Protokoll der Sitzung vom 21.02.2007

aber auf jeden Fall nicht entgegen. Wir haben daher in unserem Änderungsantrag Anglerboote grundsätzlich aus der Klassifizierung als Sportboote herausgenommen. Damit wäre das Problem gelöst worden. Leider fanden wir hierfür keine Zustimmung.

Nicht durchsetzen konnten wir uns mit unseren Änderungsanträgen bei den Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft im Landesnaturschutzverband und der Forderung des Bundes Deutscher Forstleute, nach der die landeseigenen Waldflächen nicht einfach in die Stiftung Naturschutz übertragen werden können.

(Beifall beim SSW)

Während der abschließenden Ausschussberatungen am 14. Februar 2007 rief mir Kollege Nabel zu, ich könne den Anträgen von CDU und SPD ruhig zustimmen, sie wären mit den Änderungsanträgen der FDP nahezu inhaltsgleich. Wenn uns - der FDP aus so berufenem Mund Absolution in Sachen Umwelt erteilt wird, haben wir keine andere Möglichkeit, als der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Nachdem die SPD diesen Gesetzentwurf zum Landesnaturschutzgesetz unterstützt und beschließen wird, wie Kollege Nabel hier eben mitgeteilt hat, gibt es aus dem Bereich der Umweltpolitik keine Hindernisse mehr für eine weitere Zusammenarbeit zwischen FDP und SPD.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Ich danke Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand. - Bevor ich in der Worterteilung weitergehe, darf ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte aus der Klaus-GrothSchule in Neumünster herzlich begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen! Das gilt auch für den schon lange anwesenden und von uns auch entdeckten ehemaligen Kollegen Behm. - Seien auch Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

(Günther Hildebrand)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das neue Landesnaturschutzgesetz schwächt den Schutz für die Natur, es ist nicht schlanker, sondern es ist schwerer lesbar. Es enthält Formulierungen, die nicht mit dem bestehenden Rechtsrahmen des Bundesnaturschutzgesetzes übereinstimmen, was seinen rechtlichen Bestand gefährdet. Mit anderen Worten: Es ist ein schlechtes Gesetz.

(Beifall beim SSW)

Für diese Bewertung spricht auch der Werdegang des Gesetzes. Die im Ressortentwurf enthaltenen vermeintlichen Schutzburgen gegen überbordenden Naturschutz, die antibürokratischen Abwehrtürme wurden zum Teil schon bis zum Kabinettsbeschluss geschleift. Der Regierungsentwurf sah sich dann im Anhörungsverfahren des Landtages umfänglicher Kritik ausgesetzt. Die Koalitionsfraktionen selbst haben sich dann genötigt gesehen, auf elf Seiten zahlreiche Änderungen vorzunehmen. Dass sie dieses umfangreiche Änderungspapier in der Ausschussberatung in letzter Minute als Tischvorlage präsentierten, wurde mit der schwierigen Klärung letzter Rechtsfragen begründet. Das zeigt dreierlei. Erstens. Ein eklatantes gesetzgeberisches Durcheinander, eine schlechte Handwerklichkeit und substantiellen Nachbesserungsbedarf bis zum Schluss.

Zweitens. Es zeigt eine äußerst geringe Harmonie zwischen den Koalitionspartnern.

Drittens. Hier offenbart sich das fragwürdige Demokratieverständnis der schwarz-roten Koalition.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wie soll eine ordnungsgemäße Beratung des Gesetzes stattfinden, wenn im letzten Augenblick dicke Papiere eingereicht werden? Ein Dialog mit der Opposition wird offenbar weder gesucht noch gewünscht. Das Gesetz wird ohne qualifizierte Diskussion im Ausschuss durchgedrückt. Alle drei Oppositionsfraktionen haben Antrag auf Vertagung gestellt. Durch eine Verschiebung auf die März-Tagung des Landtages hätte dieser miserable Eindruck, den das Verfahren jetzt hinterlässt, vermieden werden können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn Fairness gegenüber der Opposition für Sie nicht so wichtig ist, wenn Sie das nicht für wichtig und notwendig erachten, dann hätten zumindest das

Land und seine Menschen Anspruch auf Nachvollziehbarkeit und Transparenz im Gesetzgebungsverfahren. Offenbar hat die Koalition intern so viel Reibungsverluste, dass für solche Überlegungen kein Platz bleibt.

Meine Damen und Herren, ein wesentlicher Punkt ist dabei die sogenannte Eigentumsklausel. Eigentlich sollte mit dem Landesnaturschutzgesetz die Natur geschützt werden, damit die Lebensgrundlagen erhalten werden. Die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes müssen in schleswig-holsteinisches Recht umgesetzt werden.

Was sollte da dieser Satz in § 1: „Privates Eigentum und die Wahrnehmung der sich daraus ergebenen Verantwortung sind eine besonders wichtige Voraussetzung zur Erreichung der … Ziele“?

(Minister Dr. Christian von Boetticher: Alte Fassung!)

- Herr Minister, Sie reden dazwischen, stelle ich fest. Hören Sie zu, dann begreifen Sie schon, worauf ich hinaus will!

(Zurufe)

Das Wesen eines Gesetzes zum Schutz der Natur liegt doch darin, die Natur vor den Interessen zu schützen, die durch die wirtschaftliche Nutzung von Flächen bestehen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

In diesem sensiblen Spannungsfeld regelt das Gesetz, ob, wo und wie das Eigentum zur Erreichung der Schutzziele in seiner Nutzbarkeit beschränkt wird. Was soll also eine Formulierung, dass Eigentum als solches die Ziele erfüllt? Das muss doch stutzig machen. Daher haben wir den Wissenschaftlichen Dienst des Landtages um eine Stellungnahme gebeten und sehen uns in unserer Skepsis bestätigt, wenn es in dem Gutachten heißt es:

„Von den Regelungen des Rahmenrechts weicht die Klausel zur Bedeutung des Eigentums ab.“

Mit anderen Worten: Der schwarz-rote Entwurf des Gesetzes entspricht nicht den Regeln des Bundesnaturschutzgesetzes und ist damit rechtswidrig. Herr Minister, daran ändert auch der Kompromiss im Koalitionsausschuss nichts, wenn es heißt:

„Der Schutz der Natur … auf privaten Flächen berücksichtigt den besonderen Wert privaten Eigentums und der sich daraus ergebenen Verantwortung für die Erreichung der … Ziele.“

Philosophische Abhandlungen über das Eigentum haben in einem Naturschutzgesetz keine Heimat.

In der Ausschussbefassung letzte Woche hat der Minister mitgeteilt, er habe ein diesbezügliches Gutachten in Auftrag gegeben. Also erschien auch ihm die Sache nicht ganz koscher. Er behauptete, das Gutachten erklärte die Eigentumsklausel für tragfähig. Herr Minister, das ist eine mutige Interpretation folgender Zitate aus dem Gutachten:

„§ 1 Abs. 2 LNatSchG hat einen mehrdeutigen Wortlaut, der auch bundesrechtswidrig und entgegen der gesetzgeberischen Intention ausgelegt werden könnte.“

Mit der gesetzgeberischen Intention meint der Gutachter offenbar den Naturschutz, den dieses Gesetz regeln soll. Der Gutachter empfiehlt eine andere Formulierung und die Platzierung in § 3. Letzteres deckt sich mit der Sichtweise des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages.

Die Koalition in ihrer Zerstrittenheit folgt dem nicht. Der eigene Anspruch, nicht über ein Rahmengesetz hinauszugehen, scheint vergessen. Das Einfügen der sogenannten Eigentumsklausel, ein bundesweit singuläres und dem Regelungsbedarf eines Naturschutzgesetzes fremdes Element, beleuchtet den Geist, in dem dieses Gesetz geschrieben wurde. Die CDU, die im Wahlkampf den Naturschutz als Haupthindernis für die wirtschaftliche Entwicklung bekämpft hat, musste für ihre vermeintliche Klientel etwas tun. Was herauskommt, ist Murks.

(Zuruf der Abgeordneten Herlich Marie Tod- sen-Reese [CDU])

Das neue Landesnaturschutzgesetz hält den selbst gesetzten Ansprüchen nicht stand. Zwar tönt die CDU, die Gesetzesnovelle solle einen wichtigen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten, das neue Gesetz solle nur noch mit 76 statt wie bisher 103 Paragrafen auskommen, in Wirklichkeit wird aber der Nutzer des Gesetzes durch die vielen Verweise auf das Bundesgesetz gezwungen, beide Gesetze in die Hand zu nehmen, um sich orientieren zu können.

Auch der selbst gestellte Anspruch auf weniger Bürokratie wird nicht erfüllt. Dazu erklärt der BBN, Bundesverband Beruflicher Naturschutz, also die Vertreter der Verwaltungsfachleute und Planungsingenieure, die in der Vollzugspraxis stehen, in einer Stellungnahme: Anstatt eine qualifizierte Bündelung von Planungserfordernissen anzugehen, wird praktisch wahllos gestrichen und der Vollzug

auf andere maßstäblich wie inhaltlich ungeeignete Ebenen verlagert.

Der BBN sagt an anderer Stelle, dass er einen Mehraufwand für die Verwaltung sehe, wenn die Inhalte der entfallenden Landschaftsrahmenpläne in ein völlig neu zu konzipierendes Landschaftsprogramm aufgenommen werden sollen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wird auch für die kommunale Ebene so gesehen, wenn für jeden Bebauungsplan anstatt gestrichener Grünordnungspläne jedes Mal der Landschaftsplan in der Maßstablichkeit und Aussageschärfe für Bauvorhaben anzupassen ist.

Also Entbürokratisierung und Verschlankung, der Popanz, den man vor sich herträgt, sind in diesem Gesetz eine Nullnummer. Das Gegenteil wird erreicht.

(Widerspruch der Abgeordneten Herlich Ma- rie Todsen-Reese [CDU])

Meine Damen und Herren, der Erhalt der Natur, die Bewahrung der Schöpfung ist zugleich Sicherung unserer Lebensgrundlagen. Auch in Schleswig-Holstein befindet sich die Natur in einem Rückzugsgefecht. Wir haben Artenschwund, Flächen werden verbraucht und so in Anspruch genommen, dass die Natur keine Chance hat. Der Schutz der Natur ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, für die es nicht nur gute Gesetze braucht, sondern auch einen guten Gemeinschaftsgeist, einen gesellschaftlichen Konsens.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Naturschutz geht nur mit den Menschen. Wer Naturschutz nur als Hindernis für die Wirtschaft sehen kann, bei wahnwitzigen Verkehrsprojekten nur als etwas Lächerliches sehen kann, der vergiftet den Gemeinschaftsgeist, den wir für den Schutz unserer Natur brauchen. Unser Land ist schön durch seine Natur, unsere Natur ist zugleich wichtige wirtschaftliche Grundlage, zum Beispiel im Tourismus, als so genannter weicher Standortfaktor bei der Ansiedlung von Unternehmen.

Auch wenn von der CDU dreist behauptet wird, der Naturschutz würde mit dem neuen Gesetz besser funktionieren, stehen Natur und Landschaft unseres schönen Landes eindeutig auf der Verliererseite des Gesetzes. Oder will jemand behaupten, der angestrebte Schutz von 10 % der Landesfläche sei eine Verbesserung? Das alte Ziel des Gesetzes, auf mindestens 15 % der Landesfläche einen Vorrang für

(Detlef Matthiessen)