Protokoll der Sitzung vom 21.02.2007

Als letzten Punkt nenne ich die sogenannten Drittsenderechte, die jetzt gestärkt wurden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Anlässlich des 75. Geburtstags von Alexander Kluge, der die privaten Sender mit seinen Angeboten bereichert, ist das auch bei den privaten Fernsehsendern wirklich der richtige Weg zur Sicherung der Meinungsvielfalt. Wir werden dem Staatsvertrag zustimmen.

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Herr Präsident! Weiter mit glockenheller Stimme! Meine Damen und Herren, dem Landtag liegt der Neunte Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor, den die Regierungschefs aller Länder im Oktober des letzten Jahres unterzeichnet haben. Ich bitte Sie, diesem Vertrag zuzustimmen. Er soll am 1. März 2007 in Kraft treten. Ich bitte Sie, ihm zuzustimmen, denn er bringt die folgenden wichtigen Neuerungen.

Erstens. Das schließt sich wunderbar an unsere Debatte zu unserem Medienstaatsvertrag an: Mit der Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags, die auf einer Initiative von Hamburg und Schleswig-Holstein beruht, sollen Anreize für Fusionen von Landesmedienanstalten geschaffen werden. Davon profitiert auch die Zusammenlegung unserer Medienanstalten, der Landesmedienanstalt von Hamburg und Schleswig-Holstein. Frau Kollegin Schwalm hat es erläutert und ich glaube, Herr Kollege Eichstädt ist auch darauf eingegangen. So

setzen wir weitere Anreize für Fusionen und belohnen daraus resultierende Effizienzgewinne.

Zweitens. Skandale um Schleichwerbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben uns in der Vergangenheit alarmiert. Deshalb wird nun im ARDStaatsvertrag umfassend die Gremienaufsicht gestärkt. Die bereits bestehende Konferenz der Gremienvorsitzenden der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten übernimmt künftig eine Koordinierungsaufgabe und damit soll der Informationsaustausch verbessert und eine abgestimmte Kontrolltätigkeit der Gremien in den Landesrundfunkanstalten sichergestellt werden.

Drittens. Wir wollen den Datenschutz für Rundfunkveranstalter neu regeln. Das geschieht durch die grundsätzliche dynamische Verweisung auf das Datenschutzrecht für Telemedien im Telemediengesetz des Bundes. Das heißt, es gibt künftig kein eigenes Landesrecht für Datenschutz im Rundfunkbereich wie bisher. Damit leisten wir einen Beitrag zur Rechtsvereinfachung und zu mehr Transparenz.

Viertens. Ziel ist es, die Regelungsbereiche von Bund und Ländern klarer als bisher voneinander zu trennen. Die bisher oft schwierige Grenzziehung zwischen Telediensten und Mediendiensten soll entfallen. Auch darauf sind Frau Schwalm und Herr Eichstädt eingegangen. Wir führen damit die Reform des Medienrechts zwischen Bund und Ländern fort. Konsequent sollen jetzt die Regelungen für Teledienste und Mediendienste bereichsspezifisch weiter vereinfacht werden. Die wirtschaftsbezogenen Bestimmungen für Telemedien - das ist etwa das Herkunftslandsprinzip, Herr Kollege Hentschel

(Der Abgeordnete Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] telefoniert - Zurufe)

sonst ruft er mich immer zur Ordnung, wenn ich einmal kurz zur Seite sehe und jetzt telefoniert er mit wem auch immer; wahrscheinlich holt er sich die letzten Abrufe aus dem Internet

(Beifall bei der CDU)

haben etwas mit dem Herkunftslandprinzip zu tun. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Prinzip häufiger angezweifelt, auch bei anderen Dingen. Die Frage ist aber in einer EU der 27, wie wir dorthin kommen. Deshalb kann ich Ihnen bei Ihren Spams nicht viel helfen. Suchen Sie sich einen ordentlichen Spamfilter, den können Sie bei mir kriegen. Experten bekommen das im Internet ganz gut hin.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

(Anke Spoorendonk)

Die wirtschaftsbezogenen Bestimmungen, die Zulassungsfreiheit, die Informationspflichten und die Impressumspflicht oder der Datenschutz regelt nun das Telemediengesetz des Bundes, das der Bundestag im Januar 2007 verabschiedet hat. Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag regeln die Länder ab sofort die über wirtschaftsrechtliche und allgemeine Anforderungen hinausgehenden eher publizistischen Aspekte. Das betrifft zum Beispiel das Recht auf Gegendarstellung oder die Trennung von Werbung und Inhalt der Telemedien.

Fünftens. Private Programmveranstalter sind verpflichtet, Programmelemente Dritter aufzunehmen, um die Vielfalt in einem den Markt dominierenden Hauptprogramm zu gewährleisten. Mit dem Staatsvertrag wird die Position der Medienanstalten bei der Vergabe von Sendezeiten an Dritte gestärkt und die Unabhängigkeit dieser Sendezeiten gesichert. Ziel ist dabei die Vielfaltsicherung.

Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sorgen wir für einheitliche Standards und mehr Transparenz, belohnen weitsichtiges Handeln und agieren im Interesse Schleswig-Holsteins. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Der Ausschuss empfiehlt unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/1046 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und der Abgeordneten des SSW bei Enthaltung der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Ich danke Ihnen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Rahmenbedingungen für Windenergie überarbeiten

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1223

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Bevor ich die Aussprache eröffne, bitte ich den Herrn Abgeordneten Hentschel, zu Gesprächen den Plenarsaal zu verlassen.

(Zurufe: Martin! - Lars Harms [SSW]: Mar- tin, du sollst dich vom Acker machen, damit ich reden kann! - Heiterkeit - Lars Harms [SSW]: Wir möchten gern weitermachen!)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Hentschel!

Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, der die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Windenergietechnik entscheidend voranbringen soll. Wir müssen feststellen, dass wir mit den bisherigen Abstands- und Höhenregelungen so nicht mehr weiterkommen. Wir haben die Abstandsregelungen in der Vergangenheit sehr restriktiv gehandhabt. Das war auch vernünftig. Wir mussten auch - was das Landschaftsbild angeht - erst einmal mit der neuen Technik umgehen lernen. Durch die Festlegung von Eignungsräumen und die Begrenzung durch Höhen- und Abstandsregelungen ist es uns gelungen, einen Wildwuchs bei den Windenergieanlagen zu verhindern und die Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Allerdings entsprechen die Anlagen, die heute häufig genutzt werden, nicht mehr dem heutigen technischen Standard. Das heißt, in Zeiten des Repowerings müssen wir wenn wir auch unser Land als Schaufenster für die Windenergie sehen - die Höhen- und Abstandsregelungen überarbeiten. Dabei wollen wir hier aber keinen rechtsfreien und ungeregelten Raum schaffen, sondern wir wollen uns hier an bundesrechtlichen Regelungen orientieren, die auch für andere technische Anlagen und Bauten gelten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. So würden wir natürlich auch die Menschen und die Landschaft vor Wildwuchs weiterhin schützen.

Weiter beabsichtigen wir, dass die derzeitig gültigen Eignungsflächen überprüft und dann gegebenenfalls angepasst werden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Ziel ist nicht die flächenhafte Erweiterung, sondern vor allem die Neuschneidung der Gebiete, wenn dies notwendig und wünschenswert ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Vergangenheit ist die eine oder andere Aufstellung von Windkraftanlagen daran gescheitert, dass die Flächen nicht den richtigen Zuschnitt hatten oder sie zu klein waren. Gleichwohl hatte man immer wieder den Eindruck, dass da noch etwas möglich gewesen wäre, wenn man flexibler mit den Flächen hätte umgehen können. In anderen Bundes

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

ländern kann man schon jetzt flexibler handeln und wir wollen, dass jetzt zumindest die Flächen noch einmal überprüft werden, damit hier neue Anlagen aufgestellt werden können, wenn die Prüfung hierzu die Möglichkeit zulässt. Hierbei möchte ich auch noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass es durch das von uns angestrebte Repowering nicht darum geht, Windenergiemonster zu schaffen, sondern alles weiterhin in geregelten Bahnen verlaufen zu lassen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: „Kernenergiemon- ster“ wäre schlimmer!)

Das heißt, dort wo etwas möglich und sinnvoll ist, soll es auch möglich gemacht werden. Die Landschaften, die frei gehalten werden sollen, sollen auch frei bleiben.

Im Übrigen dürfen wir auch nicht vergessen, dass Repowering nicht zwingend zu einer höheren Belastung der Landschaft führt, sondern eben auch durch einen optisch ruhigeren Lauf der Anlagen eine Beruhigung des Landschaftsbildes erreicht werden kann. Den gleichen Effekt kann übrigens auch der Austausch von beispielsweise zehn kleineren Anlagen zugunsten von drei oder vier größeren Anlagen haben. Aber man gewinnt mehr saubere Energie und trägt dabei zum Klimaschutz bei. Das sollte unser aller Ziel sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Als dritten Punkt in unserem Antrag wollen wir den Kommunen, die bisher trotz geeigneter Flächen auf die Ausweisung von Eignungsflächen verzichtet haben, die Möglichkeit geben, diesen Entschluss zu revidieren. Laut Prognos-Studie betragen die Gewerbesteuereinnahmen pro installiertem Megawatt durchschnittlich 5.000 € pro Jahr. Für eine kleine Gemeinde ist das eine riesige Summe, zumal meist nicht nur eine, sondern mehrere Anlagen pro Eignungsfläche aufgestellt werden.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben heute möglicherweise zwei!)

Würde man also auf die von uns vorgeschlagenen Art und Weise den Kommunen ermöglichen, schon bisher geeignete Flächen jetzt auch als Eignungsflächen auszuweisen, würde sich die Einnahmesituation mancher Gemeinde stark verbessern. Manche könnte ihr Minus im Haushalt in ein Plus verwandeln. Eine für den Landeshaushalt billigere Maßnahme, die kommunalen Haushalte zu stärken, gibt es wohl nicht.

Meine Damen und Herren, wir waren einmal nationaler Spitzenreiter in der Windenergie. Inzwischen hat uns Mecklenburg-Vorpommern den Rang abgelaufen. Dort wird 39 % des Stromverbrauches durch Windenergie gedeckt. Bei uns sind es rund 36 %. In absoluten Zahlen ist Niedersachsen der unangefochtene Spitzenreiter und wir folgen an sechster Stelle. Diese Zahlen zeigen nicht nur, dass andere nicht schlafen, sondern auch, dass es hier immer noch unausgeschöpfte Potenziale gibt. Nur derjenige, der führend im Repowering ist, wird das Geschäft machen und wir wollen, dass SchleswigHolstein hier das Geschäft macht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen mehr Windstrom und weniger Landschaftsverbrauch. Wir wollen mehr erneuerbare Energien und weniger Verwaltungsaufwand. Wir wollen klare Regelungen, auf die weiterhin Verlass ist, und wir wollen mehr Einnahmen für die Gemeinden und sichere Arbeitsplätze in der Windkraftindustrie.

Deshalb bitten wir um Zustimmung.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Ursula Sassen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit ich Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages bin, sind viele Bürgermeister und auch Privatleute an mich herangetreten, ihnen behilflich zu sein, dass sie Windkraftanlagen auf der aus ihrer Sicht geeigneten Fläche aufstellen dürfen. Dies scheiterte immer an den Vorgaben der Grundsätze zur Planung von Windkraftanlagen aus dem Jahr 1995 und der Ergänzung aus dem Jahr 2003. Durch einen gemeinsamen Runderlass des Innenministeriums, des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums wurden am 25. November 2003 noch einmal der geltende Rahmen der Regionalpläne erläutert und darüber hinaus Empfehlungen zum Umgang mit Repoweringmaßnahmen und insbesondere Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von über 100 m ausgesprochen.

Bei Beteiligung dieser drei Ministerien und der Tatsache, dass auch die damalige rot-grüne Landesregierung der Windenergie durchaus positiv gegenüberstand, darf man annehmen, dass die Rahmen

(Lars Harms)