Vergleichen wir zum Beispiel § 1 im Ressortentwurf, im Regierungsentwurf und in der heute zur Abstimmung vorliegenden Fassung, dann sind die Veränderungen gut zu erkennen. Enthielt dieser wichtige und in das Gesetz einführende Paragraf in der ersten Fassung nur einen dürren Verweis auf die Ziele und die Grundsätze des Bundesnaturschutzgesetzes und war damit ein Beleg für die mangelnde Lesbarkeit des Gesetzes, so beinhaltet er heute die umfassende Darstellung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes. Auch der im Regierungsentwurf zunächst sehr verkürzt aufgenommene Verweis auf den Biotopverbund wurde in der heute vorliegenden Beschlussvorlage durch eine ausführliche Beschreibung des Biotopverbunds und der sich daraus ergebenden Verpflichtungen verständlicher gefasst. So wurde nicht nur der nachfolgend zitierte wichtige Passus aufgenommen:
„Alle Maßnahmen und Entscheidungen aufgrund dieses Gesetzes unterstützen das Ziel, ein Netz verbundener Biotope (Biotopver- bund) zu schaffen, das mindestens 10 % der Landesfläche umfassen soll.“
Das beinhaltet auch die Verpflichtung, durch vertragliche oder rechtliche Maßnahmen die dauerhafte Sicherung des Biotopverbunds zu gewährleisten. Dies ist ein wichtiger Erfolg, der auch nicht durch die 10 %-Angabe geschmälert wird, denn wir wissen, dass unser Land bereits heute über 13 % an Vorrangflächen für den Naturschutz verfügt. Wenn wir die zurzeit noch umstrittenen Flächen auf Eiderstedt mit einrechnen, dann kommen wir locker über 15 % dieser Flächen, die im bis heute geltenden Gesetz als Ziel formuliert sind.
Zusätzlich wurde als Absatz 2 zunächst eine Passage eingeführt, die privates Eigentum als eine besonders wichtige Voraussetzung zur Erreichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes darstellte. Alle Welt rätselte, was das wohl sollte. Gehörte diese deklaratorische Aussage zu den Zielen des Naturschutzes oder war sie gar ein Grundsatz des Naturschutzes? Nein, diese Aussage war ein schlichtes, von der CDU so gewolltes politisches Postulat, das in seiner apodiktischen Formulierung an die Zeit des Ständestaates vor 1789 erinnerte und das in dieser Form für uns nicht tragbar war.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Regina Poersch [SPD] und Lars Harms [SSW])
Text auf seine Rechtssicherheit und auf seine Übereinstimmung mit dem Bundesnaturschutzgesetz hin zu überprüfen. Der Wissenschaftliche Dienst bestätigte unser Unbehagen und empfahl, diesen Passus zu streichen. Auch die vom Ministerium beauftragte namhafte Rechtsanwaltskanzlei - nicht Kubicki; es war eine andere - kam zu keinem eindeutigen Schluss in der Frage, was diese Passage denn bedeuten sollte. Sie schlug verschiedene Änderungen vor, von denen sich eine jetzt in Absatz 2 wiederfindet.
Wir halten die Einführung einer Privateigentümerklausel in die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes weiterhin für überflüssig, konnten uns aber leider auch im letzten Koalitionsausschuss in dieser Beziehung nicht durchsetzen. Nun gut.
Auch in weiteren Passagen des heute vorliegenden Textes wurden einige Stellen lesbarer gemacht und damit klarer gefasst. So wurden nicht nur die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand in § 4 wieder allgemein verständlich gefasst und die Bestimmungen zum gesetzlichen Schutz von Natura 2000-Gebieten in § 29 ausführlicher dargestellt, es wurden im Artenschutzparagrafen 34 auch die Handstraußregelung aus dem bestehenden Gesetz wieder aufgenommen sowie der Horstschutz für bedrohte Vögel, vor allem für Großvögel, erheblich erweitert. Gucken Sie nach!
Darüber hinaus gab es weitere substanzielle Änderungen, die zum Teil auf die internen Verhandlungen, zum Teil auf die zweitägige Anhörung im Umweltausschuss zurückgehen. So konnten wir für die Knicks wieder einen stärkeren Schutz erreichen, der sich nicht allein dadurch ausdrückt, dass sie einen eigenen Absatz innerhalb des § 25 erhalten haben. Knicks sind nun - ebenso wie die Kleingewässer - wieder in der flächendeckenden Kartierung enthalten. Wir hielten dies für wichtig, um sicherzustellen, dass Veränderungen im Knicknetz festgestellt werden können und nötigenfalls ausgeglichen werden müssen. Durch die Einführung des kleinen Wortes „vorrangig“ in den § 60 rücken wir die Zusammensetzung des LNV wieder etwas zurecht. Die sonstigen Nutzungen in Naturschutzgebieten - und das gilt auch für die Jagd - sind zukünftig nur dann zulässig, wenn und soweit sie den Vorrang des Schutzzwecks wahren.
Ich kann und will Ihnen nicht alle Änderungen vortragen und Ihnen damit das Lesen des nun neu gefassten gesamten Textes ersparen, dem die SPDFraktion heute in zweiter Lesung zustimmen wird. Es bleibt allerdings dabei: Wir hätten weiterhin gut mit dem bis heute gültigen und weiterhin vorbildlichen Naturschutzgesetz leben können,
das von Berndt Heydemann auf der Grundlage eines ganzheitlichen Ansatzes und wissenschaftlicher Erkenntnisse - wie zum Beispiel der Lübecker Grundsätze für den Naturschutz - 1992 vorgelegt und 1993 vom Landtag beschlossen worden ist. Das geschah übrigens im Rahmen einer ganztägigen Debatte, die morgens um 10 Uhr anfing und abends um 18 Uhr endete. Es hatte für viele andere Länder Beispielcharakter. Es war die Vorlage für das heute geltende Bundesnaturschutzgesetz und es gilt in weiten Teilen weiterhin als Rahmengesetz.
Koalitionen und Regierungen kommen und gehen. Die Natur bleibt bestehen; länger wahrscheinlich als die Menschheit, die der Natur auch heute viel mehr abverlangt, als sie zu leisten imstande ist. Erst wenn unser Verfassungsgrundsatz, der Schutz der Natur um ihrer selbst willen, wirklich und ehrlich umgesetzt und im Bewusstsein aller Menschen verankert ist, wird es kein Naturschutzgesetz mehr geben müssen. Bis dahin vergeht - so fürchte ich noch eine lange Zeit. Auch das heute zu verabschiedende Gesetz wird sicherlich nicht das letzte Naturschutzgesetz für Schleswig-Holstein sein.
Ich danke Herrn Abgeordneten Konrad Nabel. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Günther Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit einem FDP-Gesetzentwurf im Mai 2005 nahm es seinen Anfang, vielleicht mit Abstrichen auch schon mit einem ähnlichen Gesetzentwurf der CDU in der letzten Legislaturperiode. Mit der heutigen zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung wird die Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes abgeschlossen. Die FDP-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen, da er im Vergleich mit dem bisherigen Recht eine deutliche Verbesserung darstellt. Unser Gesetzentwurf, den wir zwischenzeitlich zurückgezogen haben, war zwar noch schlanker, denn unserer Meinung nach hätte noch mehr reformiert werden können, aber auch die jetzige Fassung kann von uns mitgetragen werden.
schon dadurch deutlich, dass der Koalitionsausschuss nach der schweren Geburt Umweltpolitik nach meinen Informationen in den Koalitionsverhandlungen noch dreimal mit dem Gesetzesvorhaben beschäftigt war. Die Grundtendenz dieses Gesetzes stimmt aber. Deshalb wollen wir kleinere Änderungswünsche nicht zum Anlass nehmen, dieses Gesetz abzulehnen.
Wie ich bereits in der ersten Lesung dieses Gesetzes hervorgehoben habe, hat ein Gesetz zum Schutz der Natur nach unserer Auffassung dem Dreiklang der Agenda 21 gerecht zu werden. Es muss die in Gesetzestext gegossene Abwägung zwischen den Interessen des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen, den ökonomischen sowie den sozialen Interessen einer Gesellschaft gerecht werden und darf für keinen dieser Bereiche einseitig Partei ergreifen.
Der Gesetzentwurf wird diesen Kriterien ausreichend gerecht. Er vermag den Schutz der Natur und damit die Zukunft unserer Lebensgrundlagen zu sichern, er lässt aber auch grundsätzlich wirtschaftliche Entwicklung zu und berücksichtigt gleichzeitig auch die soziale Bedeutung der Naturnutzung, zum Beispiel im Erholungs- oder Sportbereich, wenn auch die beiden letzteren Punkte aus unserer Sicht nicht ganz ausreichend.
Was ist beispielsweise gut an diesem Gesetz? Es wurden die Regelbeispiele, die regelmäßig einen Eingriff in die Natur und Landschaft definierten, gestrichen. Kritisiert wurde an dieser aus dem FDPGesetzentwurf übernommenen Neuerung, dass sie zu einer uneinheitlichen Auslegung des Rechts bei den unteren Naturschutzbehörden führen wird.
Wir meinen, dieser größere Ermessensspielraum für die untere Naturschutzbehörde auf Kreisebene führt zu einer größeren Einzelfallgerechtigkeit, indem bei der Beurteilung dessen, was ein Eingriff in die Natur und Landschaft darstellt, nun auch individuelle Sachverhalte berücksichtigt werden können und nicht alles über einen Leisten geschlagen wird.
Meine Damen und Herren, es gibt noch einen Aspekt, der in den Diskussionen von den Kritikern dieser Streichung nicht erwähnt wird: Durch den Wegfall dieser Positivliste muss künftig die Fachbehörde nachweisen, dass bei einer geplanten Maßnahme ein Eingriff in Natur und Landschaft vorliegt. In der Praxis bedeutet das eine Umkehr der Beweislast im Vergleich zum heutigen Status quo, bei dem derjenige, der eine unter die derzeitige Po
sitivliste fallende Maßnahme plant, erst beweisen muss, dass damit kein Eingriff in Natur und Landschaft vorliegt.
Ebenso beachtens- und lobenswert ist der Wegfall der Grünordnungspläne. Damit sparen wir Bürokratie und entlasten die kommunalen Kassen. Auch die nun gegebene Rechtssicherheit für vor 1982 angelegte Bootsstege, für die jetzt eine Genehmigungsfiktion gilt, ist zu begrüßen.
Die Große Koalition hat in ihren Änderungsanträgen darüber hinaus bei strittigen Punkten nachgebessert. Einige Verbände haben im Rahmen der Anhörung die in § 1 Abs. 2 befindliche Klausel als europarechtswidrig und als Eigentumsklausel bezeichnet, die genauso wie die frühere Landwirtschaftsklausel zu bewerten sei, nach der Landwirtschaft immer dem Naturschutz dient.
Durch den geänderten Wortlaut im Änderungsantrag von CDU und SPD, denke ich, sind hier jetzt auch alle Missverständlichkeiten ausgeräumt.
Begrüßenswert ist ebenso, dass die Große Koalition Unterhaltungsmaßnahmen an Gewässern, inklusive Pflege und Entwicklung der Gewässer zur Erreichung der gesetzlichen Bewirtschaftungsziele, nunmehr nicht mehr als Eingriff in Natur und Landschaft definiert - wie wir es auch in unserem Änderungsantrag zum Regierungsentwurf gefordert haben.
Ebenso gibt es eine Übereinstimmung zwischen der FDP und der Großen Koalition in der Einschätzung, dass das Pflücken eines Handstraußes und das Sammeln von nicht besonders geschützten Kräutern und Wildfrüchten beim Spaziergang auf freigegebenen Wegen erlaubt ist.
Dies gilt auch für die Neuregelung zum Schutz der Nistplätze von Schwarzstörchen, Graureihern, Seeadlern oder Kranichen.
Hier gab es nach der Anhörung noch Nachbesserungsbedarf zum eingebrachten Gesetzentwurf. FDP sowie CDU und SPD hatten hierzu eigene Anträge mit identischem Regelungsinhalt eingebracht, ich glaube, der SSW auch.
Abschließend ist noch positiv zu erwähnen, dass gemeinsam der Forderung des Gemeindetages nachgekommen wurde, nach der auch Reinigungsund Baufahrzeuge in öffentlichem Auftrag den
Es gibt aber auch kritische Punkte, in denen zumindest dieser Gesetzentwurf hätte nachgebessert werden sollen.
Da ist zum einen der Verzicht auf das Ziel der Waldmehrung in diesem Gesetz. So hatten in der Anhörung die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und auch der Bund Deutscher Forstleute darauf hingewiesen, dass insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung des Waldes für den Klimaschutz das Ziel der Waldmehrung in Schleswig-Holstein in das Gesetz aufgenommen werden sollte. Wir hatten vorgeschlagen, mindestens 12 % der Landesfläche als Ziel in das Gesetz aufzunehmen. Dieses wurde von CDU und SPD abgelehnt.
§ 3 des Gesetzentwurfes regelt die behördliche Pflicht, künftig zu prüfen, ob bei Maßnahmen nach dem Landesnaturschutzgesetz der Zweck auch durch vertragliche Regelungen anstatt durch Ordnungsmaßnahmen erreicht werden kann. Was in dem Gesetz fehlt, ist die Konsequenz aus dieser Prüfung.
Was passiert nach einer positiven Prüfung, wenn trotzdem nach Ordnungsrecht verfahren wird, zum Beispiel aus finanziellen Gründen? - Nach dem Gesetz nichts. Wozu soll die Verwaltung aber verpflichtet werden zu prüfen, wenn das weitere Verhalten offenbleibt? Solche Prüfungen können von vornherein unterbleiben.
Wir haben in unserem Änderungsantrag vorgeschlagen, dass bei einem entsprechenden Prüfungsergebnis grundsätzlich der Vertragsnaturschutz Vorrang haben soll, nicht muss. Leider wurde dieses nicht übernommen.
Ein weiterer Punkt ist die vom Landessportfischerverband aus unserer Sicht zu Recht vorgebrachte Kritik, dass Angelboote nach diesem Gesetz künftig als Sportboote behandelt werden, mit all den Konsequenzen aus der Sportboothafenverordnung, wie zum Beispiel der Ausstattung mit Feuerlöschern et cetera.
Es wurde versucht - so verstehe ich es -, dieses Problem zu lösen. So sind Anlagen von Vereinen, die nach dem Landes- beziehungsweise Bundesnaturschutzgesetz anerkannt sind - also auch Bootsliegeplätze des Landessportfischerverbandes - nach § 45 des Gesetzentwurfes zu genehmigen, wenn sie für Zwecke des Naturschutzes genutzt werden. Nun wird nicht jeder Angelbootanleger für Zwecke des Naturschutzes genutzt, sie stehendiesen Zwecken
aber auf jeden Fall nicht entgegen. Wir haben daher in unserem Änderungsantrag Anglerboote grundsätzlich aus der Klassifizierung als Sportboote herausgenommen. Damit wäre das Problem gelöst worden. Leider fanden wir hierfür keine Zustimmung.