern hinzufügen - regelmäßig darüber gewundert, was Schüler so alles in ihrer Freizeit machen. Ich hatte keine Ahnung. Viele von uns haben keine Ahnung, was junge Leute in ihrer Freizeit machen.
Wenn wir uns mit Familienpolitik, mit Jugendschutz, mit Kinderpolitik beschäftigen, ist wichtig, dass wir diesen generationenübergreifenden Dialog stärken, damit wir nicht von dem überrascht werden, was in den Köpfen der jungen Leute vor sich geht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Bitte und die Aufforderung an Sie alle zu richten, dass wir an dieser Stelle das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und die Sache dramatischer machen, als sie vielleicht ist. Kollege Garg hat eben schon darauf hingewiesen.
Killerspiele im weitesten Sinne des Wortes hat es eigentlich schon immer gegeben. Wenn Sie das einmal ganz weit verstehen wollen - gehen Sie einmal nach Bad Segeberg zu Winnetou! Da werden übrigens auch Menschen erschossen, zumindest wird so getan, als würden sie erschossen. Wenn wir früher Cowboy und Indianer gespielt haben, hat nichts anderes stattgefunden. Ich sehe, der Kollege Puls erinnert sich gerade freudig an das Geknalle.
Frau Kollegin Spoorendonk, Sie sprechen den Dialog der Generationen an. Da stimme ich Ihnen zu. Wir sollten einmal an das zurückdenken, was wir früher in unserer Kindheit und Jugend gemacht haben.
Es ist - darauf hat Niclas Herbst hingewiesen - an mancher Steller roher, in schrecklicher Art und Weise realitätsnäher geworden. Das soll auch gar nicht verharmlost werden. Aber zur Dramatisierung ist auch kein Anlass.
Herr Kollege Nabel, man kann jahrzehntelang darüber diskutieren, ob und in welcher Form es richtig gewesen ist, bei der Privatisierung von Rundfunk und Fernsehen mitzumachen, das mitzugestalten, einzusteigen. Das ist doch letztlich eine Entwicklung gewesen, die wir gar nicht hätten aufhalten können.
Wenn wir uns ansehen, was im Internet heutzutage stattfindet, stellen wir fest: Wir haben gar keinen Einfluss mehr. Wir können gern in Schleswig-Holstein oder in Deutschland, meinetwegen sogar in der EU, Beschlüsse fassen, Begrenzungen beschließen, wie wir wollen. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir in einem weltweiten Netz irgendwelche Auswüchse nicht mehr begrenzen, eingrenzen können. Es gibt keine Möglichkeiten, das grundlegend zu verändern.
so ein bisschen als einen Alt-68er eingeschätzt. Wenn man da hört, Familie muss gestärkt werden, Werte in der Gesellschaft müssen gestärkt werden, kann ich das nur begrüßen. Das ist Wasser auf die Mühlen der CDU, die sich dafür einsetzt, dass wir nicht in eine Gesellschaft abrutschen, in der alles relativiert wird, in der alle Autoritäten geschleift werden. Das ist eine der Gefahren der Diskussionen, die 68 begonnen worden sind. Nicht alles ist falsch gewesen. Das ist völlig klar. Aber es ist eine der Gefahren, dass wir uns zu einer Gesellschaft entwickeln, in der Autorität per se etwas Schlechtes ist, in der Autorität im Elternhaus per se etwas Schlechtes ist. Dem müssen wir entgegentreten.
Sie können die Mittel und die Spielzeuge, die Computerspiele und all das, was es gibt, überhaupt nicht eingrenzen. Entscheidend ist, ob sich jemand darum kümmert. Deshalb ist schon entscheidend, ob die Kinder, die Jugendlichen, denen diese Spiele zur Verfügung stehen, in irgendeiner Form Ansprechpartner haben, am besten natürlich Eltern, die Zeit für sie haben, die möglicherweise zu Hause sind, ehrlicherweise nicht berufstätig sein können - auch das sind Debatten, die heutzutage immer nur in eine Richtung geführt werden -, die sich mit ihnen beschäftigen, die gucken: Was guckst du dir dort im Computer an, was für ein Spiel spielst du, ist das richtig oder ist es nicht vielleicht sinnvoll, dass du davon ablässt und ein gutes Buch liest oder etwas anderes machst? Darüber muss auch wieder mehr miteinander geredet werden.
Wenn wir in dem Sinn Eltern nicht nur auffordern, sondern sie auch dazu ermutigen, wieder mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, und sie daran erinnern, dass sie eine Verpflichtung zur Erziehung haben, dann können wir mehr tun, als wenn wir in diesem Bereich noch zehn weitere Gesetze verabschiedeten. Wenn es in diesem Sinne ein neues Bündnis gibt, Herr Kollege Nabel, würde ich das gern aufnehmen. Dann können wir viel erreichen.
Ich erteile der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sensibel geführte Debatte zeigt, dass wir als Politiker Anlass haben, über Handlungsbedarfe nachzudenken, dass wir diese auch haben.
Diese sensibel geführte Debatte zeigt aber auch, dass wir keine Neuauflage nach dem Prinzip brauchen „Wer ist der Strengste im ganzen Land?“ und eine Verbotsdebatte vom Zaun brechen. Was wir brauchen, ist ein deutliches Signal des Staates, welche Position, welche Haltung er dazu hat. Diese Haltung hat er in Gesetzen verdeutlicht.
Das will ich noch einmal deutlich machen. Erstens gibt es das Verbot nach § 131 StGB, das deutlich sagt, gewaltverherrlichende Spiele dürfen nicht zugänglich sein. Spiele, die in diesem Ausmaß Gewalt darstellen, gehören also auch nicht auf den Markt. Es ist Sache der Kontrollbehörden und der Staatsanwaltschaften, tätig zu werden und entsprechende Beschlagnahmungsbeschlüsse durch die Gerichte zu erwirken. Es stimmt schon nachdenklich, wenn man weiß, dass in den letzten Jahren lediglich ein einziges Spiel vom Markt genommen worden ist. Hier gibt es also Handlungsbedarf.
Zweitens. Der Staat hat sehr deutlich gesagt, gewalthaltige Computerspiele gehören nicht in Kinderhände. Deswegen gibt es die Altersfreigaben. Das ist das Credo der Altersfreigaben. Für die Altersgruppe bis sechs oder zwölf Jahre werden keine Spiele mit Gewalthandlungen und visualisierten Darstellungen von Tötungen freigegeben.
Ich habe mir diese Kriterien vor einigen Monaten sehr intensiv erklären lassen. Ich glaube, es gibt Anlass, diese Kriterien zu diskutieren, und für eine Weiterentwicklung dieser Kriterien,