Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Sie haben hier gerade gesagt, die Kommunalpolitiker hätten Schwierigkeiten, zwei Jahre durchzuhalten.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört, das ist das Problem!)

- Das ist mir völlig egal! - Wir haben, das will ich nur sagen, auch bei einigen Kommunalpolitikern ähnlich wie beim SSW - mit den Aufstellungsmodalitäten begonnen. Und wir werden natürlich gefragt, und Herr Kollege Wadephul, Sie werden in der Union doch auch gefragt und die SPD wird die gleiche Frage gestellt bekommen, nämlich wie lange diejenigen, die jetzt antreten, ihr Amt ausüben sollen. Es wäre ein Akt der Redlichkeit - ich erinnere jetzt noch einmal an die Rede des Bundestagspräsidenten zu der Frage, was Glaubwürdigkeit und was Verantwortung ist und wie man Vertrauen zurückgewinnt -, wenn man sich zumindest auf die Position verständigten, dass man nicht genau wisse, wohin der Zug der Großen Koalition im September, Oktober oder im Januar nächsten Jahres läuft, aber man jedenfalls sagen könne, dass, wenn man eine

(Anke Spoorendonk)

Veränderung vornehme, diese nicht vor 2013 wirksam werde. Das wäre ein Akt der Redlichkeit, weil diejenigen, die jetzt kandidieren, sicher sein können, dass sie das für fünf Jahre tun,

(Beifall bei FDP und SSW)

es sei denn, es gibt vorher freiwillige Zusammenschlüsse, über die übrigens auch früher geredet worden ist. In Neumünster hat man schon früher die Frage diskutiert, ob man die Kreisfreiheit nicht zugunsten Segebergs aufgeben solle. Das ist nichts Neues. Selbstverständlich muss für solche freiwilligen Zusammenschlüsse die Regelung des jetzigen Wahlgesetzes gelten. Ich sage es aber noch einmal ausdrücklich: Es wäre ein Akt der Redlichkeit, denjenigen, die jetzt ihr ganzes Engagement, ihre Freizeit und ihr Geld aufbringen - ich weiß, dass es zwar nicht bei der FDP, aber bei anderen Parteien üblich ist, dass man sich an den Wahlkampfkosten beteiligen muss -, zu erklären: Wir garantieren euch, dass die Wahlperiode, für die ihr jetzt kandidiert, fünf Jahre dauert. Nichts anderes wollen wir erreichen. Es wäre schön, wenn die Große Koalition den Mut finden würde, das den Menschen auch so zu sagen, Werner Kalinka.

(Beifall bei SPD und SSW)

Das Wort für einen weiteren Beitrag erteile ich Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich fand die Debatte sehr spannend, muss ich sagen. Selbst nach so kurzen Berichten kann man spannend diskutieren. Was Neumünster und Rendsburg-Eckernförde angeht, begrüße ich sehr, dass man dort nachdenkt, aber das Nachdenken wird natürlich nicht ohne Rücksicht auf die Nachbarkreise Plön, Kiel und Segeberg unternommen werden können. Wir müssen auch da bedenken, dass die Vorbereitungen für die Kommunalwahl schon begonnen haben, wir insofern also nicht eingreifen können. Das wäre undemokratisch.

Zweitens. Ich habe gelernt: Viermal Null ist Null. Ich glaube, das bestreitet niemand, zumindest was die Kraft von Argumenten angeht.

Drittens. Ich finde es ein bisschen bedenklich zu argumentieren, man müsse hauptsächlich darauf achten, was das für einen für die Wahlperiode bedeutet. Ich hatte den Herrn Bundestagspräsidenten so verstanden, dass Abgeordnete nicht für sich selbst da sind, sondern dem Volk und dem Gemeinwohl dienen.

(Beifall bei der SPD)

Insofern gilt immer das, was Gesetzeslage ist. Darauf stellen sich Abgeordnete - auch hier im Haus ganz flexibel ein. Da kann auch nicht die Frage im Vordergrund stehen, wer irgendwo welche Chancen hat.

Ein Letztes. Ich bin durchaus bereit, mich ernsthaft mit dem Argument von Herrn Kalinka auseinanderzusetzen. Aber dabei sollten wir Folgendes bedenken: Wir muten den Menschen momentan zu, im Bereich des Arbeitsmarktes, durch die Gesundheitsreform und die Reform der Alterssicherung gravierende Veränderungen für sich relativ schnell hinzunehmen. Wenn wir aber Verwaltung reformieren, sagen wir, dass wir das erst in etlichen Jahren umsetzen dürfen, und zwar nach Einigungsvertrag und anderen Dingen. Welches Bild entsteht eigentlich von Politik und öffentlicher Verwaltung, wenn wir das so machen?

(Beifall bei der SPD)

Ist es nicht vielmehr eine spannende Aufgabe, als erfahrener Kreistagsabgeordneter mitwirken zu dürfen, wenn herauskommen sollte, dass wir etwas umgestalten müssen? Das ist eine ganz besonders spannende Situation, in der endlich einmal etwas gestaltet wird, was sonst vielfach gar nicht der Fall ist - bei allem Respekt vor Kreistagsabgeordneten.

Ich rate dazu, nicht zu glauben, dass die Menschen im Land von tiefster Sorge gepeinigt sind, was die Länge von Wahlperioden oder die Struktur von Kreisen angeht. Ich habe letztens etwas flapsig gesagt, dass die wenigsten Menschen in Bettwäsche mit Kreiswappenaufdruck schlafen, es ist meistens eher FC-Sankt-Pauli-, THW-Kiel- oder SG-Flensburg-Handewitt-Bettwäsche. Es wäre gut, das ein bisschen ruhiger zu diskutieren und nicht zu glauben, dass das Abendland einstürzt, wenn man sich mit solchen Fragen beschäftigt. Dazu würde ich raten. Ich rede deswegen oft von Ergebnisoffenheit, weil wir fast mit jedem Ergebnis leben können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich muss klatschen, es hilft nichts!)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erhält Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Innenminister, ich glaube, Sie haben et

(Wolfgang Kubicki)

was missverstanden. Diese Frage hat nichts mit dem Interesse am eigenen Posten zu tun. Die Frage, wie lang die kommende Wahlperiode ist, hat mit Transparenz und Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen zu tun.

(Beifall bei SSW und FDP)

Das ist der Punkt. Es ist ein gutes Prinzip zu sagen, wir treffen jetzt eine Entscheidung und diese Entscheidung hat dann einen entsprechenden Vorlauf, sodass man, wenn man die Entscheidung getroffen hat, auch gleichzeitig sagt, wie das Verfahren aussieht und wann die Entscheidungen umgesetzt werden soll. Dann wissen die Menschen von vornherein, woran sie sind.

Wissen ist Macht. In der Politik gilt aber nicht: Nichtwissen macht auch nichts. Nein, Nichtwissen macht sehr viel. Nichtwissen schafft Unsicherheit und ist im Grunde genommen in unserer Gesellschaft nicht hinnehmbar und nicht akzeptabel. Es geht um Transparenz, es geht um Verlässlichkeit und es geht auch um Vertrauen in die Politik.

Ich fand die Rede des Bundestagspräsidenten auch ausgesprochen gut und sehr zum Denken anregend. Er sprach gerade den Vertrauensverlust an. Darum ist es wichtig, dass wir den Menschen genau erklären, wann was auf sie zukommt, wann was in welcher Reihenfolge geregelt werden soll. Jetzt sagten Sie, wir muten den Menschen bei der Änderung der sozialen Sicherungssysteme sehr viel zu. Das tun wir allerdings.

Morgen oder übermorgen - ich habe das nicht genau im Kopf

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Morgen!)

werden wir den Bericht der Bürgerbeauftragten diskutieren. Die Bürgerbeauftragte kritisiert in ihrem Bericht, dass gerade im SGB-II-Bereich im letzten Jahr 100 Änderungen auf die Menschen zugekommen sind, 100 Änderungen!

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Da soll mir einer erzählen, dass nicht das größte Problem der Vertrauensverlust ist. Ich bitte also darum, dass man daran festhält, welches die Richtung sein muss. Darum sagen wir: Veränderungen ja, auch wenn die Kreise das wollen, aber wenn das, was die Landesregierung will, durchgeführt werden soll, dann bitteschön erst 2013.

(Beifall bei SSW und FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Abgeordneter Dr. Johann Wadephul.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal, Herr Innenminister, den Gedanken des Kollegen Kalinka kurz beleuchten, weil wir gerade im Tagesordnungspunkt davor darüber gesprochen haben, wann wir welche kommunalrechtlichen Änderungen machen. Da ging es um wahlrechtliche Vorschriften, die wir diskutiert haben, beispielsweise die Frage, ob eine Gemeinde heute vielleicht beschließen könnte, dass die Zahl der Gemeindevertreter in der laufenden Kommunalwahlperiode geringer sein sollte, weil man in der Tat an der einen oder anderen Stelle das Problem hat, das der Kollege Hentschel aufgezeigt hat, dass die Zahl der Ehrenamtler vielleicht nicht mehr ausreichend ist. Das haben wir deshalb gemeinsam nicht gemacht, weil wir gesagt haben, ein Jahr vor einer Kommunalwahl wollen wir eine solch tiefgreifende Änderung nicht mehr machen.

Nun zur Frage der Flexibilisierung. Ich folge voll der Argumentation von Werner Kalinka, wenn er sagt, wenn wir hier sagen, dass wir ein Jahr vorher an eine so grundlegende wahlrechtliche Änderung nicht mehr heran wollen, dann muss man sich auch anderen Fragen, die Kreistagsabgeordnete deren Wahlzeit angehen, mit der gleichen Behutsamkeit nähern.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Das ist, wie ich glaube, nur logisch. Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir sozusagen das Amt des Kreistagsabgeordneten überhöhen würden. Wenn wir sagen, wir gehen da mit Behutsamkeit heran, auch mit einer Zurückhaltung des Landesgesetzgebers gegenüber Ehrenamtlern, dann muss der Maßstab bei Kreistagsabgeordneten der gleiche sein wie bei Gemeindevertretern.

Ein zweiter Gedanke, auf den verschiedene Redner, auch der Herr Innenminister, kurz eingegangen sind, betrifft die Angelegenheit Rendsburg-Eckernförde und Neumünster. Kollegin Schümann hat sich dazu eingelassen, andere auch, auch der Oberbürgermeister von Neumünster. Da muss ich sagen, dass mir schon an der einen oder anderen Stelle das Verständnis fehlt, weil ich mich als Vorsitzender des Kreisverbandes Rendsburg-Eckernförde dafür engagiere, dass wir im gemeinsamen Sinne vorankommen, übrigens auch vom neuen stellvertreten

(Anke Spoorendonk)

den SPD-Landesvorsitzenden Andreas Breitner unterstützt, dass wir dort zwei Gebietskörperschaften zusammenführen, nämlich Rendsburg-Eckernförde und die bisher kreisfreie Stadt Neumünster, die in der Tat - Wolfgang Kubicki hat das gesagt - schon früher gesagt hat, wir können uns die Aufgabe der Kreisfreiheit vorstellen. Nun hat Segeberg eher die kalte Schulter gezeigt, und man ist in Gespräche mit Rendsburg-Eckernförde gegangen.

Der Kreistag Rendsburg-Eckernförde sagt ja, es gibt eine Initiative der CDU, für die ich übrigens weder in meinem Kreisverband noch landesweit den größten Applaus bekommen habe. Es gibt auch Kritik an der Stelle. Aber nun macht man das als Kreisvorsitzender, und dann fällt der sozialdemokratischen Partei Neumünsters nichts anderes ein, als das abzulehnen, und da fällt dem sozialdemokratischen Oberbürgermeisters Neumünsters nichts anderes ein, als zu sagen, da müssten ja über 80 Vorschriften, Frau Kollegin Schümann, geändert werden. Wenn wir wirklich so kleinkariert an diese Frage herangehen und wenn uns so schnell der politische Mut verlässt, solche Prozesse durchzuführen, wie diese Funktionsträger der SPD Neumünster - in Rendsburg-Eckernförde sind sie mutiger -, dann wird es insgesamt nicht gelingen. Das möchte ich an dieser Stelle festhalten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Werner Kalinka.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde schon, es lohnt sich bei Debatten, die hier geführt werden, ganz genau zuzuhören. Deutlich ist doch geworden, dass die Abgeordneten auf fünf Jahre gewählt sind. Das kann doch gar nicht strittig sein. Der Minister hat das dargelegt, die sind auf fünf Jahre gewählt. Das wollen wir hier zunächst einmal festhalten. Dann hat der Herr Minister gesagt, keiner habe eine Garantie für eine Wahlzeit, auch übrigens hier nicht. Dagegen kann man prinzipiell auch nichts sagen. Der Punkt ist jetzt einfach inhaltlich: In welche Richtung soll es gehen? Wenn wir die Absicht gehabt hätten, jetzt etwas zu machen, hätten wir heute in dem Gesetz an wahlrechtliche Vorschriften herangehen müssen. Da ging es um die Gemeinde- und Kreistagswahlen, aber wir haben das nicht getan. Auch dies als weiterer Hinweis.

Ich möchte doch festhalten, dass hier auch Anstöße zu dem Gesamtprozess gekommen sind - das sage ich in aller Öffentlichkeit -, die auch vom Innenminister ausgegangen sind, und dass wir diesen Weg der Veränderung weiter gehen wollen. Wir wollen das aber auch qualifiziert in einen Prozess bringen. Auch darüber besteht Einigkeit. Wir alle haben gewisse Erfahrungswerte, die wir einbringen.

Ich möchte ein weiteres Beispiel geben. Im Amt Schrevenborn hat man dreieinhalb Jahre gebraucht, um das hinzukriegen. Man glaube aber ja nicht, dass jetzt schon alles gelöst sei. Die haben dreieinhalb Jahre nur für diesen Prozess in einem Amt gebraucht. Deswegen kam ich auch auf Mecklenburg-Vorpommern und ich bin froh, dass Sie sagen, das sei ein Argument, und damit setzen wir uns auseinander. Wenn wir uns diese Zeitschiene vor Augen halten und die Leute wirklich mitnehmen und etwas Qualifiziertes machen wollen, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir dort nicht bestimmte Dinge strecken müssen. Es ist doch nicht unbillig, darüber nachzudenken.

Wenn man dieser Debatte wirklich gefolgt ist, dann ist doch Klarheit von Seiten der Großen Koalition: auf fünf Jahre gewählt, sollte irgendwo noch eine Veränderung angedacht werden, wäre das eine sehr hohe Hürde für die Begründung, die man dafür geben müsste. Die Zeitabläufe - Stichwort Mecklenburg-Vorpommern, Schrevenborn -, die wir hier dargelegt haben, sind etwas, das uns gemeinsam bewegt, dass wir dieses abwägen. Das hat der Minister ausdrücklich gesagt und deswegen halte ich dies in diesem Hohen Hause fest.

Alle anderen Argumente, Herr Kollege Hentschel, die Sie gebracht haben, dass Sie sagen, die hätten nach zwei Jahren keine Lust mehr, da muss ich sagen, Ihre eigenen Leute von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind im Kreistag ganz fleißig und machen das immer für fünf Jahre. Bei uns wechselt fast gar keiner. Es gibt auch andere, die sagen, wenn es noch zwei Jahre sind, dann kann ich auch noch zwei Jahre machen. Das Argument kann man also ganz verschieden ausfüllen. Aber ich denke, die subjektiven Argumente, Herr Kollege Hentschel, sind kein Maßstab. Entscheidend ist, es wird für fünf Jahre gewählt, und wir nehmen uns jetzt die Zeit, den Prozess weiter vernünftig zu besprechen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

(Dr. Johann Wadephul)