Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Beifall bei SSW, SPD und CDU)

Ich danke der Frau Kollegin Spoorendonk für den konzentrierten Debattenbeitrag. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1213, federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung für die Mittagspause. Die Tagung wird um 15 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung 13:44 bis 15:01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist wieder eröffnet - in der Hoffnung, dass sich der Plenarsaal noch etwas füllen wird. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, teile ich Ihnen mit, dass der Herr Abgeordnete Peter Sönnichsen für den heutigen Nachmittag beurlaubt ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

(Detlef Matthiessen)

Anträge auf Anrufung des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundesrates zur Änderung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG)

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1229

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Gesundheitsreform ist beschlossene Sache. Es geht heute nicht darum, vergossener Milch nachzutrauern - nur um einigen Reflexen gleich vorzubeugen. Es wird keine inhaltliche Debatte darüber werden, was aus unserer Sicht an diesem Gesetzeswerk falsch gewesen ist. Es geht vielmehr darum, dass zwei Wochen nach der Abstimmung im Bundestag mit den Stimmen Schleswig-Holsteins die Gesundheitsreform am 16. Februar 2007 im Bundesrat verabschiedet wurde. Diese Reform kann dann zum 1. April 2007 in Kraft treten - so Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterschreibt.

Es wurde eine Reform beschlossen, von der sogar die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen wissen, dass bereits jetzt an einer Nachbesserung zu dieser Reform gearbeitet wird, obwohl sie noch nicht einmal in Kraft getreten ist, Frau Sassen.

(Ursula Sassen [CDU]: Gott sei Dank!)

- Herzlichen Glückwunsch, dass Sie sich darüber freuen, dass eine Reform, die noch nicht einmal in Kraft getreten ist, bereits nachgebessert werden muss. Herzlichen Glückwunsch dazu!

Eine solche Reform hätte im Vermittlungsausschuss des Bundesrates aufgehalten werden können, und zwar durch den Einsatz von SchleswigHolstein, so wie die Große Koalition des Landes in Sachsen das vorgemacht hat.

(Beifall bei FDP und SSW)

Durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses hätten weitere negative Folgen für Patienten, Leistungserbringer, Kostenträger und auch für die mittelständischen Pharmahersteller in Schleswig-Holstein abgewendet werden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht so, dass es hierzu keine Möglichkeit gegeben hätte. Der Wirtschafts

minister des Landes Schleswig-Holstein hat diese sich bietende Gelegenheit genutzt.

(Beifall bei FDP und SSW)

Minister Austermann hat die Interessen des Landes vertreten und im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates drei Anträge auf Anrufung des Vermittlungsausschusses eingebracht. Der Wirtschaftsminister hat damit als einziger aus dem Kabinett das Versprechen dieser Landesregierung erfüllt, er hat sich an das Versprechen gebunden gefühlt, Schaden vom Land abzuwenden.

(Beifall bei FDP und SSW)

Er hat die Auswirkungen des Gesetzes auf den Wettbewerb, die Entwicklung der Lohnkosten und auf die mittelständische Wirtschaft in SchleswigHolstein gesehen. Minister Austermann hat als Mitglied der Landesregierung das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung für nicht zukunftsfähig erachtet, der Rest des Kabinetts offensichtlich nicht.

(Beifall bei FDP und SSW)

Gesundheitsministerin Trauernicht war entweder nicht willens oder nicht in der Lage einzugreifen. Sie fühlte sich offensichtlich nicht an ihr eigenes Versprechen, das sie hier im Landtag abgegeben hat, gebunden, ihren Einfluss bis zum letzten Atemzug geltend machen zu wollen. Frau Ministerin Trauernicht hat weder als Beteiligte an den Verhandlungen auf Bundesebene noch als zuständige Ministerin im Bundesrat dieses Versprechen eingelöst.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Sie hielt die Zustimmung Schleswig-Holsteins letztlich für alternativlos.

Irrt sich nun der Wirtschaftsminister, wenn er davon ausgeht, dass der Bundestagsbeschluss die zuvor geäußerten Bedenken des Landes nur unwesentlich berücksichtigt? Immerhin hat SchleswigHolstein zuvor Änderungsanträge zur Gesundheitsreform im Unterausschuss Gesundheit des Bundesrates eingebracht, die weitestgehend nicht berücksichtigt wurden.

Anstatt die inhaltliche Position des Wirtschaftsministers zu stärken, ist ihm der Ministerpräsident schlicht in den Rücken gefallen.

(Widerspruch bei der CDU)

Die Anträge des Wirtschaftsministers wurden von der gesamten Landesregierung nicht unterstützt. Stattdessen hat der Ministerpräsident die Interessen

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

des Landes auf dem Altar des Koalitionsfriedens geopfert. Jetzt geht es darum, dieses fragwürdige Verhalten des Ministerpräsidenten aufzuklären. Ich denke, darauf hat die Öffentlichkeit ein Recht.

(Beifall bei FDP und SSW)

Anstatt sich inhaltlich mit den Vorbehalten des Ministers auseinanderzusetzen, die er in drei sauberen Anträgen begründet und die er eingebracht hat - sie haben eine Drucksachennummer des Bundesrates -, wurde Minister Austermann im Wege der Koalitionsraison einfach ruhig gestellt.

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

Minister Austermann ist bedauerlicherweise mit dem Versuch gescheitert, die Interessen des Landes zu wahren, weil Ministerpräsident Carstensen erfolgreich nur seine eigenen Interessen, nämlich Ministerpräsident dieser komischen Großen Koalition zu bleiben, gewahrt hat.

(Heiterkeit und Zurufe von CDU und SPD)

Anders lässt sich die Einlassung des Ministerpräsidenten nicht deuten, wenn er die Zustimmung des Landes damit begründet, dass die zuvor formulierten politischen Ziele weitgehend erfüllt seien. Welche politischen Ziele sind mit dieser Reform erfüllt? - Die gesundheitspolitischen Ziele können es nicht sein.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Entscheidung, diese Gesundheitsreform im Bundesrat mitzutragen, trägt zu einem weiteren Stück Politikverdrossenheit bei. Das ist nämlich eine Entscheidung aus purem Machterhalt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um diesem Reflex vorzubeugen, der manchmal entsteht, wenn man über pharmazeutische Unternehmen, über Hersteller von pharmazeutischen Spezialitäten spricht, nur ein letzter Satz dazu: Es geht um die sogenannten Zweitanmelder und Generikahersteller hier in Schleswig-Holstein. Wir haben mit § 35 SGB V 1989 einen sehr komplizierten Preismechanismus eingebaut, der insgesamt dazu dienen soll, die Arzneimittelkosten zu senken. Das kann nur funktionieren, wenn wir einen funktionierenden Generikamarkt haben. Genau dieser Generikamarkt wird durch § 130 des Änderungsgesetzes außer Kraft gesetzt. Auch das hat Minister Austermann erkannt und auch hier durfte er nicht einschreiten.

(Glocke der Präsidentin)

Die FDP-Fraktion tut das nicht oft, aber an dieser Stelle tut sie es gern: Ich bedanke mich für Ihr Engagement. Dass Sie sich nicht durchgesetzt haben, dafür können Sie sich beim Ministerpräsidenten bedanken.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe von CDU und SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen fest, dass der Herr Abgeordnete Peter Sönnichsen heute Nachmittag da ist, und stellen auch fest, dass er wahrscheinlich gestern Nachmittag beurlaubt war.

(Heiterkeit)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Ursula Sassen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der FDP-Antrag ist ein Nachruf auf eine Aktion, die es nicht gegeben hat, und als solchen sollten wir ihn auch betrachten.

(Heiterkeit bei der CDU)