Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Wir haben das heute bei unserem Wahlrechtsänderungsgesetz gesehen, wo wir Einstimmigkeit erzielt haben. Der Minister hat am 1. Juni 2006 in der Debatte über das Wahlrecht im Lande einen wichtigen Satz gesagt: Eine tiefgreifende Wahlrechtsreform - wie von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen - sollte nach meiner Auffassung behutsam und vor allem im Konsens mit allen politischen Kräften im Lande vorgenommen werden. - Ich glaube, das ist ein gutes Zitat, das für diese Fragestellungen insgesamt gilt.

Aufstellungen sind seit Monaten möglich. Das wurde hier schon dargelegt. Damit ist für die Gewählten eine gewisse Grundlage schon vorhanden.

Ich gehe auf einen anderen Aspekt ein, der mir zu diesem Gedanken in Mecklenburg-Vorpommern deutlich geworden ist. Dort hatte die alte Landesregierung eine Kreisgebietsreform gemacht. Diese wurde im Jahr 2005 beschlossen, aber die Wirksamkeit soll erst ab dem Jahr 2009 greifen. Man hat also gesagt: Wir beschließen im Jahr 2005, und was wir beschließen, gilt erst ab 2009. Das ist etwas, was man hier als Aspekt einbeziehen sollte. Eine Umsetzung in der Praxis und in den Köpfen braucht eine gewisse Zeit. Was dort gilt, sollte von uns nicht partout gleich abgelehnt werden.

Ich erinnere daran, dass derzeit die Frage, ob sich so etwas überhaupt rechtlich durchsetzen wird, in Greifswald vom Landesverfassungsgericht behandelt wird. Über die Klage wird am 26. Juli entschieden. Daher tun wir alle gut daran, diesem Prozess mit hoher Sensibilität und Sorgsamkeit gerecht zu werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich äußere einen weiteren Gedanken. Wir waren im Herbst vergangenen Jahres in einer nicht ganz einfachen Situation. Inzwischen sind Gutachteraufträge vergeben, Aufgabenverlagerungen vorgeschlagen sowie Grundsätze für eine mögliche Kreisgebietsreform formuliert worden. Damit ist ein Prozess in Gang gekommen, dessen Konturen jetzt deutlicher werden.

Wir brauchen keine unnötigen Reibereien, sondern sollten den Blick auf das Wesentliche richten, damit wir im April 2009 im Landtag die notwendigen Dinge beschließen können.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Lothar Hay, hat gestern eine Aussage gemacht, die ich hier zitieren möchte:

„Wir wollen in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der CDU noch wesentliche Themen abarbeiten, zum Beispiel in der Bildungspolitik und bei der Modernisierung der Verwaltung. Im Vordergrund steht die Haushaltskonsolidierung.“

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sind alle gut beraten, bei diesem Prozess das Wesentliche zu betonen und uns darauf zu konzentrieren, damit wir es klar auf den Weg bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat auftragsgemäß mitgeteilt, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gemeinde- und Kreistagswahlgesetzes Kreistagsabgeordnete generell für fünf Jahre gewählt werden und dass nach § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes im Falle einer Kreisgebietsreform vor Ablauf der fünf Jahre in den betroffenen Kreisen für den Rest der Wahlzeit neu zu wählen ist.

Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Wenn sich der Jurist Wolfgang Kubicki an diesen Satz erinnert hätte und es der Opposition mit ihrem Antrag um die Sache gegangen wäre, hätten wir alle zusammen uns hier heute eine unsinnige und unsachliche Debatte ersparen können.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Die Debatte ist unsinnig. Sie findet jedenfalls zur Unzeit statt, Herr Kollege Kubicki, weil heute nicht feststeht, ob und, wenn ja, wann genau es zu einer Veränderung von Kreisgebietszuschnitten kommt. Zuvor muss eben konkret feststehen, welche Landesaufgaben auf die Kreisebene übertragen werden und ob der vergrößerte Aufgabenbestand der Kreise in größeren Kreisen wirtschaftlicher als in der vorhandenen Kreisstruktur behandelt und erledigt werden kann. Dazu finden zurzeit, wie Sie genau wissen, Untersuchungen statt. Diese sind noch nicht abgeschlossen. Erst nach deren Abschluss ist mit der Entscheidung zu rechnen. Bis dahin sollten wir alle, auch Sie, Herr Kollege Kubicki und Herr Kollege Hildebrand, Ruhe bewahren.

(Werner Kalinka)

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben tatsächlich eine interessante Debatte. Die Große Koalition hat im Herbst als Koalitionsausschuss - ich bin mir da aber nicht so sicher - etwas beschlossen. Auf jeden Fall hat sie etwas dazu gesagt, was sie vorhat. Sie wollte eine Verwaltungsstrukturreform durchführen. Wenn es zu Kreisreformen kommen sollte, dann sollte im Jahr 2010 mit der Landtagswahl zusammen die Kreistagswahl durchgeführt werden. Das finde ich ausgesprochen sinnvoll. Wenn man 140 Millionen € einsparen kann und eine Verwaltungsstrukturreform der gesamten Landesbehörden durchführen will, dann sollte man entsprechend handeln. Dann sollte man das auch in dieser Legislaturperiode beschließen und es nicht auf die nächste Periode verschieben.

Wenn man so verfährt, dann ist es auch sehr sinnvoll, dass man die neue Kommunalwahl zusammen mit der Landtagswahl macht. Das spart natürlich Geld, ist sinnvoll und auch ein praktisches Vorgehen.

Ich sehe es für die Kommunalpolitik aber überhaupt nicht als problematisch an, wenn die Leute nur für zwei Jahre im Amt sind. Ich weiß, dass die Kommunalpolitiker ohnehin Probleme haben, fünf Jahre durchzuhalten. Da gibt es sehr viele Listenwechsel. Bei der FDP ist es genauso.

Wenn wir die Diskussion jetzt führen - es ist sehr gut, dass wir sie führen -, dann ist es den Kommunalpolitikern klar, dass es eventuell um eine Amtszeit von nur zwei Jahren geht. Die Wahlperiode der Kreistagsabgeordneten beträgt fünf Jahre. Herr Kubicki hat nachgerechnet und festgestellt, dass zwischen der Kommunalwahl und 2010 nur zwei Jahre Abstand sind. Deshalb soll heute die Landesregierung berichten, ob 5 = 2 ist. Das ist eine anspruchsvolle mathematische Aufgabe.

Als Mathematiker kann ich dem Juristen Kubicki bestätigen: 5 ist nicht = 2, zumindest in unserem linearen Zahlensystem. 5 ist aber = 2 in einer geschlossenen algebraischen Gruppe der Ordnung 3. Das hilft Ihnen vermutlich nicht weiter.

Ich vermute deshalb, den Kollegen Kubicki drückt ein ganz anderer Schuh. Er hat neulich erklärt, dass er 2010 den Ministerpräsidenten Carstensen mitwählen will. Das bereitet ihm offensichtlich mittlerweile Probleme. Deswegen hat er heute den Ministerpräsidenten vor die Aufgabe gestellt - es ist eine fiese Frage -: Entweder du sagst, 5 ist = 2, oder ich wähle dich doch nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort für den SSW der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es mag für die Landesregierung nur eine Detailfrage ihrer großen Pläne zur Verwaltungsstruktur sein. Aber für diejenigen Politikerinnen und Politiker, die sich 2008 um ein Kreistagsmandat bewerben, ist die Länge der Wahlperiode ein nicht unwesentlicher Faktor.

(Beifall bei der FDP)

Machen wir uns doch nichts vor! Diese Frage wird diskutiert. Natürlich ist das eine Frage von Interesse.

Nach den aktuellen Plänen der Landesregierung ist vorgesehen, dass nach einer möglichen Kreisreform gleichzeitig mit der Landtagswahl 2010 Kreistagswahlen stattfinden sollen. So ist es bisher herübergekommen. Dazu möchte ich natürlich auch noch einmal die Frage aufwerfen, wie gut es eigentlich für eine Kommunalwahl ist, gleichzeitig mit einer Landtagswahl stattzufinden. Kommunale Themen gehen bei Landtagswahlen unter.

Deshalb stellt sich natürlich die Frage, was in einer solchen Situation mit den am 25. Mai 2008 gewählten Kreistagsabgeordneten ist, die ja eigentlich für fünf Jahre gewählt sein werden. Denn durch eine eventuelle Fusion von Kreisen und kreisfreien Städten würde die Anzahl der Kreistagsmandate reduziert werden. Dies wiederum stellt ein Problem für die Parteien im Vorfeld der anstehenden Kommunalwahlen dar. Denn wer ist schon bereit, womöglich nur für zwei Jahre den anspruchsvollen Posten eines Kreistagsabgeordneten anzustreben, wenn er weiß, dass er 2010 keine Chance mehr auf ein solches Mandat hat?

Dazu gebe ich ein konkretes Beispiel. Bekanntlich gibt es Bestrebungen, den Kreis Rendsburg-Eckernförde entweder mit der Stadt Neumünster oder mit benachbarten Kreisen zu fusionieren. Wir vom

(Klaus-Peter Puls)

SSW gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr die Rückkehr in den Kreistag Rendsburg-Eckernförde schaffen könnten. Dafür gibt es gute Aussichten. Unsere Chancen, in einen neuen Kreistag einzuziehen, sind aber nach einer eventuellen Zusammenlegung mit einem anderen Kreis 2010 nicht mehr gegeben. Ich schildere das als konkretes Beispiel zu dieser Diskussion. Zum einen sehe ich das aus minderheitenpolitischer Sicht als Problem an, weil dann die dänische Minderheit auf Kreisebene nicht mehr vertreten sein wird, zum anderen ist dies aber auch ein Problem, weil wir natürlich bei der Kandidatensuche für die Kreistagswahl 2008 Schwierigkeiten haben werden. Das sprach ich vorhin schon an.

Ich sage noch einmal: Vor der gleichen Problematik stehen auch die anderen Parteien und die anderen Kreistagsabgeordneten. Darum fasse ich noch einmal zusammen: Der Fahrplan der Landesregierung sieht vor, dass erst - Mark’s Müüs - nach der Kommunalwahl entschieden werden soll, ob es zu einer Kreisgebietsreform kommt. Bis dahin sei alles offen, man diskutiere ergebnisoffen. Der Innenminister hat es dreimal gesagt. Das wird auch immer wieder zur Beruhigung hinzugefügt. Es wäre aber der einzig richtige und transparente Weg zu sagen, erst mit der folgenden Wahlperiode soll wieder zum Kreistag gewählt werden. Der Kollege Kalinka sprach dies vorhin auch schon an. Das hätte zudem den Vorteil, dass vernünftige Übergangsregelungen geschaffen werden können und natürlich auch, dass die Kreistagspolitiker, die nächstes Jahr gewählt werden, wissen, woran sie sind.

(Beifall bei SSW und FDP)

Ich danke Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk. Für einen Kurzbeitrag hat sich Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die heutigen Debattenbeiträge des Kollegen Hentschel hört und versucht, die zu verstehen, stellt sich die Frage, ob es Doping nicht nur im Sport gibt, sondern vielleicht auch in unseren eigenen Reihen.

(Lachen bei der SPD)

Wer hier erklärt, dass Kommunalpolitiker - und das mag bei den Grünen so sein, Herr Hentschel Schwierigkeiten hätten, schon zwei Jahre durchzuhalten

(Günter Neugebauer [SPD]: Das finde ich nicht in Ordnung!)

- Herr Kollege Neugebauer, ich lege keinen Wert darauf, ob Sie das in Ordnung finden oder nicht. Ich bin nicht dazu da, dass meine Redebeiträge Ihnen gefallen, sondern ich bin dazu da, das zu sagen, was ich denke, und es wäre ganz gut, wenn in Ihren Reihen auch mehr Leute davon Gebrauch machten, das zu sagen, was sie denken.

(Günter Neugebauer [SPD]: Kollegen zu be- leidigen ist nicht in Ordnung!)

- Es war eine Beleidigung zu sagen, er könnte gedopt sein?

(Günter Neugebauer [SPD]: Aus meiner Sicht, ja!)

- Na gut, dann entschuldige ich mich für diese Beleidigung und nehme meinen Teil der Verantwortung einem größeren Vorbild aus diesem Haus folgend auf mich.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wer sich hier als Landespolitiker hinstellt und erklärt, dass die Kommunalpolitiker in aller Regel Schwierigkeiten hätten, zwei Jahre durchzuhalten, der weiß gar nicht, wovon er redet.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben hier gerade gesagt, die Kommunalpolitiker hätten Schwierigkeiten, zwei Jahre durchzuhalten.